Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährleistung einer beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft. Gewährung einer beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft und Gegenleistung. Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zusage der Verbeamtung. öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten. Gleichbehandlungsgrundsatz. einseitige Leistungsbestimmung. Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes
Orientierungssatz
- Wird in einem Arbeitsvertrag die spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis zugesagt und zugleich eine Versorgungsanwartschaft nach beamtenrechtlichen Vorschriften gewährleistet, stellt die in diesem Zusammenhang vereinbarte Vergütungsminderung regelmäßig keine Gegenleistung zu der Zusage der Verbeamtung dar. Vielmehr wird die Vergütung im Hinblick auf die mit der Gewährleistung der Versorgungsanwartschaft verbundene Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert.
- Eine solche Vereinbarung verstößt weder gegen ein gesetzliches Verbot noch gegen die guten Sitten. Sie bewirkt keine Diskriminierung von teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird nicht verletzt.
- Der Senat ist gehindert, den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes anzurufen. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Rechtsfrage einer monatlichen Zahlung des Arbeitnehmers als Gegenleistung für die Zusage der späteren Ernennung zum Beamten entschieden, nachdem die Vorinstanz den Arbeitsvertrag in diesem Sinne ausgelegt und damit tatsächliche Feststellungen zum Vertragsinhalt getroffen hatte, an die sich das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden sieht.
Normenkette
VwVfG §§ 54, 56; BGB §§ 134, 138, 305, 315; SGB VI § 5 Abs. 1, § 181 ff.; TzBfG § 4 Abs. 1; RsprEinhG § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land die Bruttovergütung der Klägerin auf Grund einer Nebenabrede im Arbeitsvertrag zu Recht um 270,00 DM monatlich gekürzt hat.
Die im September 1969 geborene Klägerin war seit dem 25. August 1997 als Lehrerin bei dem beklagten Land angestellt. Sie erteilte wöchentlich durchschnittlich 20,5 Unterrichtsstunden bei einer Regelstundenzahl von 27,5 Unterrichtsstunden. Dem Arbeitsverhältnis lag ein Arbeitsvertrag vom 19. August 1997 zugrunde. Danach fanden der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT), die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge und der Eingruppierungserlass des Niedersächsischen Kultusministeriums in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Die Klägerin war in Vergütungsgruppe III BAT eingruppiert.
§ 6 des Arbeitsvertrags lautet wie folgt:
“Es wird folgende Nebenabrede vereinbart:
Zwischen den Arbeitsparteien besteht Einvernehmen, daß das Arbeitsverhältnis mit dem Ziel einer späteren Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe geschlossen wird.
Der Arbeitgeber sichert zu, daß er die Angestellte nach Ablauf einer Tätigkeit von 4 Jahren bei Vorliegen der beamtenrechtlichen Einstellungsvoraussetzungen in das Beamtenverhältnis berufen wird. Der Arbeitgeber gewährleistet der Angestellten mit dem Tage der Begründung des Arbeitsverhältnisses eine Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Aufgrund der Gewährleistung dieser Versorgungsanwartschaft besteht Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung, so daß insoweit Arbeitnehmeranteile von der Angestellten nicht zu entrichten sind.
Für diese Zusicherungen (Vollzeitbeschäftigung als Beamtin/Beamter und entsprechender Altersversorgung unter Anrechnung der Beschäftigung im Angestelltenverhältnis) verpflichtet sich die Angestellte zu einer Gegenleistung in Höhe von 270,– DM monatlich. Dieser Betrag wird mit den laufenden Vergütungsansprüchen verrechnet.”
Diese Nebenabrede beruhte auf einem Erlass des Kultusministeriums vom 29. Mai 1996. Danach bot das beklagte Land seit dem Schuljahr 1996/97 Lehrern die Einstellung als Angestellte mit zwei Dritteln oder drei Vierteln der regelmäßigen Arbeitszeit an. Es stellte eine Beschäftigung entsprechend dem Arbeitsvertrag der Klägerin und alternativ ein rentenversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mit Tarifgehalt ohne Zusage der Übernahme in das Beamtenverhältnis und ohne Zusage der Erhöhung der Arbeitszeit zur Auswahl.
Mit dem Arbeitsvertrag erhielt die Klägerin ein Schreiben des beklagten Landes vom 19. August 1997, in dem es ua. heißt:
“Zwischen den Vertragsparteien besteht Einvernehmen darüber, daß das Arbeitsverhältnis mit dem Ziel einer Übernahme in das Beamtenverhältnis begründet wird.
Für das Land Niedersachsen erteile ich Ihnen hiermit die Zusicherung, daß ich beabsichtige, Sie nach 4 Jahren der Beschäftigung in dem begründeten Arbeitsverhältnis in das Beamtenverhältnis zu übernehmen, sofern Sie zu diesem Zeitpunkt die erforderlichen beamtenrechtlichen Voraussetzungen erfüllen.
Die vorstehende Selbstverpflichtung wird im Vertrauen darauf abgegeben, daß auch Sie an einer Beschäftigung im Beamtenverhältnis interessiert sind. Sollte Ihrerseits ein entsprechender Bindungswille nicht mehr gegeben sein, bitte ich um umgehende Mitteilung.
Die obersten Landesbehörden haben mit Runderlaß vom 30.12.1991 (Nds. MBl. 1992 S. 265) allgemein entschieden, daß bei Angestellten, deren Übernahme in das Beamtenverhältnis in absehbarer Zeit beabsichtigt ist, eine Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist, so daß für diese Angestellten Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht.
Durch die Ihnen erteilte Einstellungszusage unterliegen Sie mit Beginn der Beschäftigung dieser allgemeinen Gewährleistungsentscheidung und sind somit versicherungsfrei gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI. Die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung hat keine Auswirkungen auf Ihre Versicherungs- bzw. Beitragspflicht in den übrigen Zweigen der Sozialversicherung (Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung).
Sollte eine Übernahme ins Beamtenverhältnis nicht mehr möglich sein, oder sollten Sie hieran kein Interesse mehr haben, so würden Sie mit Wirkung für die Zukunft aus der Geltung der erwähnten allgemeinen Gewährleistungsentscheidung ausscheiden. Sie wären sodann versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung; für die Vergangenheit übernähme das Land Ihre Nachversicherung. Nach 4jähriger Teilzeitbeschäftigung würde ich Ihnen dann einen Vollzeitarbeitsplatz anbieten.”
Die Verrechnung nach § 6 des Arbeitsvertrags nahm das beklagte Land vor, indem es die monatliche Bruttovergütung nach VergGr. III BAT um 270,00 DM kürzte. Rentenversicherungsbeiträge wurden weder abgezogen noch abgeführt.
Mit Wirkung vom 23. Januar 2002 wurde die Klägerin in das Beamtenverhältnis übernommen. Erstmals mit Schreiben vom 25. Februar 2002 verlangte sie Nachzahlung der Kürzungsbeträge.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Nebenabrede im Arbeitsvertrag sei öffentlich-rechtlicher Natur und wegen Verstoßes gegen das Koppelungsverbot des § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nichtig. Das beklagte Land habe sich eine unzulässige Gegenleistung von 270,00 DM monatlich für die Zusage der Beamtenernennung versprechen lassen. Es bestehe deshalb ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe der einbehaltenen Beträge. Sie, die Klägerin, sei im Verhältnis zu vollzeitbeschäftigten Lehrkräften und zu teilzeitbeschäftigten Lehrkräften mit Rentenversicherungspflicht ungerechtfertigt benachteiligt worden. Auf Grund der Gehaltskürzung liege eine Abweichung von der nach BAT geregelten Vergütung zu ihren Lasten vor. Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses sei eine umfassende Absicherung im Sinne einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung nicht gewährleistet gewesen. Die Übernahme in das Beamtenverhältnis habe unter dem Vorbehalt gestanden, dass nach Ablauf des Anstellungsverhältnisses die beamtenrechtlichen Einstellungsvoraussetzungen vorlägen.
Die Klägerin hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an sie 7.316,59 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 138,05 Euro beginnend mit dem 15. September 1997 und jeweils fortlaufend zum 15. eines Monats zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, die Nebenabrede sei nicht öffentlich-rechtlicher Natur und enthalte eine wirksame arbeitsvertragliche Vereinbarung. Die Gehaltskürzung sei vereinbart als Gegenleistung für die Zusage einer Versorgungsanwartschaft während des Arbeitsverhältnisses. Die Anwartschaft habe der Beamtenversorgung entsprochen. Deshalb habe keine Rentenversicherungspflicht bestanden und die Klägerin eine um ca. 180,00 DM höhere Nettovergütung bezogen als bei Bestehen einer Rentenversicherungspflicht und ungekürzter Bruttovergütung. Etwaige Ansprüche seien jedenfalls verwirkt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen habe die Klage zu Recht abgewiesen.
I. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch besteht nicht. Die Klägerin hat nicht auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Vertrags (§ 54 VwVfG) Leistungen erbracht.
1. Das Landesarbeitsgericht hat § 6 des Arbeitsvertrags dahin ausgelegt, die Nebenabrede regele neben der Zusicherung der Übernahme in das Beamtenverhältnis vor allem die Bedingungen des Arbeitsverhältnisses. Die Gehaltskürzung von 270,00 DM monatlich sei nicht Gegenleistung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis, sondern für die während des Arbeitsverhältnisses gewährleistete Versorgungsanwartschaft. Absatz 2 der Nebenabrede gewährleiste schwerpunktmäßig eine Versorgungsanwartschaft nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Aufgeführt sei die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Folge, dass Arbeitnehmeranteile zur Rentenversicherung nicht zu entrichten seien. Die Einleitung des nachfolgenden Absatzes 3 (“für diese Zusicherungen”) nehme erkennbar Bezug auf die vorangegangenen Absätze 1 und 2, die in dem Klammerzusatz stichwortartig erfasst werden sollten. Auch wenn der Klammerzusatz die Versorgungsanwartschaft nicht aufführe, sei damit ein ausreichender Zusammenhang zu den Absätzen 1 und 2 hergestellt. Die tatsächliche Abwicklung der Vereinbarung, die ergänzend zur Auslegung herangezogen werden könne, belege eine Kürzung der Bruttovergütung um 270,00 DM. Die Klägerin habe nicht etwa eine Leistung von 270,00 DM monatlich im Sinne eines Nettoabzugs erbringen müssen. Eine Bewertung des Gesamtzusammenhangs der Nebenabrede ergebe, dass die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft und die daraus folgende Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung von zentraler Bedeutung gewesen seien. Das belege auch das Schreiben an die Klägerin vom 19. August 1997. Da der Arbeitsvertrag einschließlich der Nebenabrede die Bedingungen des dem Beamtenverhältnis vorgeschalteten Arbeitsverhältnisses regele, liege die Auslegung nahe, die vereinbarte und tatsächlich durchgeführte Gehaltskürzung stehe für die Dauer des Arbeitsverhältnisses im Gegenleistungsverhältnis zur Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Ersparnis der Arbeitnehmeranteile zur Rentenversicherung. Dafür spreche auch, dass das beklagte Land Lehrer grundsätzlich im Beamtenverhältnis einstelle und die Begründung von Arbeitsverhältnissen die Ausnahme sei. Ein Beamtenverhältnis sei auch hier vorgesehen gewesen und bindend zugesagt worden. Der Vorbehalt “bei Vorliegen der beamtenrechtlichen Einstellungsvoraussetzungen” stelle nur den selbstverständlichen Hinweis auf die persönlichen Einstellungsvoraussetzungen dar. Zum Beamtenverhältnis sei es allein deshalb nicht sofort gekommen, weil das vorgesehene Teilzeitverhältnis nach Beamtenrecht nicht zulässig gewesen sei. Die gewählte Konstruktion habe damit nur dem Zweck gedient, der beabsichtigten Beamteneinstellung ein so weit wie möglich beamtenrechtlichen Grundsätzen angenähertes Teilzeitarbeitsverhältnis vorzuschalten. Die damit verbundene Versorgungsanwartschaft sei Kernbestandteil der Nebenabrede und für die Festlegung der Vergütungsbedingungen des vorgeschalteten Arbeitsverhältnisses maßgebend.
2. Diese Auslegung lässt auch im Hinblick darauf, dass sie der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt, keine Fehler erkennen.
a) Es handelt sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um vorformulierte Vertragsbedingungen. Die Nebenabrede ist in dieser Form in mehreren tausend Fällen vereinbart worden. Ob die Vereinbarung öffentlichem oder privatem Recht unterliegt, richtet sich nach ihrem durch Auslegung zu bestimmenden Inhalt. Die Auslegung hat nach allgemeinen Grundsätzen zu geschehen, die auch für die Auslegung von Normen gelten. Die revisionsrechtliche Überprüfung der Auslegung von Seiten des Berufungsgerichts ist nicht eingeschränkt (vgl. BAG 18. August 1998 – 1 AZR 589/97 – NZA 1999, 659, zu II 1 der Gründe; 25. September 2002 – 4 AZR 294/01 – BAGE 103, 9, 12, zu II 2a der Gründe; Senat 31. August 2005 – 5 AZR 545/04 – zur Veröffentlichung vorgesehen ≪zVv.≫, zu II 2a der Gründe und 9. November 2005 – 5 AZR 128/05 – zVv., zu II 2a der Gründe).
b) Die Annahme, die vereinbarte “Gegenleistung” beziehe sich auf die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft nach den beamtenrechtlichen Vorschriften und die damit verbundene Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung, ist nach Wortlaut, Sachzusammenhang sowie Sinn und Zweck der arbeitsvertraglichen Vereinbarung entsprechend den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht nur nahe liegend, sondern geradezu zwingend. Als verständige und redliche Vertragspartnerin konnte die Klägerin unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise und bei Zugrundelegung der Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners (vgl. Senat 31. August 2005 – 5 AZR 545/04 – zVv., zu II 2b der Gründe und 9. November 2005 – 5 AZR 128/05 – zVv., mwN) die Regelung in § 6 des Arbeitsvertrags in keinem anderen Sinne verstehen.
aa) Das beklagte Land stellt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Lehrer grundsätzlich im Beamtenverhältnis ein. Deshalb besteht keinerlei Anlass, hierfür eine Gegenleistung anzunehmen. Das beklagte Land erzielt keinen erkennbaren wirtschaftlichen Vorteil, wenn es von der Begründung eines Beamtenverhältnisses vorläufig absieht und statt dessen, wie geschehen, einen rentenversicherungsfreien Arbeitsvertrag abschließt. Zudem hat es gerade alternativ versicherungspflichtige und versicherungsfreie Arbeitsverhältnisse angeboten. Letztere unterliegen der Pflicht zur Nachversicherung durch das Land, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr Beamter werden will oder kann (§§ 181 ff. SGB VI). Kommt es wie vorgesehen zu einer Verbeamtung und schließlich zu einer Beamtenversorgung, wird diese nach den anrechenbaren Jahren im öffentlichen Dienst erbracht.
bb) Ziel des beklagten Landes war es, möglichst viele junge Lehrer einzustellen und dem entsprechend Teilzeitbeschäftigung vorzusehen. Das Land sah sich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts durch die §§ 80 ff. des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 20. November 1995 (Nds. GVBl. S. 427) daran gehindert, Teilzeitbeamtenverhältnisse zu begründen. Auf dieser Grundlage kam es zu dem Haushaltsvermerk Nr. 10 zu Kapitel 0707 bis 0721 idF des Nachtragshaushaltsplans 1996 und zu dem Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 29. Mai 1996. Erst auf Grund von § 80b NBG idF des Dritten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 1997 (Nds. GVBl. S. 528) konnten Bewerber auch unter der Voraussetzung einer Teilzeitbeschäftigung von mindestens drei Vierteln der regelmäßigen Arbeitszeit in ein Beamtenverhältnis eingestellt werden.
cc) War die Verbeamtung in absehbarer Zeit ohnehin vorgesehen, lag es nahe, sich die auf die Zukunft gerichtete gesetzliche Rentenversicherung zu “ersparen” und zugleich eine weitgehende Gleichbehandlung mit den Beamten zu erreichen. Das Land hat deshalb eine Versorgungsanwartschaft nach beamtenrechtlichen Vorschriften zugesagt. Insofern hat das Landesarbeitsgericht zu Recht von einem vorgeschalteten Teilzeitarbeitsverhältnis gesprochen. In dieser Zeit bestand bereits ein Anrecht auf Altersversorgung, Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und Hinterbliebenenversorgung nach den beamtenrechtlichen Vorschriften des beklagten Landes. Inwieweit dieses Anrecht mit einer Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung kongruent ist, ist unerheblich. Jedenfalls bestand eine geldwerte Gewährleistung, deren Erfüllung gesichert war. Damit lag Versicherungsfreiheit gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI vor (vgl. nur Klattenhoff in Hauck/Haines SGB VI Stand November 2005 K § 5 Rn. 49 ff., 59 ff.; Grintsch in Kreikebohm SGB VI § 5 Rn. 7 ff.; Boecken in GKSGB VI Stand Dezember 2005 § 5 Rn. 42 ff., 72 ff.). Der Arbeitnehmer kann nicht erwarten, dieses vom beklagten Land finanziell abgesicherte Anrecht ohne wirtschaftliche Gegenleistung zu erhalten. Das kommt deutlich auch in dem Erlass vom 29. Mai 1996 und in dem Schreiben an die Klägerin vom 19. August 1997 zum Ausdruck.
dd) Die vereinbarte Gegenleistung bestand in einer Minderung des laufenden Bruttogehalts um 270,00 DM. Dies ergibt sich aus der vorgesehenen Verrechnung und der ständigen, offenbar schon vor der Einstellung der Klägerin geübten Praxis des beklagten Landes, den Bruttobetrag zu kürzen. Die Klägerin macht selbst nicht geltend, es sei eine Nettozahlung vereinbart gewesen. Die Gegenleistung entspricht nicht einmal in vollem Umfang dem Wert der Versicherung. Unstreitig war das Nettogehalt der Klägerin höher als nach der alternativen Vertragsgestaltung.
c) Die Angriffe der Revision gegen dieses Verständnis bleiben insgesamt ohne Erfolg.
aa) Soweit die Revision auf die “Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte” hinweist, stellt das mangels substantieller Ausführungen keinen erheblichen Angriff dar. Zudem treffen die Tatsacheninstanzen der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit ihrer Auslegung Feststellungen, die das Bundesverwaltungsgericht nur auf Rechtsfehler überprüft (BVerwG 20. März 2003 – 2 C 23/02 – DVBl. 2003, 1550, zu 1 der Gründe Rn. 22).
bb) Entgegen der Darstellung der Revision nennt § 6 des Arbeitsvertrags keinen Nettobetrag. Von einer Gebühr oder Steuer kann keine Rede sein. Das Landesarbeitsgericht hat zur Auslegung zutreffend die jahrelang unbeanstandete Praxis herangezogen. Die allgemeine Gewährleistungsentscheidung der obersten Landesbehörden (Runderlass vom 30. Dezember 1991 – Nds. MBl. 1992 S. 265) ist von der Zusage einer Versorgungsanwartschaft im Einzelfall zu unterscheiden. Letztere unterliegt nicht dem öffentlichen Recht (BVerwG 27. Januar 2005 – 2 B 94.04 – DVBl. 2005, 516 Rn. 13).
cc) Das Landesarbeitsgericht lässt nicht einseitig die Ersparnis von Arbeitgeberbeiträgen unerörtert. Vielmehr übersieht die Revision, dass das beklagte Land auf Grund seiner Zusage die Versorgung selbst ohne eine Beteiligung des Arbeitnehmers schuldet und auch im Falle der Nachversicherung allein zahlt (§ 181 Abs. 5 SGB VI). Auf Grund der zugesagten Anwartschaft besteht bereits während der Vertragsdauer eine Versorgungsberechtigung wie bei einem Beamten; diese Anwartschaft beruht unmittelbar auf dem niedersächsischen Beamtenrecht und wird vom Gesetz als gleichwertig mit der Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung angesehen. Inwiefern die Absicherung der Altersversorgung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern nicht “umfassend” gewährleistet gewesen sein soll, wird von der Klägerin nicht dargelegt. Es bedarf keines ins Einzelne gehenden Vergleichs der Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Im Übrigen konnte die Klägerin zwischen Beamtenversorgung und gesetzlicher Rentenversicherung wählen.
dd) Die Verfahrensrügen der Revision sind unzulässig. Es fehlt bereits an einem Vortrag dazu, was eine weitere Aufklärung ergeben hätte. Zudem ist die Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hätte weder weitergehende Erörterungen vornehmen müssen, noch hat es den Beibringungsgrundsatz verletzt, indem es auf die höhere Nettovergütung hingewiesen hat. Sinn und Zweck des Vertrags ergeben sich hinreichend deutlich aus der Vertragsurkunde und den erörterten Begleitumständen. Wenn das beklagte Land wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt hat, ist das legitim.
II. Gegen die Wirksamkeit von § 6 des Arbeitsvertrags bestehen bei dieser Auslegung keine Bedenken.
1. Ein Verstoß gegen § 4 Abs. 3 TVG liegt unabhängig von der ungeklärten Frage der beiderseitigen Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) nicht vor, weil die Vergütung der Lehrer nicht tariflich geregelt war (Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen des BAT Anlage 1a).
2. Die Vereinbarung bewirkt keine Diskriminierung von teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern (Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 bzw. ab dem 1. Januar 2001 § 4 Abs. 1 TzBfG). Die Klägerin hat keinen vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer benannt. Zudem hat das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Gehaltskürzung nicht durch die Teilzeitarbeit bedingt ist, sondern auf der Versorgungszusage und der damit verbundenen Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung beruht. Es ist nicht ersichtlich, dass bei einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer mit Versorgungszusage kein Gehaltsabzug vereinbart würde.
3. Die Vereinbarung ist nicht gem. §§ 134, 138 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam. Ein gesetzliches Verbot, die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorzusehen, eine Versorgungsanwartschaft nach beamtenrechtlichen Vorschriften zu gewährleisten und im Hinblick auf die damit verbundene Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung die laufende Vergütung zu kürzen, besteht nicht. Vielmehr sieht § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI die Versorgungszusage ausdrücklich vor. Dass sie ohne Gegenleistung (im Sinne einer Berücksichtigung bei der Vergütungshöhe) erfolgen müsste, ist im Hinblick auf die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Vorteile ausgeschlossen und wird selbst von der Klägerin nicht geltend gemacht. Die “Gegenleistung” von 270,00 DM ist weder dem Grunde noch der Höhe nach sittenwidrig. Zum einen liegt der Nettoverdienst der Klägerin sogar höher als bei einem rentenversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis nach dem Alternativangebot. Zum anderen entspricht der Wert der versprochenen Anwartschaft dem Wert der Anwartschaft eines Beamten und ist nicht geringer als der Wert der Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung; jedenfalls hat die Klägerin hierzu nichts Konkretes vorgetragen. Die Klägerin war keineswegs zu einem für sie nachteiligen Vertragsabschluss gezwungen, um die angestrebte Verbeamtung und die Erhöhung ihrer Arbeitszeit erreichen zu können.
4. Das Landesarbeitsgericht hat eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zutreffend verneint. Es hat unangefochten festgestellt, die Vergütung angestellter Lehrer werde bei dem beklagten Land arbeitsvertraglich durch Bezugnahme auf Erlasse geregelt. Danach ist das beklagte Land ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz berechtigt, Erlasse zu ändern und Arbeitsverträge künftig auf der geänderten Grundlage abzuschließen. Die Pflicht zur Gleichbehandlung bezieht sich nur auf die unter der Geltung eines bestimmten Erlasses eingestellten Arbeitnehmer. Im Übrigen bestehen angesichts des Wertes der Versorgungszusage sachliche Gründe dafür, mit nicht rentenversicherungspflichtigen Lehrern eine um 270,00 DM gekürzte Vergütung zu vereinbaren. Dass die Einstellung ab dem Schuljahr 1996/97 nur noch als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft mit zwei Dritteln oder drei Vierteln der maßgeblichen Regelstundenzahl einer vollbeschäftigten Lehrkraft erfolgte, wird von der Klägerin selbst nicht infrage gestellt und ist für den geltend gemachten Zahlungsanspruch ohne Bedeutung.
5. Die Revision rügt schließlich ohne Erfolg eine Verletzung des § 315 BGB. Ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 Abs. 1 BGB wird eröffnet, wenn bestimmte jeweils gültige Erlasse für die Vergütung maßgeblich sein sollen. Die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts durch Änderung oder Ergänzung der Erlasse unterliegt dann der Angemessenheits- und Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB (BAG 15. November 1995 – 4 AZR 489/94 – AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 44, zu II 3e der Gründe mwN). Demgegenüber regelt § 6 des Arbeitsvertrags (anders als § 5) nicht eine einseitige Leistungsbestimmung. Vielmehr beruhen die in der Nebenabrede vereinbarten Leistungen auf einem Erlass des beklagten Landes.
III. Der Senat ist gehindert, den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes anzurufen.
1. Nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes (RSprEinhG) entscheidet der Gemeinsame Senat, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen will. Die Bestimmung entspricht § 132 Abs. 2 GVG und § 45 Abs. 2 ArbGG. Der Begriff der Rechtsfrage ist gleichbedeutend (vgl. Katholnigg Strafgerichtsverfassungsrecht 2. Aufl. § 2 RSprEinhG Rn. 1). Die Entscheidung muss sich auf eine von der Tatfrage abzugrenzende Rechtsfrage beziehen. Dazu gehört nicht nur die Auslegung einzelner Vorschriften, sondern auch die Auslegung eines Rechtsbegriffs, der in verschiedenen Normen vorkommt (Kissel/Mayer GVG 4. Aufl. § 132 Rn. 19, § 121 Rn. 21 f.; Prütting in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 5. Aufl. § 45 Rn. 20, jeweils mwN). Die Rechtsfrage muss sowohl für den erkennenden Senat in der anhängigen Sache als auch für den divergierenden Senat in der entschiedenen Sache entscheidungserheblich sein (BGH 18. Februar 2002 – II ZR 331/00 – AP ZPO § 50 Nr. 11, zu II 3b der Gründe mwN; Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 64. Aufl. Anhang nach § 140 GVG Rn. 1).
2. Danach weicht der Senat mit der vorliegenden Entscheidung nicht von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab.
a) Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, eine Vereinbarung, durch die sich das Land von einem Angestellten eine monatliche Zahlung als Gegenleistung für die Zusage der späteren Ernennung des Angestellten zum Beamten versprechen lasse, sei nichtig. Eine solche Vereinbarung sei auch dann öffentlich-rechtlicher Natur, wenn sie als Nebenabrede zu einem zivilrechtlichen Arbeitsvertrag getroffen worden sei. Es bestehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung (BVerwG 20. März 2003 – 2 C 23.02 – DVBl. 2003, 1550 Rn. 21, 24 ff.). Hiervon weicht der Senat nicht ab. Zwar betraf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts einen Fall, der mit dem Streitfall im Wesentlichen gleich gelagert ist. Doch hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich erklärt, die Vereinbarung nicht selbst auszulegen, sondern sich an die Auslegung durch das Berufungsgericht (OVG Lüneburg 27. November 2001 – 5 LB 1309/01 – EzBAT BAT § 4 Nebenabrede Nr. 16) gebunden zu sehen. Es handele sich um Tatsachenfeststellungen iSd. § 137 Abs. 2 VwGO (BVerwG 20. März 2003 – 2 C 23.02 – aaO Rn. 22), die keinen revisionsrechtlich beachtlichen Mangel erkennen ließen. Danach besteht keine Divergenz bei der Beurteilung einer Rechtsfrage, weil das Bundesverwaltungsgericht einen anderen Sachverhalt als das Bundesarbeitsgericht und damit auch andere Rechtsfragen zu beurteilen hatte. Die unterschiedliche Bindung des Revisionsgerichts durch § 73 Abs. 1 ArbGG, § 559 Abs. 2 ZPO und durch § 137 Abs. 2 VwGO stellt keine Abweichung in einer Rechtsfrage dar (vgl. auch Kopp/Schenke VwGO 14. Aufl. § 137 Rn. 25, 25a).
b) Das Bundesverwaltungsgericht hat weiter entschieden, dass für den Streit um die Rückzahlung eines Entgelts, das für die in einem Arbeitsvertrag enthaltene Zusicherung der Übernahme in ein Beamtenverhältnis und der Versorgung nach beamtenrechtlichen Regelungen gezahlt worden ist, der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet sei. Es gehe um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch im Rahmen einer beamtenrechtlichen Streitigkeit (BVerwG 27. Januar 2005 – 2 B 94.04 – DVBl. 2005, 516). Obwohl auch dieser Fall mit dem Streitfall praktisch gleich liegt, besteht keine Divergenz bei der Beurteilung einer Rechtsfrage; denn das Bundesverwaltungsgericht geht unter Bezugnahme auf seine Entscheidung vom 20. März 2003 von einem anderen Vertragsinhalt und damit von einem anderen Sachverhalt aus (27. Januar 2005 – 2 B 94.04 – aaO Rn. 11, 13). Zu diesem Vertragsinhalt ist im Streitfalle nichts zu entscheiden.
IV. Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Kremser, Wolf
Fundstellen
Haufe-Index 1484665 |
DB 2006, 901 |