Mobbingprävention als Führungsaufgabe
Acht Milliarden Euro Schaden entstehen der deutschen Wirtschaft durch Produktionsausfallkosten wegen Krankheit infolge von Mobbing. Das zeigt die Studie "Mobbing und Cybermobbing bei Erwachsenen" des Bündnisses gegen Cybermobbing.
Mitarbeitende, die zu Mobbingopfern werden, leiden häufig an Depressionen, Persönlichkeitsveränderungen und Problemen mit dem Selbstvertrauen. Die Attacken lösen aber auch körperliche Beschwerden aus, die sich insbesondere in Magen-Darm-Beschwerden und körperlichen Schmerzen manifestieren. Die indirekten Schäden durch Mobbing am Arbeitsplatz liegen nach Ansicht der Studienautoren deshalb noch um einiges höher: sie entstehen durch verminderte Arbeitsleistung, Kompetenzverlust oder Frühverrentungen, durch Personalsuche und Einarbeitung neuer Mitarbeitender nach Kündigungen, Gerichtsverfahren, Entschädigungszahlungen, Reputationsverlusten und ähnlichem.
Mobbing-Prävention ist Führungsaufgabe
Unternehmen können präventiv einige wirkungsvolle Maßnahmen gegen Mobbing treffen, erklärt Psychologin Kerstin Hillbrink. Insbesondere die Arbeitsplatzsicherheit und die gelebte Fehler- und Konfliktkultur beeinflussten stark, ob das Phänomen Mobbing in der Organisation Raum finde. Dabei sieht Hillbrink, die als Beraterin Gesundheitsmanagement bei BAD arbeitet, die Führungskräfte in einer Schlüsselrolle – die allerdings aktuell noch nicht entsprechend gelebt wird: "Bei nahezu allen Mobbingfällen, die mir bekannt sind, ist davon auszugehen, dass das Team und die Führungskräfte, die nicht aktiv am Geschehen beteiligt sind, wegschauen oder zumindest nicht so genau hinschauen. Das entbindet sie aber nicht von der Verantwortung. Denn durch das Ignorieren und Tolerieren wird die Schikane erst möglich."
Nur rechtzeitiges Eingreifen kann Mobbingopfern helfen
Ein wesentlicher Aspekt im Kampf gegen Mobbing am Arbeitsplatz ist dabei das rechtzeitige Reagieren von Unternehmensseite. Wenn es erst einmal zum systematischen Mobbing einer Person gekommen ist, erklärt Hillbrink, sei eine konstruktive Zusammenarbeit in der Regel nicht mehr möglich. Die meisten Betroffenen erkrankten dann früher oder später und verlassen den Arbeitgeber oder zumindest das Team. Zu diesem Zeitpunkt könne auch die beste psychologische Beratung nichts mehr ändern.
Hillbrink appelliert deshalb ganz deutlich in Richtung Prävention: Unternehmen, die die Themen Mobbing und Konflikte angehen wollen, müssten ihre Führungskräfte dementsprechend sensibilisieren. Dies könne in Schulungen geschehen, mit deren Hilfe Führungskräfte in die Lage versetzt werden, schnell einzugreifen und sich klar zu positionieren, wenn mobbingtypische Situationen auftreten. Beschäftigte könnten so die notwendige Unterstützung finden. Dem mobbenden Team oder Verursacher müsse klar signalisiert werden, dass ein derartiges Verhalten unerwünscht ist.
Auch die Vorbildfunktion der Führungskräfte spielt nach Ansicht der Gesundheitsexpertin eine große Rolle: "Wird wertschätzendes und respektvolles Verhalten von oben vorgelebt, sind das die besten Voraussetzungen für ein förderliches Betriebsklima." Eine klare, für alle spürbare Haltung von Geschäftsführung und Führungskräften gegen Mobbing und unfaires Verhalten am Arbeitsplatz sei das effektivste Mittel und werde sich positiv auf das Verhalten der Beschäftigten auswirken.
Checkliste: So beugen Sie Mobbing vor
Häufig entstehen Konflikte beim Neueintritt von Beschäftigten. Um aggressiven Stimmungen oder Mobbing-Versuchen von vorneherein begegnen zu können, sollten Signale frühzeitig wahrgenommen werden. Die nachfolgende Checkliste hilft dabei.
- Kontakt der Kollegen untereinander
Achten Sie darauf, ob Ihre Mitarbeitenden gemeinsam mittags zum Essen gehen und wie der Umgangston untereinander ist. Fällt Ihnen auf, dass es bestimmte Untergruppen beziehungsweise kleine Gruppen gibt, die in sich recht geschlossen sind? Wenn das so ist, schlagen Sie vor, einmal im Monat gemeinsam mit der Abteilung zum Essen zu gehen. So können Sie beobachten, wie das Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist. - Arbeitsatmosphäre und Stimmung
Die Arbeitsatmosphäre ist enorm wichtig für die Ergebnisse und Leistungen, die in Ihrer Abteilung erzielt werden. Unterschätzen Sie dies auf keinen Fall. Eine gute Stimmung lässt sich nicht erzwingen, sondern jeder und jede muss dazu etwas beitragen. Seien Sie Vorbild! Wenn Sie bemerken, dass etwas nicht stimmt, gehen Sie in die Offensive und sprechen Sie Ihr Unbehagen offen aus. Vielleicht haben andere den gleichen Eindruck, nur äußern sie diesen nicht. - Umgang mit den Neuen
Für viele Mitarbeitende ist die Einstellung einer neuen Kollegin oder eines neuen Kollegen ein Problem. Er oder sie fühlt sich bedroht, glaubt, dass ihm oder ihr etwas weggenommen werden soll. Neid, Missgunst und Argwohn gedeihen in einer solchen Atmosphäre. Ausgelassen wird dies dann an dem oder der Neuen. Stellen Sie ihm oder ihr auf jeden Fall einen Paten an die Seite. So wird er/sie von Anfang an betreut und findet sich umso leichter im Team zurecht. - Gerechte Verteilung von ungeliebten Aufgaben
Sicher gibt es auch in Ihrem Bereich Aufgaben, die niemand gerne übernimmt. Wichtig ist nur, dass diese Tätigkeiten möglichst gerecht verteilt werden. Wenn Sie dabei nicht aufpassen, schaffen Sie Grundlagen für schwerwiegende Konflikte. Bauen Sie ein rollierendes System auf und achten Sie darauf, dass sich niemand vor der aktiven Teilnahme drückt. - Freude und Leistungsbereitschaft
Mit Spaß und Freude bei der Arbeit geht alles viel einfacher und fast von selbst von der Hand. Sicher etwas, was Sie aus eigener Erfahrung gut kennen. Wie verhalten sich Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter großem Termindruck und Stress? Hilft einer dem anderen, ohne dass sich ein Vorgesetzter einschalten muss? Belohnen Sie sich und das Team, wenn ein Projekt fertig gestellt wurde und alle mit angepackt haben? Wenn die Motivation stimmt und die Stimmung gut ist, schaffen Sie gemeinsam noch bessere Leistungen. Vergessen Sie nicht, Lob und Anerkennung auszusprechen. Das ist die Grundlage für die Motivation für weitere Aufgaben.
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