Dr. iur. Barbara Mayer, Dr. Hendrik Thies
Rz. 307
Ein dem Gesellschafter auferlegtes Wettbewerbsverbot soll verhindern, dass dieser in demselben Geschäftsbereich wie die GmbH tätig wird und somit in Konkurrenz zu dieser tritt. Anders als z. B. in § 112 HGB für die Gesellschafter einer OHG normiert, sieht das GmbHG allerdings keine Regelung eines Wettbewerbsverbotes für die Gesellschafter einer GmbH vor.
Dennoch ergbit sich regelmäßig ein Wettbewerbsverbot auch für die GmbH-Gesellschafter aus:
- den statutarischen Regelungen sowie
- der gesellschafterlichen Treuepflicht.
Rz. 308
Die satzungsmäßige Festlegung eines Wettbewerbsverbotes ist zulässig. Hierbei sollte allerdings genau festgelegt werden, wie weitgehend dieses Verbot sein soll, um die Bestimmtheit und die damit einhergehende Rechtssicherheit zu wahren.
Das Wettbewerbsverbot darf dabei weder gegen die kartellrechtlichen Vorschriften des § 1 GWB und Art. 101 AEUV verstoßen noch gem. § 138 BGB sittenwidrig sein. Das Wettbewerbsverbot darf somit nicht lediglich dem Zweck dienen, einen leistungsfähigen Wettbewerb zu verhindern, es muss mithin der Funktionsfähigkeit eines ansonsten kartellrechtsneutralen Unternehmens dienen. Keine kartellrechtlichen Bedenken bestehen, wenn das Verbot einem Gesellschafter auferlegt wird, der unmittelbar selbst Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben kann, sei es aufgrund der eigenen Stellung als Gesellschafter-Geschäftsführer, durch eine gegebene Mehrheitsbeteiligung oder durch entsprechend eingeräumte Sonderrechte. Eine Sittenwidrigkeit i. S. d. § 138 BGB ist dann anzunehmen, wenn das Wettbewerbsverbot über das hinausgeht, was im Interesse der Gesellschaft nach Ort, Zeit und Gegenstand erwartet werden kann und hierdurch die Berufsfreiheit des Gesellschafters aus Art. 12 GG unangemessen eingeschränkt wird. Das Wettbewerbsverbot soll gerade Schädigungen, die aus dem Inneren der Gesellschaft erwachsen, abwenden, nicht jedoch vor sämtlichen möglichen Gefahren schützen. Demnach bedarf es in örtlicher, zeitlicher und sachlicher Hinsicht einer angemessenen Beschränkung des Wettbewerbsverbotes. Diese Grenzen sind insbesondere auch dann zu beachten, wenn es sich um ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot handelt, das dem Zweck dient, zu verhindern, dass ein ausscheidenden Gesellschafter der GmbH Konkurrenz macht.
Rz. 309
Auch ohne eine solche Regelung in der Satzung kann sich ein Wettbewerbsverbot aus der gesellschafterlichen Treuepflicht ergeben. Mangels gesellschaftsvertraglicher Regelung muss geklärt werden, in welchem Umfang dieses Verbot gerechtfertigt ist. In diesen Fällen wurde gerade kein Wettbewerbsverbot vereinbart, so dass es sich um eine Ausnahme handelt, deren Grenzen eng zu ziehen sind.
Aus der Treuepflicht kann sich jedenfalls kein Wettbewerbsverbot für ausgeschiedene Gesellschafter ergeben, da diese nicht mehr Mitglied der GmbH sind und somit der Treuepflicht nicht mehr unterliegen. Selbiges gilt für den Gesellschafter einer Einpersonen-GmbH.
Im Übrigen ist zu überlegen, wann eine Vergleichbarkeit der Interessenlage zu § 112 HGB besteht. Ist das der Fall, kann die Treuepflicht ein entsprechendes Verbot begründen.
Dies ist gegeben, wenn es sich um eine personalistisch strukturierte GmbH handelt, da in solchen Fällen eine der OHG vergleichbare persönliche Verbundenheit zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft vorliegt.
Ebenso muss ein Wettbewerbsverbot dort angenommen werden, wo ein derartiger Einfluss auf die Geschäftsführung ausgeübt werden kann, dass ein Weisungsrecht nach § 37 Abs. 1 GmbHG besteht. Denn bei der OHG kann bereits ein Minderheitsgesellschafter, der dem Wettbewerbsverbot nach § 112 HGB ebenfalls unterliegt, nach der gesetzlichen Grundkonstellation entsprechenden Einfluss ausüben, §§ 114 Abs. 1, 115 HGB. Ein gesetzliches Wettbewerbsverbot kommt hiernach bei Gesellschafter-Geschäftsführern, Mehrheits-Gesellschaftern, Gesellschaftern mit Sonderrechten bzgl. der Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführung sowie bei Minderheitsgesellschaftern, die durch einen Stimmbindungsvertrag eine entsprechende Mehrheit in der Gesellschafterversammlung erreichen können, in Betracht.
Das aus der gesellschafterlichen Treuepflicht resultierende Wettbewerbsverbot unterliegt ebenso wie das vertragliche Wettbewerbsverbot den Grenzen von § 1 GWB, Art. 101 AEUV sowie § 138 BGB.
Rz. 310
Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot kann einen Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter und einen Anspruch auf Herausgabe der Vergütung analog § 113 HGB begründen.