PQ State of the Art: Employee Engagement

Empirische Studien zeigen, dass Employee Engagement ein zentraler Treiber von Arbeitsleis­tung und anderen positiven Ergebnissen ist. Was können Unternehmen tun, um die Leistung zu fördern und um das Employee Engagement richtig zu managen?

Employee Engagement ist ein in der Praxis stark verbreitetes Konzept. Eine Google-Recherche führt aktuell zu mehr als 15.000.000 Treffern. Viele Unternehmen versuchen heutzutage, das Engagement ihrer Mitarbeitenden durch Befragungen zu messen und zu beeinflussen, da es vermeintlich eine hohe Relevanz für die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitenden, Teams und Organisationen hat.

Aus der Sicht der Managementforschung ist allerdings problematisch, dass Employee Engagement ein Konzept ist, das zunächst in der Praxis entstanden und erst in den letzten zehn bis zwölf Jahren stärker in den Fokus der empirischen Forschung gerückt ist. Dies hat zu einer mangelnden Definition und Präzision der Messung geführt sowie dazu, dass auch insbesondere in der Praxis der Effekt von Em­ployee Engagement deutlich überzeichnet wird, wie zum Beispiel über 20 Prozent Leistungssteigerung durch engagierte Mitarbeiter, wie durch das Beratungsunternehmen Gallup versprochen (vgl. Gallup, 2018). Der vorliegende Beitrag hat deshalb das Ziel, den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung zum Employee Engagement darzustellen. Hierfür werden zunächst die vorherrschenden Definitionen von Employee Engagement reflektiert, die empirische Evidenz zu Treibern und Konsequenzen mithilfe aktueller Metaanalysen zusammengefasst und schließlich ein kurzer Ausblick gegeben, wie sich die Employee-Engagement-Forschung und -Praxis zukünftig entwickeln könnten. 

Definition von Employee Engagement

Generell problematisch ist, dass in vielen Praxispublikationen — aber auch in wissenschaftlichen Arbeiten — sowohl die Definition als auch die Messung von Employee Engagement häufig mit verwandten Konzepten wie "Job Involvement", "Organizational Commitment" und "Job Satisfaction" vermischt wird. Eine klassische Definition für Employee Engagement kommt von Kahn (1990), der das Konzept als "physisches, emotionales und kognitives Engagement von Mitarbeitenden" definiert und damit die Grundlage für eine mehrdimensionale Betrachtung von Employee Engagement legt.

Aufbauend auf dieser mehrdimensionalen Definition hat sich die aus meiner Sicht beste Operationalisierung bzw. Messung von Employee Engagement entwickelt, wie sie auch im Academy of Management Journal veröffentlicht wurde (Rich et al., 2010), die physisches En­gagement (Beispielfrage: "In meinem Job arbeite ich mit hoher Geschwindigkeit"), emotionales Engagement (Beispielfrage: "Ich bin begeistert von meinem Job") und kognitives Engagement (Beispielfrage: "Ich bin konzentriert in meinem Job") unterscheidet. Andere populäre wissenschaftliche Messungen wie die Utrecht Work Engagement Scale (UWE, Schaufeli, Bakker, Salanova, 2006) und insbesondere auch die Konzeptionen von Beratungsfirmen (zum Beispiel Gallup Q12; Nink, 2014) sind kritisch zu beurteilen, da diese das Konzept nur eindimensional betrachten und mit anderen Konstrukten wie "Job Satisfaction" oder "Organizational Commitment" vermischen.

In der Gallup-Q12-Befragung sind darüber hinaus auch Fragen zum Führungsverhalten (Meine Vorgesetzte/-n oder jemand anders bei der Arbeit interessiert und schätzt mich als Mensch) oder der sozialen Einbindung am Arbeitsplatz (In meiner Firma habe ich einen guten Freund /eine gute Freundin) enthalten, die, wenn überhaupt, als Treiber von Engagement betrachtet werden können, und deshalb nicht mit der Messung von Employee Engagement vermischt werden sollten. 

Empirische Evidenz zu Treibern und Konsequenzen von Employee Engagement

Empirisch konnte durchaus gezeigt werden, dass Employee Engagement sich von anderen Einstellungsvariablen ("Job Attitudes" wie Job Satisfaction, Job Involvement, Organizational Commitment) unterscheidet und es sowohl zentrale Treiber (zum Beispiel Führungsverhalten, Aufgabeneigenschaften und auch Persönlichkeitsfaktoren) wie auch Konsequenzen (insbesondere Arbeitsleistung) gibt.

Eine zentrale Studie ist hier die Metaanalyse von Christian, Garz und Slaughter (2011), die 230 Studien zusammenfasst und einen klar positiven Zusammenhang mit Arbeitsleistung (r = 0,43) und kontextualer Arbeitsleistung (die zum Beispiel auch eher indirekte Arbeitsleistung wie prosoziales Organisationsverhalten beinhaltet) (r = 0,34) zeigt (vgl. auch Abbildung 1). Ebenso konnten Aufgabenvariabilität (r = 0,53), Aufgabenrelevanz (r = 0,51) und individuelle Persönlichkeitsmerkmale wie Gewissenhaftigkeit (r = 0,43), proaktive Persönlichkeitsmerkmale (r = 0,44) und positive emotionale Persönlichkeitsmerkmale, das heißt Personen die eher positive als negative Emotionen zeigen (r = 0,43), als zentrale Treiber identifiziert werden. 

Employee Engagement

Der starke Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen als ein zentraler Treiber von Employee Engagement konnte auch in einer weiteren aktuellen Metaanalyse mit 114 Studien bestätigt werden (vgl. Young, Glerum, Wang & Joseph, 2018). Analog zu der älteren Metaanalyse von Christian und Kollegen (2011) konnten hier ebenfalls eine positive Emotionalität (r = 0,52), proaktive Persönlichkeitsmerkmale (r = 0,37) und Gewissenhaftigkeit (r = 0,30) als zentrale Treiber von Employee Engagement identifiziert werden. Dies deutet darauf hin, dass für eine engagierte Belegschaft bei der Personalauswahl insbesondere auf Persönlichkeitseigenschaften geachtet werden sollte. 

Die wechselhafte Qualität der verwendeten Primärstudien in Bezug auf die Messung von Engagement und auch die verwendeten Forschungsdesigns lassen aber vermuten, dass eventuell einige der Zusammenhänge innerhalb der Metaanalysen (insbesondere zwischen Engagement und Leistung) überschätzt sind. So zeigen Subanalysen, dass zum Beispiel der durchschnittliche Effekt von Employee Engagement auf Arbeitsleistung bei zeitverzögerten (lagged) Forschungsdesigns nur noch bei r = 0,31 liegt.

Nichtdestotrotz scheint Employee Engagement ein signifikanter Treiber von Arbeitsleistung zu sein. Allerdings zeigt eine Studie im Journal of Applied Psychology interessanterweise auf, dass hohes Engagement auch zu negativen Ergebnissen wie unethischem Verhalten und Zurückhalten von Informationen von Mitarbeitenden führen kann (vgl. Wang, Law, Zhang und Liang, 2018). Die Erklärung hierfür ist, dass Mitarbeitende, die ein hohes Engagement zeigen, ihren Beruf als einen zentralen Bestandteil ihrer Identität begreifen. Um diese positive Identität zu schützen, grenzen sie sich gegenüber anderen Organisationsmitgliedern ab, die diesen exklusiven Besitz eines positiven Engagements im Job gefährden könnten und zeigen deshalb trotz eines hohen Engagements ein geringeres soziales und altruistisches Verhalten. 

Trends in der Employee-Engagement-Forschung und -Praxis

Employee Engagement scheint also auf Basis der verfügbaren Metaanalysen eine zentrale Rolle für die Arbeitsleistung zu spielen und insbesondere von der Aufgabengestaltung und den Persönlichkeitseigenschaften der Mitarbeitenden der Teams getrieben zu werden. Neben diesen zentralen empirischen Evidenzen lassen sich noch zwei weitere zentrale Trends in der Employee-Engagement-Forschung und -Praxis erkennen: Employee Engagement als ein kollektives Konstrukt und die maschinelle Messung durch "Big-Data-Ansätze", die ich zum Abschluss noch kurz skizzieren möchte.

Ein erster zentraler Trend ist, Employee Engagement nicht nur aus der Perspektive des einzelnen Mitarbeitenden – wie in den oben beschriebenen Metaanalysen geschehen –, sondern aus der Perspektive der ganzen Organisation zu betrachten. In der empirischen Forschung ist deshalb das Messkonstrukt des kollektiven Engagements entwickelt worden, das nicht nur das Engagement des einzelnen Mitarbeitenden, sondern das kollektive Engagement aller Mitarbeitenden misst (vgl. Barrick, Thurgood, Smith, & Courtright, 2015). Die Autoren konnten zeigen, dass sich das kollektive Engagement der Mitarbeitenden zwischen Organisationen unterscheidet und auch stark mit der organisationalen Leistungsfähigkeit zusammenhängt. Um dieses kollektive Engagement der Mitarbeitenden zu fördern, sind demnach auch organisationsweite Maßnahmen wie eine motivierende Gestaltung der Arbeitsumgebung, positive Personalmanagementpraktiken und ein transformationales Führungsverhalten der Topführungskräfte nötig. Insbesondere der letzte Punkt macht deutlich, dass diese kollektive Perspektive auch bedeutet, dass durch ein kollektives Verständnis Em­ployee Engagement kein reines HR-Thema ist, sondern auch zent­ral durch das Verhalten der Geschäftsführung mit be­einflusst wird. Manche (populär-)wissenschaftlichen Autoren gehen sogar so weit, beim Topmanagement von einem "Chief Engagement Officer" zu sprechen (vgl. Smythe, 2017).

Ein zweiter zentraler Trend ist, dass sich in Zeiten von Big Data und künstlicher Intelligenz auch die Frage stellt, ob diese Kompetenzen auch genutzt werden sollten, um das Engagement der Mitarbeiter in Organisationen zu messen. Traditionell werden zur Messung von Employee Engagement Mitarbeiterbefragungen verwendet, die eine Selbsteinschätzung der Mitarbeitenden zu ihrem Engagement vornehmen. Firmen wie Microsoft haben hingegen schon begonnen, nicht nur auf diese – teilweise verzerrten – Selbsteinschätzungen zu vertrauen, sondern indirekte Datenquellen zu verwenden und zum Beispiel den E-Mail-Verkehr ihrer Teams als Maßzahl von Engagement und Arbeitszufriedenheit zu betrachten (vgl. Medium, 2016). Andere Ansätze des "People Analytics" gehen davon aus, dass Engagement auch gut über weitere indirekte Kennzahlen gemessen werden kann (vgl. Fuller, 2014), wie zum Beipiel:

  • Wie viel Zeit man außerhalb der normalen Arbeitszeit arbeitet (mehr Extra-Arbeitszeit = höheres Engagement)
  • Wie viel Zeit man mit Kollegen außerhalb seines direkten Arbeitsbereichs verbringt (mehr Zeit mit externen Kollegen = höheres Engagement)
  • Wie viel Zeit man in Ad-hoc-Meetings im Vergleich zu lang geplanten Meetings verbringt (mehr Ad-hoc-Meetings = höheres Engagement) 

Vermeintlich haben diese neuen Erhebungstypen von Em­ployee Engagement, die auf großen Datenquellen (Big Data) beruhen, den Vorteil, dass sie ständig verfügbar sind und damit im Gegensatz zu Mitarbeiterbefragungen mit ein- oder zweijährlichem Rhythmus ständig eingesetzt werden können, um Ad-hoc-Messungen bei den Mitarbeitenden vorzunehmen und bei niedrigem beziehungsweise fallendem Engagement entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Zukunft der Messung von Employee Engagement

Als einen Gegentrend zu dieser Big-Data-Messung von Employee Engagement halten einige Unternehmen allerdings auch an dem klassischen Instrument der Mitarbeiterbefragung fest. So hat Facebook zum Beispiel festgestellt, dass eine Befragung der Mitarbeitenden zu ihrer wahrgenommenen Intention weiter bei der Firma zu bleiben, mehr als doppelt so genau ist, um die effektive Kündigung der Mitarbeitenden vorauszusagen, als ein Verfahren, das auf einer maschinellen Prognose mit Big Data beruht (vgl. Judd, O‘Rourke & Grant, 2018).

Die Zukunft der Messung von Employee Engagement liegt deshalb sicherlich in einer Kombination von klassischen Methoden der Mitarbeiterbefragung und neuen maschinellen Methoden. Die empirische Engagement-Forschung steht vor der Aufgabe, die Validität, Reliabilität und Vergleichbarkeit der verschiedenen Messungen genauer zu untersuchen. Ein probates praktisches Vorgehen zur Integration von konservativen und moderne Methoden der Engagement-Messung könnten auch der verstärkte Einsatz von "Pulse Checks oder Befragungen" sein, in denen Kurzumfragen zum Engagement der Mitarbeiter regelmäßig außerhalb der jährlichen oder zweijährlichen Mitarbeiterbefragungen vorgenommen werden, um so ein kontinuierliches Bild zum Engagement-Level der Organisation zu erhalten. Dies könnte sich insbesondere anbieten, wenn größere Veränderungsprojekte in der Organisation geplant sind, für die es relevant sein kann, die notwendige Bereitschaft und Unterstützung der Mitarbeiter zu erheben.  

Fazit und praktische Implikationen 

Die vorhandenen empirischen Studien zeigen eindeutig, dass Employee Engagement ein zentraler Treiber von Arbeitsleis­tung und anderen positiven Outcomes wie prosozialem Verhalten der Mitarbeitenden ist. Um ihre Belegschaft engagiert zu halten, sollten Unternehmen vor allen auf positive Persönlichkeitseigenschaften bei der Personalauswahl achten und auch versuchen, die wahrgenommene Sinnhaftigkeit und Vielseitigkeit der Tätigkeit bei den Mitarbeitenden hochzuhalten. Um das Employee Engagement richtig zu managen, ist es wichtig, es regelmäßig über Mitarbeiterbefragungen zu messen. Hier ist es zentral, die Mehrdimensionalität (physisches, emotionales und kognitives Engagement) abzubilden und die Messung nicht mit anderen verwandten Konstrukten wie Arbeitszufriedenheit oder Commitment zu vermischen. 


Literaturverzeichnis:

Barrick, M. R./Thurgood, G. R./Smith, T. A./Courtright, S. H. (2015): Col­lective organizational engagement: Linking motivational antecedents, strategic implementation, and firm performance. In: Academy of Management Journal, 58(1), S. 111-135.

Christian, M. S./Garza, A. S./Slaughter, J. E. (2011): Work engagement: A quantitative review and test of its relations with task and contextual performance. In: Personnel Psychology, 64(1), S. 89-136

Judd, S./O’Rourke, E./Grant A. (2018): Employee Surveys are still one of the best ways to measure engagement. In: Harvard Business Review https://hbr.org/2018/03/employee-surveys-are-still-one-of-the-best-ways-to-measure-engagement 

Kahn, W. A. (1990): Psychological conditions of personal engagement and disengagement at work. In: Academy of Management Journal, 33(4), S. 692-724

Fuller, R. (2014): A Primer on Employee Engagement. In: Harvard Business Review. https://hbr.org/2014/11/a-primer-on-measuring-employee-engagement

Medium (2016): The Organizational Spectroscope: https://medium.com/@duncanjwatts/the-organizational-spectroscope-7f9f239a897c

Nink, M. (2014): Engagement Index: Die neuesten Daten und Erkenntnisse aus 13 Jahren Gallup-Studie. In: Redline Wirtschaft

Rich, B. L./Lepine, J. A./Crawford, E. R. (2010): Job engagement: Ante­cedents and effects on job performance. In: Academy of Management Journal, 53(3), S. 617-635

Schaufeli, W. B./Bakker, A. B./Salanova, M. (2006): The measurement of work engagement with a short questionnaire: A cross-national study. In: Educational and Psychological Measurement, 66(4), S. 701-716

Smythe, J. (2017): The CEO: Chief Engagement Officer: Turning Hierarchy Upside Down to Drive Performance. In: Gower

Young, H. R./Glerum, D. R./Wang, W./Joseph, D. L. (2018): Who are the most engaged at work? A meta-analysis of personality and employee engagement. In: Journal of Organizational Behavior

Wang, L./Law, K.S./Melody, J. Z./Li, N./Liang, Y. (2018): It’s Mine! Psychological Ownership of One’s Job Explains Positive and Negative Workplace Outcomes of Job Engagement. Journal of Applied Psycholgy


Dieser Beitrag ist erschienen im Wissenschaftsjournal PERSONALquarterly 1/2019. Die gesamte Ausgabe zu Strategischem Personalmanagement können Sie hier als PDF herunterladen.


Schlagworte zum Thema:  Performance-Management, PERSONALquarterly