Generative KI könnte zum Produktivitätsbooster werden
GenAI-Technologien wie ChatGPT oder DALL-E können theoretisch einen jährlichen Produktivitätszuwachs von 2,6 bis 4,4 Billionen US-Dollar weltweit ermöglichen. Dies liegt in der Größenordnung des Bruttoinlandsprodukts des Vereinigten Königreichs im Jahr 2021 von rund 3,1 Billionen US-Dollar. Im Vergleich zu bisherigen Ausprägungen von künstlicher Intelligenz (KI) und Analytik - etwa Machine Learning und Deep Learning - würde dies eine zusätzliche Steigerung um 10 bis 40 Prozent bedeuten.
Die tatsächlichen Auswirkungen könnten sogar noch höher ausfallen, würde generative KI in Software wie Textverabreitungsprogramme oder Chatbots integriert, wodurch frei werdende Arbeitszeit für andere Aufgaben genutzt werden kann. Dies zeigt eine Studie des McKinsey Global Institute (MGI), dem volkswirtschaftlichen Think Tank der Unternehmensberatung McKinsey & Company.
Generative KI: Potenziale vor allem in wissens- und personalbasierten Bereichen
Etwa 75 Prozent des geschätzten Werts wird generative KI in den Bereichen Kundenservice, Marketing und Vertrieb, Softwareentwicklung sowie Forschung und Entwicklung schaffen – und damit in stark wissens- und personalbasierten Bereichen. In einer Analyse von 63 Anwendungsfällen in 16 Geschäftsfunktionen wurden konkrete Herausforderungen identifiziert, die durch diese Technologie gelöst werden können. Beispiele sind die Unterstützung von Interaktionen mit Kunden, die Erstellung von Inhalten sowie das eigenständige Generieren von Softwarecodes auf der Grundlage natürlicher Sprachanweisungen.
Branchen wie Finanzdienstleistungen, High-Tech, Medien und Biowissenschaften könnten den größten Nutzen durch GenAI realisieren. Die Nutzung von GenAI im Bankensektor könnte zum Beispiel einen zusätzlichen Wert von jährlich 200 bis 340 Milliarden US-Dollar schaffen. Auch im Einzelhandel und in der Konsumgüterindustrie ist das Potenzial mit jährlich zusätzlichen 400 bis 660 Milliarden US-Dollar erheblich.
GenAI-Technologien wie ChatGPT oder DALL-E können theoretisch weltweit einen jährlichen Produktivitätszuwachs von 2,6 bis 4,4 Billionen US-Dollar ermöglichen.
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Generative KI beschleunigt Veränderungen der Arbeitswelt
Ein weiteres Studienergebnis: Die aktuelle Entwicklung von GenAI wird die Veränderungen in der Arbeitswelt beschleunigen. Die Technologie hat das Potenzial, Arbeitsschritte zu automatisieren, Menschen von Routinearbeiten zu entlasten und so neue Freiräume für kreative Arbeit und Innovation zu schaffen. Damit könnte auch das insgesamt verlangsamte Produktivitätswachstum der letzten Jahrzehnte ausgeglichen werden.
So könnte die Automatisierung von Arbeitstätigkeiten durch KI und weitere Technologien der globalen Wirtschaft von 2023 bis 2040 zu einem jährlichen Produktivitätsschub von 0,2 bis 3,3 Prozent verhelfen. GenAI allein könnte zu einem Wachstum von 0,1 bis 0,6 Prozent beitragen. Dies setzt voraus, dass Mitarbeitende in Arbeitsbereiche wechseln, die zumindest ihrem aktuellen Produktivitätsniveau entsprechen. Für Deutschland liegen die möglichen Produktivitätsgewinne allein durch GenAI mit 0,2 bis 0,6 Prozent nahe am globalen Durchschnitt.
Komplexe, hochqualifizierte Tätigkeiten mit hohem Automatisierungspotenzial
Anders als bei bisherigen Technologiesprüngen stehen bei der GenAI nicht physische Prozesse im Mittelpunkt, sondern die komplexen, hochqualifizierten und hochbezahlten Arbeitsbereiche. Das größte Automatisierungspotenzial erfahren Arbeitsbereiche, die einen Bachelor- oder Masterabschluss und eine Promotion erfordern. Für diese Gruppe hat GenAI das Automatisierungspotenzial aller Tätigkeiten, die theoretisch automatisierbar sind, gegenüber bisherigen Abschätzungen von 28 auf 57 Prozent bis 2030 verdoppelt. In Tätigkeiten, die keinen Highschool-Abschluss erfordern, ist das Automatisierungspotenzial nur um das 1,2-fache auf 63 Prozent gestiegen.
Anders als bei bisherigen Technologiesprüngen stehen bei generativer KI nicht physische Prozesse im Mittelpunkt, sondern die komplexen, hochqualifizierten und hochbezahlten Arbeitsbereiche.
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"Das Bild, dass nur manuelle Tätigkeiten automatisiert werden, dreht sich gerade. GenAI könnte potenziell den Unterschied bei der Einführung und Nutzung von Automatisierungstechnologien zwischen Gruppen mit hohen und niedrigen Löhnen einebnen", sagt Christoph Sporleder, Partner im Frankfurter McKinsey-Büro und einer der Leiter von Quantum Black in Deutschland, der KI-Beratung von McKinsey.
Automatisierungspotenzial von Managementtätigkeiten steigt um 37 Prozentpunkte
Ein Blick auf konkrete Berufsfelder zeigt vor allem für Lehrberufe (38 Prozentpunkte) ein signifikantes Automatisierungspotenzial durch GenAI (über bestehende KI-Anwendungen hinaus). Mit den verbesserten Fähigkeiten der GenAI im Bereich der natürlichen Sprache könnte zum Beispiel die Entwicklung von Arbeitsaufgaben von Maschinen übernommen werden. Vielleicht zunächst nur zur Erstellung eines ersten Entwurfs, der von den Lehrkräften bearbeitet wird, aber perspektivisch auch mit weitaus weniger menschlichem Bearbeitungsaufwand. Dadurch könnten die Lehrkräfte mehr Zeit für andere Tätigkeiten aufwenden, zum Beispiel für die Leitung von Klassendiskussionen oder die Betreuung von Schülern, die zusätzliche Unterstützung benötigen.
Besonders hohes Automatisierungspotenzial besteht zudem bei IT-Berufen (31 Prozentpunkte), gefolgt von Kreativberufen (24 Prozentpunkte). Demgegenüber wird für den physisch ausgerichteten Beruf des Bauarbeiters ein Potenzial von lediglich 5 Prozentpunkten ermittelt.
Das Automatisierungspotenzial von Managementtätigkeiten steigt durch generative KI um 37 Prozentpunkte.
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Auf Ebene der einzelnen Aufgaben zeigt sich ein zusätzliches technisches Automatierungspotenzial von jeweils 34 Prozentpunkten für Managementtätigkeiten und Wissensarbeit bzw. die Anwendung von Fachkenntnissen auf Entscheidungsfindung, Planung und kreative Aufgaben. Das Automatisierungspotenzial bei physischer Arbeit steigt hingegen nur um einen Prozentpunkt.
Zur Studie: So wurde das ökonomische Potenzial von generativer KI ermittelt
Für die Bewertung des ökonomischen Potenzials von generativer KI haben die Studienautoren neben der Analyse möglicher Anwendungsszenarien auch über 100 Branchenexperten befragt. Anhand der globalen Wirtschaftsstruktur im Jahr 2022 wurde dann der potenzielle jährliche Wert dieser GenAI-Anwendungsfälle errechnet. Dabei handelt es sich um eine konservative Abschätzung: Unberücksichtigt bleibt das Wertschöpfungspotenzial, sollte generative KI völlig neue Produkt- oder Dienstleistungskategorien hervorbringen.
Um zu ermitteln, welche Berufe, Tätigkeiten und Qualifikationslevel am meisten Potenzial haben, hat die Studie sowohl 850 Berufe (Verkäufer, Lehrer, Krankenpfleger etc.) sowie 2.100 konkrete Tätigkeiten innerhalb dieser Berufe (Begrüßung von Kunden, Reinigungstätigkeiten, Zahlungen etc.) analysiert.
Die vollständige Studie "The economic potential of generative AI" kann hier heruntergeladen werden.
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