Guidelines für die wirksame Vereinbarung von Wettbewerbsverboten
Was sind Wettbewerbsverbote?
Es gibt verschiedene Arten von vertraglichen Wettbewerbsverboten. Konkurrenzverbote etwa untersagen Geschäftsführern, Vorstandsmitgliedern und Arbeitnehmern, während des Beschäftigungsverhältnisses für direkte Wettbewerber des Unternehmens tätig zu werden oder in anderer Form in Konkurrenz zum Unternehmen / Arbeitgeber ohne dessen Einwilligung zu treten. Andere Wettbewerbsverbote verbieten es den Parteien im Rahmen der Zusammenarbeit erlangtes Know-how und Kundeninformationen der anderen Partei zu nutzen, um mit ihr in Wettbewerb zu treten. Sog. Abwerbeverbote sollen sicherstellen, dass keine der Parteien Mitarbeiter/innen der anderen Partei abwirbt. Diese vertraglichen Wettbewerbsverbote können unter bestimmten Voraussetzungen als Nebenabreden im Rahmen von Liefer-, Kooperations-, Unternehmenskauf- und Outsourcingverträgen vereinbarten werden.
Darüber hinaus gibt es gesetzliche Wettbewerbsverbote. So verbietet § 88 AktG Vorstandsmitgliedern den Wettbewerb zur Gesellschaft, es sei denn der Aufsichtsrat stimmt zu. Für GmbH-Geschäftsführer folgt dies nicht unmittelbar aus dem Gesetz, wird jedoch aus seiner organschaftlichen Treuepflicht abgeleitet, d.h. seiner Pflicht zur Treue gegenüber der Gesellschaft aufgrund seiner Organstellung als Geschäftsführer. Dieser Grundsatz gilt mit einigen Abweichungen auch für bestimmte Gesellschafter (z.B. persönlich haftende Gesellschafter einer OHG und KG oder Mehrheitsgesellschafter einer GmbH). Allerdings endet dieses gesetzliche Wettbewerbsverbot mit der Beendigung der Organ- bzw. Gesellschafterstellung.
Geschäftsführern, Vorstandsmitgliedern und Arbeitnehmern steht es nach Beendigung ihrer Tätigkeit grundsätzlich frei, das Unternehmen zu wechseln, anderweitig als Wettbewerber aufzutreten und sogar Kunden oder Mitarbeiter abzuwerben. Für Unternehmen kann es deshalb sinnvoll sein, Geschäftsführern und strategisch wichtigen Arbeitnehmern für die Zeit nach Beendigung ihrer Tätigkeit für das Unternehmen zu untersagen, für die Konkurrenz tätig zu werden oder mit dem Unternehmen in Konkurrenz zu treten (sog. nachvertragliches Wettbewerbsverbot). Der vertragliche Gestaltungspielraum ist dabei bei Geschäftsführern größer als bei Arbeitnehmern.
Bedingungen für die Wirksamkeit vertraglicher Wettbewerbsverbote
Wettbewerbsverbote müssen klar und verständlich formuliert sein. Gegenstand und Umfang eines Wettbewerbsverbots müssen eindeutig definiert sein.
Das Wettbewerbsverbot soll nach seinem Sinn und Zweck in erster Linie dem Schutz berechtigter Interessen des begünstigten Unternehmens dienen. Es ist zulässig, soweit die Berufsausübungsfreiheit und die Wettbewerbsfreiheit nicht unzulässig beeinträchtigt werden. Dazu muss das Wettbewerbsverbot in gegenständlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht beschränkt sein.
Die Rechtsprechung hat Leitlinien zu den gegenständlichen und räumlichen Grenzen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots entwickelt. Räumlich darf ein Wettbewerbsverbot nicht weiterreichen als der Tätigkeitsbereich der Gesellschaft. Für ein regional tätiges Unternehmen bedeutet das beispielsweise, dass das Wettbewerbsverbot sich nur auf das Gebiet dieser Region erstrecken darf. Bei einem deutschland- oder europaweit agierenden Unternehmen kann der räumliche Geltungsbereich des Wettbewerbsverbots weiter gefasst werden. Für die zeitliche Dauer eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gilt: maximal zwei Jahre nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sind zulässig.
Überschreiten Vereinbarungen mit Arbeitnehmern diese gegenständlichen, räumlichen oder zeitlichen Grenzen, werden sie geltungserhaltend reduziert, d.h. das maximal Zulässige wird als gültig betrachtet. Etwas anderes gilt bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten für Geschäftsführer und Vorstände sowie bei Wettbewerbsverboten zwischen Unternehmen. In letzteren Fällen sind Vereinbarungen unwirksam, die die sachlichen oder räumlichen Grenzen überschreiten. Nur wenn das Wettbewerbsverbot lediglich die zeitlich zulässige Grenze überschreitet, wird diese geltungserhaltend auf den maximal zulässigen Zeitraum reduziert.
Grenzen nachvertraglicher Wettbewerbsverbote
Während tätigkeitsbezogene Wettbewerbsverbote dem Geschäftsführer oder Arbeitnehmer eine bestimmte Tätigkeit untersagen, verbieten es ihm unternehmensbezogene Wettbewerbsverbote, für (bestimmte) Konkurrenzunternehmen, Zulieferer oder Abnehmer zu arbeiten. Die Grenzen von tätigkeits- und unternehmensbezogenen Wettbewerbsverboten sind dabei fließend. Ein Verbot jeglicher Tätigkeit in einem Konkurrenzunternehmen ist jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit unwirksam, da es in den meisten Fällen auf ein unzulässiges Berufsverbot hinauslaufen würde.
Insbesondere bei ausscheidenden Geschäftsführern/innen besteht häufig die Gefahr, dass diese Kunden des Unternehmens abwerben. Es wird ihnen deshalb oft keine bestimmte Tätigkeit untersagt, sondern gezielt die Nutzung des Kundenstamms des Unternehmens. Solche Vereinbarungen sind zulässig, wenn sie auf die Kunden begrenzt sind, mit denen das Unternehmen in den letzten drei Jahren eine Geschäftsbeziehung hatte.
Unzulässig ist es, dem ausscheidenden Geschäftsführer pauschal zu untersagen, sich an Konkurrenzunternehmen kapitalmäßig zu beteiligen. Ein Wettbewerbsverbot kommt jedoch für Gesellschafter mit Mehrheitsbeteiligungen in Frage, die Einfluss auf die Geschäftsführung und operative Tätigkeit des Unternehmens nehmen können.
Erforderlichkeit einer Karenzentschädigung?
Als Kompensation für die Beschränkung durch das Wettbewerbsverbot sieht das Gesetz für Arbeitnehmer sog. Karenzentschädigungen, d.h. Ausgleichszahlungen, vor (vgl. § 74 Abs. 2 HGB). Die Entschädigung muss pro Monat mind. 50 % des letzten Verdienstes betragen. Ist im Arbeitsvertag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Dauer von zwei Jahren geregelt und hat der Arbeitnehmer im letzten Monat vor seinem Ausscheiden 5.000 Euro/Monat verdient, muss der Arbeitgeber also monatlich eine Entschädigung in Höhe von mindestens 2.500 Euro/Monat über zwei Jahre hinweg zahlen.
Für Geschäftsführer gelten andere Grundsätze. Sofern es dem Geschäftsführer nur untersagt ist, Kunden der Gesellschaft abzuwerben, bedarf es keiner Entschädigung; für darüberhinausgehende nachvertragliche Wettbewerbsverbote ist eine Entschädigung erforderlich. Andernfalls ist das Wettbewerbsverbot nicht wirksam.
Handlungsoptionen bei Verstoß gegen Wettbewerbsverbote
Verstößt der Geschäftsführer gegen das Wettbewerbsverbot, das aus seiner organschaftlichen Treuepflicht folgt, hat die Gesellschaft mehrere Handlungsoptionen: Zunächst kann sie Unterlassung verlangen. Darüber hinaus kann die Gesellschaft wählen, ob sie von dem Geschäftsführer Schadensersatz oder die Herausgabe der erzielten Erlöse im Sinne einer Gewinnabschöpfung verlangt. Letzteres hat den Vorteil, dass das Unternehmen nicht nachweisen muss, dass es diesen Gewinn ebenfalls erzielt hätte.
Bei vertraglichen Wettbewerbsverboten hat es sich in der Praxis bewährt, diese durch Vertragstrafen abzusichern. Das hat für die Gesellschaft den Vorteil, dass im Fall des Verstoßes nicht über die Höhe des Schadens oder der wettbewerbswidrigen Einkünfte des Geschäftsführers gestritten werden muss. Ist der Tatbestand des Wettbewerbsverbots verwirklicht, wird die Vertragsstrafe zur Zahlung fällig. Darüber hinaus sind Vertragsstrafen – im Gegensatz zu Schadensersatzansprüchen – grundsätzlich verschuldensunabhängig, was den Vorteil hat, dass auch der Nachweis eines schuldhaften Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot nicht geführt werden muss.
Wettbewerbsverbote zwischen Unternehmen in Kooperations- und Lieferverträgen sowie in Unternehmenskaufverträgen
Wettbewerbsverbote zwischen Unternehmen sind Beschränkungen des Wettbewerbs und damit kartellrechtlich relevant. Sie sind jedoch unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
Als vertragliche Nebenabreden sind Wettbewerbsverbote zulässig und wirksam, wenn und soweit sie notwendig sind, um einen Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung von z.B. Know-how oder Kundendaten durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Entscheidend ist, ob das Wettbewerbsverbot beispielsweise der Kooperation so immanent ist, dass diese damit steht und fällt, d.h. eine Zusammenarbeit für die Parteien ohne den vertraglich vereinbarten Schutz vor einem Abwerben von Kunden und wechselseitiger Konkurrenztätigkeit nicht in Betracht kommen würde.
Verbietet ein Wettbewerbsverbot jede Konkurrenztätigkeit, ist es unwirksam. Möglich ist es jedoch beispielsweise, dem Vertragspartner zu untersagen, Know-how der anderen Partei oder deren Kundenstamm zu Zwecken einer Konkurrenztätigkeit zu verwenden, soweit das Verbot sachlich, räumlich und zeitlich beschränkt ist.
Im Rahmen von Unternehmenskaufverträgen wird dem Verkäufer häufig untersagt, mit dem verkauften Unternehmen in Konkurrenz zu treten. Wettbewerbsverbote müssen dann auf Waren (inklusive verbesserter Versionen und Nachfolgemodelle) und Dienstleistungen, die Geschäftsgegenstand des übertragenen Unternehmens sind, beschränkt sein.
Um den Umfang der Konkurrenztätigkeit zu präzisieren, bietet sich im Rahmen der Gestaltung des Wettbewerbsverbots ein Verweis auf den Begriff des Mitbewerbers i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 4 UWG, d.h. des direkten Wettbewerbers, an. So kann definiert werden, welche Tätigkeiten als direkter Wettbewerb gelten und zu unterlassen sind. Räumlich sollte das Wettbewerbsverbot auf das Gebiet beschränkt sein, in dem das Unternehmen Waren oder Dienstleistungen vor seinem Verkauf angeboten hat und/oder auf Regionen, in denen das Unternehmen vor seinem Verkauf investiert hat.
Zu empfehlen ist auch in diesem Fall die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, um Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot zu sanktionieren und somit durch abschreckende Wirkung zu dessen Einhaltung beizutragen.
Was gilt für Abwerbeverbote von Mitarbeitern?
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, keine Mitarbeiter der anderen Partei abzuwerben oder einzustellen, können nur wirksam vereinbart werden, wenn:
- das Verhalten des abwerbenden Unternehmens nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) unlauter ist. In Betracht kommt insbesondere die gezielte Behinderung von Mitbewerbern durch das Abwerben von Mitarbeitern zur Schädigung des Konkurrenzunternehmens.
- das Abwerbeverbot nicht Hauptzweck der Vereinbarung ist, sondern nur eine Nebenbestimmung, die einem besonderen Vertrauensverhältnis der Parteien oder einer besonderen Schutzbedürftigkeit einer der beiden Vertragsparteien Rechnung trägt. Das ist bei Unternehmensverkäufen der Fall, denn der Erwerber hat ein berechtigtes Interesse daran, dass der Veräußerer nicht unmittelbar nach der Transaktion Fachkräfte abwirbt und so den Unternehmenswert mindert.
Abwerbeverbote können grundsätzlich nur für die Dauer von maximal zwei Jahren nach Vertragsende vereinbart werden. In der Praxis bietet ein Abwerbeverbot allerdings nur wenig Schutz, weil faktisch nur schwer nachweisbar ist, ob der Mitarbeiter abgeworben wurde oder aus eigenem Antrieb den Arbeitgeber gewechselt hat.
Fazit
Hinter der Frage, ob und in welchem Umfang Wettbewerbsverbote zulässig sind, stehen stets komplexe Interessenabwägungen. Das (berechtigte) Interesse der Gesellschaft an einem Wettbewerbsverbot muss mit dem persönlichen Interesse der anderen Partei an der freien Berufsausübung und dem allgemeinen Interesse der Wettbewerbsfreiheit abgewogen werden. Dabei hat die Rechtsprechung der Praxis wichtige Grundsätze und Leitlinien an die Hand gegeben. Zu beachten ist insbesondere, dass Gegenstand und Umfang des Wettbewerbsverbots klar definiert sein müssen und das Verbot sich nur in bestimmten gegenständlichen, räumlichen oder zeitlichen Grenzen bewegen darf. Was das im Einzelfall konkret bedeutet, hängt dabei von vielen Faktoren ab. Bei der Formulierung und Ausgestaltung von vertraglichen Wettbewerbsverboten ist deshalb Vorsicht geboten. Es ist zu empfehlen, rechtlichen Rat einzuholen.
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