Die Methode des Design Thinking fokussiert sich stark auf das Kundeninteresse. Die Arbeitstechniken stammen ursprünglich aus dem Design-Bereich, später wurde die Methode auch in anderen Branchen angewendet. Wie ein Designer, der die Kleidung für die kommende Sommersaison entwirft und dazwischen Feedback vom Kunden einholt, erforschen Design-Thinking-Teams, welches innovative Produkt oder welchen neuen Prozess der Nutzer benötigt.
Definition von Design Thinking
Mit Design Thinking sollen komplexe Probleme gelöst werden. Kennzeichnend ist die Arbeit mit Prototypen. Es handelt sich um einen Kreativprozess, bei dem Teams in einer Aneinanderreihung mehrerer Prozessschritte Ideen generieren und hierbei ständig Feedback vom Kunden oder Nutzer einholen. Die nach und nach ausgereifte Idee wird schließlich in Form mehrerer Prototypen realisiert. Das Teilprodukt, das während des Prozesses entsteht, kann - im Gegensatz zur Scrum-Methode - auch ein nicht funktionierender Prototyp sein. Erst wenn dieser dem Interesse des Kunden entspricht, wird das neue Produkt oder der neue Prozess eingeführt. Die Methode eignet sich für Teams von fünf bis acht Personen aus verschiedenen Fachbereichen, die im engen Austausch miteinander stehen. Für größere Teams ist der Prozess hingegen ungeeignet. Design Thinker legen den Fokus auf Interaktion und Zusammenarbeit mit dem Kunden. Daneben reagieren sie flexibel auf Veränderungen, weshalb Design Thinking zu den agilen Methoden zählt. (Eine Definition agiler Methoden und die Abgrenzung zu agilen Techniken und Prinzipien finden Sie hier.)
Design Thinking: Rollen der Mitarbeiter
Kennzeichnend für Design Thinking ist eine große Offenheit für Feedback, Ideen, verschiedene Meinungen und für Diversität - und das über Hierarchien hinweg. Je diverser ein Team zusammengesetzt ist, desto unterschiedlicher sind die Sichtweisen. Es gibt keine klar festgelegten Rollen, Ereignisse und Artefakte, wie dies zum Beispiel bei Scrum der Fall ist.
Typischer Verlauf der agilen Design-Thinking-Methode
Beim Design Thinking handelt es sich um keinen linearen und konkret vorgegebenen Prozess, den Teams in wenigen Tagen durchlaufen. Während bei agilen Methoden wie Scrum Teilprodukte in Sprints entwickelt werden, wählt die Design-Thinking-Methode einen ganzheitlicheren Ansatz, der den kompletten Produktentwicklungsprozess umfasst: Das Team beginnt bei Null. Am Ende führen Design Thinker die ausgereifte Version eines Produktes oder Prozesses im großen Maßstab ein. Absolviert werden folgende Schritte:
1. Problem verstehen
Die agile Methode des Design Thinking besteht zu über 50 Prozent daraus, das Problem zu identifizieren. Zu Beginn sollte kein Teammitglied eine Ahnung von dem zu entwickelnden Produkt oder Prozess haben. Design Thinker machen sich frei von Kosten, die sonst für viele Unternehmen im Vordergrund stehen. Daneben brechen sie mit eingeschliffenen Prozessen und Workflows und beginnen mit einem weißen Blatt Papier. Schließlich entwickelt das Team ein gemeinsames Verständnis für das Problem, was die Grundlage für die anschließenden Recherchen bildet.
2. Gesamtbild erschließen
Im zweiten Schritt nimmt das Team die Perspektive des Kunden ein. Die Bedürfnisse, Wünsche und Lebensumstände des potenziellen Nutzers werden ebenso bis ins letzte Detail erforscht, wie die Konkurrenz und Marktlage. Letztlich berichten sich die Teammitglieder ihre gewonnenen Erkenntnisse und formulieren Thesen, um ein tieferes Verständnis für das zu lösende Problem zu entwickeln. Verschiedene Werkzeuge und Techniken können hierbei helfen, beispielsweise eine Persona zu erstellen. Dabei handelt es sich um eine möglichst detailreiche und konkrete Beschreibung eines exemplarischen Kunden. Max, 30 Jahre alt, seit zehn Jahren berufstätig in der Technikbranche, will einen zweiten Karriereweg einschlagen, sportlich, liest gerne. Schließlich werden die Ergebnisse visualisiert und Muster festgestellt. Ziel ist ein gemeinsames Gesamtbild des Themas.
3. Ideenfindung
Nachdem in den ersten beiden Phasen die Aufgabenstellung erörtert wurde, beginnt nun die Lösungsfindung. Mit Arbeitstechniken wie Brainstorming werden möglichst viele Ideen generiert, viele wieder fallen gelassen und einige ausgewählt. Wichtig hierbei ist, dass Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit der Ideen zunächst einmal an zweiter Stelle stehen.
4. Prototyping
Getreu dem Motto "learning by doing" wird im nächsten Schritt ein Prototyp gebaut. Dieser sollte möglichst einfach und kostengünstig hergestellt werden. Die provisorische, auf den Kern abgespeckte Version einer Idee soll es ermöglichen, ein erstes Feedback der Zielgruppe einzuholen und Reaktionen zu testen. Das Teilprodukt oder der Teilprozess kann daher auch ein nicht-funktionsfähiger Prototyp sein. Im Produktdesign spricht man von einem Minimum Viable Product – dem kleinstmöglichen brauchbaren Testprodukt.
5. Testen
Design Thinker erhalten anhand des Prototypen von der Zielgruppe Rückmeldungen. Auf dieser Basis wird das Produkt oder der Prozess weiter verbessert und ein neuer Prototyp erstellt. Gegebenenfalls werden Ideen zu diesem Zeitpunkt auch wieder verworfen. Nicht nur die Phasen des Prototyping und des Testens werden vom Team möglicherweise öfter durchlaufen - auch eine Rückkehr zum Startpunkt ist denkbar. Wie bei der Scrum-Methode entwickeln Design Thinker das Produkt iterativ weiter.
6. Implementieren
Ist die Zielgruppe mit dem Produkt zufrieden, wird es flächendeckend eingeführt.
Vorteile von Design Thinking
Durch Design Thinking gelingt es Teams, die wirklichen Beweggründe ihrer Nutzer kennenzulernen. Die Teammitglieder bauen im Laufe des Prozesses Empathie für die Zielgruppe auf, indem sie durch das Feedback lernen, was den Kunden gefällt und was nicht. Dadurch entwickeln sie Lösungen, die auch wirklich gebraucht werden und minimieren zur Markteinführung das Risiko, dass das neue Produkt oder der Prozess vom Kunden nicht angenommen wird. Daneben ermöglichen das direkte Feedback der Nutzer und die Möglichkeit von mehreren Iterationsschleifen einen effizienten und kontinuierlichen Verbesserungsprozess.
Unterstützende Design-Thinking-Software und Tools
Verschiedene Tools können Design-Thinking-Teams unterstützen. Dazu gehören unter anderem Sprintbase, Invision, Mural oder Miro. Innerhalb der einzelnen Prozessschritte bieten sich ebenfalls spezifische Tools an: Bei der Problemidentifizierung kann Software wie Zoom oder Creatlr zum Einsatz kommen, im zweiten Schritt Smaply, Userforge oder Makemypersona, um zu einem gemeinsamen Bild des Kunden und der Gesamtsituation zu gelangen. Bei der Ideenfindung können Tools wie Sessionlab, Stormboard und Ideaflip das Team unterstützen, beim Prototyping Boords, Mockingbird oder Pop. Zu guter Letzt bietet sich auch Software an, wenn der Prototyp getestet wird: Infrage kommen beispielsweise Usertesting, Hotjar oder Pingpong.
Zertifizierung zum Design-Thinking-Coach
Hilfe finden Unternehmen oder Teams bei externen Design-Thinking-Coaches. Es gibt zahlreiche Zertifikatsanbieter, bei denen angehende Experten eine Ausbildung absolvieren können – darunter Oose, Design Thinking Coach Academy, HPI Academy oder Die Glühbirne. Die Zertifikate sind jedoch nur bedingt aussagekräftig: Eine Urkunde allein macht aus einem Menschen noch keinen erfahrenen Design Thinker.
Nachteile der Design-Thinking-Methode
Ein Nachteil von Design Thinking ist, dass sich die Methode auf die Gegenwart fokussiert. Sie ist auf die momentanen Bedürfnisse und Wünsche der Kunden ausgerichtet, wobei Inspiration zur Innovation eigentlich auch in der Zukunft gefunden werden kann. Design Thinking umfasst somit nicht die Tatsache, dass ein Produkt oder ein Prozess beziehungsweise Teile davon vielleicht erst in ein paar Jahren vom Nutzer gefragt sein werden.
Daneben haben die Teams keine Ergebnissicherheit. Es kann sein, dass sich das entwickelte Produkt in der Testphase als unbrauchbar erweist – und das, obwohl die Teammitglieder mitunter schon erhebliche Ressourcen in den Prozess gesteckt haben.
Anwendung von Design Thinking im Unternehmen
Mit Design Thinking lassen sich komplexe Problemstellungen kreativ lösen - und dies nicht von der technischen Machbarkeit, sondern konsequent vom Kundennutzen aus betrachtet. Traditionelle und veraltete Arbeitsmodelle können dadurch überwunden werden. Damit Innovation entstehen kann, wird gezielt ein multidisziplinäres Team zusammengestellt. Dies soll Ideen ermöglichen, die weit über die eigenen Abteilungen, Fachgrenzen und Hierarchien hinausgehen.
Design Thinking im Personalmanagement: Employee Experience Design
Für den Einsatz von Design Thinking in HR hat sich in den vergangenen Jahren der Begriff Employee Experience Design (EXD) etabliert. Die Grundidee des Konzepts ist, dass Personaler mit der Design-Thinking-Methode ein besseres Mitarbeitererlebnis gestalten, indem sie die Entwicklung von HR-Produkten konsequent an den Mitarbeiterbedürfnissen ausrichten. Indem Personaler für eine verbesserte Employee Experience Sorge tragen, binden sie die Mitarbeiter stärker an das Unternehmen, wodurch diese wiederum produktiver arbeiten. Der Wertbeitrag von HR kann somit durchaus auch finanziell messbar sein.
Wird Design Thinking in anderen Abteilungen eingesetzt, nehmen diese oft den (externen) Kunden eines Produktes in den Blick. Überträgt man die Kundenlogik von Design Thinking auf HR, bedeutet das: Mitarbeiter und Führungskräfte werden zu Kunden von HR. EXD hilft Personalabteilungen, die Bedürfnisse und Erwartungen der unterschiedlichen Gruppen eines Unternehmens zu erforschen. Lösungen, die infrage kommen, werden dann mithilfe des Feedbacks aus der Belegschaft zunächst als Prototypen sukzessive weiterentwickelt, bevor sie großflächig implementiert werden.
HR könnte beispielsweise ein EXD-Projekt initiieren, um die Kündigungsrate neuer Mitarbeiter zu senken. Ein Team würde dann versuchen, mit der Design-Thinking-Methode das Onboarding besser auf die Interessen und Bedürfnisse der neuen Arbeitnehmer zuzuschneiden.
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