Diese Würdigung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Ob der Anspruch des Klägers auf Grund der Anrechnung eines hypothetischen Verdienstes erloschen ist, kann noch nicht abschließend beurteilt werden.
1. Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, muss sich der Arbeitnehmer nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, das anrechnen lassen, was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen. Diese Anrechnungsvorschrift ist eine Sonderregelung zu § 615 Satz 2 BGB. Trotz des nicht völlig identischen Wortlauts sind die Vorschriften inhaltsgleich (BAG 6. September 1990 – 2 AZR 165/90 – AP BGB § 615 Nr. 47 = EzA BGB § 615 Nr. 67, zu III 3a der Gründe). Nach beiden Bestimmungen ist zu prüfen, ob dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowie unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 GG) die Aufnahme einer anderweitigen Arbeit zumutbar ist (Senat 24. September 2003 – 5 AZR 500/02 – AP KSchG 1969 § 11 Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 4, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 1 der Gründe mwN; 18. Juni 1965 – 5 AZR 351/64 – AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 2, zu 1b der Gründe).
2. Eine Anrechnung kommt auch in Betracht, wenn die Beschäftigungsmöglichkeit bei dem Arbeitgeber besteht, der sich mit der Annahme der Dienste des Arbeitnehmers in Verzug befindet (BAG 14. November 1985 – 2 AZR 98/84 – BAGE 50, 164, 176 f.; 22. Februar 2000 – 9 AZR 194/99 – AP KSchG 1969 § 11 Nr. 2 = EzA BGB § 615 Nr. 97, zu II 2 der Gründe; 7. November 2002 – 2 AZR 650/00 – AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1, zu B I 2b bb der Gründe; 24. September 2003 – 5 AZR 500/02 – aaO, zu II 2b der Gründe).
3. Ob der Kläger es böswillig unterlassen hat, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen, indem er der Arbeitsaufforderung der Beklagten am 6. Januar 2003 nicht nachkam, ist nach den gesamten Umständen des konkreten Falls zu beurteilen. An einer entsprechenden umfassenden Einzelfallprüfung fehlt es bisher. Das Landesarbeitsgericht hat bei der Interessenabwägung nicht alle wesentlichen Umstände beachtet.
a) Die Einwendung des § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG setzt zunächst voraus, dass dem Arbeitnehmer die angebotene Arbeit zumutbar ist. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Bei der Prüfung sind das dem Arbeitnehmer gemäß Art. 12 GG zustehende Grundrecht der freien Arbeitsplatzwahl sowie der Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten. Die Unzumutbarkeit der Arbeit kann sich unter verschiedenen Gesichtspunkten ergeben. Sie kann in der Person des Arbeitgebers, der Art der Arbeit oder den sonstigen Arbeitsbedingungen ihren Grund haben (BAG 19. März 1998 – 8 AZR 139/97 – BAGE 88, 196, 204). Auch vertragsrechtliche Umstände sind zu berücksichtigen. Demgegenüber kann auf die Zumutbarkeitskriterien des § 121 SGB III nicht abgestellt werden, weil es hier um einen anderen Regelungsgegenstand, nämlich den Schutz der Versichertengemeinschaft geht. Böswillig handelt der Arbeitnehmer, dem ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er während des Annahmeverzugs trotz Kenntnis aller objektiven Umstände (Arbeitsmöglichkeit, Zumutbarkeit der Arbeit und Nachteilsfolgen für den Arbeitgeber) vorsätzlich untätig bleibt oder die Aufnahme der Arbeit bewusst verhindert (BAG 18. Oktober 1958 – 2 AZR 291/58 – BAGE 6, 306, 308 ff.; Senat 18. Januar 1963 – 5 AZR 200/62 – BAGE 14, 31, 36; 18. Juni 1965 – 5 AZR 351/64 – AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 2, zu 1b der Gründe; 22. Februar 2000 – 9 AZR 194/99 – AP KSchG 1969 § 11 Nr. 2 = EzA BGB § 615 Nr. 97, zu II 1 der Gründe; 7. November 2002 – 2 AZR 650/00 – AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1, zu B I 2b bb der Gründe; 24. September 2003 – 5 AZR 500/02 – AP KSchG 1969 § 11 Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 4, zu II 2a der Gründe).
b) Die Zumutbarkeit der neuen Arbeitsbedingungen im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG ist nicht generell schon deshalb zu bejahen, weil Änderungsschutzklage oder Kündigungsschutzklage erhoben wurde. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, den Kläger treffe kein Risiko, weil er entweder (bei Unwirksamkeit der Änderungskündigung) seinen vollen Vergütungsanspruch behalten oder (bei Wirksamkeit der Änderungskündigung) zu angemessenen, sozial gerechtfertigten Bedingungen weiter arbeiten würde, trifft so nicht zu. Damit wird weder das Insolvenzrisiko berücksichtigt, noch der Situation des gekündigten Arbeitnehmers Rechnung getragen. Diesen trifft nur die Obliegenheit, seine Arbeitskraft zu aktuell zumutbaren Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Die Aussicht auf eine spätere Nachzahlung ist der aktuellen Bezahlung nicht gleichzusetzen. Das wird etwa deutlich, wenn der Arbeitgeber – zB bei offensichtlich unwirksamer aber hartnäckig verteidigter Kündigung – zwar die unveränderte Fortsetzung der Arbeit anbietet, aber die Vergütungszahlung vor dem rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits überhaupt ablehnt. Der Maßstab des § 2 Satz 1 KSchG ist ein anderer als der des § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG, weil § 2 Satz 1 KSchG im Gegensatz zu § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG die betriebliche Situation bei dem kündigenden Arbeitgeber entscheidend berücksichtigt. Demgegenüber kommt es bei § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG in erster Linie auf die Verhältnisse des gekündigten Arbeitnehmers an. Eine Unzumutbarkeit kann sowohl bei ungerechtfertigter wie auch bei gerechtfertigter Änderungskündigung gegeben sein.
c) Eine Unzumutbarkeit folgt nicht allein daraus, dass die Beklagte dem Kläger die Weiterbeschäftigung nur zu geänderten Bedingungen angeboten hat.
Das Bundesarbeitsgericht hat mehrfach entschieden, dass bei einer betriebsbedingten Kündigung die Weiterarbeit zu den bisherigen Arbeitsbedingungen grundsätzlich zumutbar sei (14. November 1985 – 2 AZR 98/84 – BAGE 50, 164, 177 f.; 7. November 2002 – 2 AZR 650/00 – AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1, zu B I 2b bb der Gründe). Wird dagegen dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber unter Überschreitung des Direktionsrechts eine andere Arbeit zugewiesen, soll die Ablehnung dieser Arbeit keine böswillige Unterlassung begründen (Senat 3. Dezember 1980 – 5 AZR 477/78 – AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 4 = EzA BGB § 615 Nr. 39, zu II 3 der Gründe). Dem Arbeitnehmer seien nur solche Änderungen zumutbar, die sich im Rahmen des Arbeitsvertrags bzw. des Direktionsrechts bewegen. Ob hieran festzuhalten ist, kann dahingestellt bleiben.
Im Streitfall hat die Beklagte den Kläger aufgefordert, seine bisherige Arbeit weiter zu leisten, und von ihm damit hinsichtlich der Art der Tätigkeit im Verzugszeitraum nichts Unzumutbares verlangt. Die Obliegenheit, gegebenenfalls eine minderbezahlte Arbeit anzunehmen, bedeutet keinen Verstoß gegen den Vertragsinhaltsschutz. Ob der Vertrag und der Vertragsinhalt aufrechterhalten bleiben (mit der Konsequenz der Nachvergütung), wird von den Gerichten für Arbeitssachen geprüft. Die Gerichte gewährleisten gegebenenfalls den Vertrags- und den Inhaltsschutz. Unabhängig hier- von obliegt es dem Arbeitnehmer, eine mögliche Arbeit zu zumutbaren Bedingungen aufzunehmen oder fortzuführen. Das gebietet die Rücksichtnahme gegenüber dem (bisherigen) Vertragspartner. Die Fortsetzung derselben Arbeit zu einer verminderten Vergütung ist ebenso nicht von vornherein unzumutbar, wie die entsprechende Arbeit zu einer geringeren Vergütung bei einem anderen Arbeitgeber nicht ohne weiteres unzumutbar wäre. Die den Einzelfall ausblendende Unterscheidung danach, ob der bisherige oder ein anderer Arbeitgeber die Arbeit anbietet, ist nicht gerechtfertigt. Vielmehr bedarf es auch bei einem Angebot des bisherigen Arbeitgebers einer Einzelfallprüfung. Das wird besonders deutlich bei Änderungskündigungen, die nur auf geringfügige Änderungen abzielen, etwa auf den Abbau einer Vergünstigung oder Zulage. Der Arbeitnehmer, der hier das Änderungsangebot vorbehaltlos ablehnt und “es darauf ankommen lässt”, handelt rücksichtslos und ist nicht schutzwürdig. Keinesfalls lässt sich sagen, dem Arbeitnehmer seien auf der Vergütungsseite nur solche Änderungen zumutbar, die sich im Rahmen des Arbeitsvertrags bewegen. Im Übrigen ist die Situation, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot im Zusammenhang mit einer Änderungskündigung ablehnt, im Grundsatz nicht anders zu beurteilen, als wenn er ein entsprechendes Angebot nach erfolgter Kündigung ablehnt. Dass das “Wahlrecht” des § 2 KSchG faktisch durch § 615 Satz 2 BGB und § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG eingeschränkt wird, liegt in der Natur der Sache und wird von diesen Vorschriften geradezu gefordert. Die Wahlmöglichkeit steht gleichsam unter dem Vorbehalt der Obliegenheit des § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG (vgl. Moll/Jacobi Anm. AP BGB § 613a Nr. 177; Soergel-Kraft BGB § 615 Rn. 56, 58; Schirge Anm. AP KSchG 1969 § 11 Nr. 2, die Unzumutbarkeit dann annimmt, wenn der bisherige Verdienst um mehr als 10 – 20 % unterschritten wird; ähnlich APS/Biebl § 11 KSchG Rn. 27; aA offenbar LAG Rheinland-Pfalz 12. Februar 1997 – 2 Sa 1119/96 –; MünchArbR/Boewer Bd. 1 § 78 Rn. 67).
d) Demnach muss das Landesarbeitsgericht noch die einzelfallbezogene Prüfung gem. § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG nachholen. Die konkreten Umstände sind bisher nicht gewürdigt worden. Dazu gehören zunächst Umfang und Dauer der Verdiensteinbuße und deren Bedeutung für den Kläger. Erheblich kann auch sein, ob der Kläger Anfang Januar 2003 konkrete Aussichten auf “flexible Vergütungsbestandteile” hatte. Die Zumutbarkeit der Arbeit wird auch durch die Höhe der Vergütung bestimmt. Welcher Verdienst für den Kläger noch zumutbar war, hängt maßgeblich von dessen Angemessenheit im Hinblick auf die zu erbringende Arbeit ab. Zu berücksichtigen ist aber auch das Verhältnis zu dem bisherigen Verdienst, da der Kläger von dieser Vertragsgrundlage ausgehen durfte. Weiter sind die wirtschaftliche Situation der Beklagten, die Lohnrückstände und das Insolvenzrisiko für den Kläger zu würdigen. Ob der Kläger ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht hat, ist nicht entscheidend. Jedoch hatte sich das Risiko eines Lohnverlusts mit der Nachzahlung im Januar 2003 deutlich verringert. Das Landesarbeitsgericht wird prüfen müssen, ob das Angebot der Beklagten zu diesem Zeitpunkt noch bestand und es dem Kläger ggf. oblag, seine ablehnende Haltung zu revidieren. Ein vernünftiger, Böswilligkeit ausschließender Grund könnte die Absicht des Klägers sein, sich selbständig zu machen. War ein solches Vorhaben realistisch, bestehen gegen die Berücksichtigung von vorbereitenden Tätigkeiten für eine selbständige Berufsausübung im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung grundsätzlich keine Bedenken (vgl. BAG 18. Januar 1963 – 5 AZR 200/62 – BAGE 14, 31, 36 f.; Staudinger/Richardi [1999] § 615 BGB Rn. 154). Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, hierzu näher vorzutragen. Allerdings sind die Parteien auf den rechtlichen Gesichtspunkt des § 11 Satz 1 Nr. 1 KSchG hinzuweisen. Soweit Einkünfte erst nach Beendigung des Annahmeverzugs erzielt werden, die auf Tätigkeiten im Verzugszeitraum beruhen, sind diese nach § 11 Satz 1 Nr. 1 KSchG gegebenenfalls anteilig anzurechnen. Der Arbeitnehmer muss sich auf das Arbeitsentgelt, das der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, nicht stets den Verdienst anrechnen lassen, den er gerade in dem betreffenden Zeitraum erzielt. Vielmehr hat er durch seine Arbeit während des Annahmeverzugs auch das verdient, was er hierfür erst zu einem späteren Zeitpunkt erhält. Spätere Einnahmen des Klägers aus der selbständigen Tätigkeit könnten schon auf Arbeiten in dem Streitzeitraum beruhen und deshalb anzurechnen sein.
Eine abschließende Entscheidung durch den Senat ist nicht möglich, denn die Würdigung der Zumutbarkeit ist zunächst den Tatsacheninstanzen vorbehalten und hierzu können weitere, bisher nicht festgestellte Tatsachen erheblich werden.