Rz. 45
Mit dem durch das RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz v. 28.11.2018 (BGBl. I S. 2016) neu eingefügten Abs. 1a wird eine von Abs. 1 Satz 1 abweichende Ermittlungsvorschrift für Entgeltpunkte aus einer Beschäftigung im sog. Übergangsbereich geschaffen. Der Gesetzgeber hat insoweit mit dem RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz auch das "wording" geändert. Die ursprünglich als "Gleitzone" bezeichnete Verdienstspanne ab Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze von aktuell 450,00 EUR hat der Gesetzgeber ab 1.1.2019 umbenannt in "Übergangsbereich"; vgl. § 20 Abs. 2 SGB IV. Mit dem Übergangsbereich wird derjenige Verdienstbereich bezeichnet, in dem in allen Sozialversicherungszweigen bei der Berechnung der Beiträge besondere Regeln gelten. Sinn des Übergangsbereichs ist es, Geringverdienende finanziell zu entlasten und Nachteile in der Rentenversicherung zu vermeiden. Außerdem soll der Wechsel von einem versicherungsfreien Minijob in eine versicherungspflichtige Tätigkeit erleichtert werden und attraktiv bleiben; die Verdienstzonen werden damit durchlässig. § 20 Abs. 2 SGB IV legt den Übergangsbereich zwischen den Einkommensgrenzen in der Spanne von 450,01 EUR und 1.300,00 EUR fest. Für diese Typus des Beschäftigten hat sich der Begriff "Midijobber" herauskristallisiert. Es gilt der Grundsatz der Zusammenrechnung. Bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen ist das insgesamt erzielte Arbeitsentgelt maßgebend.
Rz. 45a
Infolge des Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung (BT-Drs. 20/1408 S. 10, 19) wird die Verdienst-Obergrenze für Minijobber angehoben und auch der sog. Übergangsbereich angepasst. Die Gesetzesvorlage sieht vor, dass der starre Betrag von 450,00 EUR in § 8 SGB IV ersetzt wird durch den Rechtsbegriff Geringfügigkeitsgrenze (BT-Drs. 20/1408 S. 10). Diese wird so definiert, dass sie einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen entspricht. Sie wird dementsprechend mit Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12,00 EUR pro Stunde auf 520,00 EUR monatlich erhöht und dynamisch ausgestaltet. Die Erhöhung soll dann zum 1.10.2022 greifen. Der Übergangsbereich nach § 20 SGB IV umfasst zukünftig den Entgeltbereich von 520,01 EUR bis 1.600,00 EUR; § 20 Abs. 2 SGB IV wird entsprechend geändert werden, der obere Grenzbetrag 1.300,00 EUR wird durch den oberen Grenzbetrag 1.600,00 EUR ersetzt (BT-Drs. 20/1408 S. 11). Sinn der Dynamisierung der Einkommensgrenzen von geringfügig Beschäftigten ist es, dass künftig viele geringfügig entlohnt Beschäftigte von Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohns profitieren sollen; statt eine Arbeitszeitverkürzung zu vereinbaren, nehmen ihre Verdienstmöglichkeiten mit steigendem gesetzlichen Mindestlohn zu. Arbeitgeber werden entlastet, da sie nicht mehr prüfen müssen, ob sich durch eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns Änderungsbedarf in Bezug auf die geringfügig entlohnt Beschäftigten ergibt (BT-Drs. 20/1408 S. 30). Durch eine Anhebung auch der Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich von monatlich 1.300,00 EUR auf 1.600,00 EUR wird dem Anstieg der Löhne und Gehälter Rechnung getragen und eine weitergehende Entlastung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten mit geringem Arbeitsentgelt erreicht (BT-Drs. 20/1408 S. 31).
Rz. 46
Abweichend von Abs. 1 Satz 1 werden Entgeltpunkte für Beitragszeiten aus einer Beschäftigung im Übergangsbereich (§ 20 Abs. 2 SGB IV) ab dem 1.7.2019 aus dem Arbeitsentgelt ermittelt. Sinn der Regelung liegt in einer Privilegierung der Midijobber. Geringere Rentenversicherungsbeiträge im Übergangsbereich aus der verminderten Beitragsbemessungsgrundlage (§ 163 Abs. 10) führen so für Zeiten ab 1.7.2019 nicht mehr zu geringeren Rentenanwartschaften (vgl. zur Zielsetzung der Regelung, BT-Drs. 19/5586 S. 19; GRA der DRV zu § 70 SGB VI, Stand: 1.2.2021, Historie; vgl. auch BR-Drs. 557/18).