Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordentliche Kündigung wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit
Orientierungssatz
Ist eine Kündigung "an sich" personenbedingt, weil die Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer auf Dauer unmöglich geworden ist, kann die stets gebotene umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen nur in seltenen Ausnahmefällen zugunsten des Arbeitnehmers sich auswirken, etwa wenn der Arbeitnehmer aufgrund schwerwiegender persönlicher Umstände besonders schutzbedürftig und dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zuzumuten ist.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2 Fassung 1969-08-25
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 12.10.1983; Aktenzeichen 10 Sa 456/83) |
ArbG Kassel (Entscheidung vom 14.02.1983; Aktenzeichen 1 Ca 743/82) |
Tatbestand
Der 1931 in Jugoslawien geborene Kläger ist verwitwet und hat einen studierenden Sohn. Seit dem 22. September 1975 war er als Arbeiter bei der Beklagten tätig, die regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt. Nachdem er als Gummiwerker im Gummi-Mischraum bei einem Arbeitsunfall am 1. Oktober 1975 die Langfinger der linken Hand verloren hatte, wurde er in der Luftmatratzen-Herstellung der Beklagten als Hilfsarbeiter eingesetzt. Nach der Auflösung dieser Abteilung im Betrieb der Beklagten in Kassel arbeitete er seit 1978 als Transportarbeiter in der Montageabteilung. Die dabei zu leistende Arbeit ist ausschließlich im Gehen und Stehen auszuführen. Am 27. Februar 1980 erlitt er bei einem weiteren Arbeitsunfall eine Verletzung am linken Kniegelenk. Ab 1981 fehlte er krankheitsbedingt bis zum Ausspruch der Kündigung durch die Beklagte wie folgt:
vom 11. März 1981 bis zum 21. April 1981 = 30 AT
vom 3. Juli 1981 bis zum 14. August 1981 = 31 AT GL
vom 2. November 1981 bis zum 13. Dezember 1981 = 30 AT Gl
am 21. Januar 1982 = 1 AT GL
vom 22. Januar 1982 bis zum 2. Februar 1982 = 8 AT
vom 3. Februar 1982 bis zum 19. März 1982 = 33 AT GL
vom 22. März 1982 bis zum 21. April 1982 = 30 AT
vom 10. Mai 1982 bis zum 21. Juni 1982 = 23 AT GL
vom 30. August 1982 bis zum 8. Oktober 1982 = 30 AT
vom 11. Oktober 1982 bis zum 28. Oktober 1982 = 14 AT GL
Die mit "GL"=Grundleiden gekennzeichneten Abwesenheitszeiten infolge Krankheit beruhten im wesentlichen auf denselben Ursachen. Diese diagnostizierte der Betriebsarzt der Beklagten, der Facharzt für Chirurgie Dr. med. I, in Arztschreiben an den Hausarzt des Klägers, Dr. M, vom 3. Juli 1981 als "Reizknie li. bei Arthrosis def. nach medialer Meniscotomie" und vom 4. Januar 1982 als
"...
2. Fortgeschrittene Formveränderung der Lendenwirbel-
säule mit Wurzelreizsyndrom.
3. Fortgeschrittene Formveränderung li. Kniegelenk
nach Meniscotomie."
Mit der erwähnten Meniscotomie ist eine Operation des medialen Meniscus des linken Kniegelenks gemeint, der sich der Kläger vor etwa 25 Jahren in Jugoslawien unterzogen hatte. Dazwischen hatte der Facharzt für Orthopädie Dr. W dem Dr. M mit Schreiben vom 1. Dezember 1981 als Diagnose mitgeteilt:
"Lumbalgien bei Osteochondrose und linkskonvexer
Lumbalskoliose, Überlastung infolge erheblichen
Übergewichts."
Auf eine Anfrage der AOK Kassel vom 2. November 1982 teilte die Beklagte dieser mit, der Kläger führe mit einem Handhubwagen innerbetriebliche Transportarbeiten, ferner Umpackarbeiten aus, bei denen er Auto-Schmutzfänger und diverse Kleinteile von Hand in Transportkörbe umpacke. Dabei müsse er keine schweren Lasten heben oder tragen. Wieviel Teile er dabei bewege, sei ihm freigestellt. Wegen des Betriebsunfalles im Jahre 1975 ist der Kläger von der Berufsgenossenschaft der Chemischen Industrie als um 30 v.H. erwerbsgemindert anerkannt. Am 16. Juni 1982 stellte der Kläger bei der für ihn als Jugoslawen zuständigen Landesversicherungsanstalt (LVA) Niederbayern-Oberpfalz einen Antrag auf Gewährung einer Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit. Diesen Antrag lehnte die LVA mit Bescheid vom 16. November 1982 ab. Unter Zugrundelegung der Beschwerden "Lendenwirbelsäulensyndrom mit ischialgieformer Beschwerdesymptomatik bei Fehlhaltung und röntgenologisch feststellbaren Abnutzungserscheinungen, Gonarthrose links, Funktionsbehinderung der linken Hand nach traumatischer Amputation der Langfinger, Hypertonie, Adipositas, Hepatopathie" entsprechend den ärztlichen Feststellungen begründete die LVA die Ablehnung damit, der Kläger könne unter Berücksichtigung des beruflichen Werdegangs noch folgende Tätigkeiten verrichten:
"Vollschichtig leichtere bis mittelschwere Arbeiten
in geschlossenen Räumen, überwiegend im Sitzen, ohne
längere Anmarschwege, ohne volle Gebrauchsfähigkeit
der linken Hand."
Sie wies darauf hin, daß noch geprüft werde, ob berufsfördernde Maßnahmen der Rehabilitation durchgeführt würden. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger vor dem Sozialgericht Klage erhoben.
Während der letzten Arbeitsunfähigkeit kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nach Anhörung und mit Zustimmung des Betriebsrates mit Schreiben vom 28. Oktober 1982, dem Kläger zugegangen am 30. Oktober 1982, ordentlich zum 30. November 1982. Hiergegen hat der Kläger am 3. November 1982 Klage erhoben.
Der Kläger hat vorgetragen, es treffe nicht zu, daß er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, seine bisherige Tätigkeit zu verrichten, zumal er keine schweren Lasten heben oder tragen müsse und noch vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten könne. Aufgrund der beiden Betriebsunfälle, die für seine gesundheitlichen Einschränkungen mitursächlich seien, obliege der Beklagten ihm gegenüber eine erhöhte Fürsorgepflicht.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß das zwischen den Parteien
bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung
vom 30. Oktober 1982 nicht aufgelöst wurde,
sondern über den 30. November 1982 hinaus auf
unbestimmte Zeit fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Kläger könne wegen seiner chronischen Erkrankungen, die nicht auf die beiden Betriebsunfälle zurückzuführen seien, weder die bisherige noch eine andere Arbeitsleistung erbringen. Eine sonstige Beschäftigungsmöglichkeit, wie sie nach dem Bescheid der LVA in Betracht komme, sei in ihrem Betrieb nicht vorhanden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.
In der Berufungsinstanz hat der Kläger ergänzend vorgetragen, krankheitsbedingte Kündigungen seien prinzipiell rechtswidrig. Das Arbeitsgericht sei weder der Frage der Prognose der krankheitsbedingten Fehlzeiten für die Zukunft noch der betrieblichen Auswirkungen nachgegangen. Es habe ohne ausreichende arbeitsmedizinische Kenntnisse den Kläger nicht mehr in der Lage gesehen, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
A. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Kündigung der Beklagten sei sozial gerechtfertigt, weil der Kläger zur weiteren Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit außerstande sei. Nach seinem Gesundheitszustand sei er nur noch in der Lage, eine Tätigkeit ohne längere Anmarschwege und überwiegend im Sitzen auszuüben. Seine bisherige Arbeit müsse er aber ausschließlich im Stehen und Gehen ausführen. Seine Krankheiten stünden allenfalls in ganz geringem Maße in Zusammenhang mit den erlittenen Betriebsunfällen. Der Kläger sei nämlich im Jahre 1981 an 91 Arbeitstagen und im Jahr 1982 bis zum Ausspruch der Kündigung an 139 Arbeitstagen arbeitsunfähig krank gewesen, danach auch noch bis zum 7. März 1983; dabei habe der Kläger seit dem 7. Juli 1981 immer wieder wegen desselben Grundleidens gefehlt, das nicht auf einen Betriebsunfall zurückzuführen sei. Die von den Fachärzten beschriebenen und mit erkennbar negativen Prognosen belegten Beschwerden des Klägers, die der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung bekannt gewesen seien, könnten nur zu der Bewertung führen, daß der Kläger auf Dauer arbeitsunfähig krank sei. Die betrieblichen Auswirkungen bedürften keiner näheren Erörterung, wenn die weitere Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeit von vornherein als unmöglich oder sogar gesundheitsschädlich anzusehen sei. Die Beklagte habe nach ihrer Behauptung für den Kläger keine anderweitige Beschäftigung. Demgegenüber habe der Kläger nicht substantiiert vorgetragen, wie er sich seine weitere Beschäftigung konkret vorstelle, ohne daß sich seine gesundheitlichen Einschränkungen so stark wie bisher auswirken würden. Eine aufgrund der Arbeitsunfälle verstärkte Fürsorgepflicht der Beklagten könnte allenfalls dann zu einer Verpflichtung der Beklagten führen, dem Kläger einen seiner Leistungsminderung entsprechenden, neu zu schaffenden Arbeitsplatz anzubieten, wenn die Leistungsminderung nach zuverlässiger ärztlicher Erkenntnis auf die betriebliche Tätigkeit des Klägers zurückzuführen sei. Daran fehle es hier.
B. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts wird im Ergebnis und im wesentlichen auch in der Begründung gefolgt.
I. 1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der Kläger sei zur Zeit der Kündigung insbesondere wegen seiner Grundleiden dauernd außerstande gewesen, seine vertragliche Tätigkeit weiter zu erbringen, und diese Leistungseinschränkung sei nicht auf die erlittenen Betriebsunfälle zurückzuführen. Die letztere Feststellung ergibt sich aus der Verweisung auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts (§ 543 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte habe keinen freien Arbeitsplatz, auf dem sie den Kläger mit leichteren Tätigkeiten beschäftigen könne.
2. An diese Feststellungen ist das Revisionsgericht gemäß § 561 Abs. 2 ZPO gebunden, da die hiergegen von der Revision gemäß § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO erhobenen Verfahrensrügen nicht durchgreifen.
a) Unzulässig ist die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft die notwendigen Feststellungen durch Wertungen aus vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen und des Bescheides der LVA ersetzt. Zur Rüge eines Verstoßes gegen § 286 Abs. 1 ZPO ist gemäß § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO von dem Revisionskläger vorzutragen, welche Rechtsnorm verletzt ist und aus welchen Tatsachen sich die Verletzung ergibt. Daran sind strenge Anforderungen zu stellen (BAG Urteil vom 7. September 1983 - 7 AZR 101/82 - AP Nr. 3 zu § 23 KSchG 1969, unter II 1 der Gründe, insoweit nicht veröffentlicht). Das Landesarbeitsgericht hat zulässigerweise gemäß § 543 Abs. 1 ZPO auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen, denen es gefolgt ist. Das hat es auch in dem angefochtenen Urteil festgestellt. Der Kläger hat keine geeigneten Tatsachen vorgebracht, aus denen sich hier ergeben könnte, warum die Würdigung des Landesarbeitsgerichts gegen § 286 Abs. 1 ZPO verstößt.
b) Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe es angesichts der Behauptungen des Klägers, er könne seine Tätigkeit nach der Genesung wieder vollschichtig ausüben, unter Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO unterlassen, ein Sachverständigengutachten über die gegenteilige Behauptung der Beklagten einzuholen, ist unbegründet. Die Erhebung von Beweisen kommt nur in Betracht, wenn eine Behauptung der darlegungspflichtigen Partei streitig ist. Hier hat das Arbeitsgericht die Behauptungen der gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG darlegungspflichtigen Beklagten bezüglich der in der Person des Klägers liegenden Unmöglichkeit, die bisherige Arbeit zu erbringen, deswegen als richtig behandelt, weil der Kläger die Behauptung der Beklagten, die Arbeit sei im Stehen und Gehen zu leisten, der Kläger könne aber nur noch sitzende Tätigkeit ausführen, nicht substantiiert bestritten habe, diese deshalb als zugestanden gelte (§ 138 Abs. 3 ZPO). Diese Feststellung des Arbeitsgerichts hat der Kläger in der Berufungsinstanz auch nicht gemäß § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO angegriffen, sondern sich genauso wie in erster Instanz auf die zu allgemeine Behauptung beschränkt, er könne vollschichtig leichtere bis mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen verrichten. Wenn das Tatsachengericht über eine nicht substantiiert bestrittene Behauptung keinen Beweis erhebt, liegt kein Verstoß gegen § 286 ZPO vor, da diese Behauptungen gemäß § 138 Abs. 3 ZPO keines Beweises bedurften (BAG 15, 163, 165 = AP Nr. 105 zu § 3 TOA; BAG Urteil vom 7. März 1983, aaO, unter I 2 der Gründe). Der außerdem gemäß § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO unzulässigen (BAG Urteil vom 1. Juli 1967 - 3 AZR 393/66 - AP Nr. 18 zu § 519 ZPO, unter 1 und 2 der Gründe; BGH Urteil vom 18. Februar 1981 - IV b ZB 505/81 - AP Nr. 34 zu § 519 ZPO, unter II 2 a der Gründe) pauschalen Inbezugnahme des erstinstanzlichen Vorbringens kann kein Angriff auf die diesbezügliche Feststellung des erstinstanzlichen Urteils entnommen werden.
c) Die weitere Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe § 139 ZPO verletzt, ist schon deswegen unzulässig, weil er zwar angibt, er hätte bei entsprechendem Hinweis für seinen vorbezeichneten Vortrag Beweis durch Sachverständigengutachten angetreten, aber nicht, für welche zu begutachtenden Punkte, und welche Tatsachen der Beweis ergeben hätte (vgl. dazu BAG Urteil vom 7. September 1983, aaO, unter II 1 der Gründe; Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Albers, ZPO, 43. Aufl., § 554 Anm. 4 E).
d) Nicht der Form des § 554 Abs. 3 Nr. 3 ZPO entsprechend ist schließlich auch die Rüge des Klägers gegen die von dem Landesarbeitsgericht in Bezug genommene Würdigung der im Wege des Urkundenbeweises gemäß §§ 415 ff. ZPO verwerteten ärztlichen Stellungnahmen, die Arbeitsunfälle des Klägers seien für seine Leistungseinschränkung nicht ursächlich. Die Revision beschränkt sich insoweit darauf vorzutragen, abschließende Gutachten lägen insoweit nicht vor und es sei aufgrund des - nicht näher dargelegten - Krankheitsverlaufs nicht auszuschließen, daß ein Zusammenhang bestehe. Auch diese Rüge kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil der Kläger im einzelnen hätte vortragen müssen, welche Gesichtspunkte das Arbeitsgericht - und ihm folgend das Berufungsgericht - außer Acht gelassen haben soll und wie sich deren Beachtung auf das Beweisergebnis ausgewirkt hätte (BGHZ 44, 75, 80 ff.; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 20. Aufl., § 554 Rz 13). Das war erforderlich, nachdem der Facharzt für Chirurgie Dr. I am 3. Juli 1981 und am 4. Januar 1982 eindeutig festgestellt hat, die Formveränderung des Knies sei auf eine etwa 25 Jahre zurückliegende Meniskusoperation zurückzuführen.
II. Auch den Angriffen der Revision gegen die Anwendung materiellen Rechts hält das Urteil des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis und weitgehend in der Begründung stand.
1. Die ordentliche Kündigung vom 28./30. Oktober 1982 ist durch Gründe in der Person bedingt und sozial gerechtfertigt.
Bei der Sozialwidrigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der durch das Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob das Landesarbeitsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (vgl. statt vieler BAG 1, 99, 102 = AP Nr. 5 zu § 1 KSchG; Urteil vom 10. November 1983 - 2 AZR 291/82 - AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, unter B I der Gründe). Nach diesem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Das Landesarbeitsgericht hat vielmehr unter Verweisung auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils zutreffend angenommen, vorliegend berechtige die krankheitsbedingte d a u e r n d e Unfähigkeit, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung als Transportarbeiter in der Montageabteilung des Betriebes zu erbringen, die Beklagte zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Hierbei handelt es sich nicht um eine Kündigung wegen Leistungsminderung infolge Krankheit, sondern um eine Kündigung wegen dauernder U n m ö g l i c h k e i t, die geschuldete Arbeitsleitung zu erbringen. Für die Lösung dieser Fallgestaltung bietet das Urteil vom 15. Februar 1984 (- 2 AZR 573/82 - EzA § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 15) den richtigen Ansatz zur Lösung (vgl. auch Senatsurteil vom 31. März 1983 - 2 AZR 384/81 - AuR 1984, 381, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt). In der Entscheidung vom 15. Februar 1984 hat der Senat darauf hingewiesen, das Arbeitsverhältnis sei ein Austauschverhältnis. Sei dieses Austauschverhältnis auf Dauer erheblich gestört, weil mit immer neuen beträchtlichen Fehlzeiten und entsprechenden Lohnfortzahlungen zu rechnen sei, könne eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein, weil dann die wirtschaftlichen Belastungen unter dem Gesichtspunkt einer ganz erheblichen Störung des Austauschverhältnisses von nicht absehbarer Dauer die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheinen lassen könnten. Ein Arbeitsverhältnis, bei dem feststeht, daß der Arbeitnehmer in Zukunft die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht mehr erbringen kann, ist schon aus diesem Grunde auf Dauer ganz erheblich gestört. Die auf das jeweilige Arbeitsverhältnis bezogene unzumutbare betriebliche Beeinträchtigung besteht darin, daß der Arbeitgeber damit rechnen muß, der Arbeitnehmer sei auf Dauer außerstande, die von ihm geschuldete Leistung zu erbringen. Vom Fehlen einer betrieblichen Beeinträchtigung könnte nur ausgegangen werden, wenn die Arbeitsleistung des Klägers für die Beklagte überhaupt keinen Wert gehabt hätte. Einen solch ungewöhnlichen Ausnahmetatbestand, der voraussetzen würde, der Arbeitgeber beschäftigte überflüssig Arbeitnehmer, muß der Arbeitnehmer vortragen. Das hat der Kläger vorliegend nicht getan. Es ergibt sich für eine derartige Personalpolitik der Beklagten auch kein Anhaltspunkt. Abgesehen davon läßt sich den Diagnosen der Ärzte, die den Kläger behandelt haben, entnehmen, daß auch in Zukunft bei Arbeitsversuchen mit immer neuen beträchtlichen Lohnfortzahlungen zu rechnen wäre, sind doch für die Arbeitsunfähigkeitszeiten mehrere unterschiedliche Abnutzungserscheinungen des Bewegungsapparates ursächlich.
3. Das Landesarbeitsgericht ist auch mit Recht davon ausgegangen, eine Weiterbeschäftigung des Klägers auf einem anderen Arbeitsplatz, die eine ordentliche Kündigung sozialwidrig erscheinen ließe (vgl. BAG Urteil vom 5. August 1976 - 3 AZR 110/75 - AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, unter II 3 c der Gründe; BAG 29, 49, 55 = AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; 33, 1, 12 = AP Nr. 6, aaO; Rost, Kündigung und Kündigungsschutz in der betrieblichen Praxis, 2. Aufl., III 2 g, S. 84 f.), sei nicht möglich gewesen. Insoweit ist es der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gefolgt, der Arbeitgeber genüge der ihm obliegenden Darlegungspflicht der Kündigungsgründe, zu der auch die fehlende Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz gehört, zunächst, wenn er behaupte, er habe keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit. Zu weitergehendem Vortrag hätte die Beklagte nur Anlaß gehabt, wenn der Kläger ausgeführt hätte, wie er sich eine Weiterbeschäftigung vorstellt, nicht aber, wenn er wie hier pauschal seine Weiterbeschäftigung aus Gründen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers fordert (BAG Urteil vom 5. August 1976, aaO, unter II 3 b; Urteil vom 3. Februar 1977 - 2 AZR 476/75 - AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, unter II 2 a der Gründe). Auch aus den beiden Arbeitsunfällen ergibt sich keine gesteigerte Versetzungspflicht oder gar eine Verpflichtung der Beklagten, für den Kläger einen neuen Arbeitsplatz einzurichten. Zwar hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, ob der Kläger oder die Beklagte die Unfälle zu vertreten hatte (vgl. dazu Lepke, Kündigung bei Krankheit, 6. Aufl., S. 18; Weller, Das Arbeitsrecht der Gegenwart, 1982, S. 77, 89). Darauf kommt es hier aber nicht an, weil die Arbeitsunfälle für die Leistungseinschränkung des Klägers nach den von dem Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Arbeitsgerichts, an die das Revisionsgericht mangels erfolgreicher Verfahrensrügen des Klägers gebunden ist, nicht ursächlich waren.
4. Die Revision rügt im Ergebnis auch zu Unrecht, das Landesarbeitsgericht habe die weiterhin gebotene Interessenabwägung nicht vorgenommen. Das Berufungsgericht hat anhand der Betriebszugehörigkeit des Klägers unter Berücksichtigung der Arbeitsunfälle, ihrer Folgen, der Krankengeschichte und ihrer Ursachen angenommen, die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger auf einen zu schaffenden Arbeitsplatz mit leichterer Arbeit weiterzubeschäftigen. Dabei hat es zwar das in der Regel zu beachtende Lebensalter des Klägers und dessen Unterhaltspflicht für den studierenden Sohn nicht berücksichtigt. Darauf kommt es aber vorliegend im Ergebnis nicht an. Welche Gesichtspunkte bei der Interessenabwägung als wesentlich zu berücksichtigen sind, richtet sich nach dem konkreten Einzelfall. Angesichts des hier zu beurteilenden Kündigungsgrundes handelt es sich bei den nicht berücksichtigten Umständen nicht um wesentliche Gesichtspunkte (BAG 29, 49, 54 f. = AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; BAG Urteile vom 26. Mai 1977 - 2 AZR 201/76 - AP Nr. 14 zu § 102 BetrVG 1972, unter II 4 der Gründe und vom 23. Juni 1983 - 2 AZR 15/82 - AP Nr. 10 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, unter B III 5 der Gründe; KR-Becker, 2. Aufl., § 1 KSchG Rz 216). Ist die Kündigung "an sich" personenbedingt, weil die Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer a u f D a u e r unmöglich geworden ist, kann die stets gebotene umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen nur in seltenen Ausnahmefällen zugunsten des Arbeitnehmers sich auswirken, etwa wenn der Arbeitnehmer aufgrund schwerwiegender persönlicher Umstände besonders schutzbedürftig und dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zuzumuten ist (BAG 32, 150, 158 = AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; Neumann, RdA 1979, 371, 373). Dabei kann in der Revisionsinstanz nur nachgeprüft werden, ob das Landesarbeitsgericht bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze von sachwidrigen Erwägungen ausgegangen ist (BAG Urteil vom 26. Mai 1979, aaO, unter II 3 d der Gründe; KR-Becker, aaO, § 1 KSchG Rz 216 a). Auch wenn man davon ausgeht, daß es ein über 50 Jahre alter Ausländer, der noch dazu Invalide ist, auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer haben wird und ihn eine Unterhaltspflicht für einen studierenden Sohn belastet, ist es nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Landesarbeitsgericht die Schaffung eines anderen geeigneten Arbeitsplatzes für den Kläger gleichwohl für unzumutbar gehalten hat.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Hillebrecht Triebfürst Dr. Weller
Jansen Dr. Bächle
Fundstellen