Arbeitszeiterfassung kann Produktivität steigern
Fest steht: Zeiterfassung ist keine Kür, sondern Pflicht – dies schreibt der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022 vor. Die Reform des Arbeitszeitgesetzes, die eine genauere und elektronische Arbeitszeiterfassung vorsieht, steht weiterhin aus. Zu viele Kritikpunkte am bisherigen Referentenentwurf haben zu Verzögerungen geführt. Zwar sind Unternehmen bereits jetzt verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden zu erfassen, doch in welcher Form dies gesetzlich genau geregelt wird, bleibt offen.
Ungeachtet dessen ist die Zeiterfassung ein wichtiges und hilfreiches Instrument, das sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer positive Auswirkungen haben kann und ihr schlechtes Image als Kontrollinstrument nicht verdient. Im Gegenteil: Korrekt implementierte Zeiterfassungssysteme können dazu beitragen, Arbeitsprozesse zu optimieren und eine Atmosphäre der Transparenz und Fairness zu schaffen, von der alle profitieren.
Bessere Planung von Kosten und Zeitrahmen durch Zeiterfassung
Für Unternehmen bietet die Zeiterfassung nicht nur die Möglichkeit, Arbeitsstunden präzise zu dokumentieren; sie gewährt auch wertvolle Einblicke in die Arbeitsmuster und die Produktivität der Belegschaft. Die hiermit gewonnenen Erkenntnisse erlauben es Managern und Projektverantwortlichen, Aufgaben gemäß den Stärken der Mitarbeitenden zu verteilen und die Effizienz von Projekten zu steigern. Durch das Tracking von oft nicht direkt abrechenbaren Tätigkeiten wie Meetings, Kundengesprächen und Verwaltungsarbeit können Unternehmen realistischere Zeitpläne für die Fertigstellung von Projekten entwickeln und die Genauigkeit der Budgetzuweisung verbessern.
So sind Unternehmen mithilfe der Auswertung der erhobenen Daten, Prognosen und Schätzungen besser imstande, den Aufwand und die Gesamtkosten für potenzielle Neukunden zu erstellen, etwa bei projektbasierten Vorhaben. Das Ergebnis: mehr Planungssicherheit. Zeiterfassungsberichte identifizieren Projekte, die aus Rentabilitätsgründen möglicherweise angepasst werden müssen, und verringern das Risiko, Verpflichtungen einzugehen, die nicht eingehalten werden können. Diese wiederum resultieren leicht aus Stress und einem schlechten Arbeitsklima. Die genaue Dokumentation und Analyse der Arbeitszeiten hilft, Zeitrahmen realistisch zu planen und die Produktivität zu erhöhen, während gleichzeitig die Kosten gesenkt und mehr Projekte erfolgreich umgesetzt werden können.
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Mit Arbeitszeiterfassung die Employee Experience stärken
Für Arbeitgeber ist es wichtig, ihrer Belegschaft deutlich zu machen, dass die Arbeitszeitdokumentation nicht der Überwachung dient. Vielmehr geht es darum, den Beschäftigten von vornherein mögliche Berührungsängste zu nehmen und ein positives Narrativ zu stiften. Hierzu zählt auch ein hohes Maß an Aufklärungsarbeit, beispielsweise dazu, wie ein konkretes Zeiterfassungssystem im Unternehmensalltag wahrscheinlich aussehen wird. Vorbereitende Meetings und zentral hinterlegte "How-tos" sind probate Mittel.
Nicht nur die Rahmenbedingungen müssen passen. Eine gelungene Mitarbeiterkommunikation lebt auch von validen Argumenten. Die Mitarbeitenden sollten wissen: Time-Controlling ist kein Korsett, sondern hilft maßgeblich, Tätigkeiten besser zu priorisieren. Wie aus der Forschung bereits bekannt ist, variiert die Leistungsfähigkeit bei vielen Menschen je nach Tageszeit. Mittels Zeiterfassung können sie ihre produktivsten Stunden somit planbar für kreative oder anspruchsvolle Aufgaben reservieren, was zu einem effizienteren Arbeitsfluss führt. Überdies steigert die Zeiterfassung die Konzentration, indem sie Multitasking reduziert, da der Fokus jeweils auf nur einer Aufgabe liegt. Nicht zuletzt sorgt sie für mehr Verantwortlichkeit, da die Rechenschaftspflicht der Mitarbeitenden gegenüber ihren Vorgesetzten sowie gegenüber sich selbst erhöht wird. Dies fördert das Setzen und Erreichen von Arbeitszielen und kann motivierend wirken.
Dokumentation und Feedback einplanen
Um sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden die Zeiterfassung nicht als ungeliebte Pflichtübung empfinden, ist es jedoch entscheidend, auch nach Einführung eines entsprechenden Systems in einem transparenten Dialog darüber zu bleiben, wofür die Daten verwendet werden. Regelmäßige Diskussionen über den Zweck und die Ziele der Zeiterfassung fördern das Verständnis und die Akzeptanz. Zudem sollten ergänzende Maßnahmen integriert werden, um sicherzustellen, dass die Qualität der Arbeit immer noch über der Output-Quantität steht.
Mehrarbeit sichtbar machen und ausgleichen
Gleichzeitig hilft eine genaue Dokumentation der gearbeiteten Stunden dabei, Mehrarbeit sichtbar zu machen und diese infolgedessen künftig zu vermeiden oder für entsprechende Ausgleiche zu sorgen. So werden die individuellen Bedürfnisse der Belegschaft berücksichtigt und es wird eine ausgewogene Work-Life-Balance gefördert, insbesondere in digitalen sowie kollaborativen Arbeitsumgebungen.
Gleichzeitig ist es genauso wichtig, Risiken wie eine mögliche Fehlrepräsentation der Produktivität zu adressieren. Kreative und strategische Denkprozesse, die oft nicht adäquat in der Zeiterfassung abgebildet werden, sollten anerkannt und in die Projektzeitpläne integriert werden. Um kurzfristige Ziele nicht über langfristige strategische Ausrichtungen zu stellen, ist eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Zeitvorgaben notwendig. Denn: Nur so kann eine Balance zwischen sofortiger Effizienz und langfristigem Erfolg gewährleistet werden.
Praktikable Methoden für die Zeiterfassung
Wie eingangs bereits erwähnt, gehört die Arbeitszeiterfassung für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – ob angestellt oder freiberuflich – bereits zum festen Bestandteil des Arbeitstags. Die angewandten Methoden unterscheiden sich hierbei jedoch noch stark. So zählen in Deutschland händische Notizen, Excel-Tabellen und die Stechuhr zu den meistgenutzten Methoden der Arbeitszeiterfassung. Zentrale Browser- oder App-basierte Systeme rangieren derzeit noch abgeschlagen dahinter. Dabei sind die zuvor genannten Vorteile am ehesten durch diese modernen Tools zu realisieren, weil sie die erhobenen Daten automatisieren und einheitlich zusammentragen. Das erleichtert die Auswertung und das Ableiten von Erkenntnissen. In einem zweiten Schritt können Unternehmen diese Insights zur Optimierung von Arbeitsprozessen oder Projektkalkulationen heranziehen.
Bei der Entscheidung für eine Zeiterfassungs-Software sollten vor allem diejenigen mit ins Boot geholt werden, um deren Zeit und Leistung es letztlich geht: die Mitarbeitenden. Eine benutzerfreundliche Oberfläche, die das Starten, Pausieren und Anpassen von Zeiten einfach macht, ist dabei essenziell, um die Akzeptanz zu fördern. Die Software sollte die Selbstkontrolle fördern, indem sie den Mitarbeitenden Zugriff auf ihre eigenen getrackten Zeiten gewährt. Zudem ist es wichtig, ausreichend Zeit für die Eingewöhnung an das neue Tool zu gewähren.
Ein Beispiel aus der Praxis: In einer Münchner Agentur konnte durch den Einsatz einer konsequenten, transparenten Zeiterfassungs-Software und einer dadurch ermöglichten präzisen Projektkalkulation die Effizienz um 30 Prozent gesteigert werden. Um diesen Erfolg langfristig zu sichern, gibt es seit der Einführung eine interne Ansprechpartnerin aus dem Bereich Finance, die jede neue Mitarbeiterin und jeden neuen Mitarbeiter in die Software einarbeitet.
Fazit: Zeiterfassung braucht Geduld
Zeiterfassung funktioniert besonders gut, wenn alle Beteiligten von Anfang an einbezogen werden und konsequent mitziehen – das betrifft HR-Professionals, Führungskräfte und Mitarbeitende gleichermaßen. Dass ein entsprechendes System installiert werden muss, steht außer Frage. Unternehmen sollten gerade deshalb die Gelegenheit ergreifen, die Einführung eines Tools für die Arbeitszeiterfassung gesamtheitlich zu betrachten und die Benefits für alle Mitarbeitenden herauszustellen. Dies kann nicht von heute auf morgen gelingen, sondern muss mit Geduld, Strategie und Empathie in der jeweiligen Unternehmenskultur verankert werden.
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