Zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung gehören nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Ergänzend hierzu bestimmt § 1 SvEV, welche Zuwendungen nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Hiernach gehören u. a. bestimmte Einnahmen, Beiträge und Zuwendungen nicht zum Arbeitsentgelt, sofern sie vom Arbeitgeber nach den Regelungen des Steuerrechts lohnsteuerfrei belassen oder pauschalbesteuert werden. Dies gilt für die in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 4 und 4a SvEV näher bezeichneten Einnahmen, Beiträge und Zuwendungen jedoch nur dann, wenn sie zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden.
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben sich mit dem Zusätzlichkeitserfordernis zuletzt in ihrer Besprechung über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 02./03.11.2010 hinsichtlich der Auswirkungen einer Umwandlung von Arbeitsentgelt bei Überlassung von Firmenfahrzeugen befasst (vgl. Punkt 6 der Niederschrift). Sie haben sich darauf verständigt, den Grundsätzen des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 02.03.2010 – B 12 R 5/09 R – (USK 2010-40) zu folgen. Danach ist die Wirksamkeit eines Entgeltverzichts bzw. einer Entgeltumwandlung beitragsrechtlich zu beachten, wenn der Verzicht bzw. die Umwandlung auf künftig fällig werdende Arbeitsentgeltbestandteile gerichtet und arbeitsrechtlich zulässig ist. Besondere Formerfordernisse werden für die Wirksamkeit einer Entgeltumwandlung nicht verlangt.
Obgleich das vorgenannte Besprechungsergebnis auf die Umwandlung von Arbeitsentgelt in beitragsrechtlich geringer zu bewertende Sachbezüge (Firmenwagenüberlassung) gerichtet war, ist daraus in der Praxis gefolgert worden, dass – über die beitragsrechtliche Beurteilung von Sachbezügen im Rahmen des § 3 SvEV hinaus – die Wirksamkeit eines Entgeltverzichts bzw. einer Entgeltumwandlung im Sinne der Erfüllung des Zusätzlichkeitserfordernisses für eine kompensierende Arbeitgeberleistung generell danach zu beurteilen ist, ob der Verzicht bzw. die Umwandlung auf künftig fällig werdende Arbeitsentgeltbestandteile gerichtet und arbeitsrechtlich zulässig ist.
Zwischenzeitlich hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteilen vom 19.09.2012 – VI R 54/11 und VI R 55/11 – zu Kinderbetreuungsleistungen im Sinne des § 3 Nr. 33 EStG, zur unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Personalcomputern, IT-Zubehör, Software und Internetnutzung im Sinne des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG und zu Fahrtkostenzuschüssen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Sinne des § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG entschieden, dass das Zusätzlichkeitserfordernis im Sinne des Steuerrechts nur bei freiwilligen Arbeitgeberleistungen erfüllt ist. Aus Sicht des BFH ist der "ohnehin geschuldete Arbeitslohn" der arbeitsrechtlich geschuldete Arbeitslohn. "Zusätzlich" zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn werden danach nur freiwillige Leistungen erbracht.
Die Finanzverwaltung folgt dieser Rechtsprechung, die gegenüber dem bisherigen Verständnis eine Verschärfung der Anforderungen an das Zusätzlichkeitserfordernis bedeutet hätte, jedoch nicht. Nach einem Nichtanwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 22.05.2013 (GZ: IV C 5 – S 2388/11/10001-02) gilt aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Kontinuität der Rechtsanwendung abweichend von der neuen BFHRechtsprechung das Tatbestandsmerkmal "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" weiterhin als erfüllt, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage einen Anspruch auf die zweckbestimmte Leistung hat. Nur Gehaltsumwandlungen sind danach (weiterhin) schädlich.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung erfüllt eine Vereinbarung über die Umwandlung von Arbeitsentgelt in steuerfreie oder pauschalbesteuerte Entgeltbestandteile aufgrund von im gegenseitigen Einvernehmen abgeschlossenen Änderungsverträgen oder einvernehmlichen Änderungskündigungen das Zusätzlichkeitserfordernis nicht. In seinem Nichtanwendungserlass vom 22.05.2013 weist das BMF daraufhin, dass Gehaltsumwandlungen das Zusätzlichkeitserfordernis nicht erfüllen. Dies wird auch in den BFH-Urteilen durch die Hinweise auf entsprechende Gesetzesbegründungen zum Zusätzlichkeitserfordernis bestätigt, wonach durch dieses Kriterium verhindert werden soll, dass regulärer Arbeitslohn in (z. B.) steuerfreie Zuschüsse umgewandelt wird.
Fraglich ist mithin, ob das Zusätzlichkeitserfordernis im Einkommensteuergesetz restriktiver auszulegen ist als im Sinne der Regelungen der Sozialversicherungsentgeltverordnung und ggf. ob für das Beitragsrecht der Sozialversicherung der Auslegung der Obersten Finanzbehörden der Länder und des BMF zu den in den Urteilen des BFH vom 19.09.2012 getroffenen Aussagen zum Zusätzlichkeitserfordernis ...