Julia Bangerth: die Trendige
Sie verkörpert New Work im Mittelstand. Die Personalvorständin der Datev ist nahbar, lässt den Mitarbeitenden viele Freiräume und hat früh über eine Betriebsvereinbarung geregelt, dass Teams die Verantwortung zur Ausgestaltung der mobilen Arbeit haben. In der Doppelfunktion als CHRO und COO der Datev fällt auch die Geschäftstransformation in ihren Zuständigkeitsbereich. Etwa ein Viertel der mehr als 8.500 Mitarbeitenden ist in die Entwicklung von Software involviert, wo der Trend Richtung Cloud lösungen läuft. Julia Bangerth fördert einen positiven Umgang mit Veränderung. Es war ihre Initiative, dass sich Mitarbeitende nicht nur mit dem Lernen von Neuem beschäftigten, sondern auch das Alte loslassen, Stichwort "Unlearning". Die 51-Jährige engagiert sich beim HR Innovation Award und beteiligt sich an Debatten.
Birgit Bohle: die Einflussreiche
Karriere hat sie bei McKinsey und der Deutschen Bahn gemacht, wo sie zuletzt Vorstandsvorsitzende der DB Fernverkehr AG war. Als sie vor vier Jahren Vorständin für Personal und Recht der Deutschen Telekom wurde, war das durchaus überraschend. Als Quereinsteigerin hat Birgit Bohle sich als Schwergewicht in der HR-Community etabliert. Die 50-Jährige gilt als bodenständig, durchsetzungsstark und bestens vernetzt. Bohle steht für eine datengetriebene HR-Arbeit, jährlich veröffentlicht sie ein "HR Factbook", das die wichtigsten Personalkennzahlen transparent macht. Die Telekom ist seit Jahren ein Vorreiter bei Diversity, bei dieser Entwicklung hält sie Kurs, auch die bei dem Konzern durchaus schwierige Tarifpolitik hat sie im Griff. Die Stimmung beim Konzern hält sich auf gutem Niveau, wie die jüngste Mitarbeiterbefragung deutlich machte. Zuletzt hat sie zusammen mit dem Betriebsrat ein "Manifest zur Nutzung von KI" vereinbart.
Die Betriebswirtin sagt von sich selbst "stets ein offenes Ohr für die Bedürfnisse der Beschäftigten zu haben." Das passt zu ihrer Philosophie, wonach zufriedene Mitarbeitende die Voraussetzung für zufriedene Kunden sind. Mit der Initiative "New Ways of Working" möchte sie im Konzern neue Formen der Zusammenarbeit etablieren – und diese auch in den Shopfloor und Servicebereich tragen. Dazu zählt nicht nur eine flexiblere Wahl des Arbeitsortes, sondern auch eine Befähigung der Beschäftigten zu mehr eigenverantwortlichem Handeln. Birgit Bohle beteiligt sich auch an externen Aktivitäten, sie ist beispielsweise Gründungsmitglied der "Allianz der Chancen" und an Initiativen für den IT-Nachwuchs.
Sylvia Borcherding: die Impulsgeberin
Seit über vier Jahren ist sie CHRO bei der 50 Hertz Transmission GmbH, die sich im Norden und Osten Deutschlands um die grüne Stromversorgung kümmert. Sylvia Borcherding setzt sich in dem Unternehmen mit 1.600 Mitarbeitenden für die Modernisierung der Arbeitskultur ein. Borcherding, die langjährige Erfahrung als Business Coach mitbringt, betrachtet das Unternehmen aus systemischer Sicht: Es gehe darum, Rahmenbedingungen für flexibles und selbstbestimmtes Arbeiten zu schaffen, damit die Beschäftigten ihr Potenzial ausschöpfen können. 50 Hertz will sie in der Energiebranche zu einer starken Arbeitsgebermarke machen, der Berliner Netzbetreiber will wachsen. Die 56-Jährige engagiert sich auch außerhalb des Unternehmens und nimmt rege an Podien und Branchenforen teil.
Oliver Burkhard: der Admiral
Er spielt jetzt auf der großen Bühne der Republik. Als Anfang 2022 ein neuer CEO für Marine Systems, die Rüstungsparte von Thyssenkrupp, gesucht wurde, der einen möglichen Verkauf vorbereitet, hob Oliver Burkhard die Hand. Der Konzernvorstand war sich nicht zu schade, eine zusätzliche Aufgabe zu übernehmen, die er beherzt anging. Auf der Social-Media-Plattform Linkedin kündigte er an, dass er alle Mitarbeitenden kennenlernen wolle. Diese Volksnähe, wie man bei einem Politiker sagen würde, ist bei ihm nicht gespielt, er kann mit Leuten. Doch es kam anders. Mit der Zeitenwende infolge des Ukrainekriegs ergeben sich für Marine Systems neue wirtschaftliche Perspektiven. Burkhard wurde über Nacht zu einem der wichtigsten Rüstungsmanager des Landes, der jüngst mit Bundeskanzler Olaf Scholz nach Südamerika und mit Verteidigungsminister Boris Pistorius nach Asien reiste, um die Sicherheit des Landes zu stärken und neue Geschäfte für seine Firma an Land zu ziehen.
Der gelernte Verwaltungsfachangestellte, der sich berufsbegleitend zum Betriebswirt weiterqualifizierte, zeigt Durchhaltevermögen. Seit zehn Jahren ist er Mitglied des dreiköpfigen Vorstands und für Personal, Legal und Compliance verantwortlich. In dieser Zeit hat der Konzern mehrere Krisen und Neuausrichtungen durchgemacht. Die Vorstandsmitglieder wurden mehrfach ausgetauscht, nur er hat "überlebt". In seiner Personalarbeit hat der 51-Jährige viel mit harten Themen zu tun: Restrukturierung, Sanierung und Zukunftsplanung. Mit den Trendthemen ist Burkhard, der seit vielen Jahren auch dem Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Personalführung angehört, vertraut, er kann die Klaviatur bei jedem Thema spielen. Doch bei dem Personalvorstand ist auch seine Herkunft aus der IG Metall immer noch spürbar. Wenn man ihn auf das Thema Gesundheit anspricht, denkt er statt an Obstkorb oder vegane Ernährung, eher an Arbeitssicherheit und die Reduzierung von Unfallzahlen. Die Zukunft der Rüstungssparte wird derzeit wieder sondiert, ein Verkauf ist denkbar. Doch die Herausforderung bei Thyssenkrupp bleiben gewaltig, die Firma ist der größte CO2-Emmittent des Landes. Burkhard, dessen Vertrag jüngst um fünf weitere Jahre verlängert wurde, hat das schon vor einem Jahr in einem Interview mit einer großen Wochenzeitung thematisiert.
Inga Dransfeld-Haase: die Präsente
In ihrer zweiten Amtszeit als Präsidentin des Bundesverbands der Personalmanager*innen (BPM) ist Inga Dransfeld-Haase längst zur Gallionsfigur des Branchenverbandes geworden – und das, obwohl sie keine Gelegenheit auslässt, die Arbeit ihrer Mitglieder und ihres Präsidiums hervorzuheben. Die 44-Jährige ist eine glaubhafte und überzeugte Teamspielerin, weiß aber auch, um ihre Starqualitäten. Sie beherrscht den öffentlichen Auftritt perfekt, ob auf dem jährlichen Personalmanagementkongress, bei Branchenevents oder in Debatte in den sozialen Medien. Sie trifft den richtigen Ton, ist nahbar, sympathisch, manchmal auch schillernd. Trotzdem mangelt es ihr nicht an Durchsetzungsvermögen und Überzeugungskraft, sie verkörpert eine neue Generation Managerinnen. Als Netzwerkerin knüpft sie nicht nur Kontakte in die Personalszene, sondern auch in die Politik. Dabei gerät beinahe in Vergessenheit, dass Dransfeld-Haase, die zunächst die Rolle der Direktorin für People und Culture bei BP Europe innehatte, inzwischen zur Geschäftsführerin für Central Europe und kürzlich zur Personalvorständin und Arbeitsdirektorin aufgestiegen ist. Sie ist nicht nur omnipräsent, sondern scheint auch ein Multitalent.
Markus Fink: der Aufstrebende
Unter den DAX-Konzernen gehörte Infineon zu den Unsichtbaren. Das galt lange auch für Markus Fink, der seit 24 Jahren bei Infineon arbeitet und vor drei Jahren die Rolle als CHRO übernommen hat. Das ändert sich seit einiger Zeit, der 49-Jährige verschafft HR und dem Arbeitgeber mehr Sichtbarkeit.In seinen HR-Reports, die im Internet zugänglich sind, werden die wichtigsten HR-Kennzahlen transparent. Mit seinem Human Capital Reporting hat er als eines der weltweit ersten Unternehmen den ISO-Zertifizierungsprozess durchlaufen. Er treibt die Digitalisierung der HR-Prozesse voran, baut dafür eine neue Plattform auf, über die seine HR-Produkte zugänglich werden. Der Betriebswirt wirkt auch nach draußen und beteiligt sich an aktuellen Debatten der HR-Community. Das Unternehmen wächst rasant und sucht nach neuen Mitarbeitenden. Fink setzt sich für die Stärkung der Berufsausbildung ein, die Anzahl der Ausbildungsplätze hat er deutlich erhöht. Für das Employer Branding möchte er den Purpose besser ausspielen: Die von Infineon produzierten Leistungschips würden helfen, die Energiewende und die Dekarbonisierung der Wirtschaft voranzutreiben. Damit kann er wuchern.
Gunnar Kilian: der Motor
Während sich viele Personalchefs heute gerne als People Officer oder zumindest als Personalvorstand betiteln, bevorzugt Gunnar Kilian den Begriff "Arbeitsdirektor", der aus dem Mitbestimmungsgesetz stammt. Das passt gut zu seinem Arbeitgeber Volkswagen, bei dem Mitbestimmungsfragen eine noch größere Machtfrage darstellen wie in anderen DAX-Unternehmen, andererseits ist es aber auch eine Mission, die Kilian mit seiner Personalpolitik verfolgt. Bei Volkswagen markierte der Dieselskandal 2015, der das Unternehmen bis heute beschäftigt, einen Einschnitt in der Unternehmensgeschichte, auch für die Personalarbeit. Nach Jahren der Abschottung war es Kilian, der nach seinem Amtsantritt 2018 die Firma wieder öffnete und der HR-Funktion eine unternehmerische Modernisierung verordnete: Er räumte mit dem alten Modell der dezentralen "Spitzenpersonalarbeit" auf, vereinheitlichte und digitalisierte Personalprozesse durch die konzernweite Einführung einer neuen Software und schaffte bei der Qualifizierung Leuchtturmprojekte wie Fakultät 73 und Schule 42. Auch das Thema People Sustainability treibt der 48-Jährige voran, im Herbst 2023 kommt dazu ein Buch auf den Markt. Die Ambitionen von Kilian sind offensichtlich: Er will Volkswagen wieder zu einem Benchmark des HR-Managements machen.
Die größte Herausforderung seines Unternehmens ist der Umstieg auf Elektromobilität, der für ihn nicht infrage steht. Diese Transformation ist mit großen Auswirkungen auf die Beschäftigung verbunden, da die Produktion von E-Autos mit deutlich weniger Personal auskommt. Spielentscheidend für den Erfolg als Arbeitsdirektor, der über zwölf Jahre beim Betriebsrat beschäftigt war und auch über exzellente Kontakte zu den Eigentümern und in die Politik verfügt, sind deshalb nicht Rekrutierung, Digitalisierung oder Qualifizierung, die seien ein Muss. Spielentscheidend sind die jährlichen Planungsrunden des Konzernvorstands, in denen entschieden wird, in welchem Werk welche Fahrzeuge oder Komponenten gefertigt werden. Den Aufbau der Batteriefabrik in Salzgitter, wo bislang Verbrennermotoren gefertigt wurden, bezeichnet er deshalb als eine Herzensangelegenheit. Hier wird künftig nicht nur ein Herzstück der E-Autos gefertigt, sondern auch Beschäftigung gefördert.
Rebecca Koch: die Zupackende
Vor zehn Jahren zeichneten wir sie mit dem mit dem HR Next Generation Award aus, heute ist Rebecca Koch Chief People Officer Europe bei DB Schenker und für rund 50.000 Mitarbeitende zuständig. Die 42-Jährige treibt leidenschaftlich gern Transformationen voran und hat viele Change-Projekte gemanaged. Als promovierte Mathematikerin arbeitet sie gern mit Zahlen, denkt analytisch, ohne dabei den menschlichen Faktor außer Acht zu lassen. Nach sieben Jahren beim amerikanischen Healthcare-Unternehmen Becton Dickinson, zuletzt als Senior Director Talent & Culture in Singapur, wechselte sie 2021 zur Logistik-Tochter der Bahn. Dort hat sie die HR-Organisation auf Vordermann gebracht, ein global einheitliches HCM-System implementiert, agile Strukturen und Arbeitsweisen eingeführt und die HR-Teams aus 42 Ländern stärker zusammenwachsen lassen. Diesen Spirit will sie mit ihrem Team nun auch in die Gesamtorganisation hineintragen. Koch, die Mitglied bei der "Generation CEO" ist und zu den "Top 40 unter 40" zählt, unterstützt Patenkinder über Plan e.V. und ist Beirätin von Startup Teens und Gen Talents.
Sabine Kohleisen: die Autoverkäuferin
Als Autoverkäuferin stieg Sabine Kohleisen bei der damaligen Daimler-Benz AG ein, seit zwei Jahren ist die 59-Jährige nun Personalvorständin der Mercedes Benz Group. Nach eher unruhigen Zeiten bringt sie wieder Verlässlichkeit und Stabilität in die HR-Organisation. Ihren Fokus richtet sie auf die Schaffung eines flexiblen und modernen Arbeitsumfeldes für die Mitarbeitenden, die Förderung von Diversity und die Erhöhung des Frauenanteils im Management sowie das lebenslange Lernen. Zur Schulung von 80.000 Beschäftigten konnte sie ein Budget von 1,3 Milliarden Euro bis 2030 organisieren, mit dem die Qualifizierung für den Wandel zur Elektromobilität bewerkstelligt werden soll. Mit der neuen Employer-Branding-Kampagne "Becoming… One of Us" positioniert sie die Firma, die im vergangenen Jahr 160.000 Bewerbungen bearbeiten musste, neu am Arbeitsmarkt. Das Verkaufsgen ist ihr erhalten geblieben.
Sirka Laudon: die Reflektierte
Sie verfügt nicht nur über ein großes Gespür für Unternehmenskultur, sie versteht dieses auch im Alltag einzusetzen: Den Vorstandsvorsitzenden gewinnt sie für ein Dialogformat am Männertag, bei dem dieser mit Fragen konfrontiert wird, die sonst meist Frauen gestellt werden. Den Erfolg des Dialogs mit dem AR-Vorsitzenden macht sie auch daran fest, ob ihm kritische Fragen gestellt werden. Seit knapp vier Jahren ist Sirka Laudon CHRO der Axa Deutschland. Ihre Handschrift ist erkennbar: offene Unternehmenskultur, Chancengleichheit, Vielfalt, Dialog mit dem Sozialpartner oder nachhaltiges Personalmanagement sind die Themen, die sie vorangebracht hat und mit denen sich das Unternehmen nach außen schmückt. Die 55-jährige Psychologin ist eine der wenigen Ostdeutschen, die es in den Vorstand geschafft haben. Zuletzt kritisierte sie, dass viele Unternehmen bei Veränderungen zu sehr auf Kultur und Haltung setzen, Strukturen und Prozesse seien die besseren Hebel. Darin spiegelt sich auch ihr eigener Reflexionsprozess wider.
Alexandra Mebus: die Ausbalancierte
Sie machte in den HR-Bereichen der Technologieunternehmen Bosch und Voith Karriere und ist seit mehr als fünf Jahren CHRO der Zeppelin Group. Alexandra Mebus, im Vorstand die einzige Frau, hat gelernt, sich in einem männerdominierten Umfeld zu behaupten und eine Balance zwischen entschlossener Modernisierung und Erhalt des Bewährten zu finden. In dem Stiftungsunternehmen setzt sich die 46-Jährige für ein modernes Arbeitsumfeld, Diversity und eine wertorientierte Führungskultur ein, die auf den "Grafensätzen" des Namensgebers des Unternehmens beruht. Die gelernten Personalentwicklerin, die ursprünglich Sozialpädagogik studierte, erwartet von Führungskräften, ihrer Vorbildrolle gerecht zu werden. Im Unternehmen ist Mebus, die gute Stimmung schaffen kann, anerkannt und beliebt. Beim Fraunhofer IAO wirkt sie im Kuratorium mit.
Thomas Ogilvie: der Schlaue
Im Tarifstreit mit der Gewerkschaft Verdi erwies sich Thomas Ogilvie als harter Verhandlungsführer und erzielte Anfang des Jahres einen Abschluss, ohne zermürbende Streiks. Dabei schreckte er nicht davor zurück, mit dem Outsourcing von Kerndienstleistungen zu drohen. Der 47-jährige Personalstratege hat nicht nur wettbewerbsfähige Arbeitskosten im Blick, er sorgt bei den rund 160.000 tariflich Beschäftigten in den unteren Lohngruppen für Arbeitsbedingungen, die als Maßstab für die Branche gelten dürften. In den vergangenen zwei Jahren hat sich Ogilvie auch in der HR-Community engagiert. Er ist der "Allianz der Chancen" beigetreten, setzt sich für die Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt ein und möchte für Beschäftige, die vom Strukturwandel betroffen sind, Zukunftsaussichten schaffen. Ogilvie meldet sich auch in der öffentlichen Debatte zu Wort, zuletzt etwa zum Thema Künstliche Intelligenz. Für den scharfen Analytiker ist der Chatbot Chat GPT schon jetzt "eine Basisinnovation, die die nächsten zwei Dekaden prägen wird." Dass die Deutsche Post unter dem technologieaffinen Ogilvie bereits an Einsatzmöglichkeiten des Programms tüftelt, dürfte ein offenes Geheimnis sein.
Ariane Reinhart: die Pionierin
An Selbstbewusstsein mangelt es ihr nicht: Ariane Reinhart sieht die Personalarbeit von Continental als Benchmark in der Branche. Dafür kann die 54-Jährige zahlreiche Erfolge vorweisen: Die globale Einführung von flexiblem Arbeiten schon 2016, diagnostische Auswahlprozesse und die Förderung von Diversität. Jüngst kam das Angebot dazu, dass Mitarbeitende aus elf europäischen Ländern jeweils zweimal 20 Tage im Jahr grenzüberschreitend arbeiten können. Eine Pionierleistung war die Gründung des konzerneigenen "Institute for Technology and Transformation", über das 8.500 Teilnehmer qualifiziert und 300 Berufsabschlüsse erzielt wurden.
Sie ist die dienstälteste Personalchefin im DAX. Seit knapp neun Jahren verantwortet sie das Personalressort, seit vier Jahren ist sie auch für Sustainability zuständig. Als Vorstandsfrau ist sie ein Role Model geworden, die auch CEO-Wechsel und schwierige Unternehmensphasen exzellent managen konnte. Sie verfolgt auch ambitionierte Diversity-Ziele und will bis 2025 einen Frauenanteil von 25 Prozent auf den ersten beiden Führungsebenen erreichen. Die promovierte Juristin, die bei Volkswagen Karriere machte und das legendäre Fabrikkonzept "5.000 mal 5.000" mit aufbaute, ist einer der politischen HR-Köpfe. Sie engagiert sich in Dialogprozessen zum Strukturwandel der Automobilindustrie und hat die "Allianz der Chancen" ins Leben gerufen, zu der 60 Unternehmen mit 2,5 Millionen Beschäftigten gehören.
Martin Seiler: der Sisyphos
Im April 2023 veröffentlichte er den ersten Diversity-Bericht, der auch eine Art Leistungsschau ist, was der 59-Jährige in seiner mittlerweile über fünfjährigen Amtszeit als CHRO bei der Deutschen Bahn erreicht hat: Das Durchschnittsalter der Beschäftigten ist jünger geworden, der Anteil mit Migrationshintergrund gewachsen und der Anteil von Frauen in Führungspositionen auf 27 Prozent gestiegen. Bei seiner gewaltigen Rekrutierungsaufgabe – über 25.000 Stellen muss er jährlich besetzen – setzt er bewusst auf einen Diversity-Ansatz und hat sich bei dem Thema als einer der wenigen Männer einen Namen gemacht.
Für Martin Seiler, den die Leserschaft des Personalmagazins 2020 zum CHRO of the Year wählte, gehört die gesellschaftliche Verantwortung zu den Aufgaben eines Personalchefs: Er besucht Schulen und macht sich für die Ausbildung stark, unterstützt ukrainische Geflüchtete mit Transportmöglichkeiten und niedrigschwelligen Jobangeboten. Im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht er immer wieder durch die Tarifkonflikte, die er mit den starken Tarifpartnern austragen muss. Eine Entspannung ist hier nicht in Sicht, das arbeitgeberseitige Drohpotenzial hat seine Grenzen. Es bleibt seine schwierigste, immer wiederkehrende Aufgabe.
Claudia Viehweger: die Nachhaltige
Sie ist die erste CHRO von Scout 24 SE, Betreiberin des digitalen Marktplatzes Immoscout 24. Seit Juni 2021 verantwortet die promovierte Juristin, die vorher in verschiedenen führenden HR-Funktionen bei Axel Springer war, das Personalressort des MDAX-Unternehmens. Dort steht Claudia Viehweger für eine moderne Tech-Kultur, wie inklusive Führung der internationalen Belegschaft sowie die Förderung von Frauen in Tech. Dabei traut sie sich auch an KI in der Rekrutierung heran, um damit zum Beispiel Diversity zu unterstützen und Interviewpraktiken zu verbessern. Zudem nimmt sie moderne Themen wie die organisationale Resilienz auf ihre Agenda.
Dass man der 48-Jährigen viel zutraut, konnte sie nach gut einem Jahr unter Beweis stellen: Sie setzte sich dafür ein, neben dem HR-Ressort die C-Level-Verantwortung für Nachhaltigkeit zu übernehmen und wurde im Juni 2022 zusätzlich Chief Sustainability Officer. Die letzte Wesentlichkeitsanalyse des Digitalunternehmens mit rund 1.000 Mitarbeitenden ergab, dass 60 Prozent der Nachhaltigkeitsthemen People-Themen sind. Scout 24 hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2045 "Net Zero" zu werden und die Unternehmensemissionen um 90 Prozent gegenüber dem Basisjahr zu reduzieren. Viehweger setzt dabei auf das Engagement der Mitarbeitenden: Diese sollen Lösungen entwickeln, die den Energiebedarf der Immoscout 24-Plattform senken – etwa durch bessere Programmierung und Datenspeicherung. Sie schreckt auch nicht vor der Verantwortung zurück, mit innovativen Produkten die Kundinnen und Kunden bei umweltbewussten Entscheidungen zu unterstützen. Damit zeigt sie, dass HR und Sustainability zentrale Bedeutung für das Business haben.
Felicitas von Kyaw: die Konzeptionelle
In der HR-Szene ist Felicitas von Kyaw seit vielen Jahren bekannt, hatte führende Positionen bei Coca-Cola oder Vattenfall. Auch im Präsidium des Bundesverbands der Personalmanager*innen ist sie engagiert und setzte mit dem Konzept Employee Experience Akzente. Seit Anfang 2022 hat die 55-Jährige einen Job angetreten, bei dem sie dicke Bretter bohren muss. Als Arbeitsdirektorin von Vodafone Deutschland ist es ihre Aufgabe, die Deutschland-Tochter des britischen Telekommunikationsunternehmens zu restrukturieren: Bei dem Unternehmen, das durch Zukäufe entstanden ist, muss sie 1.300 Stellen abbauen – vor allem in Verwaltungs- und Managementpositionen. Ihre Ambitionen der gestaltenden Personalarbeit will sie auch im Krisenmanagement fortführen. Laufende Initiativen für mehr Diversity und gegen den Gender Pay Gap oder das Angebot "Full Flex Office" behält sie bei und gibt ehrlich zu, wo sie noch nicht mit dem Erreichten zufrieden ist. Daneben fördert sie Neukonzepte zur Lernkultur im Unternehmen, das kürzlich eine globale Recruiting-, Skill- und Lern-Plattform eingeführte.
Frauke von Polier: die Populäre
Sie zählt zu den New-Work-Vordenkerinnen im Personalmanagement, ist technologieaffin und bringt neue Arbeitskonzepte voran. Frauke von Polier übernahm vor zwei Jahren das Personalressort von Viessmann, ihre beruflichen Stationen davor waren SAP, Zalando und Otto. Dass sie bei Viessmann als Rollenbezeichnung Chief People Officer wählte, entsprach ihrem modernen Selbstverständnis. Der mittelständische Heizungshersteller befand sich mitten im Transformationsprozess zu einem Anbieter von Klimalösungen, vor allem von Wärmepumpen. Die Betriebswirtin etablierte mitten in der Coronapandemie ein neues Konzept für hybride Arbeit, das auch den in Fabriken Beschäftigten Wertschätzung vermittelte. Sie modernisierte die Arbeitsweise der Personalabteilung, die fortan Produkte entwickelte und vermarktete. Sie implementierte damit auch ein Stück weit Konzerndenke im einem Traditionsunternehmen, das seinen Hauptsitz im nordhessischen Allendorf hat.
Mit New Work verbindet Frauke von Polier keinen Wohlfühlkurs, sondern ein modernes Verständnis der Unternehmensführung: Ihre Personalstrategie hat sie in der Unternehmensstrategie verankert, Performance Management richtet sie auf die Erreichung von Geschäfts-, Bereichs- und Teamzielen aus. Die Messung der Leistung von Einzelnen, die derzeit wieder diskutiert wird, hält sie für einen großen Fehler, weil individuelle Leistung häufig nicht wirklich messbar sei. Sie legt deshalb ihren Fokus auf gemeinsame Ziele, Purpose und Wertschätzung. Der Verkauf der Wärmepumpensparte an den amerikanischen Konzern Carrier HVAC dürfte auch sie überrascht haben, gleichwohl hob sie die Vorteile der Übernahme für die Beschäftigten hervor. Teil des Deals ist auch die Standortsicherung in Europa. Auch die Transformationsaufgabe, eine neue Sparte von Klimalösungen aufzubauen und die Mitarbeitenden dafür zu qualifizieren, bleibt erhalten. Für die auf internationalem Parkett versierte HR-Managerin, die umfangreiche Konzernerfahrungen mitbringt, wird die Zusammenarbeit mit den Amerikanern durchaus vertraut sein. Ihre Verbindung zur Technologie- und Startup-Welt ist nie abgerissen. Als Board-Mitglied des Startups "Hey Jobs" ist sie dort auch noch aktiv.
Judith Wiese: die Wirkmächtige
Als der neue CEO von Siemens vor knapp drei Jahren sein Top-Managementteam formierte, holte er Judith Wiese ins Team – mit der Doppelverantwortung für Personal und Sustainability. Bei der Erarbeitung der neuen Unternehmensstrategie war sie von Anfang an dabei, ihre Themen sind darin fest verankert. Auf dem Weltwirtschaftsforum 2023 sprach die 52-Jährige von einer "spielentscheidenden Supermacht", die dieser Doppelverantwortung in der Unternehmensgestaltung zukommt. Unter Coronabedingungen hat sich Wiese in der Firma Anerkennung verschafft, ihr Vorstandsvertrag wurde jüngst um fünf Jahre verlängert. In "People & Organizations" spielen für sie Daten eine große Rolle, People Analytics hat sie gestärkt. Sie spricht viel über Technologie, mit der die Dekarbonisierung der Wirtschaft vorangetrieben wird. Ihre Employer-Branding-Kampagne läuft unter dem Motto "Technology with purpose", ihr Geschäftsfokus wird darin deutlich. Sie treibt Diversity voran und beteiligt sich an gesellschaftlichen Debatten.
Cawa Younosi: der Kommunikative
Er ist der HR-Influencer Nummer eins in Deutschland. Mit seinem Social-Media-Auftritt wurde der Personalchef von SAP Deutschland ein Vorbild für viele – nicht nur aufgrund seiner großen Followerschaft von knapp 100.000 Personen. Er versteht es HR-Belange aus seinem Unternehmen fachlich und unterhaltsam zugleich zu spielen. Der studierte Jurist, den fast alle schlicht "Cawa" nennen, vermittelt Leichtigkeit und gute Laune – auch in traditionellen Medien. Oft gelingt ihm der kleine Twist, der Menschen emotional anspricht – sei es beim Thema flexible Arbeitszeit, Arbeitsmarktpotenzial von Frauen oder Investition in Bildung. Dies weiß er mit den Angeboten von SAP zu verknüpfen. In der New-Work-Szene wird er geschätzt, obwohl er manchmal gegen den Strom schwimmt. Als Personalleiter von SAP Deutschland nimmt er die Arbeitgeber-Perspektive ein, die er sehr gut vermitteln kann: Er promotete die Rückkehr ins Büro, ohne das hybride Arbeitsmodell in Frage zu stellen. Der starren Viertagewoche erteilte er eine klare Absage und verweist auf die Vielfalt der Arbeitsmodelle, die SAP seinen Mitarbeitenden anbietet.
Seine Aktivitäten zahlen darauf ein, der Technologiefirma ein menschliches Gesicht auf dem Arbeitsmarkt zu geben. Er macht über die sozialen Medien auch interne HR-Tools unter Mitarbeitenden bekannt, die ihm folgen. Und er vermittelt damit einen Stolz auf den Arbeitgeber. Das passt zu seiner weiteren Aufgabe, die er wahrnimmt: Als Global Head of People Experience ist er weltweit für die Unternehmenskultur verantwortlich, die er zusammen mit den Personalleiterinnen und Personalleitern aus aller Welt mitgestaltet. Der Anspruch der Firma ist hier traditionell hoch: Sie will ein Benchmark für die Branche sein und neue Entwicklungen frühzeitig aufgreifen. Am Puls der Zeit zu sein, Dinge auszuprobieren, kühne Ideen auf die Praxistauglichkeit herunterzubrechen, das ist etwas, das Younosi beherrscht – als Player der Mitte, der gut mit Menschen kann und auf gesunden Menschenverstand setzt. Younosi, der mit 13 Jahren aus Afghanistan geflohen ist, ist in HR-Vorstandskreisen bestens vernetzt. Er hält Vorträge bei Konferenzen, gibt Interviews in den Medien, auch im Präsidium des Bundesverbands der Personalmanager*innen ist er engagiert. Zudem fördert er (junge) Berufskolleginnen und -kollegen, und zwar unternehmensübergreifend.
Alexander Zumkeller: der Unermündliche
Alexander Zumkeller ist Arbeitsdirektor bei ABB Deutschland, aber gleichzeitig auch Gründer, Präsident und Antreiber des Verbands für Arbeitsrechtler in Unternehmen (BVAU) - sicher kein leichtes Unterfangen, beide Rollen unter einen Hut zu bekommen In diesem Jahr wurde der BVAU zehn Jahre alt und Alexander Zumkeller kann mit Stolz darauf zurückschauen, wie er aus kleinen Anfängen eine der wichtigsten Expertengruppen in den Unternehmen organisiert hat, ein Forum geschaffen hat, um sich auszutauschen und der Arbeitsrechtspraxis gegenüber der Politik eine Stimme gegeben hat. Eine etablierte Arbeitsrechtstagung in Kooperation mit der DGFP, gespickt mit namhaften Referenten, krönt alljährlich das Wirken des Verbands. Der BVAU hat sich etabliert, Einfluss gewonnen und ist zur wichtigen Stimme in der HR-Szene geworden. Fast schon gebetsmühlenartig pocht Zumkeller immer wieder mit Nachdruck auf das Kernanliegen des BVAU: Der Gesetzgeber möge doch bitte Vorschriften sinnvoll und so klar gestalten, dass sie in der Praxis umsetzbar sind. Damit spricht der 63-Jährige der ganzen HR-Gemeinde aus der Seele. Dass er dabei selten ein Blatt vor den Mund nimmt und mit deutlicher Kritik nicht spart, hat ihm weithin Respekt und Anerkennung verschafft.
Eine Übersicht über die "40 führenden HR-Köpfe 2023" finden Sie hier.
Die ausführliche Berichterstattung über die Preisträgerinnen und Preisträger 2023 lesen Sie in Personalmagazin Ausgabe 08/2023 oder in der Personalmagazin-App.