Crowdsourcing: Was Unternehmen rechtlich beachten müssen
Crowdsourcing, Crowdworking oder auch Plattformarbeit: Gemeint sind Tätigkeiten, die über Online-Plattformen vergeben werden. Das bietet Unternehmen die Möglichkeit einer digitalen Form des Outsourcings. Dabei werden einzelne Aufträge oder Projekte wie beispielsweise Texterstellung, Datenrecherche, IT-Dienstleistungen, Design- oder andere Arbeitsleistungen über Internet-Plattformen vergeben. So wird eine Vielzahl von Auftragnehmern, die sogenannten Plattformarbeiter oder Crowdworker, erreicht – und dies praktisch zeit- und grenzenlos. Da die plattformbasierte Arbeit jedoch völlig unterschiedliche Bereiche und Tätigkeiten betrifft, kommt es auch bei der rechtlichen Einordnung immer auf die einzelne Fallgestaltung an.
Crowdworking: Klare Regelungen statt arbeitsrechtlicher Grauzone
Das Arbeitsrecht hinkt bislang der raschen Entwicklung neuer, digitaler Arbeitsformen hinterher. Für viele Crowdworker, die über Plattformen Arbeitsleistungen übernehmen, ist Crowdworking die zweite Einkommensquelle neben der regulären Arbeit oder nur ein Nebenjob. Sie sind Arbeitnehmende, Studierende oder Schüler und Schülerinnen. Aber auch die Auftragsvergabe an hauptberufliche Freelancer erfolgt immer häufiger auf diesem Wege.
Die Mehrheit der Menschen in der EU, die Arbeitsleistungen über ein automatisiertes System erbringen – darunter Beschäftigte von Taxiunternehmen und Lebensmittelzustelldiensten sowie Hausangestellte – sind derzeit der Form nach selbstständig. Von vielen von ihnen wird jedoch verlangt, dass sie dieselben Regeln und Beschränkungen einhalten wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Für mehr Schutz vor einer falschen Einstufung der Plattformbeschäftigten soll die am 1. Dezember 2024 in Kraft getretene EU-Richtlinie für Plattformarbeit, sorgen. Sie enthält Vorgaben zur Bestimmung des korrekten Beschäftigungsstatus von Menschen, die für digitale Plattformen arbeiten, sowie Regelungen für die Verwendung algorithmischer Systeme am Arbeitsplatz.
Sind Crowdworker selbstständig oder Arbeitnehmer?
Crowdworker werden bisher vielfach nicht als Arbeitnehmende, sondern als Selbstständige eingestuft. Sie werden auf der Grundlage von Werk- oder Dienstverträgen tätig. Für sie gelten demnach weder der gesetzliche Mindestlohn noch Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen oder ein Kündigungsschutz.
Davon ausgenommen ist das sogenannte "interne Crowdsourcing", bei dem Unternehmen einzelne Projekte intern von Mitarbeitenden durchführen lassen. Hier behalten diese den Arbeitnehmerstatus.
In einer ersten wichtigen Crowdworker-Entscheidung vom 1. Dezember 2020 hat das BAG deutlich gemacht, dass digitale Crowdworker nicht immer selbstständig sein müssen, sondern unter Umständen auch als Arbeitnehmende anzusehen sind.
Die neuen EU-Vorschriften zur Plattformarbeit enthalten eine wirksame, widerlegbare gesetzliche Beschäftigungsvermutung. Das Verhältnis zwischen einer digitalen Plattform und einer Person, die Plattformarbeit leistet, wird rechtlich als Arbeitsverhältnis angesehen, wenn gemäß den nationalen Rechtsvorschriften, Kollektiv- bzw. Tarifverträgen oder den Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten Tatsachen, die auf Kontrolle und Steuerung hindeuten, festgestellt werden. Für die Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie in nationales Recht gilt eine Frist bis zum 2. Dezember 2026.
Rechtsbeziehung zwischen Unternehmen, Plattform und Crowdworker
Wie ist nun also die rechtliche Beziehung zwischen Unternehmen und Crowdworkern einzustufen? Grundsätzlich kommt es bei der Frage darauf an, wem die ausgeführte Arbeitsleistung geschuldet ist. Der Crowdworker kann entweder für die Plattform tätig werden oder für den Auftraggeber, also das Unternehmen direkt. In den überwiegenden Fällen kommt eine Vertragsbeziehung zwischen der Online-Plattform und dem Crowdworker, der den Auftrag übernimmt, zustande. Plattformen handhaben dies jedoch unterschiedlich. Einzelne legen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) fest, dass sie nur als Vermittler die technische Infrastruktur stellen. In diesen Fällen besteht zwischen Auftraggeber und Crowdworker ein eigenes Rechtsverhältnis.
Scheinselbstständigkeit im Blick behalten
Auch in Deutschland wird es voraussichtlich künftig eine Regelung geben, die eine Vermutung für ein Beschäftigungsverhältnis vorsieht, welche Plattformanbieter dann widerlegen müssen. Eine abschließende Einordnung, ob Crowdworker selbstständig oder abhängig beschäftigt sind, muss sich dennoch immer am Einzelfall orientieren. Zu sehr unterscheiden sich die jeweiligen Plattformen, Tätigkeiten (Gigwork oder Clickwork, einfache Aufgaben oder spezialisierte Tätigkeiten) sowie die rechtliche Ausgestaltung der Zusammenarbeit.
Unternehmen, die Crowdworker beauftragen, sollten sich der Gefahr der Scheinselbstständigkeit und der damit verbundenen Möglichkeit abhängiger Arbeitsverhältnisse bewusst sein. Insbesondere sollten Crowdworker nicht weisungsgebunden und in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingebunden sein. (Mehr dazu lesen Sie in unserem Top-Thema "Scheinselbstständigkeit").
Crowdsourcing: Geheimnisschutz, Datenschutz, Urheberrecht
Unternehmen sollten bei der Ausgliederung von zeitlich begrenzten Projekten an externe Crowdworker zudem darauf achten, dass der Schutz von Betriebsgeheimnissen und immateriellem Eigentum gewahrt bleibt. Ebenso sind datenschutzrechtliche Bedenken im Vorhinein zu klären. Wesentlich ist es ebenfalls, darauf zu achten, von den Urhebern alle erforderlichen Rechte eingeräumt zu bekommen. Zudem sollten im Vorhinein wesentliche Fragen zur Haftung geklärt werden, also wer im Falle einer Rechtsverletzung durch den Crowdworker haften muss.
Crowdsourcing interessiert auch den Betriebsrat
Wenn der Arbeitgeber Arbeitsabläufe verändert, hat der Betriebsrat gemäß § 90 Abs.1 BetrVG ein Unterrichtungs- und Beratungsrecht. Wenn Unternehmen also planen, externes Crowdworking zu nutzen, muss der Betriebsrat darüber informiert werden. Darüber hinaus steht dem Betriebsrat dann auch ein Beratungsrecht zu.
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