Rz. 6
Eine Vielzahl der in den letzten Jahren erfolgten Gesetzesänderungen im Bereich des GmbH-Rechts ist auf europäische Vorgaben zurückzuführen. Ihr Einfluss tritt zwar im GmbH-Recht weniger hervor als im Aktienrecht, ist aber auch hier bedeutsam. Zur Harmonisierung des europäischen Gesellschaftsrechts im engeren Sinne sind bisher folgende Richtlinien mit Bezug zum GmbH-Recht erlassen worden:
- Richtlinie 68/151/EWG über die Publizität, die Vertretungsmacht der Organe und die Nichtigkeit von Gesellschaften (Publizitätsrichtlinie);
- Richtlinie 78/855/EWG über die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (Verschmelzungsrichtlinie);
- Richtlinie 78/660/EWG über den Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften (Bilanzrichtlinie);
- Richtlinie 82/891/EWG betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften (Spaltungsrichtlinie);
- Richtlinie 83/349/EWG über den konsolidierten Jahresabschluss (Konzernbilanzrichtlinie), sie ergänzt die Bilanzrichtlinie;
- Richtlinie 84/253/EWG über die Zulassung von Abschlussprüfern (Prüferbefähigungsrichtlinie);
- Richtlinie 89/666/EWG über die handelsrechtliche Publizität von Zweigniederlassungen (Zweigniederlassungsrichtlinie);
- Richtlinie 89/667/EWG (Einpersonengesellschaftsrichtlinie);
- Richtlinie 2009/102/EG betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter;
- Richtlinie 2009/133/EG (Richtlinie gemeinsames Steuersystem);
- Richtlinie 2011/35/EU (Verschmelzungsrichtlinie);
- Richtlinie 2012/6/EU (Kleinstbetrieberichtlinie);
- Richtlinie 2012/17/EU (Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregisterrichtlinie) und
- Richtlinie 2013/34/EU (reformierte Bilanzrichtlinie).
Rz. 7
Über das Gesellschaftsrecht im engeren Sinne hinaus sind in den Bereichen Insolvenz-, Arbeits- und Steuerrecht europäische Richtlinien erlassen worden, die Auswirkungen auf das GmbH-Recht haben können.
Rz. 8
Neben der Harmonisierung der nationalen Rechtsordnungen wird auf europäischer Ebene die Schaffung originär europäischer, supranationaler Gesellschaftsformen angestrebt.
Mit der Europäischen AG (Societas Europaea, SE) wurde im Jahr 2004 die erste europäische Kapitalgesellschaftsform ins Leben gerufen. Inzwischen zurückgezogen wurde der Verordnungsvorschlag für die Europäische Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea, SPE) zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen durch höhere Mobilität. Den von der Europäischen Kommission erarbeiteten Vorschlag für eine Verordnung über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft hatte das Europäische Parlament zwar am 10.3.2009 mit Änderungen gebilligt. Die Verordnung ist jedoch wegen vielfältiger Bedenken gegen den Kommissionsvorschlag – u. a. auch aus Deutschland – nicht in Kraft getreten. Diskutiert wurde auch über einen Richtlinienvorschlag der Kommission für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter (Societas Unius Personae, SUP), der u. a. die Möglichkeit einer Online-Registrierung vorsieht. Auch dieser Vorschlag sah sich jedoch großen Bedenken ausgesetzt, und im Legislativprogramm der Europäischen Kommission für 2018 wurde dann auch Abstand von der Einführung der SUP genommen.