Flüchtlinge sorgen für steigende Ausbildungszahlen
Nach den bisher vorliegenden Zahlen ist der leichte Anstieg der Lehrverträge im vergangenen Jahr darauf zurückzuführen, dass viele Asylbewerber eine Ausbildung begonnen haben. Nach Einschätzung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks jedoch erschweren nach wie vor bürokratische Hürden die Anstellung von Flüchtlingen. "Für die Betriebe ist nur wichtig, dass sie Rechtssicherheit haben. Das ist bis heute nicht in allen Fällen gewährleistet", sagte Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH).
Nachwuchsmangel im Handwerk, doch leichtes Lehrlingsplus durch Flüchtlinge
Eine bundesweite Übersicht über die Ausbildungszahlen des vergangenen Jahres gibt es noch nicht. Doch die bisher vorliegenden Daten aus großen Ländern wie Nordrhein-Westfalen und Bayern deuten darauf hin, dass die Flüchtlinge zwar nicht die Lösung für den Nachwuchsmangel sind, zumindest aber wieder etwas mehr Lehrstellen besetzt werden können. In Nordrhein-Westfalen etwa stellten die Handwerker im vergangenen Jahr 29.282 Lehrlinge ein, 803 mehr als im Vorjahr, wie Andreas Oehme mitteilte, Geschäftsführer des Westdeutschen Handwerkskammertags. Unter diesen Auszubildenden waren 1.527 Flüchtlinge, dreimal so viele wie im Vorjahr. Ohne Flüchtlinge hätte es in NRW also ein Minus gegeben.
Fünf Prozent der neuen Azubis sind Flüchtlinge
Der Lehrlingsmangel betrifft keineswegs nur das Handwerk. In Bayern etwa wurden nach Zahlen des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) 2017 insgesamt 53.380 neue Lehrverträge in den nichthandwerklichen Branchen abgeschlossen, davon rund 2.700 mit Flüchtlingen. Das waren fünf Prozent der neuen Azubis.
Bundesweit liegen bisher lediglich die Zahlen zum Stichtag 30. September 2017 vor, auch diese deuten in die gleiche Richtung: Das Bundesinstitut für Berufsbildung zählte über alle Branchen 2.600 Bewerber mehr als im Vorjahr, obwohl die Zahl der Schulabgänger nach wie vor sinkt - auch das lag an der gestiegenen Zahl von Flüchtlingen.
Dennoch können sehr viele Lehrstellen nicht besetzt werden. Laut Bundesinstitut waren zum 30. September knapp 49.000 Lehrstellen frei, so viele wie seit 1994 nicht mehr. Die Handwerker leiden besonders stark. So war in Bayern zum 30. September 2017 nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit sogar fast jede fünfte Lehrstelle im Handwerk unbesetzt.
Betriebe beklagen hohe bürokratische Hürden bei der Beschäftigung von Flüchtlingen
Handwerker und Ausbildungsbetriebe würden daher gern mehr Flüchtlinge einstellen, auch wenn es häufig an den Deutschkenntnissen fehlt oder sonstige Probleme auftauchen. Eigentlich gilt für junge Flüchtlinge die so genannte 3+2-Regelung: Wer eine Ausbildung beginnt, darf nach seiner dreijährigen Lehre auch dann noch zwei Jahre im Land bleiben und arbeiten, wenn der Asylantrag abgelehnt wird. Doch Kammern und Betriebe klagen, dass das keineswegs überall einheitlich umgesetzt wird. In Bayern etwa macht es die CSU-Staatsregierung jungen Afghanen schwer, eine Lehre anzutreten. "Die Politik fährt keine klare Linie", kritisiert der bayerische Handwerkspräsident Franz Xaver Peteranderl.
Das findet auch der Bayerische Industrie- und Handelskammertag: "Die Integration der Flüchtlinge ist nach wie vor eine riesige Kraftanstrengung für die Betriebe", sagt der bildungspolitische Sprecher Hubert Schöffmann. Der BIHK fordert daher eine Stichtagsregelung, um den Flüchtlingen, die 2015 und 2016 gekommen sind, eine Ausbildung zu ermöglichen.
Hintergrund: Die 3+2-Regelung im Integrationsgesetz
Die sogenannte 3+2-Regelung ist Teil des Integrationsgesetzes, das am 6. August 2016 in Kraft getreten ist. Die Regelung besagt, dass Asylbewerber, die eine Ausbildung aufnehmen oder aufgenommen haben, unabhängig vom Alter für die Dauer der Ausbildung eine Duldung erhalten. Nach Abschluss der Ausbildung und für eine anschließende Beschäftigung wird das Aufenthaltsrecht für weitere zwei Jahre erteilt. Der Anspruch auf die Duldung gilt unter den Voraussetzungen des § 60a AufenthG. Das heißt zum Beispiel, dass keine konkreten Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorliegen dürfen.
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