Entscheidungsstichwort (Thema)
Unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts bzw. der sexuellen Identität. Transsexualität. Bewerberauswahl. Entschädigung
Orientierungssatz
1. § 7 Abs. 1 AGG enthält ein einheitliches generelles Verbot der Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Dies gilt nach § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. Ob der Grund tatsächlich in der Person des oder der Beschäftigten vorliegt, ist demnach nicht entscheidend. § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG berücksichtigt damit den Umstand, dass Menschen oft bestimmte Eigenschaften oder Verhaltensweisen zugeschrieben werden, zB allein aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes.
2. Macht sich der Benachteiligende Vorstellungen über das Vorliegen eines Benachteiligungsgrundes, kann dies genügen, um den Entschädigungsanspruch auszulösen.
3. Eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, genügt ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG, sondern ebenso im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen von § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG, also bezogen auf die Frage, ob der Benachteiligende das Vorliegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bei der Benachteiligung nur angenommen hat.
4. Die Transsexualität gehört als solche nicht zu den in § 1 AGG genannten Gründen, an die das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG anknüpft. Sie kann jedoch sowohl im Rahmen des in § 1 AGG angeführten Grundes „Geschlecht” als auch des Grundes „sexuelle Identität” iSv. § 1 AGG von Bedeutung sein. Dies folgt aus einer unionsrechtskonformen Auslegung von § 1 AGG.
5. Als transsexuell werden Personen bezeichnet, die sich dem Geschlecht, dem sie aufgrund ihrer äußerlichen körperlichen Geschlechtsmerkmale zum Zeitpunkt der Geburt zugeordnet wurden, nicht (mehr) zugehörig fühlen, sondern sich mit dem „Gegengeschlecht” identifizieren. Deshalb genügt eine Person, die sich durch eine Benachteiligung wegen der Transsexualität für beschwert hält, ihrer Darlegungslast gemäß § 22 AGG bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass sie als eine solche Person wahrgenommen und deshalb benachteiligt wurde. In einem solchen Fall ist die Vermutung begründet, dass der Benachteiligende die Transsexualität angenommen hat iSv. § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG und diese Annahme mitursächlich für seine Entscheidung war.
Normenkette
AGG § § 1, 3 Abs. 1, § 6 Abs. 1 S. 2 Alt. 1, Abs. 2 S. 2, § 7 Abs. 1 Hs. 1, § 7 Abs. 1 Hs. 2, § 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 4, § 22; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 286 Abs. 1; Richtlinie 2006/54/EG; Richtlinie 2000/78/EG Erwägungsgrund 11; ArbGG § 61b Abs. 1, § 67
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. April 2014 – 7 Sa 501/13 – im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 5. September 2013 – 3 Ca 234/13 – im Hinblick auf die Beklagte zu 2. zurückgewiesen wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, an die Klägerin eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.
Die Beklagte zu 2. vertreibt Designerschmuck. Die – im Revisionsverfahren nicht mehr beteiligte – Beklagte zu 1. betreibt bundesweit gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung. Bei der Besetzung offener Stellen arbeitet die Beklagte zu 2. mit der Beklagten zu 1. in der Form zusammen, dass sie dieser für die jeweils zu besetzende Stelle eine Stellenbeschreibung übermittelt. Die Beklagte zu 1. schlägt ihr daraufhin geeignete Personen vor und vermittelt einen Termin zur persönlichen Vorstellung der Bewerber. Im Anschluss daran teilt die Beklagte zu 2. der Beklagten zu 1. das Ergebnis ihrer Auswahlentscheidung mit. Die Beklagte zu 1. schließt sodann mit dem/der von der Beklagten zu 2. ausgewählten Bewerber/in einen Arbeitsvertrag ab.
Die Klägerin wandte sich am Freitag, den 7. September 2012 aufgrund eines Vermittlungsvorschlags der Agentur für Arbeit an die Beklagte zu 1. Von der bei dieser tätigen Frau W erfuhr sie, dass bei der Beklagten zu 2. eine Stelle als Kommissioniererin in Vollzeit zu einem Stundenlohn von 7,89 Euro brutto zu besetzen war. Frau W vereinbarte für denselben Tag um 15:00 Uhr einen Termin zur persönlichen Vorstellung der Klägerin bei dem Logistikleiter der Beklagten zu 2., Herrn P. Frau W und die Klägerin verständigten sich darüber, dass der schriftliche Arbeitsvertrag der Klägerin auf dem Postweg übersandt werden sollte.
Die Klägerin begab sich vereinbarungsgemäß am Nachmittag des 7. September 2012 zur Beklagten zu 2., meldete sich am Empfang und wartete sodann auf den Logistikleiter P, der telefonisch benachrichtigt wurde. Als dieser eintraf, nahm er die Klägerin zunächst nicht als Frau wahr. Die Klägerin sprach ihn an und fragte, ob er Herr P sei, was dieser bejahte. Sodann sagte Herr P: „Ich dachte, Frau W hat eine Frau M zum Gespräch angekündigt.” Die Klägerin wies darauf hin, dass sie Frau M sei. Die weiteren Einzelheiten des Vorstellungstermins, in dessen Verlauf auch ein Gang in das Lager der Beklagten zu 2. stattfand, sind zwischen den Parteien streitig. Am Montag, den 10. September 2012 teilte Frau W der Klägerin auf deren Nachfrage mit, dass sich der Logistikleiter der Beklagten zu 2. für eine Bewerberin von einer anderen Zeitarbeitsfirma entschieden habe.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 9. November 2012, das der Beklagten zu 2. spätestens am 12. November 2012 zugegangen ist, machte die Klägerin dieser gegenüber einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen Benachteiligung aufgrund des Geschlechts geltend. In diesem Schreiben heißt es auszugsweise:
„Der geschilderte Vorfall macht deutlich, dass Frau M durch Ihren Mitarbeiter P wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden ist. Zum einen hat Herr P Frau M deutlich zu verstehen gegeben, dass er nicht glaube, dass sie eine Frau sei und hat sie dadurch herabgewürdigt. Zum anderen sind freie Arbeitsstellen grundsätzlich geschlechtsneutral auszuschreiben, so dass selbst dann, wenn es sich bei Frau M um einen Mann gehandelt hätte, ebenfalls eine Benachteiligung wegen des Geschlechts gegeben wäre.”
Nachdem die Beklagte zu 2. die Forderung der Klägerin mit Schreiben vom 22. November 2012 abgelehnt hatte, hat die Klägerin mit ihrer am 8. Februar 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten zu 2. am 18. Februar 2013 zugestellten Klage ihr Begehren nach Zahlung einer Entschädigung weiter verfolgt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Ablehnung ihrer Bewerbung beruhe auf einer Benachteiligung wegen des Geschlechts. Der Begriff des Geschlechts in § 1 AGG umfasse die biologische Zuordnung zu einer „Geschlechtsgruppe” und meine damit sowohl „männlich” als auch „weiblich” sowie „zwischengeschlechtlich”. Herr P, dessen Verhalten sich die Beklagte zu 2. zurechnen lassen müsse, habe ihre geschlechtliche Identität angezweifelt. Er habe sie zu Beginn des Gesprächs wortlos angesehen und dann nicht nur einmal, sondern zweimal gesagt, dass Frau W doch eine Frau habe schicken wollen, und dies, obwohl sie ihm bereits nach dem ersten Mal geantwortet habe, dass sie die angekündigte Frau M sei. Herr P habe schließlich noch hinter die Tür geschaut und so getan, als suche er dort eine Frau. Nur nach einigem Zögern sei er mit ihr in das Lager gegangen. Die dort anfallenden Arbeiten als Kommissioniererin seien ihr nicht erläutert worden. Auf mehrfache Nachfrage, wann am folgenden Montag Arbeitsbeginn sei, habe Herr P nur geantwortet, dass er nochmals mit Frau W sprechen müsse. Mit der Berufungsbegründung hat die Klägerin vorgetragen, sie sei transsexuell und darauf hingewiesen, dass transgeschlechtliche Menschen Diskriminierungen nicht aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung, sondern ua. deshalb erführen, weil sie in ihrem gewählten Geschlecht als „untypisch” und von der jeweiligen Geschlechtsnorm abweichend auffielen oder weil sie sich keinem der zwei anerkannten Geschlechter zuordnen wollten.
Die Klägerin hat – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung -zuletzt beantragt,
die Beklagte zu 2. zu verurteilen, an sie eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch nicht unter 4.324,80 Euro liegen sollte, nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung.
Die Beklagte zu 2. hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, es sei weder im Gespräch zwischen der Klägerin und Frau W eine Beschäftigung vereinbart worden noch sei das Treffen der Klägerin mit dem Logistikleiter P so abgelaufen, wie die Klägerin dies geschildert habe. Insbesondere habe Herr P nicht die Geschlechtszugehörigkeit der Klägerin infrage gestellt, sondern sich lediglich beim ersten Anblick geirrt. Als er zum Empfang gekommen sei, habe er eine Person gesehen, die er zunächst als Mann wahrgenommen habe. Als diese sich ihm zuwandte, sei er im ersten Moment irritiert gewesen und habe gesagt: „Ich dachte, Frau W habe eine Frau M zum Gespräch angekündigt.” Nachdem die Klägerin ihm erklärt habe, dass sie Frau M sei, habe er sich entschuldigt, sie im ersten Moment für einen Mann gehalten zu haben. Herr P habe sich dann mit der Klägerin in das Lager begeben, um dieser die dort anfallenden Arbeiten zu erläutern. Auf die Frage der Klägerin, wann am folgenden Montag Arbeitsbeginn sei, habe er der Klägerin erklärt, dass sie nicht die einzige Bewerberin für die Stelle sei und er Frau W über seine Entscheidung informieren werde. Herr P habe weder von der Transsexualität der Klägerin gewusst noch eine solche angenommen. Das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz, sie sei transsexuell, sei verspätet. Im Übrigen komme es ihr bei der Bewerberauswahl ua. darauf an, wie sich eine Bewerberin oder ein Bewerber in das vorhandene und gewachsene Lagerteam integrieren könne. Diese Entscheidung müsse der Lagerleiter aus seiner Kenntnis der im Lager arbeitenden Personen und seinem persönlichen Eindruck von der sich bewerbenden Person treffen. Auf dieser Basis habe Herr P jemand anderen für die Stelle ausgewählt. Soweit die Klägerin behaupte, von der Beklagten zu 2. sei eine bestimmte Geschlechtszugehörigkeit für die Stelle vorausgesetzt worden, treffe dies nicht zu. Die Arbeit im Lager bestehe darin, die bestellten Schmuckstücke zu kommissionieren und versandfertig zu verpacken. Besondere Körperkräfte seien dafür nicht erforderlich. Möglicherweise aus diesem Grund, aber auch wegen der Arbeitszeit, erhalte sie weitaus mehr Bewerberprofile von Frauen übersandt.
Das Arbeitsgericht hat die – zunächst gegen beide Beklagte gerichtete – Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht im Hinblick auf die Beklagte zu 2. zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel insoweit weiter. Die Beklagte zu 2. begehrt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung der Klägerin – soweit im Revisionsverfahren von Bedeutung – nicht zurückgewiesen werden. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Ob die zulässige Klage begründet ist, dh. ob die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, an die Klägerin eine angemessene Entschädigung zu zahlen, kann vom Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden; den Parteien ist zudem Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
A. Die Klage ist zulässig.
Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin durfte die Höhe der von ihr begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht bei der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum ein, weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Die Klägerin hat auch Tatsachen benannt, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung, die sie mit mindestens 4.324,80 Euro bestimmt hat, angegeben (zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags: vgl. etwa BAG 14. November 2013 – 8 AZR 997/12 – Rn. 16; 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – Rn. 16).
B. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin habe gegen die Beklagte zu 2. keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG. Zwar sei ungeklärt, ob Transsexualität dem in § 1 AGG genannten Grund „Geschlecht” oder dem der „sexuellen Identität” zuzuordnen sei; ob das Geltendmachungsschreiben der Klägerin, in dem diese sich ausschließlich auf eine Diskriminierung wegen des Geschlechts und nicht wegen der sexuellen Identität berufen habe, die Fristen zur Geltendmachung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 4 AGG und zur Klageerhebung nach § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt habe oder ob die Klägerin sich für eine ordnungsgemäße Geltendmachung und Klageerhebung vielmehr auf eine Diskriminierung wegen der „sexuellen Identität” hätte berufen müssen, könne jedoch dahinstehen. Jedenfalls sei die Klägerin von der Beklagten zu 2. nicht wegen ihrer Transsexualität benachteiligt worden. Das Vorbringen der Klägerin lasse nicht den Schluss zu, dass die behauptete Transsexualität für die Nichteinstellung ursächlich gewesen sei. Allein die Suche des Herrn P nach einer – ihm von Frau W angekündigten – Frau lasse nicht darauf schließen, dass er die Klägerin als transsexuell angesehen habe und bei dieser Annahme nach dem Hinweis der Klägerin, dass sie Frau M sei, auch geblieben sei. Die Klägerin habe auch nicht behauptet, dass Herrn P, dessen Verhalten die Beklagte zu 2. sich zurechnen lassen müsse, ihre Transsexualität im Zeitpunkt der Benachteiligung positiv bekannt, für ihn offensichtlich gewesen oder von diesem angenommen worden wäre.
II. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts musste die Klägerin nicht „behaupten”, für Herrn P sei ihre Transsexualität offensichtlich gewesen oder von diesem angenommen worden. Die Klägerin musste nach § 22 AGG vielmehr nur Indizien vortragen und im Bestreitensfall beweisen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, sie sei von Herrn P als transsexueller Mensch wahrgenommen und deshalb benachteiligt worden. Zudem lässt die angefochtene Entscheidung nicht erkennen, dass sich das Landesarbeitsgericht mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat.
1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus (§ 15 Abs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und ist verschuldensunabhängig.
a) Nach dem in § 7 Abs. 1 AGG bestimmten Benachteiligungsverbot ist eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. Wegen des Geschlechts und der sexuellen Identität untersagt. § 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine – vorliegend wohl nur in Betracht kommende – unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. des Geschlechts und der sexuellen Identität, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
Im Hinblick auf eine – insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung zu treffende – Auswahlentscheidung des Arbeitgebers befinden sich Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 – 9 AZR 839/08 – Rn. 29). Bereits deshalb kommt es, sofern ein Bewerber vorab ausgenommen und damit vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wurde, nicht zwangsläufig ausschließlich auf den Vergleich mit dem/der letztlich eingestellten Bewerber/in an.
b) § 7 Abs. 1 AGG enthält ein einheitliches generelles Verbot der Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Dies gilt nach § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. Ob der Grund tatsächlich in der Person des oder der Beschäftigten vorliegt, ist demnach nicht entscheidend. § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG berücksichtigt damit den Umstand, dass Menschen oft bestimmte Eigenschaften oder Verhaltensweisen zugeschrieben werden, zB allein aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes (vgl. BT-Drs. 16/1780 S. 34). Macht sich der Benachteiligende Vorstellungen über das Vorliegen eines Benachteiligungsgrundes, kann dies genügen, um den Entschädigungsanspruch auszulösen (etwa BAG 17. Dezember 2009 – 8 AZR 670/08 – Rn. 14). Bereits aus diesem Grund kommt es weder darauf an, ob die Klägerin transsexuell ist, noch ob Herr P von der Transsexualität der Klägerin wusste.
Bedenken gegen die Unionsrechtskonformität von § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG bestehen nicht. Sofern der Regelungsgehalt von § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG nicht ohnehin in den Richtlinien 2006/54/EG und 2000/78/EG enthalten sein sollte, ginge § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG jedenfalls zulässigerweise im Schutzniveau zugunsten der benachteiligten Person über die Richtlinie hinaus.
c) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen” eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; er muss nicht – gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder” des Verhaltens – handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei bloße Mitursächlichkeit genügt (vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 34 mwN). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociatia ACCEPT] Rn. 50;19. April 2012 – C-415/10 – [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 31 mwN).
d) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien” (hier insbesondere: Richtlinie 2006/54/EG und Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (ua. EuGH 22. April 1997 – C-180/95 – [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber umzusetzen (BT-Drs. 16/1780 S. 38; vgl. auch BAG 18. September 2014 – 8 AZR 759/13 – Rn. 26 mwN; 16. September 2008 – 9 AZR 791/07 – Rn. 33 mwN, BAGE 127, 367).
e) Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.
aa) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist (vgl. BAG 21. Juni 2012 – 8 AZR 364/11 – Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 – 8 AZR 37/11 – Rn. 65, BAGE 141, 48). Dies gilt nicht nur im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG, sondern ebenso im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen von § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG, also bezogen auf die Frage, ob der Benachteiligende das Vorliegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bei der Benachteiligung nur angenommen hat.
Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (ua. EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 – C-54/07 – [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 – 8 AZR 650/12 – Rn. 27). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014– 8 AZR 753/13 – Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (vgl. etwa BAG 17. August 2010 – 9 AZR 839/08 – Rn. 45). Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG (vgl. BAG 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 32 ff. mwN).
bb) Sowohl die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Haupt- und/oder Hilfstatsachen eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, als auch deren Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat, sind nur eingeschränkt revisibel (vgl. etwa BAG 22. August 2013 – 8 AZR 563/12 – Rn. 49, 63 mwN). In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle darauf zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht sich den Vorgaben von § 286 Abs. 1 ZPO entsprechend mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und des Weiteren rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BAG 23. Juli 2015 – 6 AZR 457/14 – Rn. 29; 18. September 2014– 8 AZR 759/13 – Rn. 30; 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 42 mwN; 27. März2014 – 6 AZR 989/12 – Rn. 37; 26. September 2013 – 8 AZR 650/12 – Rn. 28; 22. August 2013 – 8 AZR 563/12 – Rn. 49; 21. Juni 2012 – 8 AZR 364/11 – Rn. 34, BAGE 142, 158).
2. Unter Zugrundelegung dieser Prüfungsmaßstäbe hält das angefochtene Urteil auch einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen Kontrolle nicht stand.
a) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts musste die Klägerin nicht „behaupten”, für Herrn P sei ihre Transsexualität offensichtlich gewesen oder von diesem angenommen worden. Sie musste nach § 22 AGG iVm. § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG vielmehr nur Indizien vortragen und im Bestreitensfall beweisen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, sie sei von Herrn P als transsexueller Mensch wahrgenommen und deshalb benachteiligt worden.
aa) Zwar gehört Transsexualität als solche nicht zu den in § 1 AGG genannten Gründen, an die das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG anknüpft. Sie kann jedoch sowohl im Rahmen des in § 1 AGG angeführten Grundes „Geschlecht” als auch des Grundes „sexuelle Identität” iSv. § 1 AGG von Bedeutung sein.
Dem steht nicht entgegen, dass der nationale Gesetzgeber die Transsexualität nicht dem Grund „Geschlecht”, sondern dem Grund „sexuelle Identität” zugeordnet hat. Ausweislich der Gesetzesbegründung werden von der „sexuellen Identität” homosexuelle Männer und Frauen ebenso wie bisexuelle, transsexuelle oder zwischengeschlechtliche Menschen erfasst (BT-Drs. 16/1780 S. 31). Demgegenüber kennt das Unionsrecht den Begriff der sexuellen Identität nicht, sondern spricht in Erwägungsgrund 11 der Richtlinie 2000/78/EG von der „sexuellen Ausrichtung” und ordnet die Transsexualität dem Begriff „Geschlecht” zu (zu dieser Zuordnung vgl. ua. EuGH 30. April 1996 – C-13/94 – [P./S.] Rn. 13 ff., Slg. 1996, I-2143). In unionsrechtskonformer Auslegung des § 1 AGG wird die Transsexualität demnach sowohl vom Grund „Geschlecht” als auch vom Grund „sexuelle Identität” umfasst.
bb) Da als transsexuell Personen bezeichnet werden, die sich dem Geschlecht, dem sie aufgrund ihrer äußerlichen körperlichen Geschlechtsmerkmale zum Zeitpunkt der Geburt zugeordnet wurden, nicht (mehr) zugehörig fühlen, sondern sich mit dem „Gegengeschlecht” identifizieren (vgl. dazu EuGH 30. April 1996 – C-13/94 – [P./S.] Rn. 16, Slg. 1996, I-2143; BVerfG 11. Januar 2011 – 1 BvR 3295/07 – Rn. 34, BVerfGE 128, 109; Franzen/Sauer Expertise „Benachteiligung von Trans*Personen, insbesondere im Arbeitsleben” im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2010 S. 9), genügt eine Person, die sich durch eine Benachteiligung wegen der Transsexualität für beschwert hält, ihrer Darlegungslast gemäß § 22 AGG bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass sie als eine solche Person wahrgenommen und deshalb benachteiligt wurde. In einem solchen Fall ist die Vermutung begründet, dass der Benachteiligende die Transsexualität angenommen hat iSv. § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG und diese Annahme mitursächlich für seine Entscheidung war.
b) Die angefochtene Entscheidung lässt zudem nicht erkennen, dass sich das Landesarbeitsgericht mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat. Das Landesarbeitsgericht hat vielmehr wesentliches Vorbringen der Klägerin überhaupt nicht gewürdigt.
Die Klägerin hatte nicht nur vorgetragen, dass Herr P nach einer – ihm von Frau W angekündigten – Frau gefragt habe. Sie hatte sich zudem darauf berufen, Herr P habe ihre geschlechtliche Identität angezweifelt; er habe sie nicht als Frau wahrgenommen. Er habe sie zu Beginn des Gesprächs wortlos angesehen und dann nicht nur einmal, sondern zweimal gesagt, dass Frau W doch eine Frau habe schicken wollen, und dies, obwohl sie ihm bereits nach dem ersten Mal geantwortet habe, dass sie die angekündigte Frau M sei. Herr P habe schließlich, obgleich sie nochmals erklärt habe, sie sei Frau M, noch hinter die Tür geschaut und so getan, als suche er dort eine Frau. Nur nach einigem Zögern sei er mit ihr in das Lager gegangen. Die dort anfallenden Arbeiten als Kommissioniererin seien ihr nicht erläutert worden. Auf mehrfache Nachfrage, wann am folgenden Montag Arbeitsbeginn sei, habe Herr P nur geantwortet, dass er nochmals mit Frau W sprechen müsse. Damit hatte die Klägerin Umstände vorgetragen, die nicht von vornherein ungeeignet waren, jedenfalls in einer Gesamtschau die Vermutung zu begründen, Herr P habe sie nicht „ihrem” Geschlecht zugehörig und damit als transsexuell wahrgenommen und sie deshalb benachteiligt.
C. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klage sei unbegründet, stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Die Klägerin ist als Bewerberin für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigte iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Die Beklagte zu 2. ist Arbeitgeberin iSv. § 6 Abs. 2 Satz 2 AGG, da ihr der/die erfolgreiche Bewerber/in zur Arbeitsleistung überlassen werden sollte.
II. Die Klägerin hat den Entschädigungsanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG).
1. Nach § 15 Abs. 4 AGG muss der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Diese Frist begann vorliegend mit der Mitteilung von Frau W, dass sich Herr P und damit die Beklagte zu 2. für eine Bewerberin von einer anderen Zeitarbeitsfirma entschieden habe, am 10. September 2012 zu laufen und endete mit Ablauf des 12. November 2012, einem Montag (zur Fristberechnung vgl. ua. BAG 15. März 2012 – 8 AZR 37/11 – Rn. 61, BAGE 141, 48). Nach § 61b Abs. 1 ArbGG musste die Entschädigungsklage innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs erhoben werden.
2. Die Geltendmachung erfolgte inhaltlich hinreichend bestimmt sowie frist- und formgerecht iSv. § 15 Abs. 4 AGG.
Die Geltendmachungsfrist wurde durch das der Beklagten zu 2. spätestens am 12. November 2012 zugegangene Schreiben der Klägerin vom 9. November 2012 frist- und formgerecht gewahrt. Die Klägerin hat ihren Entschädigungsanspruch in dem Geltendmachungsschreiben vom 9. November 2012 nach dem Lebenssachverhalt individualisiert und der ungefähren Höhe nach angegeben, was ausreicht (BAG 27. Januar 2011 – 8 AZR 580/09 – Rn. 23).
Der fristgerechten Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 AGG steht nicht entgegen, dass die Klägerin in ihrem Geltendmachungsschreiben eine Diskriminierung wegen des Geschlechts gerügt und erst in der Berufungsinstanz mitgeteilt hatte, sie sei transsexuell. Wie unter Rn. 31 ausgeführt, wird die Transsexualität in unionsrechtskonformer Auslegung des § 1 AGG sowohl vom Begriff „Geschlecht” als auch vom Begriff der „sexuellen Identität” umfasst. Bereits aus diesem Grund kommt es im vorliegenden Verfahren auf das vom Landesarbeitsgericht zitierte Urteil des Senats vom 26. September 2013 (– 8 AZR 650/12 – Rn. 17) nicht an. Im Übrigen betraf diese Entscheidung nicht die Geltendmachungsfrist des § 15 Abs. 4 AGG, sondern die Frage der Einhaltung der Klagefrist nach § 61b ArbGG.
3. Auch die Klageerhebung erfolgte frist- und formgerecht. Hierüber streiten die Parteien auch nicht.
III. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin bereits vorab aus dem Auswahlverfahren ausgeschieden wurde; jedenfalls hat sie als abgelehnte Bewerberin eine ungünstigere Behandlung iSv. § 3 Abs. 1 AGG erfahren als die letztlich ausgewählte Bewerberin.
IV. Schließlich bleibt auch die Gegenrüge der Beklagten zu 2., das Landesarbeitsgericht habe den Vortrag der Klägerin zu ihrer Transsexualität entgegen § 67 Abs. 2 ArbGG berücksichtigt und sich auch nicht zur Frage der Präklusion geäußert, erfolglos. Hat das Landesarbeitsgericht entsprechenden Vortrag trotz einer eventuellen Verspätung gemäß § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG zugelassen, ist der Senat hieran gebunden. Eine einmal eingetretene, aber vom Landesarbeitsgericht akzeptierte Verzögerung kann nicht mehr rückgängig gemacht werden (BAG 25. Oktober 2012 – 2 AZR 845/11 – Rn. 37).
D. Ob die Klage begründet und die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, an die Klägerin eine angemessene Entschädigung zu zahlen, kann der Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht beurteilen. Zudem ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen, ggf. auch zu dem äußeren Erscheinungsbild der Klägerin beim Vorstellungsgespräch bei der Beklagten zu 2. am 7. September 2012 zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
I. Das Landesarbeitsgericht wird zunächst den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen, ggf. auch zu dem äußeren Erscheinungsbild der Klägerin beim Vorstellungsgespräch bei der Beklagten zu 2. am 7. September 2012 zu geben haben. Sodann wird es – ggf. nach Beweisaufnahme – die erforderlichen Feststellungen zu treffen und eine erneute und vollständige Gesamtwürdigung vorzunehmen haben.
II. Sofern das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, das Benachteiligungsverbot des AGG sei verletzt und der Klägerin stehe nach § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung zu, wird es zu beachten haben, dass auch bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der festzusetzenden Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG alle Umstände des Einzelfalls, wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns und der Sanktionszweck der Entschädigungsnorm zu berücksichtigen sind (vgl. ua. BAG 22. Mai 2014 – 8 AZR 662/13 – Rn. 44, BAGE 148, 158; 23. August 2012 – 8 AZR 285/11 – Rn. 38; 17. Dezember 2009 – 8 AZR 670/08 – Rn. 38; 22. Januar 2009 – 8 AZR 906/07 – Rn. 82 mwN, BAGE 129, 181). Die Entschädigung muss einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz gewährleisten (vgl. EuGH 25. April 2013 – C-81/12 –[Asociatia ACCEPT] Rn. 63; 22. April 1997 – C-180/95 – [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195; BAG 22. Mai 2014 – 8 AZR 662/13 – aaO). Die Härte der Sanktionen muss der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociatia ACCEPT] aaO, mwN; BAG 22. Mai 2014 – 8 AZR 662/13 – aaO).
Unterschriften
Schlewing, Winter, Vogelsang, Umfug, Wankel
Fundstellen
Haufe-Index 9285672 |
BB 2016, 1203 |
DB 2016, 1383 |
NJW 2016, 2443 |
FA 2016, 219 |
NZA 2016, 888 |
ZTR 2016, 403 |
AP 2017 |
EzA-SD 2016, 9 |
EzA 2016 |
AA 2017, 12 |
AUR 2016, 254 |
ArbR 2016, 277 |
NJW-Spezial 2016, 339 |
RdW 2016, 472 |
AP-Newsletter 2016, 101 |