Online-Debatte über New Work ist männlich dominiert
Betrachtet man die Interaktion im Netz, erfahren die drei Arbeitsweltthemen organisatorische Transformation, Digitalisierung und konkrete Herausforderungen der Mitarbeitenden am meisten Aufmerksamkeit. Deutlich weniger Interaktion erzielen Inhalte zu Weiterbildung, Nachhaltigkeit und Transport sowie zu gender- und vor allem Rassismus-Themen. Das sind Ergebnisse einer weltweit angelegten Social-Listening-Studie, die das Ynsight Research Institute für das Beratungsunternehmen Horváth von Januar 2020 bis März 2021 durchführte.
Das Forschungsinstitut untersuchte Newsquellen wie Blogs, Foren, Twitter, Facebook, Instagram und soziale Medien nach bestimmten Keywords, die mit New-Work-Themen in Verbindung stehen. Die auf Algorithmen gestütze Analyse beinhaltet die Anzahl der Beiträge, der Interaktionen sowie die inhaltliche Bewertung.
Arbeitsweltdebatte in Deutschland im internationalen Trend
In Deutschland ist die Digitalisierung Thema Nummer eins, während die organisatorische Transformation erst auf Rang drei der Themenliste landet. Doch auch hierzulande folgt die Online-Debatte dem internationalen Trend: Im Analysezeitraum ist ein Shift vom Hauptthema Digitalisierung, also wie und mit welchen Technologien remote gearbeitet wird, hin zu konkreten organisatorischen Herausforderungen von Remote und Hybrid Work zu beobachten. Heiß diskutiert wird in Deutschland, in welchem Ausmaß Homeoffice unabhängig vom Lockdown bestehen bleiben wird.
Stärkster New-Work-Austausch auf Twitter
Im Studien-Zeitraum gab es in über 100 Ländern mehr als 2,9 Millionen Einzelbeiträge und mehr als 17,8 Millionen Interaktionen zu New-Work-Themen. Im Vergleich aller Kanäle wird mit Abstand am stärksten auf Twitter darüber diskutiert, wie die Arbeitswelt künftig aussehen wird. Über 1,8 Millionen Twitter-Beiträge wurden zum definierten Themenfeld gefunden, das entspricht 88 Prozent aller Beiträge. Auch in Deutschland ist Twitter mit fast 96 Prozent der Beiträge die Top-Quelle für zukunftsweisende Arbeitsweltthemen. Dahinter folgen im internationalen Ranking Newsseiten, etwa von Zeitungen und Magazinen, Blogs und Foren. Das Business-Netzwerk Linkedin landet mit 14.500 Einzelbeiträgen und 0,7 Prozent Anteil am "Share-of-Voice" nur auf dem fünften Platz. Über 500.000 Marken, Unternehmen und Organisationen wurden in den Beiträgen erwähnt oder waren selbst Absender.
Deutschland: Drei Viertel der Beiträge kommt von Männern
Die weltweiten Beiträge und Kommentare zu New Work-Themen stammen zu zwei Dritteln von männlichen Autoren – das entspricht laut der Studie in etwa dem Geschlechterverhältnis der weltweiten Nutzung von Twitter. In Deutschland ist die männliche Dominanz noch eklatanter: Über alle Kanäle hinweg kommen die Beiträge zu 75,6 Prozent von männlichen Absendern. Auf Twitter ist der Anteil männlicher Autoren mit 76,6 sogar noch etwas höher.
Im Spannungsfeld von Gesundheit, Flexibilität und Verbindlichkeit
Über ungleiche Geschlechterverhältnisse in der Arbeitswelt wird weltweit zwar rege diskutiert: Mehr als 774.000 internationale Interaktionen gab es dazu im Beobachtungszeitraum. Das dominierende Thema war allerdings mit rund 4,7 Millionen Interaktionen die organisatorische Transformation im "New Normal" und der Umgang mit Remote Work. Entsprechende Diskussionen drehten sich vor allem um das Spannungsfeld zwischen Gesundheit der Mitarbeitenden, Flexibilität und klaren Regelungen. Auch Lösungen wie Vier-Tage-Woche oder Sechs-Stunden-Tag sind als Möglichkeiten der Produktivitätssteigerung im Gespräch, jedoch deutlich weniger als generelle Konzepte für Remote oder Hybrid Work. Beliebte Online-Themen sind zudem eine größere digitale Kluft zwischen verschiedenen sozialen Gruppen, der Zugang zu Bildungsangeboten sowie die Vor- und Nachteile von digitaler und Online-Bildung und die damit einhergehenden neuen Geschäftsmodelle.
Homeoffice hat positives Image
Remote-Arbeit wird in der weltweiten Online-Debatte überwiegend neutral bis positiv bewertet. In acht Prozent der Interaktionen stehen positive Aspekte im Vordergrund, in drei Prozent negative. In 89 Prozent finden sich keine oder ausgewogene Bewertungen. Werden nur die Ursprungsbeiträge betrachtet – ohne Reaktionen und Kommentare – fällt die Bilanz sogar noch etwas positiver aus. Die weltweite Online-Community hebt als Vorteile eine bessere Work-Life-Balance, höhere Produktivität, geringere Kosten, das Potenzial, Fachkräfte abseits des Unternehmensstandorts zu gewinnen, eine höhere Arbeitgeberattraktivität für junge Menschen sowie geringere Kosten hervor. Als Risiken kommen soziale Isolation, geringere Motivation, stärkere Ablenkung, verschwimmende Grenzen von Beruflichem und Privatem zur Sprache.
Technische Herausforderungen nennen vor allem ältere Autorinnen und Autoren als Nachteil. Noch nicht für ausdiskutiert halten die Studienmacher die Frage, ob flexiblere Arbeitsmöglichkeiten im Homeoffice für Frauen und Mütter ein Vorteil sind. Zwar werde dieser Punkt häufig genannt, sei jedoch vor dem Hintergrund zu betrachten, dass Männer einen viel stärkeren Einfluss auf die Online-Debatte zur Arbeitswelt haben.
Neue Aufgaben und Rollen für HR
Laut der Webanalyse könnten vor allem mittlere Führungskräfte noch stärker als IT-Support und Fabrikmitarbeitende von Robotern oder KI ersetzt werden. Dagegen liest Horváth aus den Ergebnissen eine zunehmend wichtige Rolle von Personalabteilungen für die neue Arbeitswelt heraus. HR könne verstärkt zum Katalysator für Veränderungen in Unternehmen werden, vor allem, weil Personaler in Sachen Wohlbefinden der Mitarbeitenden gefragt seien.
Die Analyse legt zudem nahe, dass neue Arten von HR-Jobs wie "Head of Business Behaviour" oder "Director of Wellbeing" entstehen könnten und KI eine Schlüsselrolle bei der Talentsuche spielen wird. HR müsse verstärkt den abteilungsübergreifenden Dialog anregen und ein sicheres Umfeld schaffen. Dafür sei mehr Aufmerksamkeit auf Talentstrategien, Kompetenzbewertung und Mitarbeiterengagement vonnöten.
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