Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifvertragsauslegung. Auslegung DRK-Tarifvertrag. Reduzierung des Ortszuschlages bei Beschäftigung des Ehegatten im öffentlichen Dienst. Nachteilsausgleich bei hälftiger Beschäftigung beider Ehegatten
Orientierungssatz
1. Durch den in § 29B Abs. 7 Satz 3 DRK-TV geregelten Nachteilsausgleich soll gewährleistet werden, dass trotz der Reduzierung des Ortszuschlages auf Stufe 1 nach Satz 1 der Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten der ihnen an sich zustehende Ortszuschlag insgesamt einmal voll gewährt wird.
2. Dieser Grundsatz gilt auch bei Teilzeitbeschäftigung (hier: hälftiger Beschäftigung) beider Ehegatten mit der Folge, dass durch den Nachteilsausgleich der Ehegattengemeinschaft der ihnen nach ihrem Familienstand zustehende Ortszuschlag entsprechend dem Umfang ihrer zusammengerechneten Beschäftigung, höchstens jedoch einmal in vollem Umfang gewährt wird.
Normenkette
BBesG 1975 §§ 6, 40 Abs. 5 S. 1; BBesG n.F. § 6
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 05.10.2006; Aktenzeichen 19 Sa 17/05) |
ArbG Mannheim (Urteil vom 23.11.2004; Aktenzeichen 12 Ca 422/04) |
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 5. Oktober 2006 – 19 Sa 17/05 – aufgehoben.
2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 23. November 2004 – 12 Ca 422/04 – wird mit der Maßgabe zu Ziffer 2. des Entscheidungsausspruchs des Arbeitsgerichts zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte ab 1. Juli 2004 verpflichtet ist, eine Ausgleichszahlung zum Ortszuschlag iHv. 96,20 Euro monatlich brutto zu zahlen.
3. Der Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen vom Kläger geltend gemachten Nachteilsausgleichs zum Ortszuschlag nach § 29B des Tarifvertrages über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-TV).
Der verheiratete und gegenüber einem Kind unterhaltspflichtige Kläger ist bei dem Beklagten als Rettungsassistent beschäftigt. Auf sein Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die für das Deutsche Rote Kreuz geltenden Tarifverträge Anwendung. Die Ehefrau des Klägers ist als Angestellte bei dem Klinikum der Stadt L… beschäftigt. Ihr Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT). Der Kläger und seine Ehefrau waren während des streitgegenständlichen Zeitraums ab November 2003 jeweils mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt. Eine Veränderung des Umfangs der regelmäßigen Arbeitszeit ist in der Folgezeit nicht erfolgt. Die Ehefrau des Klägers erhielt entsprechend ihrer Teilzeitbeschäftigung den halben Ortszuschlag der Stufe 3. Nach Erhalt einer sogenannten Vergleichsmitteilung zahlte der Beklagte dem Kläger nicht mehr den – hälftigen – Ortszuschlag der Stufe 3, sondern ab 1. November 2003 nur noch den Ortszuschlag der Stufe 1. Der Kläger hat mit Schreiben vom 7. März 2004 und 4. Juni 2004 vergeblich die – entsprechend seiner Teilzeitbeschäftigung – hälftige Differenz zwischen dem Ortszuschlag der Stufen 3 und 1 geltend gemacht.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger dieses Begehren weiter, indem er für den Zeitraum von November 2003 bis Juni 2004 eine Zahlung von insgesamt 758,20 Euro und für die Zeit ab Juli 2004 eine monatliche Zahlung von 96,20 Euro brutto geltend macht. Er hat die Auffassung vertreten, nach § 29B Abs. 7 Satz 3 DRK-TV stehe ihm als Nachteilsausgleich die Hälfte der Differenz des Ortszuschlages zwischen der Stufe 3 und 1 zu. Im Übrigen stelle es auch eine ungerechtfertigte Benachteiligung dar, wenn ihm und seiner Ehegattin zusammen weniger als ein voller Ortszuschlag zugestanden werde, obwohl sie wegen der gemeinsamen Betreuung ihres Kindes jeweils halbtags, insgesamt also ein volles Arbeitszeitpensum ausfüllten. Sie dürften nicht anders behandelt werden, als wenn einer von beiden ganztags tätig wäre und der andere das Kind betreute.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger rückständige 758,20 Euro zu zahlen,
2. den Beklagten zu verurteilen, künftig eine weitere Ortszuschlagsdifferenz iHv. monatlich 96,20 Euro brutto an den Kläger zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat geltend gemacht, der Nachteilsausgleich nach § 29B Abs. 7 Satz 3 DRK-TV beschränke sich auf die in der Fußnote geregelten Fälle, in denen der im öffentlichen Dienst beschäftigte Ehegatte des beim DRK beschäftigten Angestellten nur einen gekürzten Ortszuschlag erhalte. Auch unabhängig davon könne aus § 29B Abs. 7 DRK-TV nicht der vom Kläger geltend gemachte Nachteilsausgleich abgeleitet werden. Denn nach § 29B Abs. 5 und 6 DRK-TV sei die anteilige Kürzung der Vergütung bei nicht vollbeschäftigten Angestellten (§ 31 DRK-TV) nur für den Fall ausgeschlossen, dass mindestens ein Ehegatte vollbeschäftigt sei und nicht wie in § 29 Abs. 5 und 6 BAT seit der Änderung im Jahre 1986 auch für den Fall, dass beide Ehegatten mit jeweils mindestens der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt seien.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist begründet.
I. Dem Kläger steht als Nachteilsausgleich nach § 29B Abs. 7 Satz 3 DRK-TV die halbe Differenz zwischen dem Ortszuschlag der Stufe 3 und 1 zu. Danach kann er – rechnerisch unstreitig – für den Zeitraum von November 2003 bis Juni 2004 eine Zahlung von 758,20 Euro brutto und ab Juli 2004 eine zusätzliche monatliche Zahlung von 96,20 Euro brutto verlangen.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind auf Grund arbeitsvertraglicher Vereinbarung die jeweils geltenden Tarifverträge für das Deutsche Rote Kreuz anwendbar.
2. Die einschlägigen Bestimmungen des § 29 DRK-TV lauten:
“A. Grundlage des Ortszuschlages
(1) Die Höhe des Ortszuschlages richtet sich nach der Tarifklasse, der die Vergütungsgruppe des Angestellten zugeteilt ist (Absatz 2), und nach der Stufe, die den Familienverhältnissen des Angestellten entspricht (Abschnitt B).
…
B. Stufen des Ortszuschlages
(1) Zur Stufe 1 gehören die ledigen und die geschiedenen Angestellten sowie Angestellte, deren Ehe aufgehoben oder für nichtig erklärt ist.
(2) Zur Stufe 2 gehören
1. verheiratete Angestellte,
…
(3) Zur Stufe 3 und den folgenden Stufen gehören die Angestellten der Stufe 2, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 8 BKGG zustehen würde. Die Stufe richtet sich nach der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder.
(5) Steht der Ehegatte eines Angestellten im Dienst des DRK oder eines anderen Arbeitgebers, der in Anlehnung an den BAT einen entsprechenden Ortszuschlag zahlt, und stünde ihm ebenfalls der Ortszuschlag der Stufe 2 oder eine entsprechende Leistung in Höhe von mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlages der höchsten Tarifklasse zu, erhält der Angestellte den Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des für ihn maßgeblichen Ortszuschlages zur Hälfte; dies gilt auch für die Zeit, für die der Ehegatte Mutterschaftsgeld bezieht, mit Ausnahme der Zeit eines Mutterschaftsurlaubs. § 31 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 findet auf den Unterschiedsbetrag keine Anwendung, wenn einer der Ehegatten vollbeschäftigt ist.
(7) Steht der Ehegatte eines Angestellten im öffentlichen Dienst oder ist er auf Grund einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst nach beamtenrechtlichen Grundsätzen versorgungsberechtigt, erhält der Angestellte den Ortszuschlag nach Stufe 1.
Die Regelung gilt entsprechend bei geschiedenen Angestellten hinsichtlich eines kinderbezogenen Anteils des Ortszuschlages.
Ein evtl. eintretender Nachteil ist durch Zahlung des Unterschiedsbetrages auszugleichen.
Fußnote:
Erhält der im öffentlichen Dienst beschäftigte Ehegatte wegen Berücksichtigung des Arbeitsverhältnisses beim DRK nur einen gekürzten Ortszuschlag, wird der hierdurch eintretende Nachteil durch den Arbeitgeber ausgeglichen.”
3. Die Voraussetzungen für die von dem Beklagten ab November 2003 vorgenommene Rückstufung des Ortszuschlages von Stufe 3 nach Stufe 1 nach § 29B Abs. 7 Satz 1 DRK-TV sind gegeben. Die Vorinstanzen und die Parteien sind übereinstimmend und zutreffend davon ausgegangen, dass die Ehefrau des Klägers im öffentlichen Dienst iSv. § 29B Abs. 7 Satz 1 DRK-TV beschäftigt ist. Somit reduziert sich der dem Kläger an sich zustehende – entsprechend seiner Teilzeitbeschäftigung hälftige – Ortszuschlag der Stufe 3 nach § 29B Abs. 7 Satz 1 DRK-TV auf den der Stufe 1.
4. Nach § 29B Abs. 7 Satz 3 DRK-TV hat der Kläger aber Anspruch auf einen Nachteilsausgleich in Höhe der Differenz zwischen den hälftigen Ortszuschlägen der Stufen 3 und 1. Ihm ist der Nachteil auszugleichen, der ihm und seiner Ehefrau als Erwerbsgemeinschaft durch die Rückstufung nach § 29B Abs. 7 Satz 1 DRK-TV entstanden ist. Durch den Nachteilsausgleich soll gewährleistet werden, dass die Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten den ihr an sich zustehenden Ortszuschlag zumindest einmal in voller Höhe erhält. Das gilt auch dann, wenn beide Eheleute teilzeitbeschäftigt sind und ihnen ohne die Rückstufung nach § 29B Abs. 7 Satz 1 DRK-TV zusammen der familienbezogene Ortszuschlag in voller Höhe zustände. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrages.
a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (zB Senat 30. Mai 2001 – 4 AZR 269/00 – BAGE 98, 35 mwN; 7. Juli 2004 – 4 AZR 433/03 – BAGE 111, 204).
b) In Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat in dem Urteil vom 14. November 2007 (– 4 AZR 866/06 –) entschieden, dass durch § 29B Abs. 7 Satz 3 DRK-TV die Nachteile ausgeglichen werden sollen, die der Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten nach § 29B Abs. 7 Satz 1 DRK-TV durch die pauschale Rückstufung des Ortszuschlages nach Stufe 1 entstehen. Durch Satz 1 wird dem DRK-Angestellten die familienbezogene Höherstufung des Ortszuschlages genommen, und zwar offensichtlich im Hinblick auf die Annahme, dass bereits der im öffentlichen Dienst beschäftigte Ehegatte den familienbezogenen Ortszuschlag erhält. Durch den Nachteilsausgleich nach Satz 3 soll allerdings nicht dieser nach Satz 1 beim DRK-Angestellten selbst eingetretene Nachteil wieder ausgeglichen werden, weil dann die gesamte Regelung sinnlos wäre. Bezugspunkt für den Nachteilsausgleich ist vielmehr die Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten. Durch den Nachteilsausgleich soll erreicht werden, dass die Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten den ihnen auf Grund ihrer Familienverhältnisse an sich zustehenden Ortszuschlag insgesamt in voller Höhe erhält. Damit werden die Arbeitgeber der Ehegatten gleichzeitig insoweit entlastet, dass sie zusammengerechnet den Ortszuschlag als tarifliche Sozialleistung nur einmal in voller Höhe zahlen müssen (vgl. dazu im Einzelnen Senat 14. November 2007 – 4 AZR 866/06 – Rn. 18 ff.).
Der Nachteilsausgleich ist danach nicht, wie der Beklagte meint, auf die in der Fußnote geregelte Fallkonstellation beschränkt, in denen der Ortszuschlag des im öffentlichen Dienst beschäftigten Ehegatten des DRK-Angestellten gekürzt wird (vgl. Senat 14. November 2007 – 4 AZR 866/06 – Rn. 15). Durch die Fußnote wird lediglich klargestellt, dass ein nach Satz 3 auszugleichender Nachteil auch dann vorliegt, wenn eine Kürzung des Ortszuschlages des Ehegatten des DRK-Angestellten wegen Berücksichtigung der Beschäftigung beim DRK vorgenommen wird, und damit an sich außerhalb des Geltungsbereichs des DRK-TV eintritt.
c) Diese Grundsätze gelten auch bei Teilzeitbeschäftigung beider Ehegatten, wenn bei dem DRK-Angestellten der anteilige Ortszuschlag auf Stufe 1 reduziert wird, weil sein im öffentlichen Dienst beschäftigter Ehegatte einen – entsprechend seiner Teilzeitbeschäftigung – anteiligen Ortszuschlag der Stufe 3 erhält. Auch der in diesem Fall entstehende Nachteil ist nach den oben dargestellten Grundsätzen auszugleichen.
aa) Wenn die Ehegatten – wie hier – jeweils mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt sind, steht ihnen an sich jeweils der halbe familienbezogene Ortszuschlag zu, dh. zusammen 100 % des höheren Ortszuschlages. Durch die Rückstufung des Ortszuschlages des Klägers als DRK-Angestellten fällt die familienbezogene Höherstufung weg, so dass der Erwerbsgemeinschaft der Eheleute nur 50 % der ihr an sich zustehenden Erhöhung des Ortszuschlages zukommen würde. Das ist von dem Zweck der Rückstufungsregelung nicht gedeckt, so dass durch den Nachteilsausgleich eine Korrektur angezeigt ist. Denn dem DRK-Angestellten steht der höhere Ortszuschlag als sozialer Vergütungsbestandteil tariflich zu. Durch die Rückstufung des Ortszuschlages soll lediglich zum einen ein Doppelbezug von familienbezogenen Leistungen ebenso wie eine Doppelbelastung der Arbeitgeber der Ehegatten vermieden werden. Beide Zwecke rechtfertigen aber nicht den endgültigen Verlust des höheren Ortszuschlages für den DRK-Angestellten. Denn bei einem Nachteilsausgleich in Höhe der Kürzung des Ortszuschlages erhalten die Eheleute zusammen nicht mehr als 100 % des ihnen an sich zustehenden Ortszuschlages. Auch der mit der Regelung weiterhin verfolgte Zweck der Kostenentlastung der Arbeitgeber insgesamt durch Vermeidung einer Doppelbezahlung des Ortszuschlages wird damit nicht vereitelt, weil jeder Arbeitgeber jeweils nur den der Teilzeitbeschäftigung seines Beschäftigten entsprechenden Anteil des Ortszuschlages zahlt und die Zahlungen insgesamt nicht 100 % des bei Vollbeschäftigung eines Ehegatten diesem zustehenden Zuschlages überschreiten.
bb) Die Notwendigkeit eines Nachteilsausgleichs wird noch deutlicher, wenn der im öffentlichen Dienst beschäftigte Ehegatte des DRK-Angestellten mit weniger als der Hälfte, der DRK-Angestellte dagegen mit mehr als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt ist. In diesen Fällen würde für die Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten bei einer Rückstufung des Ortszuschlages des DRK-Angestellten ohne Nachteilsausgleich sogar der größere Anteil des Ortszuschlages wegfallen.
cc) Gegen die Anwendung der Nachteilsausgleichsregelung bei Teilzeitbeschäftigung der Ehegatten sprechen nicht deren Konsequenzen für den Fall, dass die Teilzeitbeschäftigungen der Ehegatten zusammen den Umfang einer Vollbeschäftigung nicht erreichen. Es versteht sich von selbst, dass der Nachteilsausgleich in diesen Fällen nicht dazu führen kann, dass insgesamt höhere Leistungen gewährt werden als ohne die Rückstufung. Insoweit beschränkt sich der Nachteilsausgleich dann auf den Ausgleich der Rückstufung und löst keine Pflicht zur Aufstockung auf 100 % des nach den Familienverhältnissen zutreffenden Ortszuschlages aus, da insoweit kein Nachteil iSd. § 29B Abs. 7 Satz 3 DRK-TV eingetreten ist.
dd) Die Anwendbarkeit des Nachteilsausgleichs bei Teilzeitbeschäftigung beider Ehegatten führt auch dann nicht zu Schwierigkeiten, wenn die Ehegatten zusammen mehr als eine Vollbeschäftigung ausüben. Die Rückstufung des DRK-Angestellten wird in diesem vom Senat am 14. November 2007 (– 4 AZR 866/06 –) entschiedenen Fall des vollzeitbeschäftigten DRK-Angestellten und seiner im öffentlichen Dienst teilzeitbeschäftigten Ehefrau nur in dem Umfang ausgeglichen, dass die Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten insgesamt 100 % des zutreffenden Ortszuschlages erhalten. Auch dabei sind demnach beide Zielsetzungen der Regelung, dh. die Gewährleistung der Zahlung von insgesamt 100 % des zutreffenden Ortszuschlages an die Erwerbsgemeinschaft der Eheleute einerseits und die Entlastung der Arbeitgeber dadurch gewährleistet, dass insgesamt nur ein voller Ortszuschlag geschuldet wird.
ee) Gegen diese Auslegung spricht nicht, dass bei – wie hier – hälftiger bzw. bei unterhälftiger Beschäftigung beider Ehegatten der Nachteilsausgleich die Rückstufung nach § 29B Abs. 7 Satz 1 DRK-TV voll kompensiert. Das ist kein Widerspruch zu dem auch vom Senat anerkannten Grundsatz, dass der nach § 29B Abs. 7 Satz 3 DRK-TV auszugleichende Nachteil nicht die Rückstufung des DRK-Angestellten nach § 29B Abs. 7 Satz 1 DRK-TV selbst sein kann, weil andernfalls die Regelung sinnlos ist. Vielmehr wird auch in diesen Fällen der hälftigen oder unterhälftigen Beschäftigung der Ehegatten nur auf den Nachteil für die Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten abgestellt.
ff) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann aus § 29B Abs. 5 DRK-TV nicht abgeleitet werden, dass bei Teilzeitbeschäftigung beider Ehegatten durch den Nachteilsausgleich nach § 29B Abs. 7 Satz 3 DRK-TV für die Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten nicht der ihnen nach dem Gesamtumfang ihrer Beschäftigung zustehende Ortszuschlag gewährleistet werden soll.
(1) Richtig ist zwar, dass nach dieser Regelung, die die Verteilung des Ortszuschlages der Stufe 2 bei der Beschäftigung beider Ehegatten “im Dienst des DRK oder eines anderen Arbeitgebers, der in Anlehnung an den BAT einen entsprechenden Ortszuschlag zahlt”, festlegt, der anteilige Ortszuschlag der Eheleute grundsätzlich zusätzlich der anteiligen Kürzung entsprechend der Teilzeitbeschäftigung nach § 31 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 DRK-TV unterliegt mit der Folge, dass sie zusammen nicht 100 % des ihnen an sich zustehenden Ortszuschlages erhalten. Nach § 29B Abs. 5 Satz 2 DRK-TV findet diese Kürzung wegen Teilzeitbeschäftigung nur dann keine Anwendung, wenn einer der Ehegatten vollbeschäftigt ist.
(2) Das rechtfertigt aber nicht die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auslegung zum Nachteilsausgleich.
(a) Es ist schon sehr zweifelhaft, ob die Regelung für die Teilzeitbeschäftigten in § 29B Abs. 5 DRK-TV rechtswirksam ist. Sie kann schon deshalb in ihrem Anwendungsbereich nicht erweitert werden und für die Konkretisierung des besonderen Falls des Nachteilsausgleichs bei Teilzeitbeschäftigten nach § 29B Abs. 7 DRK-TV entsprechend herangezogen werden. Richtig ist zwar der Hinweis des Landesarbeitsgerichts, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 15. Oktober 1985 (– 2 BvL 4/83 – BVerfGE 71, 39) die mit § 29B Abs. 5, § 31 Abs. 1 DRK-TV im Wesentlichen übereinstimmenden §§ 6, 40 Abs. 5 Satz 1 BBesG 1975, wonach Ehegatten, die beide als Beamte oder Richter im öffentlichen Dienst teilzeitbeschäftigt sind, zusammen weniger als den vollen ehegattenbezogenen Bestandteil des Ortszuschlages erhalten, als mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar angesehen hat. Dabei hat es aber schon entscheidend auf den Unterschied zwischen Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung in den Beschäftigungsverhältnissen von Beamten und Richtern abgestellt. Darüber hinaus ist kurz nach dieser Entscheidung durch das Vierte Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 20. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2466) die Kürzung des Ortszuschlages entsprechend der Teilzeitbeschäftigung auch für den Fall ausgeschlossen worden, dass beide Anspruchsberechtigten mit jeweils mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat darüber hinaus mit Urteil vom 29. September 2005 (– 2 C 44/04 – BVerwGE 124, 227) entschieden, dass auf Grund einer verfassungskonformen Auslegung des § 6 BBesG nF eine Kürzung des Ortszuschlages auch dann zu unterbleiben hat, wenn von den beiderseits teilzeitbeschäftigten Ehegatten einer unterhälftig beschäftigt ist, wenn ihre Arbeitszeit insgesamt nur die Regelarbeitszeit eines Vollbeschäftigten erreicht. Es braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, wie danach die Wirksamkeit der Regelung in § 29B Abs. 5 DRK-TV zu beurteilen ist, die anders als die entsprechenden Regelungen im BBesG und im BAT nicht geändert worden ist. Jedenfalls kann das Ergebnis der Regelung in § 29B Abs. 5 DRK-TV für den Ortszuschlag von beiderseits teilzeitbeschäftigten Ehegatten im Dienst des DRK nicht als Leitbild für den nach § 29B Abs. 7 Satz 3 DRK-TV zu gewährenden Nachteilsausgleich herangezogen werden. Vielmehr sprechen die vom Bundesverwaltungsgericht aufgezeigten Gründe für das Verbot einer Schlechterstellung von beiderseits teilzeitbeschäftigten Ehegatten hinsichtlich des ihnen insgesamt gewährten Ortszuschlages dafür, dass die Auslegung des § 29B Abs. 7 Satz 3 DRK-TV durch den Senat auch unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht geboten ist.
(b) Aus den Regelungen für die Teilzeitbeschäftigten in § 29B Abs. 5 DRK-TV kann nicht abgeleitet werden, wie der Nachteilsausgleich bei teilzeitbeschäftigten Ehegatten nach § 29B Abs. 7 Satz 3 DRK-TV zu erfolgen hat, weil Regelungsgegenstand und Regelungstechnik von § 29B Abs. 5 und Abs. 7 DRK-TV sich grundlegend unterscheiden. § 29B Abs. 7 DRK-TV betrifft den Fall der Beschäftigung des Ehegatten des DRK-Angestellten im öffentlichen Dienst und enthält eine pauschale Rückstufung hinsichtlich des Ortszuschlages kombiniert mit einem allgemeinen Nachteilsausgleich. § 29B Abs. 5 DRK-TV beinhaltet demgegenüber eine differenzierte Regelung über die Verteilung des Ortszuschlages der Stufe 2 bei Beschäftigung beider Ehegatten ohne zusätzlichen Nachteilsausgleich.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO.
Unterschriften
Bepler, Creutzfeldt, Wolter, Valentien, Kiefer
Fundstellen
NZA 2008, 1320 |
ZTR 2008, 678 |
AP 2016 |