Rz. 47
Mit dem Kapitalerhöhungsbeschluss bekundet die Hauptversammlung nur den Willen zur Kapitalerhöhung. Die Verpflichtung der (zukünftigen) Aktionäre zur Übernahme der jungen Aktien gegen Einlageleistung wird erst mit Annahme der Zeichnung durch die AG begründet (vgl. Rdn 58).
a) Satzungsänderung
Rz. 48
Der Kapitalerhöhungsbeschluss zielt auf eine Satzungsänderung (§ 23 Abs. 3 Nr. 3 und 4 AktG); es ist deshalb zwingend die Mitwirkung der Hauptversammlung geboten. Der Beschluss bedarf einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals; die Satzung kann bis zur Grenze der einfachen Mehrheit eine geringere Mehrheit bestimmen, § 182 Abs. 1 S. 2 AktG (für Ausgabe stimmrechtloser Vorzugsaktien kann die erforderliche Kapitalmehrheit von 75 % jedoch nur herauf-, nicht herabgesetzt werden, § 182 Abs. 1 S. 2 AktG). Nach § 182 Abs. 4 S. 1 AktG soll keine Kapitalerhöhung erfolgen, solange noch Einlagen auf das bisherige Kapital ausstehen und erlangt werden können. Ein Verstoß begründet zwar keinen Beschlussmangel, doch muss das Registergericht die Eintragung der Kapitalerhöhung ablehnen.
Ist die Gesellschaft börsennotiert, so können sich im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung Mitteilungspflichten nach WpHG ergeben (vgl. § 49 (früher § 30b) WpHG), die es zu beachten gilt.
b) Bezugsrecht der Aktionäre
Rz. 49
Jedem Aktionär steht ein gesetzliches Bezugsrecht auf einen seiner bisherigen Beteiligungsquote entsprechenden Anteil an den neuen Aktien zu, das ihm die Aufrechterhaltung seiner bisherigen Beteiligungsquote sichert, § 186 Abs. 1 AktG. Werden Aktien unterschiedlicher Gattung ausgegeben, hat jeder Aktionär ein Bezugsrecht auf Aktien jeder dieser Gattungen. Das Bezugsrecht ist zwingend, es kann durch die Satzung weder eingeschränkt noch ausgeschlossen werden. Nur ein konkreter Beschluss der Hauptversammlung nach Maßgabe von § 186 Abs. 3, 4 AktG kann das Bezugsrecht ausschließen.
Der Bezugsrechtsausschluss kraft Hauptversammlungsbeschlusses bedarf nach § 186 Abs. 3 S. 2 AktG stets einer Kapitalmehrheit von mindestens drei Vierteln des vertretenen Grundkapitals. Die Absicht des Bezugsrechtsausschlusses ist ausdrücklich und ordnungsgemäß bekannt zu machen, § 186 Abs. 4 S. 1 AktG. Darüber hinaus hat der Vorstand einen schriftlichen Bericht über die Gründe für den Bezugsrechtsausschluss zu erstatten, § 186 Abs. 4 S. 2 AktG, der in der Hauptversammlung und entsprechend § 175 Abs. 2 AktG von der Einberufung an in den Geschäftsräumen der AG zur Einsichtnahme ausliegen muss und jedem Aktionär auf Verlangen zu übersenden ist oder ab der Einberufung über das Internet zugänglich sein muss. Bei börsennotierten Gesellschaften gilt auch insoweit § 124a AktG mit der Folge, dass die Veröffentlichung auf der Internetseite der Gesellschaft sogar verpflichtend ist und in der Praxis insoweit eine Auslegung in den Geschäftsräumen und die Übersendung an die Aktionäre regelmäßig entfällt. Der Bericht muss die Tatsachen enthalten, die den Bezugsrechtsausschluss materiell rechtfertigen; dazu gehört auch die Darlegung der konkreten Berechnungsgrundlagen und Bewertungskriterien für den für die neuen Aktien vorgesehenen Ausgabebetrag, § 186 Abs. 4 S. 2 AktG.
Der Ausschluss des Bezugsrechts steht nicht im freien Ermessen der mit Mehrheit entscheidenden Hauptversammlung. Die Rechtsprechung hat an die Zulässigkeit lange Zeit einen strengen Maßstab angelegt und die Zulässigkeit des Bezugsrechtsausschlusses von einer sachlichen Rechtfertigung abhängig gemacht: Danach musste er einem im Gesellschaftsinteresse liegenden Zweck dienen und zu dessen Erreichung geeignet und erforderlich sein. Darüber hinaus musste er bei Abwägung des Gesellschaftsinteresses einerseits und der betroffenen Aktionärsinteressen andererseits verhältnismäßig erscheinen. Beispiele waren die Ausgabe von Belegschaftsaktien; die Vermeidung von unpraktikablen Bezugsverhältnissen; die Verfolgung von Sanierungszwecken; die anders nicht realisierbare, im überragenden Gesellschaftsinteresse liegende Kooperation mit anderen Unternehmen. Von dieser Linie ist der BGH jedenfalls für das genehmigte Kapital abgerückt; an dem Gebot der sachlichen Rechtfertigung hält der BGH insoweit nicht mehr fest. Vielmehr soll es ausreichen, wenn die Maßnahme, für die das Bezugsrecht ausgeschlossen werden soll, der Hauptversammlung allgemein und abstrakt bekannt gegeben wird und im "wohlverstandenen Interesse" der Gesellschaft liegt. Darüber hinaus ist nach § 186 Abs. 3 S. 4 AktG ein Bezugsrechtsausschluss auch dann zulässig, wenn (1.) die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen erfolgt, (2.) der Umfang der Kapitalerhöhung 10 % der bei Beschlussfassung aktuellen Grundkapitalziffer nicht übersteigt, (3.) die Aktien einen Börsenpreis haben, also im regulierten Markt oder im Freiverkehr gehandelt werden und (4.) der Ausgabebetrag der jungen Aktien den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet. Die von beachtlicher Seite kritisierte Vorschrift wirft eine Fülle von Zw...