Wo sind Sie gerade? Lesen Sie diese Kolumne auf Ihrem Tablet, während Sie in der Bahn sitzen? Surfen Sie per Smartphone durchs Internet und überbrücken Sie damit die Wartezeit am Flughafen? Sitzen Sie gemütlich auf dem heimischen Sofa mit dem Mini-Tablet in der Hand? Oder haben Sie etwa den Desktop-Computer oder das Notebook hochgefahren? Wenn Sie erst die letzte Frage mit "ja" beantworten, gehören Sie zu einer Gruppe von Internetnutzern, die immer kleiner wird. Denn die mobile Internetnutzung per Smartphone oder Tablet nimmt immer mehr Raum ein – und wird schon bald die stationäre Nutzung überholen.
Die Prognosen warten mit eindrucksvollen Zahlen zur mobilen Internetnutzung auf: "Man geht davon aus, dass bis 2015 mehr Menschen mobiles Internet haben als einen Stromanschluss", sagte Micaela Saeftel von ABB auf der Human Resources Marketing Conference der Zeitschrift "werben + verkaufen". Noch konkreter wird eine Studie von Jobware in Zusammenarbeit mit der Hochschule Rhein-Main unter der Leitung von Professor Wolfgang Jäger. Über 1.400 Fach- und Führungskräfte wurden befragt. 70 Prozent davon gaben an, ein Smartphone oder Tablet zu besitzen. Von diesen nutzen 62 Prozent das mobile Endgerät zum Lesen von Stellenanzeigen, die meisten von zuhause aus. Häufig greifen die Befragten auch auf Reisen oder im Café oder Hotel zum mobilen Endgerät, um Stellenanzeigen zu lesen. Immerhin 14 Prozent nutzen das Smartphone oder Tablet auch am Arbeitsplatz, um Stelleninserate aufzurufen.
Brauchen Unternehmen jetzt eine Karriere-App?
Welche Konsequenzen hat dieser Trend zur mobilen Internetnutzung für die Personalrekrutierung? Benötigen Arbeitgeber etwa eine eigene Karriere-App, um Bewerber auf sich aufmerksam zu machen? Die Antwort auf die zweite Frage ist ein klares "Nein". "Eigene Apps machen nur Sinn, wenn es sich um ein besonders bekanntes oder großes Unternehmen handelt", erklärte Professor Wolfgang Jäger auf dem TDS-Personalkongress in Göttingen. Unterstützt wird diese Aussage durch seine Studienergebnisse: Karriere-Apps von Unternehmen werden nur von drei Prozent der Befragten aufgerufen. Eher gehen die Nutzer über den mobilen Browser direkt auf die Stellenmärkte (33 Prozent), in Business-Netzwerke (23 Prozent), nutzen Suchmaschinen (14 Prozent) oder laden sich die Apps von Stellenmärkten herunter (13 Prozent).
Ein Blick in die App-Stores zeigt: Die meisten großen Stellenmärkte in Deutschland bieten inzwischen eine Job-App an, etwa Jobs.de, Stepstone, Jobware, Jobstairs, Monster, Stellenanzeigen.de oder Meinestadt.de. Aber auch zahlreiche Spezialistenbörsen wie Medijob, Autojob oder Psychjob verfügen mittlerweile über Apps, die Stellensuchende über neu eingetroffene Angebote informieren, bereits gelesene Anzeigen automatisch merken und oft auch eine Jobsuche rund um den eigenen, per GPS ermittelten Standort ermöglichen. Damit stellen die meisten Apps mehr Services zur Verfügung als die normalen Webseiten der Stellenmärkte.
In Sachen Apps brauchen Recruiter also nicht aktiv werden. Sie sollten allerdings darauf achten, dass die Stellenmärkte, mit denen sie zusammenarbeiten, über entsprechend mobil optimierte Webseiten und möglichst auch über eine eigene App verfügen.
Brauchen Unternehmen mobil optimierte Inserate und Webseiten?
Wo die Recruiter aber wirklich aktiv werden müssen, ist bei der Gestaltung ihrer Online-Stellenanzeigen. Wer heute noch die traditionellen Print-Anzeigen eins-zu-eins ins Internet stellt, ohne auf die spezifischen medialen Eigenschaften einzugehen, wird es in Zukunft schwer haben, geeignete Bewerber anzusprechen. Denn die Interessenten werden es sich zweimal überlegen, mühsam durch ein textlastiges Inserat zu scrollen, wenn sie bei einem anderen Unternehmen ganz problemlos auf einen Blick die wichtigsten Inhalte sehen können. Mobil optimierte Stellenanzeigen sollten deshalb unbedingt mit zum Recruitingprozess gehören. Das heißt: Die Stellenanzeigen werden automatisch an die Bildschirmgröße eines Smartphones oder eines Tablets angepasst. Das ist nicht ganz ohne, denn unterschiedliche Betriebssysteme und unterschiedliche Endgeräte erfordern eine unterschiedliche Programmierung. Deshalb mein Tipp an Sie als Recruiter: Testen Sie Ihre neuen Stellenanzeigen, ob diese tatsächlich auf den unterschiedlichen Geräten gut dargestellt sind.
Schließlich gilt es, an die nächsten Schritte nach dem Auffinden und der Sichtung der Stellenanzeige via Smartphone oder Tablet zu denken: die weiterführenden Informationen und die Bewerbung. Wie die aktuelle Entwicklung vermuten lässt, werden die Interessenten ungern ihre mobilen Endgeräte beiseitelegen und PC oder Laptop hochfahren, um sich über das Unternehmen und seine Produkte zu informieren. Deshalb wird es darüber hinaus sinnvoll sein, auch die Karriere-Webseite des Unternehmens in einer mobil optimierten Version zur Verfügung zu stellen.
Und was ist mit der mobilen Bewerbung?
In einem weiteren Schritt stellt sich die Frage, ob die Bewerbung dann auch über Smartphone oder Tablet erfolgen sollte oder ob zwischen dem Informieren über Job und Unternehmen und dem tatsächlichen Bewerben ein Medienwechsel sinnvoll ist. Eine erste Antwort liefert die zitierte Studie: Lediglich ein Drittel derjenigen Studienteilnehmer, die mobil nach Stellenanzeigen suchen, erwartet von einem Arbeitgeber auch die Möglichkeit zur mobilen Bewerbung. Doch immerhin neun Prozent haben sich bereits über ihr Smartphone oder Tablet beworben.
Heißt das, dass ein Arbeitgeber potenzielle Bewerber verliert, wenn er mittelfristig keine mobile Bewerbung ermöglicht? Oder dass der Großteil der Kandidaten sich weiterhin mit ausführlichem Anschreiben und hochgeladenem Lebenslauf bewerben möchte? Oder dass sich in Zukunft ganz andere Bewerbungsmöglichkeiten durchsetzen werden? Spannende Fragen, die wir für Sie weiter beobachten werden.
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