Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungspflicht bzw -freiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung bei einem Rechtsreferendar in einer außerhalb des juristischen Vorbereitungsdienstes ausgeübten Nebentätigkeit

 

Orientierungssatz

1. Zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bei einem Rechtsreferendar in einer außerhalb des juristischen Vorbereitungsdienstes ausgeübten Nebentätigkeit, in deren Rahmen der Referendar einzelne, abgegrenzte Hilfeleistungen für eine Rechtsanwaltskanzlei erbringt.

2. Die für Beamte geltende Versicherungsfreiheit ist auf das nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen versorgungsrechtlich gesicherte Dienstverhältnis beschränkt (vgl BSG vom 2.6.1982 - 12 RK 66/80 = SozR 5800 § 2 Nr 3). Gleiches gilt auch für Rechtsreferendare in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis ohne Verbeamtung (vgl BSG vom 31.3.2015 - B 12 R 1/13 R = SozR 4-2400 § 14 Nr 19).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.08.2022; Aktenzeichen B 12 BA 11/22 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.5.2020 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) darüber, ob die Tätigkeit der Beigeladenen als juristische Mitarbeiterin bei der Klägerin in der Zeit vom 16.2.2017 bis 23.5.2017 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.

Die Klägerin ist eine als Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR) geführte Rechtsanwaltskanzlei. Am 4.4.2017 schloss sie mit der als Rechtsreferendarin in der Zivilstation beim Landgericht R tätigen Beigeladenen einen schriftlichen Vertrag über freie Mitarbeit (im Folgenden: VfM) mit Beginn ab 1.3.2017. Hierfür war der Beigeladenen zuvor am 9.2.2017 von der Präsidentin des Oberlandesgerichts (OLG) Köln eine Nebentätigkeitsgenehmigung erteilt worden war. Aus einer Rechnung der Beigeladenen an die Klägerin vom 2.4.2017 geht hervor, dass diese ihre Tätigkeit bereits am 16.2.2017 aufgenommen hat. Leistungen wurden von ihr bis 23.5.2017 erbracht. Von Januar bis Oktober 2018 war die Beigeladene der Klägerin im Rahmen der Rechtsanwaltsstation des Rechtsreferendariats zugewiesen.

Der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geschlossene VfM enthält u.a. folgende Regelungen:

"1. Der freie Mitarbeiter wird ab dem 01.03.2017 als freier Mitarbeiter in der Rechtsanwaltskanzlei tätig. Ohne Verbindlichkeit beabsichtigen die Parteien derzeit einen zeitlichen Umfang der Tätigkeit im Durchschnitt von ca. 10 Stunden pro Woche.

2. Der freie Mitarbeiter führt die Aufträge in eigener Verantwortung durch. Dabei hat er die Interessen der Rechtsanwaltskanzlei zu wahren. Er unterliegt keinem Weisungs- und Direktionsrecht bezüglich Ort und Zeit sowie Art und Weise der Auftragsdurchführung. Fachliche Vorgaben hat der freie Mitarbeiter jedoch zu beachten.

3. Zu den Aufgaben des freien Mitarbeiters zählen insbesondere

- Rechtliche Recherchen

- Vertrags- und Schriftsatzentwürfe

- Konzipierung und Implementierung von Strategien in den Bereichen Business Development und Client Development

4. Der freie Mitarbeiter wird während seiner Tätigkeit für die Rechtsanwaltskanzlei nicht für Wettbewerber, insbesondere nicht für andere Rechtsanwaltskanzleien tätig. Nicht juristische Nebentätigkeiten des freien Mitarbeiters sind gestattet, soweit sie die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben unter diesem Vertrag nicht beeinträchtigen.

5. Das Honorar beträgt EUR 20 pro von dem freien Mitarbeiter angebotener und von der Rechtsanwaltskanzlei abgerufener Arbeitszeitstunde zzgl. Umsatzsteuer, sofern der freie Mitarbeiter für die Umsatzsteuer optiert.

6. Mit dem Honorar ist die gesamte Tätigkeit unter diesem Vertrag abgegolten.

7. Zahlungen gem. Ziff. 5 können nur pünktlich geleistet werden, wenn (i) am Ende des Vormonats eine steuerlich und buchhalterisch ordnungsgemäße Abschlagsrechnung vorliegt; und (ii) der freie Mitarbeiter über die im Vormonat erbrachten Leistungen bis zum Ende des Vormonats eine auf Viertelstunden genaue, nach Mandaten bzw. Aktivitäten differenzierende Zeiterfassungsübersicht (Time Sheet) vorgelegt hat.

8. Die Versteuerung der Bezüge und die Abführung etwaiger Sozialversicherungsbeiträge obliegen dem freien Mitarbeiter.

..."

Am 7.4.2017 stellten die Klägerin und die Beigeladene bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Hierbei gaben sie u.a. an, dass die Beigeladene - bis auf Präzisierungen der übertragenen Aufgaben im Sinne von fachlichen Vorgaben - weder einem Weisungs- noch einem Direktionsrecht unterliege. Von Seiten der Klägerin würden auch keine Vorgaben gemacht, wann die Arbeitszeit zu leisten sei. Zur beiderseitigen Orientierung habe man lediglich einen Richtwert von 10 Zei...

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