Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersteilzeit. Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit
Orientierungssatz
1. Verweisen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Altersteilzeitarbeitsvertrag auf die Regelungen des AltTZG, so wollen sie regelmäßig die gesetzlichen Förderungsvoraussetzungen erfüllen. Dies setzt die Reduzierung der vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit auf die Hälfte voraus (§ 6 Abs. 2 AltTZG).
2. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AltTZG ist zunächst die vereinbarte bisherige Arbeitszeit zu bestimmen. Dies ist die tatsächlich arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitszeit vor dem Übergang in die Altersteilzeit. Gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 AltTZG ist dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis höchstens die im Durchschnitt der letzten 24 Monate vereinbarte Arbeitszeit zugrunde zu legen. Auf die Motive für Veränderungen der Arbeitszeit im 24-Monats-Zeitraum kommt es dabei nicht an.
Normenkette
AltTZG § 6 Abs. 2
Verfahrensgang
Thüringer LAG (Urteil vom 16.12.2008; Aktenzeichen 7 Sa 283/07) |
ArbG Gera (Urteil vom 12.04.2007; Aktenzeichen 4 Ca 1477/06) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 16. Dezember 2008 – 7 Sa 283/07 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin ist der weitergehenden Revision verlustig.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten über den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit während der Altersteilzeit und über die Berechnung der Vergütung unter Berücksichtigung des zu zahlenden Aufstockungsbetrags.
Rz. 2
Die 1951 geborene Klägerin steht seit dem 1. Mai 1991 in einem Arbeitsverhältnis mit der beklagten Gewerkschaft. Sie war als Verwaltungsangestellte in der Geschäftsstelle in G… mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 29,5 Stunden tätig.
Rz. 3
Die Parteien schlossen am 27. November 2003 einen Altersteilzeitarbeitsvertrag, in dem auszugsweise Folgendes bestimmt ist:
“…
wird auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vom 23. Juli 1996 in seiner jeweils geltenden Fassung nachstehender Altersteilzeitvertrag geschlossen:
In Abänderung des seit 01.05.1991 bestehenden Arbeitsvertrages vereinbaren die Vertragsparteien, das zwischen ihnen bestehende Teilzeitarbeitsverhältnis von derzeit 29,5 Stunden pro Woche mit Wirkung vom 01.10.2006 in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach dem Kollektiven Vertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (ATZ) der ÖTV vom 30. November 1998 in der Fassung vom 14. April 2000 umzuwandeln.
Dazu legen die Vertragsparteien nachfolgende Konkretisierungen fest:
1. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet mit Ablauf des 30.09.2011.
2. Die Arbeitszeit vermindert sich für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ab 01.10.2006 auf die Hälfte der bisherigen Arbeitszeit von zur Zeit 29,5 Stunden in der Woche.
Die verminderte Arbeitszeit wird folgendermaßen verteilt:
L… arbeitet in der 1. Hälfte der Altersteilzeit, also bis zum 31.03.2009 mit der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit. In der zweiten Hälfte der Altersteilzeit, also ab 01.04.2009 wird L… von der Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt (Blockmodell).
3. Auf der Grundlage der für L… maßgeblichen Altersteilzeitregelung der ehemaligen Gewerkschaft ÖTV erfolgt die Erhöhung des Altersteilzeitentgelts (50 % des der bisherigen Arbeitszeit entsprechenden Entgelts) um den Aufstockungsbetrag auf 85 % des jeweils zugrunde zu legenden Nettobetrages. Die Vergütung einschließlich der Aufstockung wird unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit für die gesamte Zeitdauer der Altersteilzeitarbeit gleichbleibend und fortlaufend gezahlt.”
Rz. 4
In dem “Kollektiven Vertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (ATZ) zwischen dem geschäftsführenden Hauptvorstand und dem Gesamtbetriebsrat der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr” vom 30. November 1998 in der Fassung vom 14. April 2000 (Kollektiver Vertrag) ist auszugsweise Folgendes bestimmt:
Ҥ 1 Voraussetzungen der Altersteilzeit
(1) Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern/innen, die das 55. Lebensjahr und eine Beschäftigungszeit von fünf Jahren vollendet haben und in den letzten fünf Jahren an mindestens 1.080 Kalendertagen mit der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt waren, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren. Geringfügige Unterschreitungen der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sind unbeachtlich. Als vollbeschäftigt gelten auch Arbeitnehmer/innen, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit durch eine besondere betriebliche Regelung herabgesetzt worden ist.
…
§ 2 Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit
(1) Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt die Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (§ 10 AAB und die Anhänge hierzu).
(2) Die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit wird so verteilt, dass sie in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet und der/die Arbeitnehmer/in anschließend von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge nach Maßgabe der §§ 3 und 4 freigestellt wird (Blockmodell).
…
§ 3 Höhe der Bezüge
(1) Der/die Arbeitnehmer/in erhält als Bezüge die sich für entsprechende Teilzeitkräfte mit der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ergebenden Beträge.
…
§ 4 Aufstockungsleistungen
(1) Die dem/der Arbeitnehmer/in nach § 3 zustehenden Bezüge werden um 20 v. H. dieser Bezüge aufgestockt (Aufstockungsbetrag).
(2) Der Aufstockungsbetrag muss so hoch sein, dass der/die Arbeitnehmer/in 85 v. H. des Nettobetrages des bei regelmäßiger Arbeitszeit zustehenden Vollzeitarbeitsentgelts erhält (Mindestnettobetrag). Als Vollzeitarbeitsentgelt ist anzusetzen das gesamte, dem Grunde nach beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der/die Arbeitnehmer/in ohne Reduzierung der Arbeitszeit im Rahmen der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (§ 10 AAB) erzielt hätte.”
Rz. 5
Auf Basis einer Gesamtbetriebsvereinbarung zu einem Rahmeninteressenausgleich und Sozialplan schlossen die Parteien unter dem 3. Mai 2004 einen Änderungsvertrag bezogen auf ein “Modell 50/80”.
Rz. 6
Dort heißt es auszugsweise:
“1. Die Arbeitszeit von derzeit 29,5 Stunden pro Woche wird ab dem 01.04.2004 um 50 % auf 14,75 Stunden pro Woche verringert.
…
3. Dieser Vertrag kann mit einer Frist von zwölf Monaten, jedoch frühestens zum Ende der Mindestlaufzeit von 24 Monaten von der Arbeitnehmerin oder vom Arbeitgeber ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Wird der Vertrag nicht gekündigt, verlängert er sich stillschweigend um weitere 12 Monate. Bei Erreichen der Regelaltersgrenze endet der Vertrag auch ohne vorherige Kündigung.
4. Während der Dauer der Arbeitszeitverkürzung erhält die Arbeitnehmerin ein Entgelt in Höhe von 80 % ihrer bisherigen Vergütung. Dies unabhängig davon, ob der erworbene Freizeitanspruch linear oder verblockt im Anschluss an die Arbeitsphase gewährt wird.”
Rz. 7
Die Klägerin kündigte diesen Änderungsvertrag zum 31. März 2006 und arbeitete seit dem 1. April 2006 wieder 29,5 Stunden pro Woche.
Rz. 8
Eine Veränderung des Altersteilzeitarbeitsvertrags ist – trotz diversen Schriftwechsels – nicht erfolgt.
Rz. 9
Mit Beginn der Arbeitsphase im Altersteilzeitarbeitsverhältnis am 1. Oktober 2006 wurde die Klägerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 18,44 Stunden beschäftigt. Die Bruttovergütung wurde auf Basis einer Arbeitszeit von 9,22 Stunden wöchentlich berechnet und so aufgestockt, dass 85 % der Nettomonatsvergütung für 18,44 Wochenstunden erreicht werden.
Rz. 10
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe die während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geschuldete wöchentliche Arbeitszeit unzutreffend berechnet. Ihre bisherige wöchentliche Arbeitszeit iSv. § 6 Abs. 2 AltTZG betrage 29,5 Stunden. Die Beklagte müsse ihr daher eine Vergütung zahlen, die 85 % des Nettoentgelts für 29,5 Stunden entspreche.
Rz. 11
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses 14,75 Stunden beträgt und der Klägerin während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung des Aufstockungsbetrags eine Vergütung zu zahlen ist, die 85 % der Nettovergütung für 29,5 wöchentliche Arbeitsstunden entspricht.
Rz. 12
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie vertritt die Ansicht, der Altersteilzeitarbeitsvertrag sei dahin auszulegen, dass sich die Bestimmung der bisherigen Arbeitszeit nach § 6 AltTZG richte. Diese sei zutreffend mit der durchschnittlichen Arbeitszeit der letzten 24 Monate berechnet.
Rz. 13
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren – beschränkt auf den Feststellungsantrag – weiter. Im Übrigen hat sie die Revision zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
Rz. 14
Die zulässige Revision ist unbegründet.
Rz. 15
Die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt nicht 14,75 Stunden, sondern 9,22 Stunden. Ein Anspruch auf Zahlung einer Vergütung, die unter Berücksichtigung des Aufstockungsbetrags 85 % der Nettovergütung für 29,5 Stunden wöchentlich entspricht, besteht nicht.
Rz. 16
A. Die Revision der Klägerin ist zulässig.
Rz. 17
Die Revisionsbegründung genügt entgegen der Auffassung der Beklagten hinsichtlich des nunmehr allein noch gestellten Feststellungsantrags den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO (vgl. dazu zuletzt Senat 13. Oktober 2009 – 9 AZR 875/08 – Rn. 11 f. mwN). Sie setzt sich in ausreichender Weise mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinander. Der von der Revision angenommene Rechtsfehler wird so verdeutlicht, dass Gegenstand und Richtung der Revision erkennbar sind.
Rz. 18
B. Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
Rz. 19
I. Die Klage ist zulässig.
Rz. 20
1. Gegenstand des Klageantrags ist ein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.
Rz. 21
a) Eine allgemeine Feststellungsklage muss sich nicht notwendig auf das gesamte Rechtsverhältnis erstrecken. Sie kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (st. Rspr., vgl. Senat 15. September 2009 – 9 AZR 757/08 – Rn. 22, DB 2009, 2551).
Rz. 22
b) Der Umfang der Arbeitszeit und die Grundlage, auf der die Vergütung während der Altersteilzeit zu berechnen ist, sind einzelne Folgen, die sich aus dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis ergeben. Sie können Gegenstand einer Feststellungsklage sein.
Rz. 23
2. Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor.
Rz. 24
a) Die Parteien streiten über den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Auch nach dem Ende der Arbeitsphase am 31. März 2009 ergeben sich aus dem Umfang der Beschäftigungspflicht noch vergütungsrechtliche Folgen, so dass ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung besteht.
Rz. 25
b) Für eine Feststellungsklage besteht trotz der Möglichkeit einer grundsätzlich vorrangigen Leistungsklage ein Feststellungsinteresse, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (Senat 19. Mai 2009 – 9 AZR 145/08 – Rn. 38, AP ATG § 6 Nr. 5). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Zwischen den Parteien besteht lediglich Streit über den Umfang der vereinbarten und zu vergütenden Arbeitszeit, nicht aber über andere Berechnungsfaktoren.
Rz. 26
II. Die Klage ist unbegründet.
Rz. 27
Die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt gemäß den Bestimmungen des Altersteilzeitarbeitsvertrags vom 27. November 2003 iVm. § 6 Abs. 2 AltTZG 9,22 Stunden. Ein Anspruch auf Zahlung einer Vergütung, die unter Berücksichtigung des Aufstockungsbetrags 85 % der Nettovergütung für 29,5 Stunden wöchentlich entspricht, besteht nicht.
Rz. 28
1. Die Rechtsbeziehungen der Parteien richten sich seit dem 1. Oktober 2006 nach den in dem Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 27. November 2003 getroffenen Vereinbarungen. Eine einvernehmliche Änderung dieses Vertrags ist nicht erfolgt; die von der Klägerin abgegebenen einseitigen Erklärungen konnten keine Rechtswirkung entfalten. Hiervon geht zwischenzeitlich auch die Klägerin aus, die ihre Ansprüche auf diesen Altersteilzeitarbeitsvertrag stützt.
Rz. 29
2. Die Arbeitszeit der Klägerin während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt gemäß Ziffer 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags vom 27. November 2003 iVm. § 6 Abs. 2 Satz 2 AltTZG wöchentlich 9,22 Stunden.
Rz. 30
a) In Ziffer 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags ist für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses keine Arbeitszeit von 14,75 Stunden vereinbart, sondern eine Reduzierung der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 6 Abs. 2 AltTZG um die Hälfte ab dem 1. Oktober 2006. Dies ergibt die Auslegung des Altersteilzeitarbeitsvertrags.
Rz. 31
aa) Bei dem Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 27. November 2003 handelt es sich nach seinem äußeren Erscheinungsbild um einen von der Beklagten vorformulierten Vertrag, der zur mehrfachen Verwendung bestimmt ist. Abgesehen von den persönlichen Daten der Klägerin, dem Datum des bestehenden Arbeitsvertrags und den Daten zum Beginn und Ende der Altersteilzeit einschließlich der Bestimmung der Arbeits- und Freiststellungsphase enthält er keine individuellen Besonderheiten. Der Inhalt eines solchen Mustervertrags unterliegt der uneingeschränkten Auslegung nach §§ 133, 157 BGB durch das Revisionsgericht (für die st. Rspr. vgl. Senat 19. Mai 2009 – 9 AZR 145/08 – Rn. 42, AP ATG § 6 Nr. 5).
Rz. 32
bb) Verträge sind nach § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (st. Rspr., zB Senat 19. Mai 2009 – 9 AZR 145/08 – Rn. 43, AP ATG § 6 Nr. 5; 3. April 2007 – 9 AZR 283/06 – Rn. 48, BAGE 122, 33).
Rz. 33
cc) Die Parteien wollten gemessen an diesen Grundsätzen den Umfang der bisherigen Arbeitszeit uneingeschränkt nach der Regelung in § 6 Abs. 2 AltTZG bestimmen.
Rz. 34
Sie haben den Altersteilzeitarbeitsvertrag ausdrücklich auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vom 23. Juli 1996 in seiner jeweils geltenden Fassung geschlossen. Damit haben sie zum Ausdruck gebracht, dass ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Sinne der gesetzlichen Definition begründet und der Altersteilzeitarbeitsvertrag den sozialrechtlichen Anforderungen gerecht werden soll. Denn nur dann, wenn ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG vorliegt, wird dieses von der Bundesagentur für Arbeit staatlich gefördert. Gleiches gilt hinsichtlich der für den Arbeitnehmer mit Altersteilzeit verbundenen sozialversicherungsrechtlichen Vergünstigungen, bestehend aus der Berücksichtigung der vom Arbeitgeber nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b AltTZG zusätzlich abzuführenden Rentenversicherungsbeiträge und dem Anspruch auf vorzeitige Altersrente nach Altersteilzeitarbeit gemäß § 237 SGB VI. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG gehören Arbeitnehmer nur dann zum begünstigten Personenkreis, wenn sie aufgrund einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber ihre Arbeitszeit auf die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit vermindert haben (vgl. Senat 15. April 2008 – 9 AZR 111/07 – Rn. 35, BAGE 126, 264; 17. Juli 2007 – 9 AZR 1113/06 – Rn. 34, AP ATG § 6 Nr. 3). Den Begriff der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit definiert das Altersteilzeitgesetz in § 6 Abs. 2.
Rz. 35
Hinzu kommt, dass in Ziffer 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags die Formulierung “Hälfte der bisherigen Arbeitszeit von zur Zeit 29,5 Stunden” verwendet wird. Dies verdeutlicht, dass es nicht maßgeblich auf die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitarbeitsvertrags vereinbarte Arbeitszeit ankommen sollte.
Rz. 36
Auch der in Bezug genommene Kollektive Vertrag geht davon aus, dass Altersteilzeitarbeitsverhältnisse auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes zu vereinbaren sind. Damit stellen die Betriebsparteien sicher, dass sowohl für den Arbeitgeber als auch für die Arbeitnehmer die damit verbundenen Vorteile eintreten können. Soweit in § 2 Abs. 1 des Kollektiven Vertrags unter Bezugnahme auf § 10 AAB der Begriff der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit verwendet wird, gingen die Betriebsparteien von einem Vollzeitarbeitsverhältnis vor Beginn der Altersteilzeit aus. In der Fußnote 1 zu § 1 Abs. 1 wird jedoch ausdrücklich darauf verwiesen, dass aufgrund gesetzlicher Änderungen mit Wirkung zum 1. Januar 2000 auch teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer/innen Altersteilzeit in Anspruch nehmen können und bei gesetzlichen Änderungen diese angewandt werden. Dies ist bei der Klägerin geschehen.
Rz. 37
dd) Bedenken gegen die Wirksamkeit eines Verweises auf das AltTZG bestehen nicht. Arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf Gesetzesrecht entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik (Senat 18. August 2009 – 9 AZR 482/08 – Rn. 37). Auch die Revision macht nicht geltend, dass die Formulierungen im Altersteilzeitarbeitsvertrag überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB oder unklar iSv. § 307 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB seien.
Rz. 38
b) Die bisherige wöchentliche Arbeitszeit iSv. § 6 Abs. 2 AltTZG betrug 18,44 Stunden.
Rz. 39
aa) Da das Altersteilzeitarbeitsverhältnis am 1. Oktober 2006 begann, ist die bisherige wöchentliche Arbeitszeit unter Anwendung des § 6 Abs. 2 AltTZG in der seit dem 1. Juli 2004 gültigen Fassung (BGBl. I 2003 S. 2848, 2910) zu bestimmen (vgl. § 15g AltTZG).
Rz. 40
bb) Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei Anwendung des § 6 Abs. 2 AltTZG in der seit dem 1. Juli 2004 gültigen Fassung der Umfang der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit in zwei Prüfungsschritten festzustellen. In einem ersten Berechnungsschritt ist gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 AltTZG zu prüfen, welche Arbeitszeit mit dem Arbeitnehmer vor dem Übergang in die Altersteilzeit zuletzt vereinbart war, wobei es nicht erforderlich ist, dass die vereinbarte Arbeitszeit fiktiv in die beginnende Altersteilzeitarbeit hineinreicht. Vereinbart iSv. § 6 Abs. 2 Satz 1 AltTZG ist dabei die tatsächlich geschuldete Arbeitszeit, wie sie sich aus den anzuwendenden arbeitsvertraglichen Regelungen ergibt (Senat 14. August 2007 – 9 AZR 59/07 – Rn. 23 und 29, ZTR 2008, 150). Insoweit ist eine Durchschnittsberechnung nicht vorgesehen, da § 6 Abs. 2 Satz 2 AltTZG lediglich die zugrunde zu legende Arbeitszeit auf höchstens die Arbeitszeit beschränkt, die im Durchschnitt der letzten 24 Monate vor dem Übergang in Altersteilzeitarbeit vereinbart war (vgl. Senat 17. Juli 2007 – 9 AZR 1113/06 – Rn. 28, AP ATG § 6 Nr. 3). In einem zweiten Berechnungsschritt ist dann gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 AltTZG die Höhe der zuletzt vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbarten Arbeitszeit (§ 6 Abs. 2 Satz 1 AltTZG) mit dem Durchschnittswert der in den letzten 24 Monaten vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbarten Arbeitszeit zu vergleichen. Dieser nach § 6 Abs. 2 Satz 2 AltTZG zu ermittelnde Durchschnittswert begrenzt die Berechnungsbasis der zuletzt vereinbarten Arbeitszeit. Die im Rahmen des Gesetzes zur Fortentwicklung der Altersteilzeit vom 20. Dezember 1999 geschaffene Vorschrift soll Missbräuche durch eine vorübergehende Anhebung der Arbeitszeit vor Beginn der Altersteilzeitarbeit ausschließen (BT-Drucks. 14/3392 S. 7; Senat 14. August 2007 – 9 AZR 59/07 – Rn. 30, aaO).
Rz. 41
cc) Die Revision gibt keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung des Senats abzuweichen.
Rz. 42
(1) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausführt, ergibt sich das Erfordernis, die bisherige wöchentliche Arbeitszeit iSv. § 6 Abs. 2 AltTZG in zwei Berechnungsschritten festzustellen, bereits aus dem klaren Wortlaut der Norm. Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 AltTZG kann höchstens immer nur die Arbeitszeit zugrunde gelegt werden, die im Durchschnitt der letzten 24 Monate vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbart war. Damit wird § 6 Abs. 2 Satz 1 AltTZG auch nicht überflüssig, wie die schon vom Senat entschiedenen Fälle zeigen (vgl. zB 18. August 2009 – 9 AZR 482/08 – Rn. 40; 19. Mai 2009 – 9 AZR 145/08 – Rn. 51 ff., AP ATG § 6 Nr. 5). Wenn die zuletzt vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbarte Arbeitszeit den Durchschnittswert nicht überschreitet, verbleibt es bei dieser.
Rz. 43
(2) In § 6 Abs. 2 AltTZG wird entgegen der Ansicht der Revision auch nicht auf die regelmäßige Arbeitszeit abgestellt. Die nach dem Gesetz maßgebliche vereinbarte bisherige wöchentliche Arbeitszeit kann schon begrifflich nicht mit einer regelmäßigen Arbeitszeit gleichgesetzt werden.
Rz. 44
(3) Sinn und Zweck des § 6 Abs. 2 AltTZG lassen keine andere Auslegung zu. Aus der gesetzgeberischen Absicht, Missbrauch zu verhindern, folgt nicht, dass im Einzelfall zu prüfen ist, aus welchen Gründen es in den letzten 24 Monaten vor dem Übergang in die Altersteilzeit zu Veränderungen hinsichtlich des Umfangs der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit kam. Eine solche Prüfung sieht § 6 Abs. 2 AltTZG nicht vor. Ohne Bedeutung ist, dass der Gesetzgeber Teilzeitarbeit (zB durch die Vorschriften des TzBfG) fördern will. Daraus lassen sich für die Auslegung des § 6 Abs. 2 AltTZG keine Rückschlüsse ziehen.
Rz. 45
c) Unter Anwendung des § 6 Abs. 2 AltTZG hat die Beklagte zutreffend die für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses maßgebende Arbeitszeit mit 9,22 Stunden pro Woche ermittelt.
Rz. 46
Vor Übergang in die Altersteilzeit hatten die Parteien seit 1. April 2006 eine Arbeitszeit von 29,5 Stunden vereinbart. Die Höhe dieser Arbeitszeit ist im zweiten Berechnungsschritt auf den Durchschnittswert der letzten 24 Monate vor Übergang in die Altersteilzeit zu begrenzen. In der Zeit vom 1. Oktober 2004 bis zum 31. März 2006 betrug die vereinbarte Arbeitszeit 14,75 Stunden. Der Durchschnittswert entsprach damit 18,44 Stunden pro Woche (14,75 Stunden × 52 Wochen : 12 Monate × 18 Monate = 1.150,5 Stunden zuzüglich 29,5 Stunden × 52 Wochen : 12 Monate × 6 Monate = 767 Stunden; insgesamt 1.917,5 Stunden : 104 Wochen = 18,44 Stunden pro Woche). Gemäß Ziffer 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags vermindert sich während der Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses diese Arbeitszeit auf die Hälfte, also auf 9,22 Stunden pro Woche.
Rz. 47
3. Ein Anspruch auf Zahlung einer Vergütung, die 85 % der Nettovergütung für 29,5 wöchentliche Arbeitsstunden entspricht, besteht nicht.
Rz. 48
Gemäß Ziffer 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags vom 27. November 2003 iVm. §§ 3 und 4 des Kollektiven Vertrags ist eine Vergütung zu zahlen, die sich aus dem Altersteilzeitentgelt und dem Aufstockungsbetrag zusammensetzt. Als Altersteilzeitentgelt sind gemäß Ziffer 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags 50 % des der bisherigen Arbeitszeit entsprechenden Entgelts anzusetzen. Diese Vergütung wird um 20 % aufgestockt (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AltTZG), wobei ein Mindestnettobetrag von 85 % des jeweils zugrunde zu legenden Nettobetrags erreicht werden muss. Maßgeblich für die Ermittlung des zugrunde zu legenden Nettobetrags ist dabei die bisherige wöchentliche Arbeitszeit iSv. § 6 Abs. 2 AltTZG; der Zeitfaktor ist vergangenheitsbezogen zu ermitteln (vgl. zum TV ATZ: Senat 11. April 2006 – 9 AZR 369/05 – Rn. 44, BAGE 118, 1). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 2 des Kollektiven Vertrags. Diese Regelung bezieht sich nach ihrem Wortlaut auf vor Übergang in die Altersteilzeit vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. Auf Teilzeitbeschäftigte angewandt, ist von dem nach der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit iSv. § 6 Abs. 2 AltTZG geschuldeten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt auszugehen.
Rz. 49
Der Nettobetrag, der sich aus einer Bruttovergütung für eine Arbeitszeit von 9,22 Stunden pro Woche ergibt, ist damit so aufzustocken, dass insgesamt 85 % des Nettobetrags aus der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit von 18,44 Stunden pro Woche erreicht werden. Dies ist unstreitig der Fall.
Rz. 50
C. Soweit die Klägerin die Revision zurückgenommen hat, ist sie dieses Rechtsmittels verlustig (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. §§ 565, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Unterschriften
Düwell, Gallner, W. Reinfelder, Faltyn, Starke
Fundstellen
Haufe-Index 2307913 |
BB 2010, 1020 |
DB 2010, 908 |