Entscheidungsstichwort (Thema)
Elternzeit des Vaters. Kündigungsschutz vor Beginn der Elternzeit
Leitsatz (amtlich)
1) Die Acht-Wochen-Frist des § 18 BEEG ist – bei einem Elternzeitverlangen des Vaters – nicht vom tatsächlichen Geburtstermin, sondern nach dem zur Zeit des Verlangens vom Arzt prognostizierten Entbindungstermin zu berechnen.
2) Auch ein durch die Annahme des Elternteilzeitbegehrens bedingtes Verlangen der Elternzeit löst den Kündigungsschutz nach § 18 BEEG aus.
3) Der Arbeitgeber kann in diesem Falle nicht uno actu mit der Ablehnung des Elternteilzeitbegehrens ohne Zulässigkeitserklärung nach § 18 S. 2 BEEG kündigen.
Normenkette
BEEG § 18
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 29.04.2008; Aktenzeichen 11 Ca 2902/07) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.04.2008 – 11 Ca 902/07 – teilweise, nämlich hinsichtlich des Tenors zu 4., abgeändert. Insoweit wird der Klageantrag abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten einschließlich des Auflösungsantrages zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 4/5 und der Kläger 1/5 zu tragen.
Die Revision wird für die Beklagte insoweit zugelassen, als den Feststellungsanträgen hinsichtlich der Kündigungen vom 16.03.2007 und vom 30.04.2007 entsprechend dem Tenor des erstinstanzlichen Urteils zu 1. und 3. stattgegeben wurde und der Auflösungsantrag abgewiesen wurde. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit zweier fristloser, hilfsweise fristgerechter Kündigungen, um die Zahlung von Annahmeverzugslohn für den Zeitraum vom 16.08.2006 bis zum 28.02.2007 einschließlich einer vertraglich vereinbarten Entschädigung für den Entzug des Dienstwagens, um Urlaubsabgeltung für 2006 und für die Zeit bis zum 16.03.2007, um die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger in Teilzeit zu beschäftigen, um Schadensersatz für steuerliche Nachteile infolge der kumulierten Entgeltnachzahlung für den Zeitraum vom 16.08.2006 bis zum 28.02.2007, um Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Beitragszahlungen an eine Pensionskasse für die Zeit vom 01.09.2006 bis zum 31.12.2006 und unterbliebene Abführung von Gehaltsteilen an eine Direktversicherung für das Jahr 2006 und schließlich – zweitinstanzlich – über einen Auflösungsantrag der Beklagten.
Die Beklagte ist im Wesentlichen ein Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen und bietet integrierte Gesamtlösungen für die Automobilindustrie an. Sie beschäftigte zur Zeit der hier streitigen Kündigungen über 300 Arbeitnehmer in Deutschland.
Der Kläger war seit dem 01.04.2000 bei der Beklagten aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 27.07./26.08.2000 (Bl. 10 ff. d. A.) beschäftigt. Der Kläger war zunächst internationaler Director Human Resources. Er verfügte über Prokura.
Mit der Begründung diverser Umstrukturierungen kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers erstmals am 31.12.2003 betriebsbedingt zum 30.06.2004. Da im Rahmen dieser Umstrukturierungen die Position des nationalen Personalleiters durch dessen Eigenkündigung freigeworden war, einigten sich die Parteien später auf die Rücknahme der Kündigung und die Weiterbeschäftigung des Klägers als nationalen Personalleiters. Gleichzeitig vereinbarten sie besonderen Kündigungsschutz bis zum 31.12.2004. Ansonsten wurde das Arbeitsverhältnis weiterhin aufgrund des Arbeitsvertrages vom 27.07./26.08.2000 (Bl. 10 ff. d. A.) fortgesetzt. In dem Arbeitsvertrag ist ursprünglich eine Vergütung von 230.000,00 DM pro Jahr nebst weiteren Sonderzahlungen geregelt. Vor den hier streitigen Kündigungen bezog der Kläger zuletzt aufgrund einer vereinbarten 30-stündigen Wochenarbeitszeit ein Bruttoentgelt von 8.190,00 EUR zzgl. vermögenswirksamen Leistungen und eines weiteren Gehaltsbestandteiles von 255,85 EUR pro Monat. In § 12 des Arbeitsvertrages ist eine Kündigungsfrist von sechs Monaten geregelt. Die Dienstwagenansprüche des Klägers sind in § 4 des Arbeitsvertrages geregelt. In § 4 Ziff. 3 heißt es:
„Die GmbH kann die Herausgabe dieses Dienstwagens zu jeder Zeit mit einer Ankündigungsfrist von vier Wochen ohne Angabe von Gründen verlangen. In diesem Falle erhält Herr Dr. R aber für den Zeitraum des Entzuges des Dienstwagens während des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses eine Entschädigung. Diese beträgt die durchschnittlichen Monatskosten des Dienstwagens des vorangegangenen Jahres.”
Am 28.05.2003 war der erste Sohn des Klägers geboren worden. Mit Schreiben vom 17.01.2005 (Bl. 495 d. A.) begehrte der Kläger Elternzeit mit Elternteilzeitbeschäftigung im Umfang von 30 Wochenstunden. Die Parteien einigten sich hernach auf eine entsprechende Elternteilzeit bis zum 15.03.2007.
Seit dem 01.01.2006 stellte die Beklagte den Kläger unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit frei.
Am 15.08.2006 kündigte die Beklagte zum zweiten Mal, diesmal fristlos und vorsorglich fristgem...