Prof. Dr. Klaus-Michael Ahrend
Die Erarbeitung eines neuen bzw. die Weiterentwicklung von bestehenden Geschäftsmodellen sollte im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses erfolgen. Dieser ist gekennzeichnet durch fortwährende kleine Verbesserungsschritte und die Zusammenarbeit mit einem Team.
Nachhaltiges Geschäftmodell als Weg
Die Entwicklung eines neuen Geschäftsmodells ist kein Ziel an sich, sondern ein Weg. Das Unternehmen befindet sich auf einem Weg, um das bestehende unternehmerische Potenzial zu erkennen, zu bewerten und schließlich zu nutzen.
Der Ablauf ist geprägt von einer Ideensammlung, der Analyse von Ausgangslage und Realisierungsmöglichkeiten, der Erarbeitung des Geschäftsmodells unter Zuhilfenahme von Methoden und der Umsetzung des Ergebnisses. Meist beginnt die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit mit der Erarbeitung eines Selbstverständnisses und den ersten Schritten für die Reduktion der negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Dazu kommen Maßnahmen für eine bessere Wirkung des Unternehmens im gesellschaftlichen Miteinander. Die anspruchsvollsten Schritte liegen in der CO2 Neutralisierung im Bereich der Ökologie und im Bereich der Positionierung als verantwortungsvoller Arbeitgeber im Bereich Soziales. Die Dekarbonisierung eines Unternehmens bedarf der Entwicklung eines klaren Pfads für die reale Senkung der Emissionen. Ein verantwortungsvoller Arbeitgeber tritt selbst und mit seinen Beschäftigten für die Verbesserung des sozialen Zusammenhalts im Wirkungsraum des Unternehmens ein, sei es als Ausbildungsbetrieb, als aktiver Partner von Vereinen oder bei der Lösung von aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen. Nur wer nachhaltig agiert, erhält von seinen Kunden eine "licence to operate".
Schließlich werden die Elemente zu einem neuen nachhaltigen Geschäftsmodell integriert. Dies kann inkrementell als Anpassung eines erfolgreichen (nachhaltigen) Geschäftsmodells erfolgen, oder als mehr oder weniger revolutionäre Neuentwicklung.
Das nachhaltige Geschäftsmodell des Unternehmens sollte am Kunden orientiert entwickelt werden. Eine Befragung von mehr als 20.000 Konsumenten in 34 Ländern zu ihrer Einstellung zu Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung ergab, dass das Engagement der Verbraucher für eine nachhaltige Entwicklung zugenommen hat, auch wenn die wirtschaftlichen Herausforderungen die Kaufkraft einschränken. Gleichwohl besteht Handlungsbedarf: Die Verbraucher sind skeptisch gegenüber ESG-Angaben. Nur 20 % der Verbraucher geben an, dass sie den Aussagen von Unternehmen über ökologische Nachhaltigkeit vertrauen, während es vor 2 Jahren noch die Hälfte war.
Für die Zusammenarbeit mit künftigen Kunden und anderen Stakeholdern hilft es, das Unternehmen als Teil eines wirtschaftlichen Ökosystems zu begreifen.
Wirtschaftliche Ökosysteme umfassen Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand, Verbänden und Gesellschaft. Der Wettbewerb zwischen Unternehmen wird zunehmend durch den Wettbewerb von Ökosystemen abgelöst. Die Vernetzung von Wissen und Aktivitäten in einem Ökosystem hilft bei der Positionierung. Gemeinsam fällt es leichter, Innovationen und bzw. Geschäftsmodelle zu entwickeln. Unabhängig von der Stärke der Einbindung in ein Ökosystem ist eine frühzeitige Abstimmung gerade der Schlüssel-Aktivitäten mit den künftigen Kunden sinnvoll, um die spätere Realisierbarkeit zu testen.
Die Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle setzt häufig bei den Schlüssel-Aktivitäten an. Hierzu hilft eine Analyse der Wertschöpfungs- bzw. Lieferkette. Dabei wird regelmäßig in die primären Wertschöpfungsstufen und in die unterstützenden Funktionen unterschieden. Neben den Aktivitäten der Organisation (und von Partnern) ist der Umgang mit Material, Informationen, finanziellen und weiteren Ressourcen von Relevanz. Nachfolgende Abbildung zeigt Beispiele für den Einbezug von Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette für einen möglichen Kunden eines Unternehmens.
Quelle: In Anlehnung an Porter/Kramer, Harvard Business Review 2006, S. 86.
Abb. 3: Ansatzpunkte für mehr Nachhaltigkeit in der Wertschöpfung
Für ein Mehr an Akzeptanz für die nachhaltigen Geschäftsmodelle bieten sich an, auf die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur hinzuwirken. Mit gemeinsam formulierten Standards für Geschäftsverhalten und Integrität wird die Bereitschaft für Veränderungen im Sinne der nachhaltigen Transformation verbessert. Mögliche Themen und Herangehensweisen für eine verantwortungsvolle Unternehmenskultur finden sich beim Institute of Business Ethics.