Vorrang hat nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes die arbeitsrechtliche Zuordnung. Die zeitliche Abgrenzung ist als subsidiäre Alternative festgelegt, die nur dann zur Anwendung kommt, wenn der Arbeitgeber keine dienst- bzw. arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte getroffen hat oder diese nicht eindeutig ist.

Steuerrecht folgt Arbeitsrecht

Bei der arbeitsrechtlichen Zuordnung bestimmt der Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechtes, wo der Arbeitnehmer tätig wird. Dieser arbeitsrechtlichen Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung schließt sich das Steuerrecht an. Dies gilt unabhängig davon, ob die arbeitsrechtlichen Festlegungen schriftlich oder mündlich erteilt werden.

Merkmale der Dauerhaftigkeit

Diese Zuordnung durch den Arbeitgeber zu einer Tätigkeitsstätte muss nach der Prognoseeinschätzung auf Dauer angelegt sein. Das Merkmal der Dauerhaftigkeit ist erfüllt, wenn der Arbeitnehmer an der durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers festgelegten betrieblichen Einrichtung tätig werden soll:

  • unbefristet,
  • für die Dauer des Dienstverhältnisses oder
  • über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten

Die arbeitsvertragliche Festlegung der Beschäftigungsdauer mit "bis auf Weiteres" kommt einer unbefristeten Einsatzdauer gleich. Bei Beamten ist eine Abordnung bis auf Weiteres wie bei einer Versetzung eine dauerhafte Zuordnung zum neuen Dienstort.[1]

Änderungen hinsichtlich der Zuordnung, z. B. weil sich die berufliche Tätigkeit beim Arbeitgeber inhaltlich ändert, sind nur mit Wirkung für die Zukunft zu berücksichtigen.

 
Praxis-Beispiel

Keine rückwirkende Änderung der arbeitsrechtlichen Festlegung

Ein Bankmitarbeiter ist laut dienstlicher Anweisung an 3 Tagen in der Woche an der als erste Tätigkeitsstätte festgelegten Hauptstelle A beschäftigt, donnerstags und freitags an der Zweigstelle in B. Ab 1.7. legt der Arbeitgeber B als erste Tätigkeitsstätte fest.

Ergebnis: Bis 30.6. hat der Arbeitnehmer aufgrund der arbeitsrechtlichen Zuordnung seine erste Tätigkeitsstätte an der Hauptstelle A. Ab 1.7. wird die Zweigstelle B zur ersten Tätigkeitsstätte, obgleich die Tätigkeit an Hauptstelle A 3 der 5 Arbeitstage umfasst. Die zeitlichen Grenzen sind im Falle der dienstlichen Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte nicht zu prüfen.

Qualitativer Tätigkeitsschwerpunkt ohne Bedeutung

Nach einer arbeitgeberseitigen dauerhaften Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers kommt es nicht mehr darauf an, in welchem Umfang der Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit an dieser oder auch an anderen Tätigkeitsstätten ausübt. Ebenso wenig ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer diese Tätigkeitsstätte nachhaltig immer wieder aufsucht und an der vom Arbeitgeber als erste Tätigkeitsstätte festgelegten betrieblichen Einrichtung seinen qualitativen Schwerpunkt seiner Arbeit hat. So hat ein Polizeibeamter im Streifendienst seine erste Tätigkeitsstätte am Ort seiner dauerhaften dienstlichen Zuordnung, also an dem von seinem Dienstherrn bestimmten Polizeirevier.[2] Erste Tätigkeitsstätte ist auch das Bahnhofsgelände mit Dienstgebäude, dem ein Lok- oder Triebwagenführer dienstrechtlich dauerhaft zugeordnet ist, auch wenn er arbeitstäglich auf dem Zug und damit regelmäßig außerhalb des Bahnhofs eingesetzt ist. Aufgrund der arbeitsrechtlichen Zuordnung genügt es für die Begründung der ersten Tätigkeitsstätte auf dem Bahnhofsgelände, dass er dort in geringem Umfang Arbeiten zu verrichten hat, die zu seinem typischen Berufsbild gehören. Bei Vorliegen einer dauerhaften arbeits- oder dienstrechtlichen Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer betrieblichen Einrichtung tritt das konkrete Gewicht der an dieser Einrichtung ausgeübten Tätigkeit zugunsten der arbeitgeberseitigen Zuordnung in den Hintergrund.[3]

Zuordnung erfordert Tätigwerden

Die arbeitsrechtliche Zuordnung findet dort ihre Grenze, wo der Arbeitnehmer in der festgelegten Einrichtung des Arbeitgebers keine Arbeiten verrichtet. Die erste Tätigkeitsstätte muss zumindest einen Bezug zu der tatsächlichen Tätigkeit aufweisen. Dies setzt voraus, dass der Arbeitnehmer dort auch persönlich erscheint.

Sofern der Arbeitnehmer in einer vom Arbeitgeber festgelegten Tätigkeitsstätte wenigstens in geringem Umfang seine Arbeitsleistung erbringt, ist der Zuordnung des Arbeitgebers zu dieser Tätigkeitsstätte zu folgen. Aufgrund des Vorrangs des arbeitsrechtlichen Zuordnungsprinzips dürften hierfür auch Tätigkeiten von untergeordneter Bedeutung ausreichend sein, etwa vorbereitende Außendiensttätigkeiten im Betrieb oder Material- bzw. Werkzeugfahrten zum Arbeitgeber.

Für Piloten und Flugbegleiter bestimmt sich deshalb die erste Tätigkeitsstätte nach dem arbeitsrechtlich bestimmten Heimatflughafen ("Home base"), auch wenn die Zuordnungsentscheidung bereits vor 2014 erfolgte. Dasselbe gilt für das Verfassen von Protokollen oder Unfallberichten und anderen Schreibtischarbeiten bei einem Streifenpolizisten, weil diese zu seinen arbeits- bzw. dienstrechtlichen Aufgaben und damit zu dem von ihm...

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