Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsschutzklage. nachträgliche Zulassung
Leitsatz (amtlich)
1. Im Verfahren auf nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage ist nicht zu klären, wann die Kündigung tatsächlich zugegangen ist. Gegenstand ist allein die Prüfung, ob die – ggf. unterstellte – verspätete Klageerhebung vom Arbeitnehmer verschuldet ist oder nicht.
2. Kündigt der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, der während eines im Ausland verbrachten Erholungsurlaubs erkrankt, durch ein an die inländische Anschrift gerichtetes Schreiben, so ist dem Arbeitnehmer, der aufgrund seiner Erkrankung erst nach Ablauf der Klagefrist zurückkehrt, jedenfalls dann nachträgliche Klagezulassung zu gewähren, wenn er dem Arbeitgeber seine Faxanschrift und Postanschrift im Ausland mitgeteilt hatte und der Arbeitgeber ihm dennoch keine Mitteilung über die Kündigung im Ausland hatte zukommen lassen.
Normenkette
KSchG § 5
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 20.12.2006; Aktenzeichen 3 Ca 6142/06) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 20. Dezember 2006 – 3 Ca 6142/06 – abgeändert:
Die Kündigungsschutzklage wird nachträglich zugelassen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.
3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf EUR 7.200,00 festgesetzt.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis durch eine mit Schreiben vom 4. Juli 2006 erklärte fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung beendet worden ist.
Der Kläger, geboren am 14. November 1948, ist bzw. war seit dem 27. Juli 1998 bei dem Beklagten als Arbeitnehmer zu einem Monatslohn von zuletzt EUR 2.400,00 brutto beschäftigt.
Er hatte in der Zeit vom 19. Juni 2006 bis zum 2. Juli 2006 Erholungsurlaub, den er in Tunesien, seinem Heimatland, verbrachte.
Am 21. Juni 2006 erhielt der Beklagte per Telefax eine ärztliche Bescheinigung, nach der der Kläger vom 19. Juni 2006 bis einschließlich 18. Juli 1006 arbeitsunfähig erkrankt war. Noch am 21. Juni 2006 forderte der Beklagte den Kläger per Telefax auf, ihm mitzuteilen, ob er stationär behandelt werde und nicht transportfähig sei. Er forderte ihn auf, sich bis zum 3. Juli 2006 in Deutschland einem Arzt vorzustellen, und ihn sofort anzurufen, damit ihm keine fristlose Kündigung drohe. Dieses Schreiben versandte er zudem an den Kläger per Einschreiben unter einer Anschrift in Tunesien, unter der an den Kläger nicht zugestellt werden konnte. Der Brief wurde aus dem Grund an den Beklagten zurückgeleitet. Der Kläger führte nach Erhalt des Telefaxschreibens vom 21. Juni 2006 am 22. Juni 2006 ein telefonisches Gespräch mit dem Beklagten. Der Beklagte trägt vor, in dem Gespräch habe er dem Kläger angekündigt, er werde das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen.
Der Beklagte behauptet, am 4. Juli 2006 gegen 10.30 Uhr habe der Zeuge K das Kündigungsschreiben in den Briefkasten des Klägers in dessen Kölner Wohnung eingeworfen.
Der Kläger gibt unter Vorlage eines Briefkuverts an, der Beklagte habe das Kündigungsschreiben am 11. Juli 2006 bei der Post aufgegeben. Er habe das Schreiben nach seiner Rückkehr aus Tunesien am 30. Juli 2006 von einem Bekannten erhalten, der während seiner Abwesenheit die Post aus dem Briefkasten entnommen habe und sie verwahrt habe, ohne sie jedoch zu öffnen.
Mit der vorliegenden Klage, die am 1. August 2006 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, wendet sich der Kläger sowohl gegen die fristlose als auch gegen die ordentliche Kündigung. Vorsorglich beantragt er nachträgliche Klagezulassung.
Das Arbeitsgericht hat ohne mündliche Verhandlung am 20. Dezember 2006 den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, im Verfahren über die nachträgliche Klagezulassung sei nicht zu klären, ob die Kündigung tatsächlich bereits am 4. Juli 2006 in den Briefkasten des Klägers in der Kölner Wohnung eingeworfen worden sei. Sollte der Einwurf erfolgt sei, so sei die Kündigung am 4. Juli 2006 dem Kläger zugegangen, obwohl er sich zu dem Zeitpunkt in Tunesien aufgehalten habe und der Beklagte dies gewusst habe. Zwar könne beim Zugang einer Kündigung während eines Auslandsaufenthalts eine nachträgliche Klagezulassung in Frage kommen. Jedoch gelte dies im vorliegenden Fall nicht, da der Kläger mit dem Zugang des Kündigungsschreibens habe rechnen müssen. Der Beklagte habe aufgrund des am 22. Juni 2006 mit dem Kläger geführten telefonischen Gesprächs davon ausgehen müssen, dass der Kläger von Anfang an den Urlaub eigenmächtig habe verlängern wollen. Der Kläger habe in dem Gespräch mitgeteilt, dass er die Rückreise erst für den 28. Juli 2006 gebucht habe. Es habe für den Kläger offensichtlich auf der Hand liegen müssen, dass der Beklagte ein solches Verhalten nicht hinnehmen werde. Er habe deshalb ab diesem Zeitpunkt sicherstellen müssen, dass die in der Kölner Wohnung eingehende Post umgehend geöffnet werde und er über den Inhalt binnen einer W...