Zulassung: Revision
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitverlängerung. Schadensersatz bei unberechtigter Ablehnung. Schadensschätzung
Leitsatz (amtlich)
1) Der Wunsch nach Verlängerung der Arbeitszeit i. S. d. § 9 TzBfG kann an den zuständigen Fachvorgesetzten gerichtet werden.
2) Der Wunsch muss sich auf die Verlängerung der Arbeitszeit beziehen; eine bestimmte Form, ein bestimmter Verlängerungsumfang und ein bestimmter Arbeitsplatz müssen nicht angegeben werden.
3) Lehnt der Arbeitgeber einen Verlängerungswunsch trotz Vorhandenseins eines geeigneten Arbeitsplatzes unberechtigt ab, entsteht ein Schadensersatzanspruch in Höhe der angemessenen Vergütung. Diese ist gegebenenfalls durch Schätzung nach § 287 ZPO zu ermitteln.
Normenkette
TzBfG § 9; ZPO § 287
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 24.11.2005; Aktenzeichen 1 (3) Ca 1878/05) |
Tenor
1) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 24.11.2005 – 1 (3) Ca 1878/05 – teilweise abgeändert und wie folgt neu formuliert:
- Die Beklagte wird verurteilt, die Arbeitszeit der Klägerin auf 40 Stunden/Woche zu erhöhen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.000,– EUR brutto abzüglich 1.600,– EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.350,– EUR seit dem 01.07.2005, aus 1.350,– EUR seit dem 01.08.2005, aus 1.350,– EUR seit dem 01.09.2005 und aus 1.350,– EUR seit dem 01.10.2005 zu zahlen.
- Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2) Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3) Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz tragen die Beklagte zu 16/35 und die Klägerin zu 19/35. Die Kosten des Rechtsstreits 2. Instanz tragen die Beklagte zu 8/15 und die Klägerin zu 7/15.
4) Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin auf Verlängerung ihrer Arbeitszeit und über Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte.
Die am 02.09.1966 geborene Klägerin ist seit dem Jahre 1984 mit Unterbrechungen bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Unter dem 23.10.2001 schlossen die Parteien ihren zuletzt gültigen Anstellungsvertrag „für geringfügig Beschäftigte”, wonach die Klägerin ab dem 01.05.2001 mit einer Wochenstundenzahl von acht und einer monatlichen Vergütung von 630,– DM im Kundenservice beschäftigt wurde (vgl. hierzu Bl. 12 und 13 d. A.). Die Klägerin erhielt zuletzt für ihre Tätigkeit 400,– EUR brutto pro Monat.
Mit Schreiben vom 12.05.2005, der Klägerin zugegangen am 17.05.2005, kündigte die Beklagte das mit ihr bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.06.2005, nahm diese Kündigung nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage durch die Klägerin dann später wieder zurück.
Mit ihrer am 06.06.2005 anhängig gemachten und mit Schriftsatz vom 29.08.2005 erweiterten Klage hat die Klägerin zuletzt noch die Verlängerung ihrer Arbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche und Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht.
Zur Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit hat die Klägerin vorgetragen, schon im November 2004 hätte sie gegenüber ihrem Abteilungsleiter, dem Zeugen Q., den ausdrücklichen Wunsch geäußert, eine Aufstockung der wöchentlichen Arbeitszeit zu erhalten. Sie hätte auf die bevorstehende Trennung von ihrem Ehemann verwiesen und erwähnt, dass sie danach auf eine Erhöhung der Arbeitszeit und des Gehaltes dringend angewiesen wäre. Sie sei auch davon ausgegangen, dass der Zeuge Q. ihren konkret geäußerten Wunsch an die Geschäftsleitung weitergeben würde; für sie sei jedenfalls der Zeuge Q. der feste und oberste Ansprechpartner gewesen.
Die Klägerin hat weiter vorgetragen, bei der Beklagten sei in der Abteilung Kundenservice ab dem 01.02.2005 ein freier Vollzeitarbeitsplatz vorhanden gewesen, den sie hätte ausfüllen können. Es hätte sich hierbei um den Arbeitsplatz gehandelt, den die Beklagte stattdessen der Mitarbeiterin O. zur Verfügung gestellt habe. Frau O. sei eine ehemalige Auszubildende, die ihre Prüfung offensichtlich nicht bestanden hätte und inzwischen auch noch seit dem 01.06.2005 als Nachfolgerin von Frau M. in der Telefonzentrale eingesetzt würde. Auch für diesen Arbeitsplatz sei sie, die Klägerin, geeignet und qualifiziert und hätte vor der Mitarbeiterin O. berücksichtigt werden müssen.
Die Klägerin hat schließlich die Rechtsauffassung vertreten, dass sich die Beklagte durch die Nichtberücksichtigung bei der Besetzung der Arbeitsplätze der Frau O. bzw. der Frau M. schadensersatzpflichtig gemacht hätte. Sie hat gemeint, dass sie bei ordnungsgemäßer Berücksichtigung eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.000,– EUR brutto ab dem 01.01.2005 erzielt hätte, die ihr die Beklagte nunmehr abzüglich erhaltener 400,– EUR pro Monat als Schadensersatz schulde.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
- die Arbeitszeit der Klägerin von zehn Stunden/Woche auf 40 Stunden/Woche zu erhöhen,
- an die Klägerin 16.000,– EUR brutto abzüglich 3.200,– EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz a...