Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Verringerung und geänderte Verteilung der Arbeitszeit. Geänderte Verteilung der Arbeitszeit aufgrund Betriebsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Veränderungssperre des § 8 Abs. 6 TzBfG gilt nur für Verringerungsverlangen nach § 8 Abs. 1 TzBfG.
2. Eine nach Maßgabe von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG abgeschlossene Betriebsvereinbarung kann den Arbeitgeber berechtigen, den Verteilungswunsch des Arbeitnehmers abzulehnen. Diese Rechtsprechung gilt nur für die Verteilung der Arbeitszeit, weil insoweit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht. Sie bezieht sich nicht auf die Verringerung der Arbeitszeit, weil hinsichtlich des Umfangs der Arbeitszeit des Arbeitnehmers kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht.
3. Der Antrag nach § 8 TzBfG muss sich nicht im Rahmen der bisherigen Arbeitszeit halten. Eine Verteilung dahingehend, dass in einzelnen Monaten eine vollständige Freistellung erfolgt, ist möglich. Im konkreten Fall standen dem Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers allerdings betriebliche Gründe entgegen.
Normenkette
TzBfG § 8
Verfahrensgang
ArbG Köln (Aktenzeichen 12 Ca 5707/11) |
Tenor
1.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22. März 2012 - 12 Ca 5707/11 - wird zurückgewiesen.
2.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht einen Anspruch auf Verringerung und eine geänderte Verteilung seiner Arbeitszeit geltend.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 3. November 2009 als verantwortlicher Flugzeugführer auf dem Flugzeugmuster A 319 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme der "Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 3" anwendbar. Wegen des Inhalts des Tarifvertrages wird auf die Kopie Bl. 55 d. A. Bezug genommen.
Die Beklagte verständigte sich am 8. Oktober 2002 mit der Personalvertretung auf eine "Betriebsvereinbarung Teilzeit" (BV Teilzeit), welche verschiedene Teilzeitmodelle mit Freistellungszeiten von einem bis zu drei Monaten im Jahr vorsieht. Zu den Voraussetzungen und der Vergabe regeln §§ 4 und 7 der Betriebsvereinbarung:
"§ 4 Voraussetzungen
1) Für einen Teilzeitarbeitsplatz können sich alle Mitarbeiter des Cockpitpersonals der G bewerben, die sich in einem unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden.
2) Zum Zeitpunkt der Antragstellung muss der Cockpitmitarbeiter mindestens 24 Monate ununterbrochen bei G beschäftigt sein.
§ 7 Vergabe
1) Das von G mit Zustimmung der PV festgelegte Kontingent an Teilzeitmonaten wird in mehreren Durchläufen vergeben, wobei pro Durchlauf über die Vergabe der verschiedenen Modelle gesondert entschieden wird.
2) Innerhalb dieser Durchläufe erfolgt die Vergabe nach positiver Seniorität, d. h. eine niedrigere Senioritätsnummer geht vor einer höheren Senioritätsnummer.
3) Es wird zunächst über alle Anträge mit Modell A entschieden. Das verbleibende Kontingent an Freistellungsmonaten geht in den Durchlauf für Modell B. Die darauf folgenden Durchläufe erfolgen analog."
Wegen des weiteren Inhalts der BV Teilzeit wird auf die Kopie Bl. 21 ff. d.A. verwiesen. Die Betriebsparteien verständigten sich später auf eine Ergänzung zu der Betriebsvereinbarung. Danach kann Teilzeit nach der Betriebsvereinbarung bereits ab einer sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit beantragt werden.
Der Kläger beantragte am 15. Juli 2010 erstmals eine Teilzeitbeschäftigung, die am 1. Januar 2011 beginnen sollte. In dem Antrag gab er mehrere in der BV Teilzeit vorgesehene Varianten an. Die Beklagte lehnte den Teilzeitantrag mit Schreiben vom 23. August 2010 ab.
Mit Schreiben vom 21. März 2011 beantragte der Kläger erneut eine Teilzeitbeschäftigung. Hierzu berief er sich sowohl auf die BV Teilzeit als auch das Teilzeit- und Befristungsgesetz.
Mit Schreiben vom 4. April 2011 antwortete die Beklagte wie folgt:
" ir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 21.03.2012 und erlauben uns, folgende Erläuterungen in dieser Sache zu geben. Leider konnten wir dem Antrag Ihres Mandanten S E ab dem Jahr 2011 in einigen Monaten des Jahres von der Arbeitsverpflichtung freigestellt zu werden nicht entsprechen, da das festgelegte Freistellungskontingent für die gewünschten Freistellungsmodelle bereits ausgeschöpft war. Gemäß § 7 der Betriebsvereinbarung Teilzeit erfolgt die Vergabe nach positiver Seniorität, d. h. eine niedrigere Senioritätsnummer geht vor einer höheren Senioritätsnummer. Das vorgegebene Kontingent an Teilzeitmonaten wurde an senioritätsältere Mitarbeiter vergeben. Aus diesem Grunde konnten die Wünsche Ihres Mandanten nicht berücksichtigt werden. Eine Freistellungsgewährung war aus operationellen und betrieblichen Gründen nicht möglich."
Mit der am 28. Juli 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 8. August 2011 zugestellten Klage verfolgt der Kläger sein Teilzeitbegehren weiter. In der Klageschrift hat der Klägervertreter ausgeführt, er beantrage hiermit vorsorglich erneut namens und in Vollmacht ...