Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrieblicher Grund i.S.v. § 8 Abs. 4 TzBfG. Pädagogisches Konzept einer Kindertagesstätte für behinderte Kinder
Leitsatz (amtlich)
Der Einwand der Arbeitgeberin, die pädagogische Konzeption der Kindertagesstätte für behinderte Kinder gebiete es, dass die Gruppenleiterin während der gesamten Betreuungszeit am Tag anwesend ist, stellt einen betrieblichen Grund i. S. d. § 8 Abs. 4 TzBfG dar.
Normenkette
TzBfG § 8 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Urteil vom 31.10.2001; Aktenzeichen 9 Ca 186/01) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 31.10.2001, Az. 9 Ca 186/01, teilweise abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit der Klage die Festlegung einer reduzierten Arbeitszeit ab dem 01.04.2002, hilfsweise die Zustimmung zur Arbeitszeitreduzierung ab diesem Zeitpunkt, weiter hilfsweise Festlegung, hilfsweise Zustimmung zur Arbeitszeitreduzierung ab 01.07.2001, einhergehend mit einer konkreten Festlegung der Arbeitszeiten.
Die am … geborene Klägerin ist seit 1983 bei der Beklagten, zuletzt auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 10.12.1984 in Verbindung mit den Änderungsvereinbarungen vom 03.10.1989, zum Zeitpunkt 01.07.1990 sowie der Änderungsvereinbarung vom 30.05.1996 (Blatt 161 bis 165 d. A.) beschäftigt. Die Klägerin ist eingestellt als Gruppenleiterin im heilpädagogischen Kindergarten „…” in H. Die Beklagte betreibt 14 rechtlich unselbständige Einrichtungen, in der geistig behinderte Kinder und Erwachsene betreut werden. In der Einrichtung „… …” werden Kinder betreut im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung, die von geistiger Behinderung bedroht oder geistig behindert sind und zum Teil auch mehrfach behindert sind. Dort befinden sich zehn Gruppen. In jeder Gruppe werden sechs Kinder betreut, darunter mindestens ein schwerstbehindertes Kind. Die Öffnungszeiten sind von 08:30 Uhr bis 15:00 Uhr. Dienstbeginn für die Mitarbeiter ist 08:00 Uhr. In der Zeit zwischen 08:00 Uhr und 08:30 Uhr ist die Ankunft der Kleinbusse, nach 15:00 Uhr ist eine Verfügungszeit, die zur Vor- und Nachbereitung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dient. Am Mittwochnachmittag ist von 15:00 Uhr bis 16:45 Uhr regelmäßig eine Dienstbesprechung. In jeder Gruppe ist eine pädagogische Fachkraft zugeteilt als Gruppenleiterin sowie eine Hilfskraft mit einer halben Stelle. In der Einrichtung, in der die Klägerin tätig ist, sind jeweils zwei Gruppen nebeneinander untergebracht, so dass die Hilfskraft mit je einer halben Stelle pro Gruppe insoweit zwei Gruppen betreut.
Die Kosten der Einrichtung werden gemäß dem Bundessozialhilfegesetz vom Sozialamt getragen. Aufsichtsbehörde ist das Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben in Zusammenarbeit mit dem Landesjugendamt. Durch die entsprechenden Zuschüsse werden die Kosten der Einrichtung abgedeckt. Überschüsse werden nicht erzielt.
Gemäß dem Bundessozialhilfegesetz müssen die Einrichtungen wie die der Beklagten eine Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger abschließen. Diese Vereinbarung beinhaltet gemäß § 93 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) eine sogenannte Leistungsvereinbarung, die den Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung ausweist sowie eine Vergütungsvereinbarung und eine Prüfungsvereinbarung. Zwischenzeitlich existiert ein Landesrahmenvertrag, der von einem Großteil der Vertragsparteien unterzeichnet ist. Dieser ist seit Juni 2002 mit Wirkung vom 01.01.2002 in Kraft getreten. Mit dem Stand 25.05.1998 gibt es auch eine Leistungsvereinbarung für Sonderkindergärten/heilpädagogischer Kindergarten für Kinder mit einer geistigen Behinderung. Diese ist bislang nicht verbindlich, jedoch richtet die Beklagte ihre Organisation bereits auf den Inhalt dieser Leistungsvereinbarung aus. Insoweit wird auf diese (Blatt 23 bis 33 d. A.) verwiesen.
Bezüglich des Konzeptes der Einrichtung „…” wird auf die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 31.07.2002 (Blatt 176 bis 185 d. A.) verwiesen.
Die Klägerin, die zwei Kinder hat, beantragte mit Schreiben vom 19.12.2000 die Reduzierung ihrer Arbeitszeit in der Weise, dass sie am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 08:15 Uhr bis 13:00 Uhr arbeitet und am Mittwoch von 08:15 Uhr bis 16:45 Uhr. Dieses ergibt eine Reduzierung der Arbeitszeit von 38,5 Stunden auf 28,5 Stunden wöchentlich, wobei die Arbeitszeit insoweit 27 Stunden betrüge zuzüglich 1,5 Stunden als Verfügungszeit. Nach einem Gespräch vom 20.02.2001 mit der Klägerin lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 21.02.2001 den Antrag auf Arbeitszeitverkürzung ab. Insoweit wird auf das Schreiben vom 21.02.2001 (Blatt 5 d. A.) verwiesen.
Die Klägerin stellte erneut einen Antrag auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit mit Schreiben vom 21.03.2001, befristet für acht Jahre. Auch dieser Antrag wurde von der ...