Zusammenfassung
Der Arbeitgeber ist für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen der bei ihm tätigen Arbeitnehmer verantwortlich. Die Gefährdungsbeurteilung ist ein wichtiger Schritt zur Einhaltung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes und es wird ermittelt, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Um diese Gefährdungen zu ermitteln, bietet es sich an, die Belegschaft um Auskunft zu fragen. Werden solche Belegschaftsbefragungen sinnvoll ein- und gut umgesetzt, bieten sie eine Rundumschau potenzieller Gefährdungen am Arbeitsplatz.
Die Belegschaftsbefragung ist gesetzlich nicht geregelt. Sie kann als Mittel der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Abs. 1 ArbSchG stattfinden. Da es sinnvoll ist, den Betriebsrat, wenn er vorhanden ist, einzubinden, sind Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nrn. 7, 14 BetrVG zu beachten. Auch datenschutzrechtlich ist die Belegschaftsbefragung nach § 26 BDSG als zulässiger Eingriff einzuordnen.
1 Die Belegschaftsbefragung als Mittel der Gefährdungsbeurteilung
Gesundheitliche Belastungen am Arbeitsplatz, sowie konkrete Gefährdungen durch Arbeitsabläufe sind immer dann gut einschätzbar, wenn sie sich beobachten lassen. Die visuelle Betrachtung von Maschinen oder der Umgang mit diesen, lässt zuverlässige Rückschlüsse auf potenzielle Gefährdungen zu. Problematisch wird die Gefährdungsbeurteilung jedoch dann, wenn Belastungen nicht offenkundig auftreten, was sowohl bei körperlichen als auch bei psychischen Belastungen der Fall sein kann. Gerade diesen Gefährdungssituationen ist durch geeignete Mittel entgegenzutreten. Darauf zu warten, dass entsprechende Belastungen sich in Krankheitsbildern manifestieren, um dann den Weg zur Ursache zurückzuverfolgen, ist grundsätzlich der falsche Weg. Ein guter Weg, diese Gefährdungen vorzeitig aufzuspüren, ist die Befragung der Beschäftigten.
Insbesondere psychische Belastungen finden überwiegend in der Eigenbeobachtung der Beschäftigten statt. Sie müssen, um eingrenzbar zu bleiben, durch eine Befragung sichtbar gemacht werden.
Die Corona-Pandemie hat das Mittel der mobilen Arbeit, insbesondere das Homeoffice, in der deutschen Arbeitswelt "hoffähig" gemacht, sodass auch in Nicht-Corona-Zeiten immer mehr Arbeitnehmer nicht mehr vor Ort arbeiten. Auch hier sind die Mittel des Arbeitsschutzes einzusetzen. Um aber überhaupt die Rahmenbedingungen dieser Arbeitsform einschätzen zu können, kann im Rahmen von Befragungen herausgefunden werden, unter welchen Bedingungen die Beschäftigten dort tätig sind.
1.1 Wer ist der Initiator?
Die Belegschaftsbefragung (auch Mitarbeiterbefragung genannt) ist gesetzlich nicht geregelt. Damit bleibt – bezogen auf reine Rechtsfragen – offen, wer sie initiiert, wie mit den Ergebnissen umzugehen ist und ob Arbeitnehmer überhaupt verpflichtet sind, an diesen teilzunehmen.
Arbeitgeber
Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitgeber jederzeit seine Mitarbeiter nach ihren Wünschen, ihrem Wohlbefinden, möglichen Kritikpunkten und der Arbeitszufriedenheit befragen kann und das aus seiner Fürsorgeverpflichtung heraus auch tun sollte. Bedenken sollte er aber, dass er bei dieser Maßnahme, erfolgt die Befragung nicht anonym, nach § 94 Abs. 1 BetrVG den Betriebsrat mitbestimmen lassen muss. Erfolgt dagegen – wie wohl in den meisten Fällen – eine anonyme Befragung, so liegt keine Mitbestimmung nach § 94 Abs. 1 BetrVG ("Personalfragebogen"), sondern eine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG (Arbeits- und Gesundheitsschutz), ggfs. auch nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG (Ausgestaltung mobiler Arbeit) vor. Besteht im Unternehmen also ein Betriebsrat, so ist dieser zwingend zu beteiligen. Andernfalls riskiert der Arbeitgeber, dass die Durchführung der Befragung schlimmstenfalls gerichtlich untersagt wird.
Betriebsrat
Es gerät gerne in Vergessenheit, dass die Mitbestimmungsrechte des § 87 Abs. 1 BetrVG nicht erst dann eingreifen, wenn der Arbeitgeber eine Maßnahme durchführen will und dazu der Zustimmung durch den Betriebsrat bedarf. Diese Mitbestimmungsrechte gewähren den Betriebsräten auch Initiativrechte, die es ihnen gestatten, "von sich aus" tätig zu werden. Dazu gehören auch Belegschaftsbefragungen im Rahmen der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG im Arbeits- und Gesundheitsschutz oder nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG (Ausgestaltung mobiler Arbeit).
Arbeitgeber und Betriebsrat
Legt man zugrunde, dass der Arbeitgeber eine Befragung ohne die Mitbestimmung des Betriebsrats nicht zuwege bringen kann, der Betriebsrat hingegen selbst initiativ werden kann, spricht viel dafür, gemeinsam vorzugehen. Die gemeinsame Vorgehensweise ist besonders unter dem Aspekt vorzugswürdig, als dass sie die Akzeptanz der Befragung und der daraus abgeleiteten Maßnahmen bei den Befragten dadurch erhöhen kann.
Sollen Befragungen in regelmäßigen Abständen stattfinden, empfiehlt es sich, die grundsätzliche Vorgehensweise im Rahmen einer Betriebsvereinbarung nach § 77 BetrVG zu regeln.
Dritte
Beschließt der Arbeitgeber, die Befragung durch Dritte, z. B. ein spezialisiertes Ingenieurbüro, den TÜV o. a. durchführen z...