Das gerichtliche Mahnverfahren ist ein verkürztes, vereinfachtes und zügiges Verfahren, einen gerichtlichen Titel für die Vollstreckung (= Vollstreckungsbescheid) zu bekommen. Es ist kostengünstiger als eine Klage, aber nur möglich, wenn es um reine Geldforderungen geht, z. B. Kaufpreis-, Werklohn- oder Darlehensforderungen.
Anwalt hinzuziehen
Sinnvoll ist das Mahnverfahren aber nur dann, wenn der Schuldner sich voraussichtlich nicht gegen die Forderung wehren wird. Auch wenn rechtlich betrachtet für das Mahnverfahren kein Anwalt benötigt wird, ist die Beauftragung ratsam, da formale Fehler (aus Unerfahrenheit) wertvolle Zeit kosten und bei Widerspruch des Schuldners ein Klageverfahren nötig wird, in dem bei Forderungen über 5.000 EUR Anwaltszwang herrscht.
Vorteil des gerichtlichen Mahnverfahrens ist, dass die Verjährung durch den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gehemmt werden kann. Für Forderungen aus dem Jahr 2021 muss dann möglichst noch vor Weihnachten 2024 ein Mahnbescheid beantragt werden, der allerdings keine Fehler/Lücken haben darf, damit die zeitnahe Zustellung (u. U. noch Anfang 2025) an den Schuldner gewährleistet ist. Z. B. muss die Forderung exakt bezeichnet werden. Die Zustellung eines Mahnbescheids, mit dem ein Teilbetrag aus mehreren Einzelforderungen geltend gemacht wird, hemmt die Verjährung nicht, wenn eine genaue Aufschlüsselung der Einzelforderungen unterblieben ist und die Individualisierung erst nach Ablauf der Verjährungsfrist im anschließenden Streitverfahren nachgeholt wird.
Die Hemmungswirkung eines Mahnbescheids bezieht sich immer nur auf die Gewährleistungsansprüche wegen des geltend gemachten bestimmten Mangels, nicht auch auf Gewährleistungsansprüche wegen anderer Mängel. Es ist deshalb notwendig, dass sich aus einem Mahnbescheid entnehmen lässt, wegen welcher Mängel ein Anspruch geltend gemacht wird. Werden mehrere Mängel geltend gemacht, muss deutlich werden, in welcher Höhe die Ansprüche wegen der einzelnen Mängel jeweils erhoben werden. Die nachträgliche Individualisierung des Klageanspruchs kann zwar die Zulässigkeit der Klage herbeiführen, hat aber für die Verjährung keine Rückwirkung.
Der BGH hat aber in 2017 entschieden, dass es für die zur Hemmung der Verjährung durch Mahnbescheid erforderliche Individualisierung der darin geltend gemachten Ansprüche genügt, wenn der Schuldner selbst – etwa anhand einer im Mahnbescheid genannten und ihm bekannten Forderungsaufstellung – erkennen kann, um welche Forderungen es geht.
Die im Mahnbescheid nicht hinreichende Individualisierung des Anspruchs kann nachgeholt werden. Die Nachholung der Individualisierung hemmt die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB zwar nicht rückwirkend, aber ab dem Zeitpunkt ihrer Vornahme. Für die nachträgliche Individualisierung des Anspruchs im Mahnverfahren ist ebenso wie für die Individualisierung im Mahnbescheid ausschließlich auf den Erkenntnishorizont des Schuldners abzustellen. Dementsprechend ist es ohne Bedeutung, ob die Individualisierung des Anspruchs durch an das Gericht gerichteten Schriftsatz oder außerhalb des Gerichtsverfahrens erfolgt.
Unterschreitet der im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids angegebene Gesamtbetrag der geltend gemachten Ansprüche geringfügig den in einem vorprozessualen Anspruchsschreiben genannten Gesamtbetrag, auf das ohne dessen Beifügung zur Individualisierung der Ansprüche Bezug genommen wird, ist dies unschädlich, wenn für den Antragsgegner ohne Weiteres ersichtlich ist, dass es sich um ein Schreibversehen handelt.
Hemmung kann ausgeschlossen sein
Die Berufung des Gläubigers auf die Verjährungshemmung kann bei bewusst wahrheitswidriger Erklärung im Mahnantrag, dass die Gegenleistung bereits erbracht sei, rechtsmissbräuchlich sein.
Die Zustellung eines Mahnbescheids ist nicht mehr "demnächst" und wirkt deswegen nicht gem. § 167 ZPO verjährungshemmend, wenn zwischen der Zustellung einer Zwischenverfügung des Mahngerichts und dem Eingang des verbesserten Antrags bei Gericht ein Zeitraum von mehr als einem Monat liegt.
Verzögerungen im Zustellungsverfahren, die durch eine fehlerhafte Sachbehandlung des Gerichts verursacht sind, sind dem Zustellungsbetreiber nicht zuzurechnen; das gilt auch dann, wenn der fehlerhaften Sachbehandlung des Gerichts eine der Partei zuzurechnende Verzögerung (hier: fehlerhafte Angabe der Zustellanschrift) vorausgegangen ist.