Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Schwellenwerte zur Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes bei Einstellung einer Ersatzkraft für eine Stammkraft in Elternzeit
Leitsatz (amtlich)
§ 21 Absatz 7 BEEG ist nicht dahin auszulegen, dass der Mitarbeiter, der den beurlaubten Arbeitnehmer vertritt, aufgrund einer Befristung mit dem Sachgrund des § 21 Absatz 1 BEEG eingestellt worden sein muss. Maßgebend ist, ob eine Vertretung des beurlaubten Mitarbeiters stattfindet, nicht, auf welcher rechtlichen Grundlage der Vertreter beschäftigt wird. Eine Einstellung im Sinne des § 21 Absatz 7 BEEG liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber keinen neuen Mitarbeiter einstellt, sondern einen vorhandenen Mitarbeiter auf die Stelle des beurlaubten Mitarbeiters versetzt.
Normenkette
BEEG § 21 Abs. 7; KSchG § 23 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Weiden (Entscheidung vom 28.04.2015; Aktenzeichen 5 Ca 1416/14) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Weiden vom 28.04.2015 abgeändert.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
4. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch Kündigung beendet worden ist.
Die Klägerin war seit 16.03.2012 bei der Beklagten beschäftigt. Sie wurde als Arbeiterin aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 23.02.2013 eingestellt. Der Arbeitsvertrag war bis 16.09.2012 befristet. Gemäß der Arbeitsplatzbeschreibung im Arbeitsvertrag umfasste die auszuführende Tätigkeit Montieren, Stanzen, Einsortieren, Arbeitsvorbereitung, Verpackung und Wareneingangskontrolle. Die Klägerin wurde ab Juni 2012 in der Verwaltung beschäftigt. Mit Vertrag vom 12.11.2102 vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin ab 01.11.2012 als kaufmännische Angestellte beschäftigt wurde. Nach diesem Vertrag umfasste die Tätigkeit alle anfallenden Bürotätigkeiten der Beklagten.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22.07.2014 zum 31.08.2014. Hiergegen erhob die Klägerin am 12.08.2014 die vorliegende Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Weiden.
Bei der Beklagten standen zum Kündigungszeitpunkt folgende Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis:
1. Herr A...
2. Herr M...
3. Herr R... (seit 14.05.2013)
4. die Klägerin
5. Herr S...
6. Herr E...
7. Herr T... K...
8. Herr U...
9. Frau D... L...
10. Frau P... (20 Stunden)
11. Herr W... K... (20 Stunden)
12. Frau O... (Mutterschutz seit 12.05.2011/Elternzeit bis 30.12.2016)
13. Frau Sa... (Mutterschutz seit 05.04.2012/Elternzeit bis 17.06.15).
Frau O... ist Arbeiterin bei der Beklagten, Frau Sa... Verwaltungskraft.
Die Beklagte stellte Herrn Do... zum 09.05.2011 ein. Herr Do... schied spätestens zum 31.12.2012 aus dem Arbeitsverhältnis aus.
Zum 27.02.2012 wurde Herr We... eingestellt und wurde in der Verwaltung beschäftigt. Er schied im Juni 2012 wieder bei der Beklagten aus.
Unter dem 14.01.2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 28.02.2015. Die Klägerin erweiterte insoweit ihre Klage am 04.02.2015.
Schließlich kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit Schreiben vom 12.03.2015 zum 30.04.2015. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Schriftsatz vom 01.04.2015, der am selben Tag beim Arbeitsgericht Weiden einging.
Das Arbeitsgericht Weiden stellte mit Endurteil vom 28.04.2015 fest, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die Kündigung vom 22.07.2015 noch durch die Kündigung vom 14.01.2015 beendet worden sei, und wies die Klage im Übrigen ab. Zur Begründung führte es aus, zum Zeitpunkt der ersten beiden Kündigungen sei das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis anwendbar gewesen. Einen Kündigungsgrund habe die Beklagte nicht vorgetragen. Bei der letzten Kündigung sei die Anzahl der regelmäßig Beschäftigten auf unter 10 Mitarbeiter gefallen.
Das Urteil wurde den Parteien am 12.05.2015 zugestellt.
Die Beklagte legte gegen das Urteil am 03.06.2015 Berufung ein und begründete sie am 13.07.2015 (Montag).
Die Berufung der Klägerin ging am 12.06.2015 beim Landesarbeitsgericht Nürnberg ein. Die Klägerin begründete die Berufung am 10.09.2015. Bis dahin war die Berufungsbegründungsfrist verlängert worden.
Die Klägerin macht geltend, nach dem Ausscheiden von Herrn We... habe sie Aufgaben von ihm übernommen. Dies sei allerdings nur ein geringer Teil ihres Aufgabenbereichs gewesen. Daneben habe sie auch bürotechnische Arbeiten von Frau Sch... sowie von Herrn E... übernommen. Sie sei daher nicht Ersatzkraft für Frau Sa..., sondern eine zusätzliche Arbeitskraft im Büro.
Die Klägerin macht geltend, Frau Sa... und Frau O... seien bei der Feststellung der Anzahl der regelmäßig Beschäftigten mitzuzählen. Die Beklagte habe sie und Herrn R...nicht befristet mit dem Sachgrund des § 21 Absatz 1 BEEG eingestellt.
Die Klägerin trägt vor, die von der Beklagten geltend gemachte Reduzierung des Mitarbeiterstandes sei nicht nachvollziehbar. Sie werde dadurch widerlegt, dass d...