[1] Ein Schwangerschaftsabbruch ist zwar rechtswidrig, aber nicht strafbar, wenn die Schwangere den Abbruch verlangt und der Ärztin bzw. dem Arzt durch die Bescheinigung einer anerkannten Konfliktberatungsstelle nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen, der Abbruch von einer Ärztin bzw. einem Arzt vorgenommen wird und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind (§ 218a Abs. 1 StGB).
[2] Die Beratung dient nach § 219 StGB dem Schutz des ungeborenen Lebens und hat sich von dem Bemühen leiten zu lassen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen. Sie soll ihr helfen, eine verantwortliche und gewissenhafte Entscheidung zu treffen. Dabei muss der Frau bewusst sein, dass das Ungeborene in jedem Stadium der Schwangerschaft auch ihr gegenüber ein eigenes Recht auf Leben hat und dass deshalb nach der Rechtsordnung ein Schwangerschaftsabbruch nur in Ausnahmesituationen in Betracht kommen kann, wenn der Frau durch das Austragen des Kindes eine Belastung erwächst, die so schwer und außergewöhnlich ist, dass sie die zumutbare Opfergrenze übersteigt. Die Beratung soll durch Rat und Hilfe dazu beitragen, die in Zusammenhang mit der Schwangerschaft bestehende Konfliktlage zu bewältigen und einer Notlage abzuhelfen. Das Nähere regelt das SchKG. Dort ist vorgeschrieben (§ 5 Abs. 1), dass die nach § 219 StGB notwendige Beratung ergebnisoffen zu führen ist. Die Beratung geht von der Verantwortung der Frau aus und soll ermutigen und Verständnis wecken, nicht belehren oder bevormunden. Die Beratungsstelle hat gemäß § 7 Abs. 1 SchKG nach Abschluss der Beratung der Schwangeren eine mit Namen und Datum versehene Bescheinigung darüber auszustellen, dass eine Beratung nach den §§ 5 und 6 SchKG stattgefunden hat. Obwohl nach § 6 Abs. 2 SchKG die Schwangere auf ihren Wunsch gegenüber der sie beratenden Person anonym bleiben kann, setzt die Vornahme des Abbruchs der Schwangerschaft voraus, dass der Ärztin bzw. dem Arzt eine personifizierte Bescheinigung über die Beratung vorgelegt wird.
[3] Die Ausstellung der Beratungsbescheinigung darf nicht verweigert werden, wenn durch eine erforderliche Fortsetzung des Beratungsgesprächs die Beachtung der in § 218a Abs. 1 StGB vorgesehenen Fristen unmöglich werden könnte (§ 7 Abs. 3 SchKG).
[4] Die Länder müssen nach § 8 SchKG ein "ausreichendes plurales Angebot wohnortnaher Beratungsstellen" sicherstellen. Diese Beratungsstellen bedürfen besonderer staatlicher Anerkennung. Als Beratungsstellen können auch Einrichtungen freier Träger und Ärztinnen bzw. Ärzte anerkannt werden. Die Anerkennung der Beratungsstelle setzt voraus, dass diese eine fachgerechte Konfliktberatung bietet (§ 9 SchKG). Ärztinnen bzw. Ärzte, die den Abbruch der Schwangerschaft vornehmen, können nach § 219 Abs. 2 StGB nicht die Beratung vornehmen.