Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilzeit. Begründetes Verlangen auf Arbeitszeitreduzierung und Neuverteilung. Begründetheit eines Teilzeitverlangens
Leitsatz (redaktionell)
Liegen die allgemeinen Voraussetzungen des § 8 TzBfG vor, so hat der Arbeitgeber einem Teilzeitverlangen eines Arbeitnehmers zuzustimmen, sofern dem Verteilungswunsch keine betrieblichen Gründe entgegen stehen.
Normenkette
TzBfG § 8
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 24.06.2011; Aktenzeichen 17 Ca 2026/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Berufung m Übrigen wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 24. August 2011, 17 Ca 2026/11, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, einer Reduzierung der jährlichen Arbeitszeit des Klägers um 29,59% auf 70,41% der regelmäßigen Vollarbeitszeit durch Freistellung an 9 Arbeitstagen
- in geraden Monaten (Februar, April, Juni, August, Oktober, Dezember) an den jeweils letzten 9 Tagen
- in ungeraden Monaten (Januar, März, Mai, Juli, September, November) an den jeweils ersten 9 Tagen
ab dem 01. Januar 2012 zuzustimmen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Arbeitszeitreduzierung. Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 218 bis 219R d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat der Klage durch am 24. August 2011 verkündetes Urteil, 17 Ca 2026/11, stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der im September 2010 gestellte Verringerungsantrag führe nicht zu einer Sperrwirkung nach § 8 Abs. 6 TzBfG. Denn es habe sich nicht um ein Verringerungsverlangen nach § 8 TzBfG gehandelt, sondern um einen Antrag auf befristete Arbeitszeitreduzierung für das Jahr 2011. Der Kläger sei auch nicht mit seinem Antrag ausgeschlossen, weil die Beklagte diesen Antrag angenommen und im September 2010 mit ihm einen Vertrag über eine befristete Arbeitszeitreduzierung für das Jahr 2011 abgeschlossen habe. Die Anwendung des § 8 TzBfG werde nicht durch die Möglichkeit verdrängt, den Verringerungsanspruch nach § 15 BEEG während der Gesamtdauer der Elternzeit in Anspruch zu nehmen. Die vom BAG für die Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit vorgenommene Differenzierung müsse erst recht gelten, wenn der Kläger sich überhaupt nicht in gesetzlicher Elternzeit nach dem BEEG befinde, sondern Elternzeit bzw. Elternteilzeit aufgrund einer betrieblichen Regelung in Anspruch nehme. Die auf dieser Grundlage erfolgte Vereinbarung der befristeten Verringerung der Arbeitszeit für das Jahr 2011 bewirke allerdings, dass der Kläger sich für die Zeit vom 01. April 2011 bis 31. Dezember 2011 nicht auf eine Verringerung nach § 8 TzBfG mit einer bestimmten Festlegung seiner freien Tage berufen könne. Die Beklagte habe auch dem Verringerungs- und Neuverteilungsverlangen entgegenstehende betriebliche Gründe nicht hinreichend dargelegt. Ihre Ausführungen würden sich dem Grunde nach nur auf das Neuverteilungsverlangen beziehen. Dass dem Verringerungsverlangen des Klägers selbst keine betrieblichen Gründe von hinreichendem Gewicht entgegenstünden, folge schon daraus, dass eine Arbeitszeitverringerung auf 70,41 % mit dem Kläger schon seit 2007 praktiziert werde. Soweit die Beklagte darauf abstelle, aufgrund des Teilzeitbegehrens des Klägers würden die von ihr vorgehaltenen Beschäftigungsjahre für die monatsreduzierte Teilzeit überschritten werden, sei nicht konkret vorgetragen, dass die Verringerung der Arbeitszeit des Klägers (und auch deren Neuverteilung) die Neueinstellung eines Flugkapitäns oder die Ausbildung eines Copiloten erfordern würde. Die Urlaubsplanung stehe dem Teilzeitanspruch des Klägers nicht entgegen, denn die Beklagte habe keine konkreten Zahlen dafür genannt, wie viele Urlaubsanträge für den Zeitraum vom 23. Dezember bis zum 09. Januar im Unterschied zu anderen Zeiträumen gestellt würden. Der Vortrag, für die Weihnachtsfeiertage 2011 hätten vier Urlaubsanträge aus der Beschäftigungsgruppe des Klägers aus Kapazitätsgründen abgelehnt werden müssen, reiche nicht aus. Planungsunwägbarkeiten, Mehrkosten aufgrund von Mehrflugstunden anderer Flugzeugführer, mangelnde Planbarkeit des Klägers, auch für sog. PT-Touren, und Ungerechtigkeiten bei der Einsatzplanung durch häufigeren Einsatz anderer Kapitäne, auch für sog. PT-Touren und/oder Einsätze am Monatsanfang, Monatsende oder längere Umläufe, seien ebenfalls nicht konkret dargelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 220 bis 223R d.A.) verwiesen.
Gegen dieses ihr am 28. Oktober 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 08. November 2011 Berufung eingelegt und diese nach aufgrund Antrags vom 12. Dezember 2011 erfolgter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis...