Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergleichsgebühr. Nachgeben

 

Normenkette

BRAGO § 23; BGB § 779

 

Verfahrensgang

LAG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 23.01.2004; Aktenzeichen 2 Ta 1/04)

ArbG Mainz (Beschluss vom 23.01.2003)

 

Tenor

  • Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 19 BRAGO vom 23. Januar 2004 – 2 Ta 1/04 – wird zurückgewiesen.
  • Die Kosten der Rechtsbeschwerde hat der Kläger zu tragen.
  • Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 394,41 Euro festgesetzt.
 

Tatbestand

I. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich der Kläger dagegen, dass das Arbeitsgericht bei der Festsetzung der von ihm an seine Prozessbevollmächtigten erster Instanz zu zahlenden Kosten eine Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO in Ansatz gebracht hat.

Der Kläger hatte gegen eine fristgerechte Kündigung Klage mit dem Antrag erhoben

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis … nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 30. Mai 2001 beendet wurde und über den 30. Juni 2001 hinaus fortbesteht.

Zur Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Mainz erschien der Kläger persönlich mit seiner Prozessbevollmächtigten, einer Anwältin aus dem Büro des Antragstellers sowie die Geschäftsführerin der Arbeitgeberin (Beklagten). Diese räumte ein, für den Kläger zum 1. Juli 2001 einen neuer Mitarbeiter eingestellt zu haben, und erklärte, an der streitbefangenen Kündigung nicht festzuhalten. Sodann schlossen die Parteien folgenden Vergleich:

“Vergleich

1. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen ungekündigt über den 30.05.2001 hinaus fortbesteht.

2. Der Kläger verpflichtet sich nach Beendigung einer Arbeitsunfähigkeit die Arbeit wieder im Betrieb der Beklagten aufzunehmen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.”

In dem vom Antragsteller eingeleiteten Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 19 BRAGO setzte das Arbeitsgericht Mainz mit Beschluss vom 23. Januar 2003 ua. eine volle Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO in Höhe von 340,01 Euro an. Der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde half das Arbeitsgericht nicht ab, das Landesarbeitsgericht wies sie kostenpflichtig zurück. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

 

Entscheidungsgründe

II. Die statthafte Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie durch das Landesarbeitsgericht zugelassen worden ist und keine Spezialvorschrift die Anwendung der § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 78 ArbGG ausschließt.

2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet. Rechtsfehlerfrei haben die Vorinstanzen erkannt, dass der Kläger dem Antragsteller eine Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO zu erstatten hat.

a) Die Vergütung des Antragstellers richtet sich für das im Jahr 2001 abgeschlossene Mandat nach der BRAGO, nicht nach dem zum 1. Juli 2004 in Kraft getretenen RVG (§ 61 Abs. 1 RVG).

b) Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt eine Vergleichsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vergleichs (§ 779 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). § 779 BGB enthält die Legaldefinition des Vergleichs als Vertrag, der den Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt. Entgegen der Ansicht des Klägers liegt ein gegenseitiges Nachgeben vor.

aa) Die beklagte Arbeitgeberin hat im Vergleich die Unwirksamkeit ihrer Kündigung und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 30. Juni 2001 (fälschlich bezeichnet mit 30. Mai 2001) anerkannt. Damit hat sie dem mit dem Klageantrag umschriebenen Prozessinteresse des Klägers in vollem Umfang entsprochen.

bb) Aber auch der Kläger hat im Sinne des § 779 BGB “nachgegeben”. Nicht erforderlich ist, dass das Nachgeben sich gerade auf das streitige oder ungewisse Rechtsverhältnis bezieht; jedes Opfer genügt, das eine Partei auf sich nimmt, mag es auch ganz geringfügig sein (BGH 31. Januar 1963 – III ZR 117/62 – BGHZ 39, 60). Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Kläger mit der im Vergleich vereinbarten Kostenaufhebung auf Kostenerstattung verzichtet hat, die er im Falle eines erstrittenen Prozesserfolges hätte verlangen können. Im Fall eines obsiegenden Urteils hätte er die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts anfallenden Kosten in Höhe der ihm sonst entstandenen Reisekosten fordern können. Da § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG nur das Prozessrisiko für die unterlie gende Partei begrenzen und nicht einen ungerechtfertigten Kostenvorteil gewähren soll, wären die fiktiven Reisekosten zu erstatten gewesen.

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Rechtsbeschwerde zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 25 GKG aF ivm. § 72 Nr. 1 GKG nF.

 

Unterschriften

Kremhelmer, Breinlinger, Zwanziger

 

Fundstellen

Haufe-Index 1542575

AGS 2006, 170

AUR 2006, 175

RVGreport 2006, 23

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