Entscheidungsstichwort (Thema)
Deutsche Gerichtsbarkeit. Staatenimmunität. internationale Zuständigkeit deutscher Arbeitsgerichte. erfolglose Zustellung im Ausland. öffentliche (Inlands-)Zustellung
Orientierungssatz
1. Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit iSv. § 20 Abs. 2 GVG richtet sich nach dem rechtlichen Charakter des staatlichen Handelns oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Bei Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis ist maßgebend, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Art nach hoheitlich sind oder nicht.
2. Unabhängig von der Frage, ob der ausländische Staat für seine Immunität objektiv beweispflichtig ist, dürfen die Anforderungen an die Substantiierungspflicht im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht dazu führen, dass der Staat auf prozessrechtlichem Weg zur Aufgabe des ihm eingeräumten Vorrechts gezwungen wird, indem er Einzelheiten der von ihm behaupteten hoheitlichen Tätigkeit des Arbeitnehmers preisgeben müsste. Hat sich der Staat auf die Erbringung von Aufgaben berufen, deren funktionaler Zusammenhang mit dem hoheitlichen Aufgabenbereich einer Auslandsvertretung – wie im Falle der Übertragung der Leitung der Kulturabteilung eines Konsulats – nahe liegt, muss der Arbeitnehmer im Rahmen einer zumindest abgestuften Darlegungslast konkrete Umstände aufzeigen, die gegen den hoheitlichen Charakter seiner Aufgabenstellung sprechen sollen.
3. Die Annahme, der ausländische Staat habe – allgemein oder für einen konkreten Rechtsstreit – auf seine Immunität verzichtet, unterliegt strengen Anforderungen. Die Umstände des Falls dürfen in dieser Hinsicht keine Zweifel lassen.
4. Das Konsulat eines ausländischen Staates stellt – ebenso wie die Botschaft eines fremden Staates – eine „Niederlassung” iSv. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO dar, wenn die Aufgaben der Arbeitnehmer, mit denen das Konsulat Arbeitsverträge geschlossen hat, zu seiner wirtschaftlichen Betätigung im Empfangsstaat gehören.
5. Gemäß § 185 Nr. 3 ZPO kann eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht. Das ist nicht erst dann der Fall, wenn feststeht, dass eine Zustellung im Wege der Rechtshilfe endgültig nicht erfolgen wird. Die Zustellung verspricht vielmehr schon dann keinen Erfolg, wenn ihre Durchführung einen derart langen Zeitraum in Anspruch nähme, dass ein Zuwarten der die Zustellung betreibenden Partei nicht zugemutet werden kann. Wegen der mit ihr verbundenen Gefährdung des Anspruchs des Prozessgegners auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) sind die Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung allerdings – jedenfalls im Erkenntnisverfahren – streng zu handhaben.
Normenkette
GVG § 20 Abs. 2; EuGVVO Art. 18 Abs. 2, Art. 19; ZPO §§ 183, 185, 188, 233-234, 236; Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit vom 2. Dezember 2004 Art. 11 Abs. 1, 2 Buchst. d; Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15. November 1965 (HZÜ) Art. 3-6, 16
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Urteil vom 24.01.2013; Aktenzeichen 8 Sa 69/12) |
ArbG Hamburg (Urteil vom 16.07.2012; Aktenzeichen 15 Ca 281/09) |
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 24. Januar 2013 – 8 Sa 69/12 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und damit in Zusammenhang stehende Folgeansprüche.
Die 1959 geborene Klägerin ist venezolanischer Herkunft. Sie besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und ist einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Die Beklagte ist die Bolivarische Republik Venezuela (República Bolivariana de Venezuela). In ihrem Konsulat in Hamburg beschäftigt sie regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer, darunter seit dem 15. Juni 2004 die Klägerin. Den ursprünglichen Arbeitsvertrag haben die Parteien mit Vertrag vom 7. November 2007 geändert. Die in spanischer Sprache verfassten Vereinbarungen sehen die Anwendung deutschen Rechts vor. Nach dem zuletzt geschlossenen Vertrag hatte die Klägerin die Leitung der Kulturabteilung und die Funktion der „Secretaria Ejecutiva del Cónsul General” inne. In einem „Formular für lokale Mitarbeiter – Jahr 2008” sind ihre Aufgaben – ins Deutsche übersetzt – wie folgt beschrieben: 1. Öffentlichkeitsarbeit zwischen Generalkonsulat und [der] Behörde des konsularischen Amtsbereichs; 2. Konsularisches Sekretariat; 3. Personalassistentin des Leiter[s] des Konsulats; 4. Zuständig für Kultur und Solidaritätsnetz; 5. Koordinierung des politischen und Presse-Bereich[s]; 6. Übersetzerin.
Die Klägerin bezog bei einer täglichen Arbeitszeit von sieben Stunden ein monatliches Gehalt iHv. 2.250,00 Euro netto nebst 80,00 Euro netto „Mittagstischbonus” und 132,00 Euro netto „Kinderbetreuungszuschuss”. Außerdem zahlte die Beklagte ihr jährlich 2.250,00 Euro netto Urlaubsgeld, 2.250,00 Euro netto Weihnachtsgeld und – gegen Vorlage einer Immatrikulationsbescheinigung der Universität Hamburg – zweimal jährlich 243,00 Euro als „Semesterbeitrag”.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. August 2009.
Mit ihrer am 21. Juli 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung gewandt, ihre Weiterbeschäftigung und die Erteilung eines Zwischenzeugnisses verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Streitigkeit unterliege der deutschen Gerichtsbarkeit. Sie habe keine hoheitlichen Aufgaben wahrgenommen, sondern untergeordnete organisierende und koordinierende Assistenztätigkeiten verrichtet, etwa Reisen gebucht oder Geschenke besorgt. Der Rechtsstreit betreffe auch keine „brisanten Informationen”. Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt und überdies nach § 85 SGB IX unwirksam.
Ende September 2009 hat das Arbeitsgericht die zuständigen deutschen Behörden um Zustellung der Klage nebst Ladung zu einem Gütetermin – jeweils ins Spanische übersetzt – an das Außenministerium der Beklagten in Caracas ersucht. Unter dem 14. Juni 2010 teilte das Auswärtige Amt mit, die Beklagte habe bis dato kein Empfangsbekenntnis abgegeben. Die Deutsche Botschaft Caracas habe berichtet, dass mehrere Rechtshilfeangelegenheiten anhängig seien und „zur Zeit” im Hinblick auf eine mangelnde Kooperation nicht abgeschlossen werden könnten. Sie bemühe sich aktiv um einen Termin für ein persönliches Gespräch, um die Problematik „aufnehmen zu können”. Mit Schreiben vom 29. Juli 2011 teilte das Auswärtige Amt mit, es habe in verschiedenen Arbeitsgerichtsverfahren, darunter dem vorliegenden, wiederholt, aber ohne Erfolg bei dem Außenministerium der Beklagten um Rücksendung der Empfangsbescheinigungen für die in Deutschland anhängigen Verfahren gebeten. In einer mündlichen Demarche sei auf Arbeitsebene ausdrücklich auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht worden, im Rahmen der deutschen Prozessordnung die öffentliche Zustellung anzuordnen und die Verfahren fortzuführen. Es sei davon auszugehen, dass die Zustellungsbemühungen „wohl auch weiterhin aussichtslos” blieben.
Daraufhin hat das Arbeitsgericht neuen Termin zur Güteverhandlung anberaumt. Durch Beschluss vom 19. August 2011 hat es – auf entsprechenden Antrag der Klägerin – die öffentliche Zustellung der Klage und der Terminsladung bewilligt.
Mit Schriftsatz vom 3. November 2011 hat die Klägerin die Klage um Anträge auf Zahlung von Annahmeverzugslohn für die Zeit von September 2009 bis einschließlich November 2011 iHv. insgesamt 146.907,00 Euro brutto und auf Zahlung von Urlaubsabgeltung für das Jahr 2009 iHv. 2.266,84 Euro brutto erweitert. Das Arbeitsgericht hat den Gütetermin verlegt und durch Beschluss vom 15. November 2011 – antragsgemäß – die öffentliche Zustellung der Klageerweiterung und der Ladung zu dem neuen Termin bewilligt.
Am 21. Februar 2012 hat das Arbeitsgericht ein der Klage stattgebendes Versäumnisurteil erlassen. Am 1. März 2012 hat es die öffentliche Zustellung des Urteils angeordnet und die Einspruchsfrist auf vier Wochen festgesetzt. Die Benachrichtigung hing ab dem 7. März 2012 an der Gerichtstafel aus.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2012, das beim Arbeitsgericht am 15. Mai 2012 einging, hat die Beklagte durch ihre Generalkonsulin Akteneinsicht beantragt und gegen eine etwaige Entscheidung Einspruch eingelegt. Am 23. Mai 2012 wurden ihr die Akten zur Einsichtnahme zugeleitet. Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 8. Juni 2012 hat sie nochmals Einspruch eingelegt und vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Die Beklagte hat geltend gemacht, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben. Die Klägerin habe konsularische und damit hoheitliche Aufgaben wahrgenommen. Das Versäumnisurteil sei wirkungslos, die Klage sei als unzulässig abzuweisen. Unabhängig davon sei das Urteil gesetzwidrig ergangen und die Einspruchsfrist deshalb nicht in Lauf gesetzt worden. Die Zustellungen der Klage, der Klageerweiterung und des Versäumnisurteils seien schon nach nationalem Recht unwirksam und hätten ohnehin nach den Regeln des Haager Zustellungsübereinkommens vorgenommen werden müssen. Zumindest sei ihrem Wiedereinsetzungsgesuch stattzugeben. In der Sache sei die Klage unbegründet. Die Kündigung sei durch Gründe im Verhalten der Klägerin bedingt. Diese habe mehrfach auf Kosten des Konsulats private Ausgaben getätigt und den Betriebsfrieden gestört. Einer Zustimmung des Integrationsamts habe es nicht bedurft. Die geltend gemachte Entgeltforderung sei jedenfalls der Höhe nach unschlüssig.
Das Arbeitsgericht hat den Einspruch der Beklagten als unzulässig verworfen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt diese ihr Begehren weiter, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).
I. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage seiner bisherigen
Feststellungen zu Unrecht angenommen, die deutsche Gerichtsbarkeit sei für die vorliegende Streitigkeit gegeben.
1. Die Eröffnung der deutschen Gerichtsbarkeit ist eine allgemeine Verfahrensvoraussetzung. Ihr Bestehen und ihre Grenzen sind als Rechtsfragen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (BAG 22. August 2012 – 5 AZR 949/11 – Rn. 8; BGH 30. Januar 2013 – III ZB 40/12 – Rn. 17; 9. Juli 2009 – III ZR 46/08 – Rn. 20, BGHZ 182, 10; siehe auch BVerfG 13. Dezember 1977 – 2 BvM 1/76 – zu B 2 b der Gründe, BVerfGE 46, 342). Die Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit stellt ein Verfahrenshindernis dar. Genießt die beklagte Partei Immunität und hat sie hierauf nicht verzichtet, ist die Klage durch Prozessurteil abzuweisen (vgl. BAG 16. Mai 2002 – 2 AZR 688/00 –zu II 3 der Gründe mwN; 10. November 1993 – 7 AZR 600/92 – zu II 1 der Gründe mwN).
2. Nach § 20 Abs. 2 GVG iVm. dem Allgemeinen Völkergewohnheitsrecht als Bestandteil des Bundesrechts (Art. 25 GG) sind Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten insoweit nicht unterworfen, wie ihre hoheitliche Tätigkeit betroffen ist. Es ist mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem daraus abgeleiteten Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen (vgl. EuGH 19. Juli 2012 – C-154/11 – [Mahamdia] Rn. 54), nicht zu vereinbaren, dass ein deutsches Gericht hoheitliches Handeln eines anderen Staates rechtlich überprüft (vgl. BVerfG 17. März 2014 – 2 BvR 736/13 – Rn. 20; 6. Dezember 2006 – 2 BvM 9/03 – Rn. 34, BVerfGE 117, 141; BAG 10. April 2014 – 2 AZR 741/13 – Rn. 17; 25. April 2013 – 2 AZR 960/11 – Rn. 13). Andernfalls könnte die rechtliche Prüfung durch die inländischen Gerichte eine Beurteilung des hoheitlichen Handelns erfordern mit der Folge, dass die ungehinderte Erfüllung der Aufgaben der Botschaft oder des Konsulats des anderen Staates beeinträchtigt wäre (BAG 1. Juli 2010 – 2 AZR 270/09 – Rn. 11; 16. Mai 2002 – 2 AZR 688/00 – zu II 1 der Gründe). Demgegenüber besteht keine allgemeine Regel des Völkerrechts, welche die inländische Gerichtsbarkeit für Klagen gegen einen ausländischen Staat ausschlösse, in denen seine nicht-hoheitliche Betätigung zur Beurteilung steht (BAG 3. Juli 1996 – 2 AZR 513/95 – zu II 1 der Gründe, BAGE 83, 262).
a) Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nach dem rechtlichen Charakter der umstrittenen staatlichen Handlung oder des streitigen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt oder wie eine Privatperson tätig geworden ist (BAG 10. April 2014 – 2 AZR 741/13 – Rn. 18). In Ermangelung völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist diese Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht am Sitz des entscheidenden Gerichts vorzunehmen (BVerfG 17. März 2014 – 2 BvR 736/13 – Rn. 21; BAG 10. April 2014 – 2 AZR 741/13 – Rn. 19; BGH 30. Januar 2013 – III ZB 40/12 – Rn. 11). Ungeachtet seiner ist stets hoheitlich nur das staatliche Handeln, das dem Kernbereich der Staatsgewalt zuzurechnen ist. Zu ihm gehören die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege (BVerfG 17. März 2014– 2 BvR 736/13 – Rn. 21; BAG 10. April 2014 – 2 AZR 741/13 – Rn. 19).
b) Für die Einordnung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten zwischen außereuropäischen Staaten und dem in deren Vertretungen beschäftigten Personal fehlt es an gesetzlichen Regeln (vgl. BAG 1. Juli 2010 – 2 AZR 270/09 – Rn. 13 unter Hinweis auf das noch nicht in Kraft getretene UN-Übereinkommen zur Staatenimmunität vom 2. Dezember 2004 – Resolution 59/38 – Art. 11; einschränkend EGMR 29. Juni 2011 – 34869/05 –, der annimmt, das Übereinkommen sei als Völkergewohnheitsrecht auch auf Staaten anwendbar, die ihm nicht widersprochen hätten; vgl. auch das – hier nicht anwendbare – Europäische Übereinkommen über Staatenimmunität vom 16. Mai 1972 – Art. 5,BGBl. 1990 II S. 34 – EuStImm; zum Ganzen Schütze DIZPR 2. Aufl. Rn. 85 f.). Für die Einordnung ist deshalb maßgebend, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Art nach hoheitlich oder nicht-hoheitlich sind. Dies wiederum richtet sich nicht nach der rechtlichen Form der Rechtsbeziehung als entweder privatrechtlicher Vertrag oder öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis (BAG 1. Juli 2010 – 2 AZR 270/09 – Rn. 13). Vielmehr kommt es auf den Inhalt der ausgeübten Tätigkeit und deren funktionalen Zusammenhang mit diplomatischen und konsularischen Aufgaben an (vgl. BAG 10. April 2014 – 2 AZR 741/13 – Rn. 18; 25. April 2013 – 2 AZR 960/11 – Rn. 14; 1. Juli 2010 – 2 AZR 270/09 – aaO). Dem entspricht mit Blick auf Art. 6 EMRK die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der darauf abstellt, ob die Aufgaben des Arbeitnehmers objektiv etwas mit hoheitlichen Interessen des ausländischen Staates zu tun haben (vgl. EGMR 29. Juni 2011– 34869/05 – Rn. 62).
3. Danach durfte das Landesarbeitsgericht auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen nicht annehmen, für den vorliegenden Rechtsstreit sei die deutsche Gerichtsbarkeit eröffnet.
a) Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, die Beklagte habe nicht schlüssig aufgezeigt, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit mit konsularischen Aufgaben betraut gewesen sei. Soweit sie mit solchen Angelegenheiten in Berührung gekommen sei, reiche dies nicht aus, um die ihr übertragene Tätigkeit als hoheitlich zu qualifizieren. Mit Blick auf ihre Aufgaben als „Secretaria Ejecutiva” sei nicht auszuschließen, dass sie lediglich Assistenztätigkeiten von untergeordneter Bedeutung verrichtet habe. Entsprechendes gelte für die „Leitung der Kulturabteilung” und eine vermeintliche Tätigkeit als Übersetzerin. Die Beklagte habe es versäumt aufzuzeigen, welche konkreten – aus ihrer Sicht hoheitlichen – Tätigkeiten der Klägerin insoweit oblegen hätten. Der Hinweis auf das „Formular für lokale Mitarbeiter – Jahr 2008” sei unzureichend angesichts der Behauptung der Klägerin, dieses Formblatt sei ohne ihre Mitwirkung erstellt worden und entspreche inhaltlich nicht ihrem tatsächlichen Aufgabenbereich.
b) Auf diese Weise hat das Landesarbeitsgericht an das Vorbringen der Beklagten zu ihrer Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit überzogene Anforderungen gestellt. Es hat nicht bedacht, dass die Klägerin zumindest im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast ihrerseits Erklärungspflichten treffen.
aa) Die Frage, welche Partei die objektive Beweislast für die Eröffnung der bzw. die Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit trägt, wird nicht einheitlich beantwortet.
(1) Das Bundesarbeitsgericht hat angenommen, die klagende Partei sei im Erkenntnisverfahren nach den allgemeinen Regeln für die Eröffnung der deutschen Gerichtsbarkeit darlegungs- und beweispflichtig (vgl. BAG 3. Juli 1996 – 2 AZR 513/95 – zu II 1 der Gründe, BAGE 83, 262). Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage offengelassen (vgl. BVerfG 13. Dezember 1977 – 2 BvM 1/76 – zu C II 4 d der Gründe BVerfGE 46, 342; ebenso OLG Frankfurt am Main 24. Mai 2007 – 26 W 51/07 – zu II der Gründe). Der Bundesgerichtshof geht für Fälle, in denen sich der ausländische Staat auf Vollstreckungsimmunität beruft, von einer diesen treffenden Darlegungs- und Beweislast aus, billigt ihm aber Darlegungserleichterungen zu (BGH 1. Oktober 2009 – VII ZB 37/08 – Rn. 28, 29 mwN).
(2) Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, der sich auf seine Immunität berufende Staat sei für deren Voraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig (Geimer Internationales Zivilprozessrecht 6. Aufl. Rn. 527; Schütze DIZPR 2. Aufl. Rn. 100; Schack Internationales Zivilverfahrensrecht 5. Aufl. Rn. 188; MüKoZPO/Zimmermann 4. Aufl. § 20 GVG Rn. 15; in der Tendenz auch v. Schönfeld NJW 1986, 2980, 2982; Walter RIW 1984, 9, 10 ff.). Die Immunität sei eine Ausnahme vom Grundsatz der unbeschränkten Gerichtsbarkeit (Geimer aaO; vgl. auch Hausmann FS Geimer 2002 S. 289, 310; aA Geiger NJW 1987, 1124, 1125). Die Gegenmeinung verweist auf die ihm günstige Ausgangsposition des ausländischen Staates, der sich auf ein Verfahren, in dem er Immunität genieße, grundsätzlich nicht einzulassen brauche (vgl. Nagel/ Gottwald Internationales Zivilprozessrecht 7. Aufl. § 2 Rn. 45).
bb) Der Streitfall verlangt keine abschließende Festlegung.
(1) Unabhängig von der Verteilung der objektiven Beweislast dürfen an eine daraus resultierende – sei es eine primäre, sei es sekundäre – Erklärungspflicht des ausländischen Staates keine hohen Anforderungen gestellt werden. Es reicht zunächst aus, dass er eine Tätigkeit des klagenden Arbeitnehmers aufzeigt, die prima facie einen funktionalen Zusammenhang mit konsularischen Aufgaben indiziert. Das folgt aus dem mit der Staatenimmunität verfolgten Ziel. Die Anforderungen an die Substantiierungslast im Prozess dürfen nicht dazu führen, dass der Staat, der sich auf Immunität beruft, auf prozessrechtlichem Wege zur Aufgabe des ihm eingeräumten Vorrechts gezwungen wird, indem er Einzelheiten der behaupteten – hoheitlichen – Tätigkeit preisgeben müsste (BAG 1. Juli 2010 – 2 AZR 270/09 – Rn. 20). Hat er sich auf die Erbringung von Aufgaben berufen, deren funktionaler Zusammenhang mit dem hoheitlichen Aufgabenbereich der Botschaft oder des Konsulats nahe liegt, so bedarf es zunächst keiner weiter gehenden Erläuterung des Staates, worin die fraglichen Aufgaben konkret bestehen. Will der Arbeitnehmer dieser Indizwirkung entgegentreten, muss er Umstände aufzeigen, die gegen den hoheitlichen Charakter der Tätigkeit sprechen. Durch eine solche Erklärungspflicht wird er nicht überfordert, weil er – wenn das Arbeitsverhältnis aktiv gelebt worden ist – hinreichenden Einblick in die für die Beurteilung maßgebenden Tatsachen hat.
(2) Der sie treffenden – unterstellt primären – Darlegungslast ist die Beklagte nachgekommen. Aus ihrem Vorbringen ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit der Klägerin dem hoheitlichen Bereich des Konsulats zuzuordnen ist.
(a) Das Landesarbeitsgericht hat aus der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit als „Secretaria Ejecutiva” geschlossen, die Klägerin habe die Position einer „Chefsekretärin” innegehabt. Dagegen erheben die Parteien keine Einwände. Damit liegt die Annahme fern, die Klägerin habe im konsularischen Bereich allenfalls Tätigkeiten von untergeordneter Bedeutung wahrgenommen. Nach dem für die deutsche Arbeitswelt typischen Aufgabenzuschnitt einer „Chefsekretärin” ist vielmehr indiziert, dass sie in Ausübung ihrer Tätigkeit mit amtlichen Geschäften der Konsulatsleitung in Berührung kam und von deren Inhalt Kenntnis erlangte. In einem solchen Fall spricht eine Vermutung für einen funktionalen Zusammenhang mit dem hoheitlichen Aufgabenbereich des Konsulats. Der durch die Staatenimmunität bezweckte Schutz der Souveränität des Staates wäre unvollkommen, wenn die Gerichte eines fremden Staates berufen wären, zwar nicht über das Rechtsverhältnis mit dem eigentlichen Entscheidungsträger in konsularischen Angelegenheiten, aber doch über das mit einer maßgeblichen ausführenden Kraft zu urteilen.
(b) Ein hoheitlicher Charakter der Tätigkeit ist ebenso indiziert, soweit das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, der Klägerin habe die „Leitung der Kulturabteilung” oblegen. Gemäß Art. 5 Buchst. b und c des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 (BGBl. 1969 II S. 1587) zählt zu den konsularischen Aufgaben, die Entwicklung kultureller Beziehungen zwischen dem Entsendestaat und dem Empfangsstaat zu fördern und sich über das kulturelle Leben im Empfangsstaat zu unterrichten. Zwar sind kulturelle Aktivitäten außerhalb eines zwischenstaatlichen „offiziellen” Kulturaustauschs in der Regel nicht-hoheitlicher Natur (vgl. Geimer Internationales Zivilprozessrecht 6. Aufl. Rn. 583 ua. unter Hinweis auf den Betrieb eines Opernhauses). Angesichts der typischen konsularischen Aufgabe der Förderung des zwischenstaatlichen Kulturaustauschs wäre es aber verfehlt, von dem ausländischen Staat im Hinblick auf einen Arbeitnehmer, dem vertragsgemäß die „Leitung der Kulturabteilung” übertragen ist, weitere Darlegungen zum hoheitlichen Charakter der Tätigkeit zu verlangen. Vielmehr ist indiziert, dass die Aufgaben in funktionalem Zusammenhang mit originären, nicht nur untergeordneten konsularischen – und damit hoheitlichen Aufgaben – stehen. Ohne substantiierten Gegenvortrag des Arbeitnehmers besteht kein Anlass anzunehmen, er habe die in Rede stehende Tätigkeit ohne eigenen Handlungsspielraum nur nach konkreten Weisungen im Einzelfall wahrgenommen (zu diesem Gesichtspunkt vgl. BAG 3. Juli 1996 – 2 AZR 513/95 – zu II 1 der Gründe, BAGE 83, 262). Einen solchen Sachverhalt hat das Landesarbeitsgericht auch nicht festgestellt.
(3) Die Klägerin durfte sich danach nicht auf die pauschale Behauptung beschränken, sie habe lediglich „untergeordnete” Aufgaben wahrgenommen. Es genügte nicht, dafür beispielhaft auf Reisebuchungen und das Besorgen von Geschenken zu verweisen. Die Klägerin hätte ihre Tätigkeiten zumindest der Art und dem groben Inhalt nach umfassend darstellen müssen. Nur so ermöglichte sie eine abschließende qualitative und quantitative gerichtliche Beurteilung ihrer Aufgaben. Das ist nicht geschehen. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass sich die Beklagte für die Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit nicht nur auf die vertraglichen Vereinbarungen, sondern auch auf die Tätigkeitsbeschreibung in dem „Formular für lokale Mitarbeiter – Jahr 2008” berufen und behauptet hat, die Klägerin habe die dort genannten Aufgaben tatsächlich wahrgenommen. Deren Einwand, die fragliche Beschreibung stamme nicht von ihr, sondern sei „im Jahr 2008 von dem damaligen Konsul festgesetzt worden”, lässt nicht erkennen, welche der Tätigkeiten sie nicht ausgeführt habe. Soweit die Klägerin in Abrede gestellt hat, als „Beauftragte für Politik und Kultur” tätig geworden zu sein, bedurfte dies angesichts der vom Landesarbeitsgericht festgestellten Aufgabe der „Leitung der Kulturabteilung” der näheren Erläuterung.
(4) Eine entsprechende Konkretisierung ist zwar ansatzweise den Ausführungen im Schriftsatz der Klägerin vom 17. Januar 2013 zu entnehmen. Dort heißt es, sie sei nur für „einfache” Aufgaben zuständig gewesen, die weder vertrauliche noch politische Inhalte zum Gegenstand gehabt hätten. Auch habe sie keinen Zugang zu amtlichen Vorgängen und konsularischen Akten gehabt und sei weder mit der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit noch mit Dolmetscher- oder Übersetzerdiensten betraut gewesen. Solche Aufgaben seien vielmehr von anderen – namentlich benannten – Mitarbeitern des Konsulats wahrgenommen worden. Zur Glaubhaftmachung dieser Angaben hat sich die Klägerin auf ihre eidesstattliche Versicherung vom gleichen Tag und auf ein „Memorandum Nr. 005” vom 7. April 2009 berufen, das ihr folgende Aufgaben zuschreibt: „Terminkalender der Generalkonsulin; elektronische Post des Konsulats; Erstellen von Mitteilungen (Deutsch und Spanisch); Antworten auf Einladungen, Telefonanrufe; Ablage und Korrespondenz; Erstellung des Telefonbuchs des Konsulats; andere von der Generalkonsulin erteilte Aufgaben”. Mit diesem Vortrag hat sich das Landesarbeitsgericht in der Sache aber – rechtsfehlerhaft – nicht auseinandergesetzt, weil es die tatsächlichen Ausführungen der Beklagten zu ihrer Auffassung, sie genieße im Rahmen ihrer Auseinandersetzung mit der Klägerin Staatenimmunität, als unschlüssig angesehen hat. Soweit es die betreffenden Ausführungen der Klägerin für verspätet gehalten hat, war dies nach dem eigenen Standpunkt ersichtlich nicht entscheidungserheblich. Unabhängig davon hatte es die Prozessvoraussetzung einer Eröffnung der deutschen Gerichtsbarkeit von Amts wegen zu prüfen; deshalb kam eine Zurückweisung des Vorbringens als verspätet von vorneherein nicht in Betracht.
4. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte sei nicht von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit, wird nicht von seiner (Zweit-)Begründung getragen, durch den vorliegenden Rechtsstreit sei eine Beeinträchtigung der Sicherheitsinteressen der Beklagten nicht zu erwarten. Es gibt keinen allgemeinen Rechtssatz des Völkerrechts mit dem Inhalt, für gerichtliche Verfahren – auch in Zusammenhang mit hoheitlicher Tätigkeit – bestehe Staatenimmunität nur dann, wenn mit der Durchführung des Verfahrens die Sicherheitsinteressen des fremden Staates beeinträchtigt sein könnten. Im Übrigen wäre eine solche Beeinträchtigung bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in der Regel indiziert.
a) Die vom Landesarbeitsgericht unterstellte Anforderung ergibt sich nicht aus Art. 11 Abs. 2 Buchst. d des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit vom 2. Dezember 2004. Das Abkommen ist bisher nicht in Kraft gesetzt. Die nach Art. 30 Abs. 1 des Abkommens dafür erforderlichen 30 Ratifikationen sind noch nicht erfolgt (laut Internetauskunft der Vereinten Nationen liegen bislang 16 Ratifikationen vor). Unabhängig von der Frage, ob die in dem Abkommen enthaltenen Regeln universelles Völkergewohnheitsrecht darstellen (bejahend EGMR 29. Juni 2011 – 34869/05 – Rn. 54; Geimer Internationales Zivilprozessrecht 6. Aufl. Rn. 571), gibt dieses für die Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts nichts her. Zwar ist nach seinem Art. 11 Abs. 2 Buchst. d die nach Art. 11 Abs. 1 für arbeitsrechtliche Streitigkeiten eröffnete Gerichtsbarkeit des Staates, in dessen Hoheitsgebiet die Arbeit ganz oder teilweise zu leisten ist, dann nicht gegeben, wenn Gegenstand des Verfahrens die Entlassung oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist und das Verfahren nach Feststellung des Staats- oder Regierungschefs oder des Außenministers des Staates, der die Arbeitgeberstellung innehat, dessen Sicherheitsinteressen zuwiderliefe. Damit ist aber nicht gesagt, dass andernfalls eine Staatenimmunität stets zu verneinen wäre. Diese kann sich aus weiteren, in Art. 11 Abs. 2 des Übereinkommens geregelten Ausnahmen ergeben. Zu diesen zählt der Umstand, dass der Arbeitnehmer eingestellt worden ist, um bestimmte Aufgaben in Ausübung von Hoheitsgewalt des ausländischen Staates zu erfüllen.
b) Der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Juli 2012 (– C-154/11 – [Mahamdia]) ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen.
aa) Der Gerichtshof geht von einer „internationalen Praxis” aus, nach der Staatenimmunität allgemein anerkannt ist, wenn der Rechtsstreit acta iure imperii betrifft, sie aber ausgeschlossen sein kann, wenn sich das gerichtliche Verfahren auf acta iure gestionis bezieht, die nicht unter die hoheitlichen Befugnisse fallen (EuGH 19. Juli 2012 – C-154/11 – [Mahamdia] Rn. 55). Auf dieser Grundlage ist er zu dem Ergebnis gelangt, der völkergewohnheitsrechtliche Grundsatz der Staatenimmunität stehe der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) dann nicht entgegen, wenn sich ein Arbeitnehmer gegen die Kündigung seines mit einem fremden Staat geschlossenen Arbeitsvertrags wehre und das angerufene Gericht feststelle, dass die geschuldeten Aufgaben nicht unter die Ausübung hoheitlicher Befugnisse fielen, oder wenn die Klage nicht mit den Sicherheitsinteressen des Staates kollidieren könne. Dabei sei es Sache des angerufenen nationalen Gerichts zu bestimmen, welche Art von Aufgaben der Arbeitnehmer tatsächlich verrichte (EuGH 19. Juli 2012 – C-154/11 – [Mahamdia] Rn. 56).
bb) Die Entscheidung bezieht sich auf Rechtsfragen betreffend den Anwendungsbereich der EuGVVO. Diese wiederum regelt die internationale Zuständigkeit der Gerichte gegenüber einem Beklagten, der seinen Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat, nicht aber die Voraussetzungen, unter denen Staatenimmunität anzunehmen ist. Die Entscheidung ist zudem nicht dahin zu verstehen, der in Anspruch genommene Staat könne sich in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten unabhängig von der Art der Tätigkeit auf Immunität nur berufen, wenn die Durchführung des Verfahrens seinen Sicherheitsinteressen zuwiderlaufe.
II. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
1. Der Senat kann mangels hinreichender Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob die deutsche Gerichtsbarkeit für die Streitigkeit eröffnet ist. Sollte dies nicht der Fall sein, könnten die Entscheidungen des Arbeitsgerichts keinen Bestand haben und die Klage wäre durch Prozessurteil abzuweisen.
a) Das Landesarbeitsgericht hat aufgrund seiner Annahme, die Beklagte habe eine hoheitliche Tätigkeit nicht schlüssig aufgezeigt, den Sachverhalt nicht weiter aufgeklärt. Dies wird es nachzuholen haben. Zwar kann auch das Revisionsgericht das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen klären, selbst wenn dies eine Beweisaufnahme erfordern sollte (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann ZPO 72. Aufl. § 559 Rn. 7). Dabei kann von den Vorinstanzen nicht gewürdigter und sogar neuer Sachvortrag Berücksichtigung finden, soweit die Belange des Prozessgegners gewahrt werden (vgl. BGH 21. April 2010 – XII ZR 134/08 – zu II 1 a der Gründe). Im Streitfall ist aber nicht hinreichend klar, ob die Klägerin an ihrem Vortrag aus dem Schriftsatz vom 17. Januar 2013 uneingeschränkt festhalten will. Im Revisionsverfahren ist sie hierauf nicht mehr explizit zurückgekommen. Es kommt hinzu, dass die Beklagte im Rahmen einer gegen das Berufungsurteil nach § 78a ArbGG erhobenen Rüge einen Schriftsatz der Klägerin vom 7. Oktober 2010 vorgelegt hat, mit dem diese die Berichtigung eines ihr ausgestellten Arbeitszeugnisses unter anderem dahingehend verlangt hat, dass die Aufgabe „Beauftragte für die Resorts Kultur und Solidaritätsnetz” Erwähnung finden möge und ein Hinweis auf den „Umgang mit vertraulichen, zum Teil geheimen Daten” aufzunehmen sei. Der Klägerin wird Gelegenheit zu geben sein, dazu Stellung zu nehmen und ihr bisheriges Vorbringen, demzufolge sie einer lediglich „untergeordneten Assistenztätigkeit” nachging, auch mit Blick auf eine sie zumindest abgestuft treffende Darlegungslast zu verdeutlichen (§ 139 Abs. 2 ZPO). Ggf. wird das Landesarbeitsgericht erwägen müssen, die Klägerin persönlich zum Inhalt ihrer Arbeitsaufgaben anzuhören (§ 141 ZPO). Hinsichtlich der im „Memorandum Nr. 005” aufgeführten Tätigkeiten wird zu klären sein, ob es sich insoweit um eine dauerhafte und vertragsgerechte Zuweisung von Arbeitsaufgaben handelte. Dabei wird auch dem Vortrag der Beklagten nachzugehen sein, es habe sich, wie ein „Memorandum Nr. 009” vom 15. April 2009 verdeutliche, um eine einseitige Einschränkung des Aufgabenbereichs der Klägerin als Reaktion auf ein länger andauerndes, letztlich zur Kündigung führendes Fehlverhalten gehandelt. Träfe dies zu, so könnten die fraglichen Zuweisungen schwerlich als Maßstab für die Beurteilung dienen, ob die Tätigkeit der Klägerin hoheitlicher oder nicht-hoheitlicher Art ist.
b) Die bisherigen Feststellungen berechtigen nicht zu der Annahme, die Beklagte habe auf ihre Staatenimmunität verzichtet.
aa) Die Möglichkeit eines solchen Verzichts ist allgemein anerkannt (BVerfG 17. März 2014 – 2 BvR 736/13 – Rn. 24; 6. Dezember 2006 – 2 BvM 9/03 – Rn. 33, BVerfGE 117, 141; BAG 3. Juli 1996 – 2 AZR 513/95 – zu II 1 der Gründe, BAGE 83, 262; BGH 4. Juli 2013 – VII ZB 30/12 – Rn. 24). Der Verzicht kann allgemein oder für einen konkreten Rechtsstreit erklärt werden. Er kann in einem privatrechtlichen Vertrag enthalten sein und – als konkludente Erklärung – auch darin liegen, dass sich der ausländische Staat auf die Streitigkeit einlässt, ohne seine Immunität geltend zu machen (vgl. BVerfG 17. März 2014– 2 BvR 736/13 – aaO mwN; Geimer Internationales Zivilprozessrecht 6. Aufl. Rn. 629; Schütze DIZPR 2. Aufl. Rn. 95). Die Annahme, ein solcher Verzicht sei erklärt worden, unterliegt allerdings strengen Anforderungen (BGH 30. Januar2013 – III ZB 40/12 – Rn. 19). Die Umstände des Falls dürfen in dieser Hinsicht keine Zweifel lassen (vgl. BGH 30. Januar 2013 – III ZB 40/12 – Rn. 14; 9. Juli 2009 – III ZR 46/08 – Rn. 38, BGHZ 182, 10; im Ergebnis auch BVerfG 17. März 2014 – 2 BvR 736/13 –).
bb) Soweit die Parteien für ihr Arbeitsverhältnis die Anwendung deutschen Rechts vereinbart haben, liegt darin – für sich genommen – kein Verzicht der Beklagten auf ihre Staatenimmunität (vgl. dazu BAG 23. November 2000– 2 AZR 490/99 – zu II 3 c cc der Gründe). Eine entsprechende – konkludente – Erklärung kann ebenso wenig darin erblickt werden, dass sie überhaupt Kündigungsgründe vorgebracht hat. Dies geschah erkennbar vorsorglich. In erster Linie hat sie sich auf ihre Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit berufen.
cc) Das Landesarbeitsgericht hat nicht näher geprüft, ob in der Regelung unter Nr. 10 des Arbeitsvertrags vom 7. November 2007 ein konkludenter Verzicht der Beklagten auf Immunität liegt. Ausweislich der eingereichten Übersetzung des Arbeitsvertrags haben sich die Parteien unter dem fraglichen Punkt verpflichtet, jeden Konflikt im Zusammenhang mit einer Nichterfüllung des Vertrags einvernehmlich vorab beizulegen. Falls „keine Lösung gefunden [würde]”, sollte die Möglichkeit bestehen, „nachfolgend die zuständigen Justizbehörden [anzurufen]”. Zwar ist nicht ausdrücklich von der Möglichkeit einer Inanspruchnahme deutscher Gerichte die Rede. Ganz auszuschließen ist ein solches Verständnis und ein ggf. mit ihm einhergehender stillschweigender Verzicht auf Immunität in Bestandsstreitigkeiten – zumal vor dem Hintergrund der Vereinbarung deutschen Rechts – aber nicht. Eine abschließende Beurteilung durch den Senat scheidet schon deshalb aus, weil das Landesarbeitsgericht den genauen Inhalt der Regelung nicht festgestellt hat. Überdies muss den Parteien Gelegenheit gegeben werden, sich zum Regelungsgehalt der Klausel zu äußern.
2. Sollte das Landesarbeitsgericht nach erneuter Prüfung zu dem Schluss gelangen, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben, wird das Urteil des Arbeitsgerichts, durch das der Einspruch der Beklagten verworfen worden ist, abzuändern, das Versäumnisurteil vom 21. Februar 2012 – unter Wiedereinsetzung der Beklagten in die Einspruchsfrist – aufzuheben und die Klage durch Prozessurteil abzuweisen sein.
a) Es kann dahinstehen, ob eine unter Verkennung der Staatenimmunität ergangene gerichtliche Entscheidung nichtig und damit wirkungslos ist (so die hM, bspw. BayObLG 30. September 1971 – I Z 42/71 –; OLG München 27. August 1971 – 2 W 1284/71 –; GMP/Schlewing 8. Aufl. § 1 Rn. 11; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 72. Aufl. Übers. § 300 Rn. 14; MüKoZPO/Zimmermann 4. Aufl. § 18 GVG Rn. 4; Thomas/Putzo/Reichold ZPO 35. Aufl. Vorbem. § 300 Rn. 15; Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 17. Aufl. § 19 Rn. 15; in der Tendenz auch BGH 9. Juli 2009 – III ZR 46/08 – Rn. 20, BGHZ 182, 10: keine Bindungswirkung eines die Immunität zu Unrecht verneinenden Zwischenurteils; die Frage offenlassend BGH 28. Mai 2003 – IXa ZB 19/03 – zu II 2 der Gründe), oder ob sie mit den zulässigen Rechtsmitteln lediglich angefochten werden kann (so zumindest in Fällen, in denen das Gericht die deutsche Gerichtsbarkeit ausdrücklich bejaht hat MüKoZPO/Braun 4. Aufl. § 578 Rn. 11a; Stein/Jonas/Jacobs 22. Aufl. vor §§ 578 – 591 Rn. 10; Geimer Internationales Zivilprozessrecht 6. Aufl. Rn. 528 ff.; weiter gehend Schlosser ZZP Bd. 79 [1966], 164, 171, 178).
b) Die Beklagte hat im Streitfall gegen das – aus ihrer Sicht – völkerrechtswidrige Versäumnisurteil Einspruch eingelegt und sich im Einspruchsverfahren ausdrücklich auf ihre Exemtion von der deutschen Gerichtsbarkeit berufen. Auch nach Versäumung der Einspruchsfrist muss sie die Möglichkeit haben, im noch laufenden Erkenntnisverfahren eine Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit zur Geltung zu bringen. Sie kann nicht auf die Möglichkeit einer Nichtigkeitsklage oder gar darauf verwiesen werden, eine Staatenimmunität ggf. im Vollstreckungsverfahren anzubringen. Falls erforderlich muss ihr – was zumindest bis zum Ablauf der Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO möglich ist – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Dabei wird davon auszugehen sein, dass die Fristversäumnis – auch die Versäumung der Frist für eine Wiedereinsetzung – durch eine von der deutschen Gerichtsbarkeit befreite Partei unverschuldet ist (vgl. Nagel/Gottwald Internationales Zivilprozessrecht 7. Aufl. § 2 Rn. 45). Da hier die Frist des § 234 Abs. 3 ZPO noch nicht verstrichen war, wird offenbleiben können, ob eine Verkennung der Staatenimmunität auch ohne eine Wiedereinsetzung im Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelverfahren – jedenfalls bis zur Grenze der Verwirkung – geltend gemacht werden kann (zu einer solchen Möglichkeit im Fall einer erkennbar unwirksamen öffentlichen Zustellung vgl. BGH 19. Dezember 2001 – VIII ZR 282/00 – zu II 2 der Gründe, BGHZ 149, 311).
3. Sollte das Landesarbeitsgericht erneut zu dem Ergebnis kommen, die deutsche Gerichtsbarkeit sei eröffnet, wird es weiterhin von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte und davon ausgehen können, dass die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils vom 21. Februar 2012 vorlagen. Es wird allerdings zu berücksichtigen haben, dass seine bisherige Annahme, die Beklagte habe die Versäumung der Einspruchsfrist verschuldet, nicht frei von Rechtsfehlern ist.
a) Die internationale Zuständigkeit richtet sich nach der EuGVVO. Nach Art. 19 Nr. 1 der Verordnung kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer vor den Gerichten desjenigen Mitgliedstaats verklagt werden, in dem er – der Arbeitgeber – seinen „Wohnsitz” hat. Gesellschaften und juristische Personen haben ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet (Art. 60 Abs. 1 EuGVVO). Hat der Arbeitgeber im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zwar keinen Wohnsitz, aber eine Niederlassung, wird er für Streitigkeiten aus deren Betrieb so behandelt, wie wenn er dort seinen Wohnsitz hätte (Art. 18 Abs. 2 EuGVVO). Das Konsulat der Beklagten ist eine „Niederlassung” im Sinne dieser Bestimmung.
aa) Der Europäische Gerichtshof hat darauf erkannt, dass die Botschaft eines ausländischen Staates eine „Niederlassung” iSv. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO darstellt, wenn die Aufgaben der Arbeitnehmer, mit denen sie Arbeitsverträge geschlossen hat, zur wirtschaftlichen Betätigung der Botschaft im Empfangsstaat gehören (EuGH 19. Juli 2012 – C-154/11 – [Mahamdia] Rn. 52). Danach setzt die Anerkennung einer „Zweigniederlassung”, „Agentur” oder „sonstigen Niederlassung” zum einen voraus, dass es einen Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gibt, der auf Dauer als Außenstelle eines Stammhauses hervortritt. Dieser Mittelpunkt muss eine Geschäftsführung haben und sachlich so ausgestattet sein, dass er Geschäfte mit Dritten betreiben kann, ohne dass diese sich an das Stammhaus wenden müssten. Zum anderen muss der Rechtsstreit entweder Handlungen, die sich auf den Betrieb dieser Einheit beziehen, oder Verpflichtungen betreffen, die die Einheit im Namen des Stammhauses eingegangen ist und die in dem Staat zu erfüllen sind, in dem die Einheit sich befindet (EuGH 19. Juli 2012 – C-154/11 – [Mahamdia] Rn. 48).
bb) Diese Erwägungen treffen auf das Generalkonsulat eines ausländischen Staates ebenso zu wie auf eine Botschaft. Auch ein Konsulat ist mit einem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit vergleichbar, der auf Dauer nach außen hervortritt, und trägt zur Identifikation und Repräsentation des Entsendestaates bei. Eine Streitigkeit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses einer Arbeitnehmerin, die – wie die Klägerin – ihre Arbeitsleistung im Geschäftsbereich eines Konsulats erbringt, hat einen hinreichenden Zusammenhang mit der Tätigkeit des Konsulats. Eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es insoweit nicht.
b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils sei wirksam erfolgt, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
aa) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe bei der Zustellung Art. 15 des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965 (HZÜ) (BGBl. 1977 II S. 1452) missachtet, ist unbegründet. Die fragliche Bestimmung ist unmittelbar nur auf verfahrenseinleitende Schriftstücke anwendbar (vgl. Denkschrift der Bundesregierung zum HZÜ BT-Drs. 7/4892 S. 48; G. Geimer Neuordnung des internationalen Zustellungsrechts S. 35). Im Übrigen regelt das Übereinkommen lediglich das Verfahren der Zustellung. In welchen Fällen und an wen eine Zustellung im Ausland zu bewirken ist, beurteilt sich nach der lex fori, mithin nach deutschem Zivilverfahrensrecht (Denkschrift der Bundesregierung zum HZÜ aaO; BGH 7. Dezember 2010 – VI ZR 48/10 – Rn. 8; Wieczorek/Schütze/Rohe ZPO 4. Aufl. Anh. §§ 183, 184 Rn. 17; Zöller/Geimer ZPO 30. Aufl. § 183 Rn. 14, 18, 21; PG/Tombrink/ Kessen 6. Aufl. § 183 Rn. 1; G. Geimer aaO S. 180).
bb) Die Zustellung des Versäumnisurteils hatte damit grundsätzlich im Wege der Auslandszustellung nach § 183 Abs. 1 Satz 1 ZPO iVm. Art. 3 bis 6 HZÜ zu erfolgen (zur Zustellung an ausländische Staaten, soweit diese für acta iure gestionis der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen Geimer Internationales Zivilprozessrecht 6. Aufl. Rn. 649, 2144; zum Ausschluss einer Zustellung über die diplomatischen Missionen: ders. aaO; Daub/Eckstein/Schimang NZA 2014, 397, 401). Allerdings versprach dieser Weg der Zustellung hier keinen Erfolg. Nach § 185 Nr. 3 ZPO war deshalb die Möglichkeit einer öffentlichen Zustellung gegeben, bei der es sich um eine Inlandszustellung handelt.
(1) Gemäß § 185 Nr. 3 ZPO kann eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht. Das ist nicht erst dann der Fall, wenn feststeht, dass eine Zustellung im Wege der Rechtshilfe endgültig nicht erfolgen wird. Der Zweck der Vorschrift liegt darin, den Anspruch auf Justizgewährung für den Kläger zu sichern, wenn auf anderem Wege eine Zustellung nicht durchführbar ist (BGH 20. Januar 2009 – VIII ZB 47/08 – Rn. 13 mwN). Das Gebot, wirkungsvollen Rechtsschutz zu gewähren, erfordert, dass dieser Schutz in angemessener Zeit zu erlangen ist (BGH 26. Januar 1989 – X ZR 23/87 – zu I 4 der Gründe, BGHZ 106, 336). Die Zustellung verspricht daher schon dann keinen Erfolg, wenn die Durchführung einen derart langen Zeitraum in Anspruch nähme, dass ein Zuwarten der betreibenden Partei nicht zugemutet werden kann. Allerdings ist zu beachten, dass eine Bewilligung der öffentlichen Zustellung den Anspruch auf rechtliches Gehör des Prozessgegners aus Art. 103 Abs. 1 GG gefährdet. Ihre Voraussetzungen sind deshalb – jedenfalls im Erkenntnisverfahren – streng zu handhaben (vgl. BGH 20. Januar 2009 – VIII ZB 47/08 – Rn. 13; MüKoZPO/ Häublein 4. Aufl. § 185 Rn. 13).
(2) Danach ist die Auffassung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils hätten vorgelegen. Das die Zustellung betreibende Arbeitsgericht durfte aufgrund der Feststellungen des Auswärtigen Amts zu den Versuchen, die Klageschrift zuzustellen, davon ausgehen, dass Bemühungen, das Versäumnisurteil auf diplomatischem Weg zuzustellen, erfolglos bleiben würden. Bei der Prüfung, ob eine Zustellung im Ausland Erfolg verspricht, dürfen sich die Gerichte auf die Feststellungen der Justizverwaltung nach § 9 ZRHO verlassen (Wieczorek/Schütze/Rohe ZPO 4. Aufl. § 185 Rn. 26; Geimer Internationales Zivilprozessrecht 6. Aufl. Rn. 2105a).
cc) Die Zustellung des Versäumnisurteils war auch ansonsten prozessordnungsgemäß. Das Arbeitsgericht brauchte die Bewilligung der öffentlichen Zustellung nicht näher zu begründen. Die Gründe ergaben sich aus dem Gesetz (vgl. MüKoZPO/Musielak 4. Aufl. § 329 Rn. 4; Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 329 Rn. 24 mwN). Gegen die Festsetzung der Einspruchsfrist auf vier Wochen im Beschluss vom 1. März 2012 bestehen keine Bedenken (§ 339 Abs. 2 ZPO). Die öffentliche Zustellung war auch nicht deshalb unwirksam, weil das Arbeitsgericht der Beklagten über sie – soweit ersichtlich – keine formlose Mitteilung gemacht hat (MüKoZPO/Häublein 4. Aufl. § 185 Rn. 13).
c) Die bisherigen Feststellungen tragen nicht das Ergebnis, der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung sei zumindest unbegründet.
aa) Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 21. Februar 2012 war verspätet. Das Urteil galt – unter der Voraussetzung, dass der Aushang der Benachrichtigung über die öffentliche Zustellung am 7. März 2012 erfolgte – am 10. April 2012 (dem Dienstag nach Ostern) als zugestellt (§ 188 ZPO). Der Einspruch der Beklagten ist frühestens am 15. Mai 2012 bei Gericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war die vierwöchige Einspruchsfrist verstrichen.
bb) Die Wiedereinsetzung richtet sich nach §§ 233 ff. ZPO. Art. 16 HZÜ findet keine Anwendung. Die Bestimmung setzt voraus, dass eine Auslandszustellung in Betracht kam und die anzufechtende Entscheidung auf dieser Grundlage ergangen ist (vgl. Denkschrift der Bundesregierung zum HZÜ BT-Drs. 7/4892 S. 49). Das war hier nicht der Fall. Die Zustellung des Versäumnisurteils erfolgte durch öffentliche (Inlands-)Zustellung nach § 185 ZPO. Es kommt auch nicht in Betracht, Art. 16 HZÜ – analog – anzuwenden, soweit dort bestimmt ist, dass die Wiedereinsetzung binnen „einer angemessenen Frist” beantragt werden kann. Der Gesetzgeber hat in § 185 Nr. 3 ZPO für Fälle einer nicht erfolgversprechenden Auslandszustellung die Möglichkeit einer öffentlichen Zustellung im Inland vorgesehen. Diese setzt nach Maßgabe des § 188 ZPO den Lauf von Rechtsbehelfsfristen in Gang. Das ist klar geregelt. Die damit einhergehende Einschränkung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist verfassungsgemäß (vgl. BVerfG 26. Oktober 1987 – 1 BvR 198/87 –; BGH 11. Dezember 2002 – XII ZR 51/00 – zu 3 b der Gründe, BGHZ 153, 189; Wieczorek/Schütze/Rohe ZPO 4. Aufl. § 185 Rn. 35; Zöller/ Stöber ZPO 30. Aufl. § 185 Rn. 1).
cc) Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob die Beklagte ihren Antrag auf Wiedereinsetzung iSv. §§ 234, 236 ZPO frist- und formgerecht angebracht hat. Es hat die Zulässigkeit des Gesuchs dahinstehen lassen und angenommen, die Fristversäumnis sei jedenfalls verschuldet. Gegen diese Würdigung bestehen Bedenken. Das Landesarbeitsgericht hat möglicherweise nicht berücksichtigt, dass aus der Mitteilung des Auswärtigen Amts, die Beklagte habe eine Bescheinigung über den Empfang der Klageschrift und der (ersten) Terminsladung nicht zurückgereicht, nicht ohne Weiteres geschlossen werden kann, sie habe die betreffenden Schriftstücke jedenfalls de facto erhalten. Zumindest hat es sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die Beklagte die Übermittlung der Schriftstücke bestritten und zur Glaubhaftmachung eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt hat. Das wird es ggf. nachzuholen haben. Sollte das Landesarbeitsgericht erwägen, von einer Empfangsverweigerung der Beklagten auszugehen, wird es zu bedenken haben, dass diese der Auffassung war, sich auf Staatenimmunität berufen zu können.
dd) Je nach Sachlage wird sich das Landesarbeitsgericht mit der Zulässigkeit des Antrags auf Wiedereinsetzung auseinanderzusetzen haben. Dabei wird es darauf ankommen, ab welchem Zeitpunkt die Beklagte damit rechnen musste, dass gegen sie eine Säumnisentscheidung ergangen sein könnte.
d) Von Hinweisen zur Begründetheit der Klage – falls es auf diese ankommen sollte – sieht der Senat ab. Insoweit fehlt es an jeglichen Feststellungen.
Unterschriften
Kreft, Rachor, Berger, F. Löllgen, Gerschermann
Fundstellen
JR 2016, 409 |
NZA 2015, 1536 |
AP 2016 |
EzA-SD 2015, 15 |
EzA 2015 |
NZA-RR 2015, 546 |
RIW 2015, 756 |
AP-Newsletter 2015, 211 |