Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des Beihilfeanspruchs eines ehemaligen Arbeitnehmers während des Bezuges von Altersrente nach Altersteilzeit vor dem Renteneintritt. Sachgerechtigkeit einer Stichtagsregelung. Höhe des Beilhilfeanspruchs nach Altersteilzeit
Orientierungssatz
1. Der für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltende zweigliedrige Streitgegenstandsbegriff wird durch den gestellten Antrag und dem ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt. Er umfasst alle bei natürlicher Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten, vom Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens unterbreiteten Tatsachenkomplex gehörenden Tatsachen. Beklagtenvorbringen oder eigenes Verteidigungsvorbringen des Klägers gegenüber dem Beklagtenvortrag beeinflussen den Streitgegenstand nicht (Rn. 21).
2. Weder Art. 3 Abs. 1 GG noch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbieten Stichtagsregelungen als „Typisierungen in der Zeit” zur Abgrenzung begünstigter Personenkreise, obwohl das unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Die Wahl des Stichtags muss sich aber am gegebenen Sachverhalt orientieren und demnach sachlich vertretbar sein (Rn. 38).
3. Gewährt ein Arbeitgeber ausgeschiedenen Arbeitnehmern Beihilfe in Krankheits- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen „entsprechend den für aktive Arbeitnehmer geltenden Regelungen”, darf er die Beihilfe eines Rentners nicht allein deswegen anteilig kürzen, weil der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis vorausging (Rn. 36, 39).
4. § 37 TVöD-AT gilt nur für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und erfasst daher Beihilfeansprüche ausgeschiedener Arbeitnehmer nicht (Rn. 41).
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; AltersteilzeitG § 1 Abs. 1; ArbGG § 12a Abs. 1 S. 3; BGB §§ 280, 241 Abs. 2, § 249 ff.; GVG § 17b Abs. 2 S. 2; ZPO § 4 Abs. 1 Hs. 2, § 97 Abs. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 269 Abs. 3 S. 2, § 308 Abs. 1, § 561; Dienstrechtsmodernisierungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 2016 Art. 31; Gesetz über die Anwendung beamten- und besoldungsrechtlicher Vorschriften auf nichtbeamtete Angehörige des öffentlichen Dienstes (AbubesVG) i.d.F. vom 20. Dezember 2007 bzw. 21. April 2009 § 3; Gesetz über die Anwendung beamten- und besoldungsrechtlicher Vorschriften auf nichtbeamtete Angehörige des öffentlichen Dienstes (AbubesVG) i.d.F. vom 7. April 2017 § 2; Verordnung über Beihilfen in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfenverordnung NRW – BVO NRW) § 12; Verordnung über Beihilfen in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfenverordnung NRW – BVO NRW) § 13 Abs. 3; Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Geburts- und Krankheitsfällen an Tarifbeschäftigte (Beihilfenverordnung Tarifbeschäftigte – BVOTb NRW) §§ 1-5; Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen an Angestellte, Arbeiter und Auszubildende (BVO Ang); TVöD-AT § 37
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die Revision der Beklagten wird – unter ihrer Zurückweisung im Übrigen – die Kostenentscheidung in Ziffer 2 des Urteils des Landesarbeitsgerichts Köln vom 22. Dezember 2016 – 8 Sa 404/16 – teilweise aufgehoben. Das Urteil wird in Ziffer 1.2 klarstellend und hinsichtlich der Kostenentscheidung wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, bei der Berechnung der Beihilfe für nach dem 17. März 2016 entstandene Aufwendungen eine Kürzung wegen der Reduzierung des Arbeitszeitvolumens des Klägers in der Zeit vom 1. August 2009 bis zum 30. April 2011 aufgrund seines Altersteilzeitvertrags vorzunehmen.
Die Gerichtskosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger diejenigen der vormaligen Beklagten zu 1. (Stadt K) vollständig und die Beklagte diejenigen des Klägers zur Hälfte zu tragen. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten erster Instanz selbst.
Die durch die Anrufung des Verwaltungsgerichts Köln entstandenen Kosten fallen jedoch dem Kläger zur Last.
Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat die Beklagte zu tragen.
II. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der vom Kläger zu beanspruchenden Beihilfe während des Bezugs von Altersrente nach vorangegangener Altersteilzeit.
Der Kläger war seit dem 1. April 1978 als Sozialarbeiter in kommunalen Jugendeinrichtungen der Stadt K (vormalige Beklagte zu 1.) in Vollzeit beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis war kraft einzelvertraglicher Bezugnahme zuletzt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) anzuwenden. Aufgrund der Ausgliederung der kommunalen Jugendeinrichtungen auf die Beklagte mit Wirkung zum 1. Januar 1998 schlossen die Stadt K, die Beklagte und die Gewerkschaft KOMBA einen „Tarifvertrag zur Überleitung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der kommunalen Jugendeinrichtungen der Stadt K”. Nach § 2 dieses Tarifvertrags trat die Beklagte gemäß § 613a BGB in die Rechte und Pflichten aus den zum Zeitpunkt der Überleitung geltenden Arbeits- und Tarifverträgen ein. § 3 des Überleitungstarifvertrags enthielt ua. folgende Regelung:
„§ 3 |
Eintritt in bestehende Dienstvereinbarungen, über- und außertarifliche Regelungen und Dienstanweisungen |
Die Gesellschaft tritt in alle städtischen Dienstvereinbarungen, sowie alle über- und außertariflichen Regelungen in ihrer derzeitigen Fassung ein. Sollten diese Regelungen ergänzt, ersetzt oder aufgehoben werden, gilt dies ebenfalls für die Gesellschaft. Derartige Regelungen sind zum Beispiel: |
… |
2. |
Beihilfe. |
…” |
Unter den übergeleiteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern befand sich der Kläger. § 2 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 29. Januar 1998 bestimmt, dass sich das Arbeitsverhältnis auch „nach dem Überleitungstarifvertrag zum 01.01.1998” richtet. Der Kläger war fortan zu unveränderten Arbeitsbedingungen bei der Beklagten tätig.
Die Stadt K bzw. ab dem 1. Januar 1998 die Beklagte gewähren ihren Beschäftigten, so auch dem im Übrigen privat krankenversicherten Kläger, nach dem Gesetz über die Anwendung beamten- und besoldungsrechtlicher Vorschriften auf nichtbeamtete Angehörige des öffentlichen Dienstes (AbubesVG) vom 6. Oktober 1987 Beihilfen in Krankheitsfällen durch entsprechende Anwendung der für Landesbeamte geltenden Verordnung über Beihilfen in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfenverordnung NRW – BVO NRW) vom 5. November 2009 in der jeweils geltenden Fassung.
§ 2 AbubesVG idF vom 7. April 2017, der inhaltsgleich die seit dem 2. Januar 2008 bestehende Regelung des § 3 AbubesVG idF vom 20. Dezember 2007 bzw. vom 21. April 2009 übernahm, hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
„(1) |
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Dienst des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Beschäftigungsverhältnis vor dem 1. Januar 1999 begründet wurde, haben Anspruch auf Beihilfen in Krankheits- und Geburtsfällen nach den für Beamtinnen und Beamte geltenden Grundsätzen unter Berücksichtigung der Besonderheiten ihres Beschäftigungsverhältnisses. |
… |
|
(3) |
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit weniger als der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt sind, erhalten Beihilfe anteilig entsprechend ihrer arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit. |
(4) |
Die näheren Bestimmungen trifft das Finanzministerium durch Rechtsverordnung; …” |
§§ 2 ff. BVO NRW definieren die beihilfefähigen Aufwendungen, dh. die für eine Erstattung im Rahmen der Beihilfe in Betracht kommenden Aufwendungen in den gesetzlich definierten Beihilfefällen. In welchem Maß diese erstattet werden, ergibt sich aus dem sog. Bemessungssatz (§ 12 Abs. 1 BVO NRW). Dieser beträgt für den Kläger grundsätzlich 50 vH (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a BVO NRW), wobei er jedenfalls bis 31. Dezember 2017 eine Ermäßigung auf 40 vH hinnehmen musste (§ 12 Abs. 3 BVO NRW in der bis 31. Dezember 2017 gültigen Fassung).
Zum 1. Januar 2012 trat auf der Grundlage des § 3 Abs. 4 AbubesVG idF vom 21. April 2009 die Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Geburts- und Krankheitsfällen an Tarifbeschäftigte (Beihilfenverordnung Tarifbeschäftigte – BVOTb NRW) vom 30. November 2011 in Kraft. Sie gilt für nach dem 31. Dezember 2011 entstandene Aufwendungen und löst die Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen an Angestellte, Arbeiter und Auszubildende vom 9. April 1965 (BVO Ang) ab (§ 5 BVOTb NRW in der vom 1. Januar 2012 bis 30. Dezember 2016 gültigen Fassung).
§ 1 BVOTb NRW enthält auszugsweise folgende Regelung:
(1) Tarifbeschäftigte im Dienst des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, erhalten in Geburts- und Krankheitsfällen nach Maßgabe der §§ 2 bis 4 Beihilfen in entsprechender Anwendung der für Beamte geltenden Bestimmungen. Voraussetzung ist, dass ihr Arbeitsverhältnis vor dem 1. Januar 1999 begründet wurde und weiterhin ununterbrochen fortbesteht. Aufwendungen, die nach einer Unterbrechung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehen, sind nicht beihilfefähig.
(2) Für Tarifbeschäftigte, die mit weniger als der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt sind, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass die Beihilfe anteilig entsprechend der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit gezahlt wird. Dies gilt nicht für Tarifbeschäftigte, die auf Grund des § 6 Absatz 1 Nummern 2, 4, 5 und 6 und Absatz 2 SGB V versicherungsfrei sind.
…”
Ungeachtet des Umstands, dass Aufwendungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht beihilfefähig sind, gewährt die Stadt K unter bestimmten Voraussetzungen, ua. der Begründung des Arbeitsverhältnisses spätestens zum 28. April 1988, gemäß einem mehrfach geänderten Ratsbeschluss vom 30. April 1964, zuletzt idF vom 19. Dezember 2002, Beihilfen auch an ehemalige Angestellte und Arbeiter „entsprechend den für die aktiven Arbeitnehmer der Stadt K geltenden Rechtsvorschriften”. Ausweislich der Begründung zum Ratsbeschluss idF vom 29. September 1992 war „Intention …, die ausgeschiedenen Arbeitnehmer, denen keine Beihilfen zustehen, den aktiven Arbeitnehmern gleichzustellen”. Diese Ratsbeschlüsse wendet die Beklagte auf ihre Beschäftigten, die wie der Kläger die darin festgelegten Voraussetzungen erfüllen, an.
Nach dem Abschluss seit Juni 2009 geführter Verhandlungen vereinbarte der Kläger mit der Beklagten am 9. Juli 2009 einen Altersteilzeitvertrag. Dieser sah vor, dass das Arbeitsverhältnis ab dem 1. August 2009 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit der Hälfte der bisher vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit fortgesetzt wurde und der Kläger Entgelt nach Maßgabe der reduzierten Arbeitszeit sowie Aufstockungsleistungen erhielt. Er bekam während der Altersteilzeit wie bisher ungekürzte Beihilfe nach dem ihm jeweils zustehenden Bemessungssatz. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endete vereinbarungsgemäß mit Ablauf des 30. April 2011. Seitdem bezieht der Kläger Altersrente.
Die Beihilfekasse der Stadt K führt aufgrund einer Vereinbarung vom 29. Oktober 1998 die Beihilfesachbearbeitung für die aktiven und ehemaligen Arbeitnehmer der Beklagten als Serviceleistung durch. Erstmals für die dem Schreiben der Kasse vom 24. August 2012 zugrunde liegenden Aufwendungen in Krankheitsfällen reduzierte diese den Beihilfeanspruch des Klägers auf die Hälfte. Dem widersprach der Kläger nicht. Auch in der Folgezeit erhielt der Kläger wegen seiner reduzierten Arbeitszeit während der Altersteilzeit nur eine anteilige Erstattung. Dies betraf seine mit Schreiben der Beihilfekasse vom 13. Januar 2015, 5. März 2015, 4. Mai 2015, 18. Juni 2015 und 5. April 2016 abgerechneten und in den Zeiträumen 10. Dezember 2013 bis 17. März 2016 entstandenen Aufwendungen.
Mit der am 23. April 2015 beim Verwaltungsgericht K eingegangenen und an das Arbeitsgericht Köln verwiesenen, gegen die Stadt K gerichteten Klage hat der Kläger zunächst die Aufhebung ihrer „Beihilfebescheide” vom 13. Januar 2015 und 5. März 2015 sowie deren Verpflichtung begehrt, ihm die Beihilfe auf der Grundlage des für ihn geltenden Bemessungssatzes ungekürzt zu erstatten. Nach Erweiterung der Klage gegen die Beklagte hat der Kläger beantragt festzustellen, dass ihm 100 % der beihilfefähigen Aufwendungen zu erstatten seien. Sodann hat er seine Klage nochmals um einen Zahlungsanspruch bezüglich der bereits erhaltenen „Beihilfebescheide” vom 13. Januar 2015 erweitert. Schließlich hat er noch in der ersten Instanz die gegen die Stadt K gerichtete Klage zurückgenommen.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe ihm Beihilfe entsprechend des ihm zustehenden Bemessungssatzes ungekürzt unter Außerachtlassung seiner reduzierten Arbeitszeit während seiner Altersteilzeit zu gewähren. Die Altersteilzeit sei keine Teilzeitbeschäftigung iSd. § 1 Abs. 2 BVOTb NRW. Er sei nicht mit anderen Teilzeitbeschäftigten zu vergleichen. Die Reduzierung sei zudem verfassungswidrig und benachteilige ihn wegen seines Alters.
Nach nochmaliger Erweiterung des Zahlungsantrags im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 11. Juli 2016 um die den „Beihilfebescheiden” vom 5. März 2015, 4. Mai 2015, 18. Juni 2015 und 5. April 2016 zugrunde liegenden Aufwendungen beantragt der Kläger im Revisionsverfahren zuletzt,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 839,68 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, bei der Berechnung der Beihilfe für nach dem 17. März 2016 entstandene Aufwendungen eine Kürzung wegen der Reduzierung des Arbeitszeitvolumens des Klägers in der Zeit vom 1. August 2009 bis zum 30. April 2011 aufgrund seines Altersteilzeitvertrags vorzunehmen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kürzungsvorschrift des § 1 Abs. 2 BVOTb NRW gelte für den Kläger. Er werde gegenüber anderen Teilzeitbeschäftigten nicht benachteiligt, auch nicht wegen seines Alters. Erst durch die Ratsbeschlüsse der Stadt K werde er überhaupt den aktiven Arbeitnehmern gleichgestellt. Zudem seien die Zahlungsansprüche nach § 37 TVöD-AT verfallen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist weit überwiegend unbegründet. Die Beklagte darf die Beihilfe des Klägers nicht wegen seiner während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vom 1. August 2009 bis 30. April 2011 reduzierten Arbeitszeit anteilig herabsetzen. Sie ist deshalb verpflichtet, dem Kläger die Beihilfe entsprechend des für ihn jeweils geltenden Bemessungssatzes sowohl hinsichtlich der den Schreiben der Beihilfekasse vom 13. Januar 2015, 5. März 2015, 4. Mai 2015, 18. Juni 2015 und 5. April 2016 zugrunde liegenden, als auch für die danach entstandenen bzw. noch entstehenden beihilfefähigen Aufwendungen ungekürzt zu gewähren. Erfolg hat die Revision jedoch teilweise im Kostenpunkt.
I. Die Revision ist im Hinblick auf die Hauptsacheentscheidung unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zwar § 308 Abs. 1 ZPO verletzt. Die Entscheidung selbst stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
1. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist gegenstandslos, soweit es unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO den Anträgen auf der Grundlage einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten auch wegen schuldhafter Verletzung von Aufklärungspflichten stattgegeben hat. Eine solche war nicht Streitgegenstand.
a) Nach § 308 Abs. 1 ZPO ist ein Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Umgekehrt darf die beklagte Partei nicht zu etwas anderem verurteilt werden als zu dem, worauf sie ihre Verteidigung einrichten musste (BAG 14. September 2016 – 4 AZR 456/14 – Rn. 20). Ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (vgl. BAG 28. September 2016 – 7 AZR 128/14 – Rn. 69 mwN, BAGE 157, 44).
b) Der Gegenstand des Verfahrens bestimmt sich nach dem für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff durch den gestellten Antrag (Klageantrag) und dem ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund). Der Streitgegenstand erfasst alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht unterbreitet hat (BAG 20. Februar 2018 – 1 AZR 787/16 – Rn. 12). Das Vorbringen des Beklagten oder eigenes Verteidigungsvorbringen des Klägers gegenüber dem Beklagtenvortrag verändern den mit Antrag und Klagevorbringen festgelegten Streitgegenstand nicht (BAG 20. Februar 2018 – 1 AZR 787/16 – Rn. 12; 18. November 2014 – 1 AZR 257/13 – Rn. 15 mwN, BAGE 150, 50).
c) Der Kläger hat den vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung von Aufklärungspflichten, der bei natürlicher Betrachtungsweise einen eigenständigen Streitgegenstand bildet, nicht zur Entscheidung des Gerichts gestellt.
aa) Vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger nach seinen Anträgen und dem diesen zugrunde liegenden Lebenssachverhalt, so wie er ihn vorgebracht hat, ausschließlich einen Erfüllungsanspruch auf der Grundlage des Ratsbeschlusses der Stadt K iVm. den maßgeblichen Beihilfevorschriften der BVOTb NRW, des AbubesVG sowie der BVO NRW geltend gemacht. Der Kläger hat seine Anträge damit begründet, dass er aufgrund des gewählten Altersteilzeitmodells nicht teilzeitbeschäftigt iSd. maßgeblichen Beihilfevorschriften gewesen sei. Das Arbeitsgericht hat diese Klage als unbegründet abgewiesen.
bb) In seiner Berufungsbegründung hat der Kläger unter Gliederungspunkt II zwar ausgeführt, er sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass der Abschluss des Altersteilzeitvertrags zu einer dauerhaften Halbierung seines Beihilfeanspruchs führe. Es habe hierzu keine Gespräche gegeben. Der Kläger hat aber diesbezüglich ausdrücklich erklärt, dass er sich Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte insoweit vorbehalte.
cc) Damit hat der Kläger Schadensersatzansprüche wegen einer Verletzung vertraglicher Aufklärungspflichten gerade nicht zum Gegenstand seiner Klage gemacht. Er hat sie sich ausdrücklich nur „vorbehalten”, jedoch nicht in den Prozess eingeführt. Die Entscheidung hierüber wollte er erst zu einem späteren Zeitpunkt treffen. Auch auf den Vorhalt der Beklagten hin, er möge diese Ansprüche geltend machen, ein Schaden sei jedoch nicht ersichtlich, hat der Kläger keine Veranlassung gesehen, diesen eigenständigen Tatsachenkomplex zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens in den vorliegenden Rechtsstreit einzuführen. Der Schriftsatz des Klägers vom 9. November 2016 rechtfertigt keine andere Bewertung. Bei den dortigen Ausführungen zu Gesprächen zwischen den Parteien handelt es sich um den Streitgegenstand nicht berührendes Verteidigungsvorbringen gegenüber dem Beklagtenvortrag im Schriftsatz vom 19. September 2016.
d) Das Landesarbeitsgericht hat § 308 Abs. 1 ZPO verletzt, soweit es der Berufung tragend auch aufgrund eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht gemäß §§ 280, 241 Abs. 2, §§ 249 ff. BGB stattgegeben hat. Es hat dem Kläger damit einen Anspruch zugesprochen, den dieser nicht zur Entscheidung des Gerichts gestellt hat. Die Entscheidung ist insoweit gegenstandslos (BAG 28. September 2016 – 7 AZR 128/14 – Rn. 69, BAGE 157, 44).
e) Der Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO kann in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht dadurch geheilt werden, dass – wie hier vom Kläger begehrt – die Zurückweisung der Revision beantragt wird. Dies würde eine in der Revisionsinstanz unzulässige Antragsänderung oder -erweiterung ermöglichen (BAG 24. Oktober 2017 – 1 AZR 166/16 – Rn. 19).
2. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts unterliegt dennoch nicht der Aufhebung. Die Entscheidung selbst stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht der Berufung des Klägers auch auf der Grundlage des Ratsbeschlusses der Stadt K idF vom 19. Dezember 2002 iVm. § 3 Abs. 1 bzw. § 2 Abs. 1 AbubesVG, § 1 Abs. 1 BVOTb NRW iVm. § 12 BVO NRW stattgegeben. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf ungekürzte Beihilfe unter Berücksichtigung des für ihn jeweils maßgebenden Bemessungssatzes. Die Kürzungsvorschriften in § 3 Abs. 3 bzw. § 2 Abs. 3 AbubesVG sowie in § 1 Abs. 2 BVOTb NRW sind auf den Beihilfeanspruch des Klägers nicht anzuwenden.
a) Die Klage ist zulässig. Der Leistungsantrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Aus den vom Kläger vorgelegten Beihilfeschreiben der Beihilfekasse der Stadt K vom 13. Januar 2015, 5. März 2015, 4. Mai 2015, 18. Juni 2015 und 5. April 2016 ergeben sich die Aufwendungen, für die der Kläger Beihilfe beansprucht, sowie aus der Summe der darin aufgeführten Einzelbeträge die Höhe des begehrten Zahlungsbetrags. Der Feststellungsantrag ist in der gebotenen rechtsschutzgewährenden Auslegung (BAG 19. November 2015 – 6 AZR 559/14 – Rn. 16, BAGE 153, 271) zulässig. Mit diesem will der Kläger offensichtlich nicht erreichen, dass ihm die beihilfefähigen Aufwendungen in voller Höhe erstattet werden, was zu einer Überkompensation führen würde. Vielmehr soll, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat, festgestellt werden, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, bei der Berechnung der Beihilfe für Aufwendungen, die zeitlich vom Leistungsantrag nicht erfasst sind, weil sie nach dem 17. März 2016 entstanden sind, eine Kürzung wegen der Reduzierung des Arbeitszeitvolumens des Klägers aufgrund seiner Altersteilzeit vorzunehmen.
b) Mit diesem Verständnis ist die Klage begründet. Der Senat hat aus diesem Grund den Tenor des Berufungsurteils in Ziffer 1.2 klarstellend neu gefasst. Die Beklagte ist verpflichtet, die vom Kläger geforderten Differenzen zu zahlen und künftige Beihilfeansprüche nicht wegen der Reduzierung des Arbeitszeitvolumens aufgrund der Altersteilzeit zu kürzen. Das folgt aus dem Ratsbeschluss der Stadt K idF vom 19. Dezember 2002 iVm. § 3 Abs. 1 bzw. § 2 Abs. 1 AbubesVG, § 1 BVOTb NRW iVm. der BVO NRW. An diese Regelungen ist die Beklagte jedenfalls aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf den Überleitungstarifvertrag im Verhältnis zum Kläger gebunden (§ 2 des Arbeitsvertrags vom 29. Januar 1998 iVm. § 3 des Tarifvertrags zur Überleitung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der kommunalen Jugendeinrichtungen der Stadt K vom 9./11. September 1997, gültig ab 1. Januar 1998), was zwischen den Parteien unstreitig ist.
aa) Nach Absatz 1 des § 2 AbubesVG, in dem sich seit dem 1. Juli 2016 der Regelungsgehalt des bis dahin geltenden § 3 AbubesVG unverändert wiederfindet (Art. 31 des Dienstrechtsmodernisierungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 2016), haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Dienst der Gemeinden, deren Beschäftigungsverhältnis vor dem 1. Januar 1999 begründet wurde, Anspruch auf Beihilfen in Krankheitsfällen nach den für Beamtinnen und Beamte geltenden Grundsätzen unter Berücksichtigung der Besonderheiten ihres Beschäftigungsverhältnisses. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit weniger als der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt sind, erhalten Beihilfen anteilig entsprechend ihrer arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit (§ 3 Abs. 3 bzw. § 2 Abs. 3 AbubesVG). Wegen der näheren Bestimmungen wird in § 3 Abs. 4 bzw. § 2 Abs. 4 AbubesVG für nach dem 31. Dezember 2011 entstandene Aufwendungen auf die Beihilfenverordnung Tarifbeschäftigte (BVOTb NRW) verwiesen.
Gemäß § 1 Abs. 1 BVOTb NRW erhalten Tarifbeschäftigte im Dienst der Gemeinden in Krankheitsfällen nach Maßgabe der §§ 2 bis 4 BVOTb NRW Beihilfen in entsprechender Anwendung der für Beamte geltenden Bestimmungen. Voraussetzung ist, dass ihr Arbeitsverhältnis vor dem 1. Januar 1999 begründet wurde und weiterhin ununterbrochen fortbesteht. Aufwendungen nach einer Unterbrechung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind nicht beihilfefähig. § 1 Abs. 2 BVOTb NRW enthält eine § 3 Abs. 3 bzw. § 2 Abs. 3 AbubesVG entsprechende Kürzungsvorschrift für Teilzeitbeschäftigte.
bb) Ungeachtet des Umstands, dass nach § 1 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BVOTb NRW Aufwendungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht beihilfefähig sind, gewährt die Beklagte unter bestimmten Voraussetzungen an ehemalige Angestellte und Arbeiter Beihilfen „entsprechend den für die aktiven Arbeitnehmer der Stadt K geltenden Rechtsvorschriften”. Dies beruht auf dem von ihr anzuwendenden Ratsbeschluss der Stadt K in der zuletzt maßgeblichen Fassung vom 19. Dezember 2002. Mit diesem wie schon mit den zuvor geltenden Ratsbeschlüssen vom 30. April 1964, 28. April 1988 und 29. September 1992 intendierte die Stadt K, wie die Begründung zum Ratsbeschluss idF vom 29. September 1992 zeigt, die ausgeschiedenen Arbeitnehmer, denen an sich keine Beihilfen zustehen, den aktiven Arbeitnehmern gleichzustellen.
cc) Der Kläger hat Anspruch auf Beihilfe in Krankheitsfällen. Er erfüllt unstreitig sowohl die Voraussetzungen des Ratsbeschlusses der Stadt K idF vom 19. Dezember 2002, als auch diejenigen der maßgeblichen Beihilfevorschriften. Eine Kürzung der Beihilfe wegen der auf die Hälfte reduzierten Arbeitszeit des Klägers während seiner Altersteilzeit vom 1. August 2009 bis 30. April 2011 gemäß § 3 Abs. 3 bzw. § 2 Abs. 3 AbubesVG, § 1 Abs. 2 BVOTb NRW findet nicht statt. Das folgt zwar nicht schon aus der Unterausnahme des § 1 Abs. 2 Satz 2 BVOTb NRW, deren Voraussetzungen der Kläger nicht hinreichend dargelegt hat. Es ergibt sich aber aus der Auslegung des Ratsbeschlusses.
(1) Die BVOTb NRW und das AbubesVG regeln Beihilfeansprüche ausgeschiedener Arbeitnehmer nicht. Sie setzen ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraus, wie § 1 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BVOTb NRW sowie § 3 Abs. 1 bzw. § 2 Abs. 1 AbubesVG zeigen. Die Erstreckung auf ausgeschiedene Arbeitnehmer erfolgt erst durch die Ratsbeschlüsse der Stadt K, soweit das Arbeitsverhältnis bis zum 28. April 1988 begründet wurde. Diese bestimmen jedoch ihrerseits nicht ausdrücklich, wonach sich die Höhe der Beihilfe richtet, und sie enthalten keine eigenständige Kürzungsregelung für den Fall der Teilzeitarbeit. Insbesondere regeln sie nicht, dass sich die Höhe der Beihilfe für ausgeschiedene Arbeitnehmer, wie es die Beklagte annimmt und jedenfalls beim Kläger praktiziert, nach der zuletzt arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit richtet.
(2) Eine wortlautgetreue Anwendung der aufgrund des Ratsbeschlusses der Stadt K anzuwendenden Kürzungsregelung bei Teilzeit im AbubesVG und der BVOTb NRW liefe im Falle ausgeschiedener Arbeitnehmer daher leer, da sich für diese keine Arbeitszeit bestimmen ließe. Sinn und Zweck des Ratsbeschlusses rechtfertigen es jedoch grundsätzlich, hinsichtlich einer Kürzung auf die im aktiven Arbeitsverhältnis maßgebende Arbeitszeit abzustellen. Der Ratsbeschluss will eine Gleichstellung der ausgeschiedenen mit den aktiven Arbeitnehmern erreichen. Die ausgeschiedenen Arbeitnehmer sollen hinsichtlich der Beihilfe so gestellt werden, wie sie stünden, wenn sie noch aktive Arbeitnehmer wären, dh. aktiv am Erwerbsleben teilnehmen würden. Daraus folgt aber zugleich, dass ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis bei der Bestimmung der im aktiven Arbeitsverhältnis maßgebenden Arbeitszeit außer Betracht zu bleiben hat. Eine Altersteilzeit wird abgeschlossen, um dem Arbeitnehmer einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu ermöglichen (vgl. § 1 Abs. 1 AltersteilzeitG). Sie ist befristet, zielt auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab und wird vor diesem Hintergrund am Ende des Erwerbslebens abgeschlossen. Sie prägt dieses jedoch nicht. Daher sind Arbeitnehmer in Altersteilzeit nach ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bei der Berechnung der Beihilfe weiterhin mit vollzeitbeschäftigten aktiven Arbeitnehmern gleichzustellen, wenn sie wie der Kläger während des gesamten Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten bzw. der Stadt K mit Ausnahme der Altersteilzeit vollzeitbeschäftigt waren. Die im Rahmen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vereinbarte Arbeitszeit muss deshalb insoweit bei der Berechnung der Beihilfe für ausgeschiedene Arbeitnehmer außer Betracht bleiben. Eine anteilige Kürzung widerspräche der Intention des Ratsbeschlusses.
(3) Indem die Beklagte bei der Anwendung des Ratsbeschlusses der Stadt K iVm. der Kürzungsregelung in § 3 Abs. 3 bzw. § 2 Abs. 3 AbubesVG und § 1 Abs. 2 BVOTb NRW auf die im Arbeitsverhältnis zuletzt maßgebliche Arbeitszeit abstellt, misst sie diesen Bestimmungen zudem in sachlich nicht vertretbarer Weise die Bedeutung einer Stichtagsregelung bei.
(a) Dem Normgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG bzw. den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl das unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Stichtagsregelungen sind „Typisierungen in der Zeit”. Sie sind aus Gründen der Praktikabilität zur Abgrenzung der begünstigten Personenkreise grundsätzlich zulässig, wenn sich die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und demnach sachlich vertretbar ist (st. Rspr., vgl. BVerfG 27. Februar 2007 – 1 BvL 10/00 – zu C II 3 a der Gründe, BVerfGE 117, 272; zu Stichtagsregelungen in Tarifverträgen BAG 13. November 2014 – 6 AZR 1102/12 – Rn. 42, BAGE 150, 36).
(b) Das alleinige Abstellen auf die im Arbeitsverhältnis zuletzt maßgebliche Arbeitszeit für die Berechnung der Beihilfe nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist für die Anwendung des Ratsbeschlusses der Stadt K jedenfalls im Falle eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach vorheriger durchgehender Vollzeittätigkeit sachlich nicht vertretbar. Die Gruppenbildung der Beklagten verstößt deshalb gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz als Schranke der Rechtsausübung (vgl. dazu zuletzt BAG 21. Dezember 2017 – 6 AZR 790/16 – Rn. 31). Damit wird auf einen Zeitpunkt abgestellt, der nicht repräsentativ für die Frage ist, in welchem Umfang der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber während des Arbeitsverhältnisses seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat und deshalb wie ein vergleichbarer aktiver Arbeitnehmer weiterhin Beihilfe erhalten soll. Die Altersteilzeit betrifft im Vergleich zum gesamten Erwerbsleben, dass nach den Bestimmungen des Ratsbeschlusses mindestens seit 28. April 1988 zur Stadt K bzw. der Beklagten bestanden haben muss, nur einen vergleichsweise kleinen Zeitraum unmittelbar vor dem Übertritt in den Ruhestand. Dieser prägt die Zeit des aktiven Erwerbslebens nicht, auf die der Ratsbeschluss zum Zwecke der Gleichstellung Bezug nimmt. Er ist als Referenzzeitraum ungeeignet. Aufgrund der Gruppenbildung der Beklagten wird durch die lediglich für einen kurzen Zeitraum am Ende des Erwerbslebens vereinbarte Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses dauerhaft die Höhe der Beihilfe bestimmt, obwohl der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber weit überwiegend in Vollzeit zur Verfügung gestellt hat. Dies lässt sich mit dem dargestellten Zweck des Ratsbeschlusses nicht vereinbaren.
(c) § 3 Abs. 3 bzw. § 2 Abs. 3 AbubesVG, § 1 Abs. 2 BVOTb NRW gehen schließlich davon aus, dass die Kürzung der Beihilfe nur für den Zeitraum der Teilzeitbeschäftigung eintritt und bei einer Rückkehr zu Vollzeit die Beihilfe wieder ungekürzt zu zahlen ist. Der Arbeitnehmer verliert somit im Falle einer Teilzeit nicht zwingend dauerhaft seine Beihilfeansprüche. Auch die Altersteilzeit betrifft nur einen begrenzten Zeitraum, an dessen Ende allerdings nicht die Rückkehr in ein Vollzeitarbeitsverhältnis, sondern das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben steht. Dennoch ist die Altersteilzeit nicht prägend für das Erwerbsleben in dem Sinne, dass sie auch eine Kürzung der Beihilfeansprüche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses perpetuiert.
dd) Die vom Kläger erhobenen Beihilfeansprüche, denen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2011 entstandene Aufwendungen zugrunde liegen, sind nicht nach § 37 TVöD-AT verfallen. Diese Vorschrift findet neben der speziellen Vorschrift des § 13 Abs. 3 BVO NRW keine Anwendung (vgl. BAG 24. September 1992 – 6 AZR 307/91 – zu II 3 der Gründe mwN). Unabhängig davon erfasst § 37 TVöD-AT Beihilfeansprüche ausgeschiedener Arbeitnehmer nicht. Er gilt nach seinem Wortlaut nur für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, nicht aber für Ansprüche iVm. dem Arbeitsverhältnis. Beihilfeansprüche ausgeschiedener Arbeitnehmer entstehen erst zu einem Zeitpunkt, in dem zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr besteht (vgl. für Ruhegeldansprüche BAG 26. Mai 2009 – 3 AZR 797/07 – Rn. 39 f.; für ein tarifliches Übergangsgeld nach dem „Tarifvertrag über die Übergangsversorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Flugdatenbearbeiter im FVK” vom 7. Juli 1993 in der Neufassung vom 19. November 2004 BAG 15. Februar 2011 – 9 AZR 584/09 – Rn. 60 ff.).
ee) Der Kläger hat die Jahresfrist des § 13 Abs. 3 BVO NRW eingehalten. Dies lässt sich den Angaben in den vorgelegten Beihilfeberechnungen vom 13. Januar 2015, 5. März 2015, 4. Mai 2015, 18. Juni 2015 und 5. April 2016 zu Rechnungsdatum und Entstehen der Aufwendung entnehmen.
ff) Da die Kürzungsregelungen in § 3 Abs. 3 bzw. § 2 Abs. 3 AbubesVG, § 1 Abs. 2 BVOTb NRW die Altersteilzeit des Klägers nicht erfassen, braucht nicht entschieden zu werden, ob sie mit höherrangigem Recht vereinbar sind, insbesondere ob sie den Kläger unzulässig wegen seines Alters benachteiligen.
II. Begründet ist die Revision zu einem geringen Teil hinsichtlich der Kostenentscheidung. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht der Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Es hat zum einen unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger erstinstanzlich zur Kostentragung verpflichtet ist, soweit er seine Klage gegen die vormalige Beklagte zu 1. (Stadt K) zurückgenommen hat (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Zum anderen sind dem Kläger trotz seines Obsiegens in der Hauptsache die Kosten des Rechtsstreits insoweit aufzuerlegen, als sie durch die Anrufung des unzuständigen Verwaltungsgerichts Köln entstanden sind (§ 17b Abs. 2 Satz 2 GVG, § 12a Abs. 1 Satz 3 ArbGG).
III. Die Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO. Erfolglos iSd. Vorschrift ist ein Rechtsmittel auch dann, wenn es lediglich zu einer Änderung in einem Nebenpunkt (§ 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO) führt (Zöller/Herget ZPO 32. Aufl. § 97 Rn. 1). Dies betrifft ua. eine Abänderung der erst- oder zweitinstanzlichen Kostenentscheidung (BGH 11. Juni 1992 – I ZR 226/90 – zu II 3 der Gründe). Das war hier der Fall.
Unterschriften
Spelge, Krumbiegel, Heinkel, M. Geyer, Kohout
Fundstellen
Haufe-Index 11882421 |
FA 2018, 346 |
FA 2018, 347 |
NZA 2018, 1432 |
AP 2018 |
EzA-SD 2018, 12 |
RiA 2019, 19 |
AUR 2018, 438 |
ArbR 2018, 419 |