Rz. 58
Nach § 15 Abs. 1–3 Satz 1 KSchG erfordert die außerordentliche Kündigung gegenüber dem von § 15 KSchG geschützten Personenkreis die Zustimmung des Betriebsrats bzw. deren Ersetzung durch gerichtliche Entscheidung. Die Zustimmung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für eine außerordentliche Kündigung (vgl. Rz. 78). Das genannte Mitglied soll hierdurch geschützt werden. Gleichzeitig soll durch das Zustimmungserfordernis aber auch verhindert werden, dass ein im demokratischen Sinn gewähltes Gremium durch den Verlust von Mitgliedern in dessen Funktionsfähigkeit und Kontinuität der Amtsführung beeinträchtigt wird.
Letzteres ist nicht mehr nach Beendigung der Amtszeit zu besorgen, sodass das Zustimmungserfordernis für ehemalige Mitglieder nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht mehr besteht.
5.3.1 Gegenstand des Zustimmungsrechts
Rz. 59
Nur die außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber bedarf der Zustimmung des Betriebsrats. Eine außerordentliche Kündigung ist nur anzunehmen, wenn sie aus wichtigem Grund i. S. d. § 626 BGB erfolgt.
Rz. 60
Soweit die Kündigung nach § 15 Abs. 4 und 5 KSchG zulässig ist, handelt es sich um eine ordentliche Kündigung, die nicht unter § 103 BetrVG fällt, sondern bei der lediglich ein Anhörungsrecht des Betriebsrats nach § 102 BetrVG besteht. Damit sollen nach dem gesetzgeberischen Willen die nach § 15 KSchG geschützten Personen bei einer Betriebsstilllegung oder Stilllegung einer Betriebsabteilung in gleicher Weise gekündigt werden können wie andere von der unternehmerischen Entscheidung betroffene Arbeitnehmer. Das lässt sich damit begründen, dass der in § 15 KSchG enthaltene besondere Schutz vor einer Kündigung nicht erforderlich ist, soweit die Kündigung Folge einer generellen Maßnahme ist und sie sich nicht gegen die einzelnen Mandatsträger richtet. Zudem besteht ein verfassungsrechtlicher Anknüpfungspunkt durch die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit des Unternehmers. Der Arbeitgeber soll nicht gezwungen sein, eine Betriebs- oder Betriebsabteilungsstilllegung wegen der Mandatsträger zu unterlassen bzw. ein Arbeitsverhältnis mit einem Mandatsträger allein des Amtes wegen fortsetzen zu müssen, obwohl es gar keine Beschäftigungsmöglichkeit für diesen gibt (vgl. Rz. 124 ff.).
Ist eine ordentliche Kündigung arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich ausgeschlossen und muss daher bei Betriebsstilllegung außerordentlich mit Auslauffrist gekündigt werden, so ist auch diese Kündigung von § 103 BetrVG nicht erfasst.
Rz. 61
Für das Zustimmungserfordernis spielt es keine Rolle, ob der Arbeitgeber mit der außerordentlichen Kündigung eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezweckt. Der Zustimmung des Betriebsrats bedarf auch eine außerordentliche Änderungskündigung.
Rz. 62
Erklärt der Arbeitgeber zur Abwehr eines rechtswidrigen Streiks eine außerordentliche Kündigung, so handelt es sich um eine Kampfkündigung. Eine arbeitskampfkonforme Interpretation schließt zwar nicht die Anwendung des § 103 BetrVG aus, gebietet aber, dass die Zustimmung des Betriebsrats während des Arbeitskampfs nicht eingeholt zu werden braucht; das BAG verlangt jedoch, dass die Zustimmung durch Beschluss des Arbeitsgerichts nach Abs. 2 ersetzt wird. Erfolgt die außerordentliche Kündigung aus anderen Gründen, so ist die Notwendigkeit einer Zustimmung des Betriebsrats während des Arbeitskampfs nicht eingeschränkt. Das gilt auch, wenn sie auf Streikausschreitungen gestützt wird, die ein Betriebsratsmitglied über die schlichte Teilnahme am Streik hinaus begeht.