EU-Richtlinie Plattformarbeit kommt doch

Eine neue EU-Richtlinie zur Plattformarbeit solle Beschäftigten digitaler Plattformen zu mehr Arbeitnehmerrechten verhelfen. Nach einigen Schwierigkeiten haben die Mitgliedstaaten den EU-Plänen nun doch noch zugestimmt.

Uber, Lieferando und Co: Immer mehr Menschen arbeiten für digitale Plattformen. In der Europäischen Union sind es rund 28 Millionen. Ihre Rechte und ihr Beschäftigtenstatus sind oftmals unklar. Die EU-Kommission hat deshalb einen Vorschlag für eine EU-Richtlinie vorgelegt, deren Ziel es ist, menschenwürdige Arbeitsbedingungen für all diejenigen zu gewährleisten, die ihr Einkommen aus der Arbeit für Online-Dienste beziehen. 

Auf die Plattformarbeitsrichtlinie hatten sich das EU-Parlament und der Rat der EU eigentlich verständigt. Kurze Zeit sah es so aus, als würde das Vorhaben scheitern, da es bei einer Abstimmung der Mitgliedsstaaten am 16. Februar 2024 nicht die notwendige Mehrheit erhielt. Unter anderem die Bundesregierung hatte sich bei der Abstimmung enthalten. Am 12. März gab es doch noch eine Einigung für die geplanten Regelungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten. Was ist geplant?

Selbstständigkeit oder abhängige Beschäftigung?

Wer für Online-Plattformen arbeitet, wird oft fälschlicherweise als selbstständig eingestuft. In einzelnen Mitgliedstaaten haben Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bereits ihren Beschäftigtenstatus klären lassen. So auch in Deutschland: In einem ersten Urteil hatte das BAG einen Crowdworker als Arbeitnehmer eingestuft, der per App Aufträge zur Warenkontrolle erhielt.

Kriterien für Beschäftigtenstatus bei der Plattformarbeit

Mit der neuen EU-Richtlinie soll verhindert werden, dass Plattformbeschäftigte in der Scheinselbstständigkeit landen. Um das Machtungleichgewicht zwischen der Plattform und der Person, die für sie arbeitet, zu korrigieren, verpflichtet die Richtlinie die EU-Länder, auf nationaler Ebene eine widerlegbare rechtliche Vermutung der Beschäftigung zu etablieren. Vorgesehen ist, dass grundsätzlich ein Arbeitsverhältnis vermutet wird, wenn beispielsweise Kontrolle und Weisung gegeben sind, wobei die Mitgliedstaaten die Kriterien festlegen sollten. Die Beweislast soll bei der Plattform liegen, sie muss also nachweisen, dass es sich bei dem Vertragsverhältnis nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt. 

Richtline sollte für mehr Transparenz bei Algorithmen sorgen

Wer für eine digitalen Plattform tätig ist, erhält Aufträge oftmals einzig und allein über eine App. Hier solle die neue Richtlinie mehr Transparenz darüber bringen, welche Algorithmen der Beauftragung zugrunde liegen. Die neuen Regeln sollen sicherstellen, dass eine Person, die Plattformarbeit leistet, nicht aufgrund einer Entscheidung eines Algorithmus oder eines automatisierten Entscheidungssystems entlassen oder entlassen werden kann. Es muss gesichert sein, dass Plattformen gewährleisten, dass wichtige Entscheidungen, die sich direkt auf die Personen auswirken, die auf der Plattform arbeiten, der menschlichen Kontrolle unterliegen.

Darüber hinaus sollte digitalen Arbeitsplattformen die Erfassung personenbezogener Daten erschwert werden. Daten über den emotionalen oder psychischen Zustand einer Person zu verarbeiten oder KI-Tools zu nutzen, um beispielsweise vorherzusagen, ob Arbeitnehmer einer Gewerkschaft beitreten oder in einen Streik treten wollen, werden verboten.

Persönliche Ansprechpartner für Plattformarbeitende

Die neue Richtlinie soll zudem für einen besseren sozialen Dialog zwischen den Plattformbetreibern und den für sie tätigen Menschen sorgen. Es sind unter anderem persönliche Ansprechpartner für die Plattformtätigen vorgesehen. Die Plattformen werden aufgefordert, Kommunikationskanäle einzurichten, damit Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und ihre Vertreter sich organisieren können.

Datenaustausch bei grenzüberschreitender Plattformarbeit

Der digitale Dienstleister befindet sich oft in einem EU-Mitgliedsstaat, während die Kuriere oder digital Arbeitenden auch von anderen EU-Staaten aus tätig werden. Die Richtlinie plant die Durchsetzung und Rückverfolgbarkeit der Plattformarbeit zu verbessern, insbesondere in grenzüberschreitenden Situationen, indem sie Plattformen verpflichtet, die Arbeit in dem Land zu melden, in dem sie stattfindet.

Die Richtlinie soll den Plattformen die Pflicht auferlegen, ihre Arbeit zu melden und den nationalen Behörden Informationen über ihre Aktivitäten und die für sie arbeitenden Personen zur Verfügung zu stellen. Dies soll es den Mitgliedstaaten ermöglichen, sich ein klareres Bild von der Zahl der Plattformarbeiter und ihrer Situation zu machen, und die nationalen Behörden in die Lage versetzen, bestehende Verpflichtungen der Plattformen, einschließlich derjenigen im Zusammenhang mit Sozialversicherungsbeiträgen, durchzusetzen.

EU-Richtlinie zur Plattformarbeit: Wie geht es weiter?

Der Text der Einigung muss nun in allen EU-Amtssprachen abschließend überarbeitet und von beiden Organen förmlich angenommen werden.

Wenn die förmlichen Schritte des Annahmeverfahrens abgeschlossen sind, haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Bestimmungen der Richtlinie in ihr nationales Recht umzusetzen.


Das könnte Sie auch interessieren:

Crowdsourcing im Unternehmen einsetzen: ein Überblick

Crowdsourcing: Was Unternehmen rechtlich beachten müssen



Schlagworte zum Thema:  EU-Richtlinie, Crowdworking, Arbeitnehmer