Zusammenfassung
Hinter dem Arbeitsmodell "Crowdworking" steht das Konzept, dass Unternehmen einzelne Aufträge oder Projekte, wie beispielsweise Texterstellung, Datenrecherche, IT-Dienstleistungen, Design- oder andere Arbeitsleistungen, über Internet-Plattformen vergeben. Es kann sich aber auch um ortsgebundene Tätigkeiten handeln, wie Reinigungsdienste oder Personenbeförderung. Ein persönliches Kennenlernen ist nicht erforderlich. Begrifflich wird von Crowdworking oder auch Plattformarbeit gesprochen. "Crowd" deshalb, weil ein Unternehmen einen Auftrag im Netz anbietet und dann ein Dritter – im Prinzip irgendwo auf der Welt – diesen Auftrag ausführt. Das Konzept, das hinter Crowdworking steht, ist also die Vergabe von herkömmlichen unternehmensinternen Aufgaben und Projekten über Online-Plattformen an externe Arbeitskräfte, die diese Aufträge dann gegen Bezahlung durchführen. Bei der Plattform Clickworker sind beispielsweise über 6 Millionen Personen angemeldet. Crowdsourcing bietet Unternehmen die Möglichkeit einer digitalen Form des Outsourcings.
Arbeitsrecht: Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gem. BetrVG, ggf. soll eine Abgrenzung zum HAG vorgenommen werden; DSGVO; BDSG; Urheberrechtsgesetz; BAG, Urteil v. 1.12.2020,9 AZR 102/20, Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer und Selbstständigkeit.
Sozialversicherung: Beim Crowdworking wird meistens mit einem Werkvertrag gearbeitet. Da die plattformbasierte Arbeit jedoch völlig unterschiedliche Bereiche und Tätigkeiten betrifft, kommt es bei der rechtlichen Einordnung immer auf die einzelne Fallgestaltung an. Crowdworker sind daher nicht automatisch als Selbstständige einzuordnen. Es ist eine Abgrenzung vorzunehmen, ob im Einzelfall ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründet wurde. Hierfür sind die Vorschriften aus dem Sozialversicherungsrecht relevant, insbesondere § 7 SGB IV.
Arbeitsrecht
1 Abgrenzung: Arbeitnehmer oder Selbständiger
1.1 Arbeitnehmerstatus, § 7 SGB IV
Die wesentliche Frage bei einem Crowdworker ist, ob er als Selbstständiger zu klassifizieren ist. Hier werden grundsätzlich die Kriterien des § 7 Abs. 1 SGB IV herangezogen, die besagen, dass eine abhängige, also nichtselbstständige Beschäftigung vorliegt, wenn eine Tätigkeit
- nach Weisungen und
- eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers vorliegt.
Das Konzept des Crowdworking sieht vor, dass Aufträge ausgeführt werden, ohne dass ein Weisungsrecht diesbezüglich besteht und ohne, dass die Crowdworker in die Betriebsorganisation des Auftraggebers eingegliedert werden. Damit scheidet ein Arbeitsverhältnis in der Regel, jedoch nicht zwingend aus.
1.2 Entscheidung des BAG v. 1.12.2020
Zu der Frage, ob ein Crowdworker selbstständig tätig ist oder doch als Arbeitnehmer einzustufen ist, gibt es bisher nur vereinzelt höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Das BAG hat entschieden, das bei Crowdworkern nicht eine automatische Einstufung als Selbstständige vorliegt. Unter bestimmten Bedingungen sind Crowdworker – unabhängig von der Bezeichnung im Vertrag – als Arbeitnehmer anzusehen. Das BAG hat hier konkret darauf hingewiesen, dass die "Arbeitnehmereigenschaft" nach § 611a BGB davon abhängt, "dass der Beschäftigte weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit leistet. Zeigt die tatsächliche Durchführung eines Vertragsverhältnisses, dass es sich hierbei um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an. Die dazu vom Gesetz verlangte Gesamtwürdigung aller Umstände kann ergeben, dass Crowdworker als Arbeitnehmer anzusehen sind. Für ein Arbeitsverhältnis spricht, wenn der Auftraggeber die Zusammenarbeit über die von ihm betriebene Online-Plattform so steuert, dass der Auftragnehmer infolgedessen seine Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt nicht frei gestalten kann".
Arbeitnehmereigenschaft
Entscheidend für die Einstufung als Arbeitnehmer ist also, ob der Auftragnehmer in "arbeitnehmertypischer Weise weisungsgebundene und fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit" leistet.
In dem vom BAG zu entscheidenden Fall war der Crowdworker zwar vertraglich nicht zur Annahme von Angeboten des beklagten Unternehmens verpflichtet, allerdings war die Auftragsgestaltung so vom beklagten Unternehmen organisiert, dass der Crowdworker nur über eine bestimmte Anzahl jeweils fest vorgegebener Kleinstaufträge ein bestimmtes Verdienst-Level und damit erst zu einem höheren Stundenlohn "aufsteigen" konnte. Dieses "Anreizsystem" war dazu geeignet, dass der klagende Crowdworker "dazu veranlasst worden (sei), kontinuierlich Kontrolltätigkeiten zu erledigen".
Dieses Urteil hat die Wichtigkeit aufgezeigt, eine Prüfung und vor allem eine möglichst eindeutige Ermittlung der Umstände vorzunehmen, die für die Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit oder eben einer Einordnung als Arbeitnehmer wesentlich sind.
1.3 EU-Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformarbeitern
Damit zukünftig auch innerhalb der EU eine rechtssichere Einordnung von Plattformarbeit und damit auch Crowdworking für die Mitgliedstaaten erleichtert werde...