Dipl.-Betriebsw. Karl Birgel
Die Vereinbarung von Tantiemen ist häufig das Kernstück der Gehaltsverhandlungen bzw. -vereinbarung. Der Geschäftsführer erhält z. B. eine gesonderte Vergütung für das Erreichen von Zielvereinbarungen. Auch die Vereinbarung von Tantiemen muss im angemessenen Rahmen bleiben, weil ansonsten auch hier eine vGA angenommen werden kann.
Hinsichtlich der Höhe von Festvergütung und Tantiemen galt früher eine 75/25-Regel. Nach neuerer BFH-Rechtsprechung führt ein 25 % überschreitender Anteil an variablen Gehaltsbestandteilen nicht mehr zwangsläufig zu einer vGA, wenn die Gesamtausstattung des Geschäftsführers insgesamt angemessen ist. Der Überschreitung der typisierten 25 %-Grenze kommt nach Meinung des BFH lediglich Indizwirkung für die Annahme einer vGA zu.
Die Abweichung vom Regelverhältnis 75/25 ist kein vGA-Indiz wenn:
- mit sprunghaften Gewinnentwicklungen gerechnet werden konnte oder
- starke Ertragsschwankungen gegeben sind oder
- eine Gewinnprognose im Vorfeld nicht erstellt wurde oder
- sich die Prognose später nicht mehr verlässlich rekonstruieren lässt oder
- keine weiteren Anhaltspunkte für die Annahme einer vGA (wie z. B. eine mangelhafte Durchführung) bestehen.
In diesen Fallgestaltungen betrachtet es der BFH als ausreichend, wenn der absolute Tantiemesatz als solcher dem Fremdvergleich Stand hält. Das Verhältnis zwischen Festgehalt und Tantieme soll bei einem entsprechenden Sachverhalt unbeachtlich sein.
In derartigen Fallgestaltungen ist es allerdings erforderlich, im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einen Höchstbetrag zu fixieren, bei dessen Überschreitung eine Gewinnausschüttung anzunehmen ist. Mangelt es an einer solchen, geht der BFH von einer vGA der Höhe nach (= Frage der Angemessenheit) und nicht dem Grund nach (= Frage der Üblichkeit) aus (vgl. hierzu BFH, Urteil v. 10.7.2002, I R 37/01, BStBl II 2003 S. 418).
Die Abweichung vom Regelverhältnis 75/25 ist aber ausnahmsweise ein vGA-Indiz, wenn die nachfolgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind:
- es bestehen keine größeren Ertragsschwankungen (stetige Ertragslage);
- eine nachvollziehbare Gewinnprognose wurde erstellt bzw. eine Gewinnprognose ist ohne größere Unwägbarkeiten rekonstruierbar;
- es wurde keine Deckelung der Tantieme vorgenommen;
- die Abweichung vom Regelverhältnis 75/25 ist erheblich (> 50 vom H. Tantiemeanteil);
- die indizielle Wirkung wird durch weitere Anhaltspunkte, die für die Annahme einer vGA sprechen (z. B. mangelhafte Durchführung) erhärtet.
Ist des Weiteren eine Tantieme nicht fremdüblich, führt sie vollumfänglich zur vGA.
Zeitpunkt der Tantiemezusage maßgeblich
Eine sprunghaft angestiegene Tantieme muss nicht notwendigerweise eine vGA sein. Die Angemessenheit einer Tantieme muss grundsätzlich anhand derjenigen Umstände und Erwägungen beurteilt werden, die im Zeitpunkt der Tantiemezusage gegeben waren bzw. angestellt worden sind.
Hielt eine Tantiemevereinbarung im Zeitpunkt ihres Abschlusses einem Fremdvergleich stand und erhöhte sich die Bemessungsgrundlage für die Tantieme später in unerwartetem Maße, so führt die entsprechende Erhöhung der Tantieme nur dann zu einer vGA, wenn die Gesellschaft die Vereinbarung zu ihren Gunsten hätte anpassen können und darauf aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen verzichtete (BFH, Urteil v. 10.7.2002, I R 37/01, BStBl II 2003 S. 418).
Umsatzabhängige Tantiemen nur ausnahmsweise vom BFH anerkannt
Der BFH vertritt die Ansicht, dass umsatzabhängige Tantiemen dem Geschäftsführer einer GmbH nur ausnahmsweise versprochen werden. Entsprechend können sie steuerrechtlich nur in Ausnahmefällen anerkannt werden. Die Voraussetzungen des Ausnahmefalles sind dabei von demjenigen darzulegen, der die steuerrechtliche Anerkennung begehrt (insbesondere BFH, Urteile vom 5.10.1977, I R 230/75, BStBl II 1978, 234; vom 19.02.1999, I R 105-107/97, BStBl II 1999, 321, BFH/NV 1999, 1037; vom 23.10.1985, I R 230/82, BFH/NV 1986, 490)
Anerkennung von "Nur-Tantiemen"
"Nur-Tantiemen" können dem Grunde nach anerkannt werden, wenn ein Ausnahmefall (z. B. Gründungsphase) vorliegt (vgl. Tz. 3 des BMF, Schreibens v. 1.2.2002, BStBl I 2002 S. 219). Diese Tantiemezusagen an einen oder mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer dürfen insgesamt grundsätzlich nicht mehr als 50 % des Jahresüberschusses vor Abzug der Tantieme und der ertragsabhängigen Steuern betragen (vgl. Tz. 3 i. V. m. Tz. 1 des BMF-Schreibens). Es ist zusätzlich erforderlich, dass die "Nur-Tantiemen" zeitlich begrenzt und bei Wegfall der Ausnahmesituation zwingend durch eine Vereinbarung einschließlich fester Vergütungsbestandteile in angemessenem Verhältnis ersetzt werden (vgl. Tz. 3 des BMF-Schreibens). Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die "Nur-Tantieme" in vollem Umfang nicht anzuerkennen (OFD Hannover, Vfg. v. 23.4.2002, S 2742 – 175 – StH 231/ S 2742 – 91 – StO 214).
Ist der gewinntantiemeberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführer für einen bestehenden Verlustvortrag verantwortlich oder zumindest teilverantwortlich, ist der...