Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Anfechtung der Entsendung von (Gemeinschafts-)Betriebsratsmitgliedern in den Gesamtbetriebsrat durch den Arbeitgeber
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber kann in entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG die Entsendung von (Gemeinschafts-)Betriebsratsmitgliedern in den Gesamtbetriebsrat nach § 47 Abs. 2 BetrVG anfechten.
Bei der Anfechtung durch den Arbeitgeber ist die Zwei-Wochen-Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG einzuhalten; für den anfechtungsbefugten Arbeitgeber tritt anstelle der Bekanntgabe des Wahlergebnisses der Zeitpunkt der Möglichkeit einer Kenntniserlangung über die Entsendung in den Gesamtbetriebsrat.
Normenkette
BetrVG § 19 Abs. 1 analog, § 47 Abs. 2, § 19 Abs. 2 analog
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 07.01.2016; Aktenzeichen 19 BV 536/15) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 7. Januar 2016 - Aktenzeichen 19 BV 536/15 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Entsendung von unternehmensfremden Gemeinschaftsbetriebsratsmitgliedern in den bei der Beteiligten zu 1) gebildeten Gesamtbetriebsrat.
Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) ist eine Frachtfluggesellschaft, die Fracht im Auftrag der A Inc. transportiert und damit zusammenhängende Arbeiten erbringt. Unternehmenssitz ist der B-Flughafen in C.
Beteiligter zu 2) ist der für die Betriebe der Beteiligten zu 1) gewählte Gesamtbetriebsrat (nachfolgend Gesamtbetriebsrat).
Der Beteiligte zu 3) ist der für den Gemeinschaftsbetrieb am Flughafen D gewählte Betriebsrat (nachfolgend Gemeinschaftsbetriebsrat). Zum Gemeinschaftsbetrieb gehören die A Deutschland GmbH (ca. 530 Mitarbeiter), die A Köln GmbH (ca. 114 Mitarbeiter) und die Beteiligte zu 1) am Standort D-Flughafen (ca. 30 Mitarbeiter). Der Gemeinschaftsbetriebsrat besteht aus 11 Mitgliedern; sämtliche Mitglieder sind Arbeitnehmer der A Deutschland GmbH und der A Köln GmbH.
Die Beteiligten zu 4), 5) und 6) sind Mitglieder des Gemeinschaftsbetriebsrats. Die Beteiligten zu 4) und zu 5) stehen in einem Arbeitsverhältnis zur A Köln GmbH; der Beteiligte zu 6) ist Arbeitnehmer der A Deutschland GmbH.
Der Gesamtbetriebsrat besteht aus vier Mitgliedern, nämlich zwei Mitgliedern der Beteiligten zu 1) sowie zwei weiteren Mitgliedern des Gemeinschaftsbetriebsrats.
Der Personalleiter der Beteiligten zu 1) E übt die Funktion des Personalleiters auch für die am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmen aus. Bei sämtlichen A-Gesellschaften ist es üblich, sich mit Vornamen anzureden.
In der Sitzung des Gemeinschaftsbetriebsrats am 9. Juli 2015 wurde im Wege der Mehrheitswahl beschlossen, das Gemeinschaftsbetriebsratsmitglied F und den Beteiligten zu 4) als ständige Mitglieder und als Ersatzmitglieder den Beteiligten zu 5) und den Beteiligten zu 6) in den Gesamtbetriebsrat zu entsenden; auf den Auszug aus dem Sitzungsprotokoll (Bl. 85, 86 d.A.) wird Bezug genommen. Am selben Tag übersandte die stellvertretende Vorsitzende des Gemeinschaftsbetriebsrats an den Personalleiter E eine E-Mail (Bl. 87 d.A.) sowie über den Verteiler "Cc: CGNH-GLBR; cgnhu-br" an die Senior Manager des Gemeinschaftsbetriebes G, H und J. Hinsichtlich der Eintragung von deren Gesamtprokura im Handelsregister wird auf den Handelsregisterauszug vom 18. September 2015 (Bl. 112, 113 d.A.) Bezug genommen. In dieser E-Mail ist der Betreff "RE: aktualisierte Liste der BR Mitglieder nach Neuwahl des BR Vorsitz" aufgenommen. Der E-Mail beigefügt war eine komplette Liste der BR-Ausschüsse mit den entsprechenden Vornamen der genannten Personen (Bl. 89 d.A.). Bei der Spalte GBR waren die Vornamen "F" und "K" als Ersatz "L" und "M" aufgenommen.
Mit weiterer E-Mail vom 13. Juli 2015 (Bl. 22 d.A.) informierte der stellvertretende Gesamtbetriebsratsvorsitzende F die damalige HR-Managerin N über die Neubesetzung des GBR, ebenfalls unter Nennung der Vornamen. Als Verteiler waren in der E-Mail genannt: "...K; F; ....; L; M".
Der Personalleiter E forderte den Vorsitzenden und die stellvertretende Vorsitzende des Gemeinschaftsbetriebsrats mit E-Mail vom 30. Juli 2015 (Bl. 24 d.A.) auf, nur solche Betriebsratsmitglieder in den Gesamtbetriebsrat zu entsenden, die ein Beschäftigungsverhältnis mit der Beteiligten zu 1) haben.
Mit dem am 3. August 2015 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen Antrag hat die Beteiligte zu 1) die Entsendung der Gemeinschaftsbetriebsratsmitglieder K, M und L - der Beteiligten zu 4), 5) und 6) - gemäß § 19 BetrVG analog angefochten.
Die Beteiligte zu 1) hat die Ansicht vertreten, die Entsendung der unternehmensfremden Gemeinschaftsbetriebsratsmitglieder in den Gesamtbetriebsrat sei rechtsunwirksam. Sie sei antragsbefugt. Der Antrag sei auch fristgerecht innerhalb von zwei Wochen eingegangen.
Weiter sei die Zusammensetzung des Gesamtbetriebsrates rechtsfehlerhaft und damit unwirksam erfolgt. Es hätten n...