Kolumne: Bogenschießen als Coachingmethode

Schluss mit dem ganzen Brimborium im Coaching! Beim Bogenschießien braucht es nur ein paar Versuche und ein gut geschultes Auge, um den Führungsstil der Coachees zu erkennen und ihn zugleich zu verbessern, propagiert Kolumnist Uwe P. Kanning in gewohnt ironischer Manier.

Gibt es in Ihrem Unternehmen Führungskräfte, denen es schwer fällt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren? Wirken sie bisweilen unbeherrscht oder finden keinen rechten Draht zu ihren Teammitgliedern? Oder wandeln Ihre Führungskräfte allzu sehr auf eingetretenen Pfaden und sind so unauffällig wie ein Golf im Straßenverkehr? Fehlt es ihnen an Inspiration oder kommen sie vor lauter Inspirationen nicht mehr dazu, ihre eigentlichen Aufgaben zu bewältigen?

In all diesen Fällen ist dringend ein Coaching anzuraten. Coachings sind bekanntlich immer gut, insbesondere wenn sie die neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung und Quantenphysik mit den großen Weisheiten erfahrener Menschenkenner vereinen. All dies dürfte Ihnen bekannt sein, denn Sie sind schließlich ein HR-Profi. Aber kennen Sie auch schon das Bogenschießen als Coachingmethode?

Einfache und schnelle Persönlichkeitsdiagnostik

Diese neue hypereffektive Coachingmethode bewirkt schon in kürzester Zeit wahre Wunder und dürfte sich daher schnellstens etablieren. Ja mehr noch, sie wird ihre Konkurrenten geradezu vom Markt fegen. Wer will schon im tiergestützten Coaching den ganzen Tag lang eine Herde dummer Schafe über die Weide treiben oder im spirituellen Coaching die schwierigen Texte des Heiligen Benedikt rezensieren, wenn er mit nur ein, zwei Stündchen Bogenschießen so viele ungeahnte Potenziale in sich freisetzen kann?

Zunächst einmal bietet das Bogenschießen eine komplette Persönlichkeitsdiagnostik auf höchstem Niveau und das ganz ohne lästiges Ausfüllen von Fragebögen. Denn die Art und Weise, wie jemand mit Pfeil und Bogen schießt, verrät unendlich viel über einen Menschen. Hat der Klient einen sicheren Stand im Leben und traut sich etwas zu? Stellt die Klientin den linken Fuß weit vor den Rechten und zeigt damit, dass für sie das Herz stets den Vorrang vor dem Verstand hat? Warum schießt Mechthild den Pfeil nach kurzem Anvisieren los, während Rüdiger scheinbar endlos nachdenken muss, bis er einen Schuss wagt?

Ein klares Ziel für Leben und Arbeit

Doch bei der Erfassung des Status quo bleibt der Coach natürlich nicht stehen. Es geht um tiefgreifende Persönlichkeitsentwicklung und zwar ganzheitlich, nachhaltig, achtsam, verantwortlich, besonnen, im Hier und Jetzt, auf Augenhöhe, intuitiv, ressourcenorientiert, selbstbestimmt, empathisch, emotional, reflektiert und visionär.

Wer erfolgreich im Leben sein will muss zunächst einmal eine Vision haben. Will man voll ins Schwarze treffen oder reicht es einfach nur irgendwie die Zielscheibe zu erwischen? Machen sich manche Menschen nicht viel zu viel Stress, wenn für sie jeder Treffer an der Peripherie als Niederlage gilt? Coachees lernen beim Bogenschießen, wie sie das für sie und ihre Umwelt beste Ziel erkennen. Sie lernen dieses Ziel zu fokussieren. Sie lernen einen festen Stand im Leben. Sie lernen, wie sie durch kontrollierte Atmung die Realität gestalten können. Sie lernen im richtigen Moment loszulassen. Sie lernen die richtige Haltung zum Bogen und zum Leben an sich. Sie lernen ihre Werkzeuge besonnen einzusetzen und kommen so endlich zum Ziel.

Dieses Coaching trifft voll ins Schwarze - zumindest jetzt gerade

In kürzester Zeit wird die Persönlichkeit der Klientinnen und Klienten im Denken, Fühlen und Handeln neu programmiert und auf individuellen Erfolg, auf Wachstum und innere Erfüllung ausgerichtet. Ja, von Bogenschießen kann wirklich jeder viel für sein Leben lernen, selbst wenn man keine grünen Strumpfhosen trägt und im Sherwood Forest sein Unwesen treibt.

Wir wünschen dieser ebenso innovativen wie effektiven Methode aus tiefstem Herzen alles Glück dieser Welt! Doch Vorsicht, allzu sicher sollten sich die Profi-Bogen-Coaches nicht sein. Der Markt ist schnelllebig. Schon bald wird jemand auf die Idee kommen und intuitives Nasenbohren anbieten. Denn letztlich ist das Leben einer Führungskraft doch so wie das Bohren in der Nase. Man muss ein klares Ziel haben, sich selbst etwas zutrauen, im rechten Moment die Initiative ergreifen, handwerkliches Geschick beweisen...


Der Kolumnist  Prof. Dr. phil. habil. Uwe P. Kanning ist seit 2009 Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück. Seine Schwerpunkte in Forschung und Praxis: Personaldiagnostik, Evaluation, Soziale Kompetenzen und Personalentwicklung.

Schauen Sie auch einmal in den  Youtube-Kanal "15 Minuten Wirtschaftspsychologie" hinein. Dort erläutert Uwe P. Kanning zum Beispiel zusammenfassend, wie Sie gute von schlechten Testverfahren unterscheiden warum Manager scheitern, wie ein Akzent die Bewertung von Bewerbern beeinflusst oder wie "smart" gesetzte Ziele für eine Leistungssteigerung sein müssen.