Rz. 14
Die Gründung einer Aktiengesellschaft auf Vorrat, die als bloßer Mantel zur Eintragung gelangt und nach dem Willen der Gründer erst zu einem späteren Zeitpunkt einen Geschäftsbetrieb aufnehmen soll, hat der BGH anerkannt. Zulässig ist die Vorratsgründung aber nur dann, wenn sie offen erfolgt, indem der Unternehmensgegenstand etwa lautet:
"Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung des eigenen Vermögens."
Von Interesse ist die Vorratsgründung deshalb, weil die Inanspruchnahme der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen die Eintragung der Gesellschaft voraussetzt. Bei einer Geschäftsaufnahme vor Eintragung im Handelsregister droht den Gesellschaftern demgegenüber eine Inanspruchnahme aus Unterbilanzhaftung, wenn das Nettoreinvermögen im Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister die Grundkapitalziffer nicht mehr deckt. Von einer vermeidbaren vorzeitigen Geschäftsaufnahme vor Eintragung der AG im Handelsregister ist deshalb abzuraten. Die Verwendung einer Vorratsgesellschaft dient dazu, die mit dem Eintragungsverfahren verbundene zeitliche Verzögerung zu vermeiden. Zu diesem Zwecke kann statt einer Vorratsgesellschaft aber auch eine Mantelgesellschaft verwendet werden, also eine früher aktive Gesellschaft, die nunmehr aber unternehmens- und oft auch vermögenslos ist, ohne dass eine Löschung erfolgt ist.
Rz. 15
Der haftungsbezogene Vorteil der Verwendung von Vorrats- und Mantelgesellschaften hat durch die Rechtsprechung des BGH eine erhebliche Einschränkung erfahren. Auf die sog. wirtschaftliche Neugründung sollen nämlich die der Gewährleistung der Kapitalaufbringung dienenden Gründungsvorschriften entsprechende Anwendung finden. Danach hat der Vorstand bei Ausstattung der Vorrats- oder Mantelgesellschaft mit einem Unternehmen und erstmaliger bzw. erneuter Aufnahme des Geschäftsbetriebs entsprechend §§ 37 Abs. 1 S. 1 und 2, 54 Abs. 3 AktG zu erklären und nachzuweisen, dass die einzufordernde Einlage bewirkt wurde und weiterhin zur freien Verfügung des Vorstands steht; außerdem erfolgt eine registergerichtliche Prüfung bezogen auf die reale Kapitalaufbringung. Maßgeblich ist dabei nicht das gesetzliche Mindestkapital, sondern die in der Satzung festgelegte Grundkapitalziffer. Auch ist bei Verwendung einer Vorrats- oder Mantel-AG vom Eingreifen einer Unterbilanzhaftung der Gesellschafter und einer Handelndenhaftung, und zwar bis zum Stichtag der Offenlegung der Vorrats- bzw. Mantelverwendung gegenüber dem Registergericht, auszugehen. Im Schrifttum wird zudem vielfach die Notwendigkeit einer auf die reale Kapitalaufbringung bezogenen Gründungsprüfung entsprechend §§ 33 ff. AktG befürwortet.
Bei der wirtschaftlichen Neugründung ist aus den genannten Gründen auf eine Offenlegung gegenüber dem Registergericht zu achten und eine Aufnahme der Geschäftstätigkeit vor diesem Zeitpunkt zu vermeiden. Problematisch ist in diesem Zusammenhang die Abgrenzung der Verwendung eines (alten) Mantels, die einer Offenlegung bedarf, gegenüber der bloßen Umstrukturierung oder Sanierung einer Gesellschaft. Maßgeblich für die wirtschaftliche Neugründung soll dabei sein, dass der Betrieb eines (ursprünglich) vorhandenen Unternehmens mittlerweile eingestellt oder endgültig aufgegeben worden ist und nun der leeren Gesellschaftshülle ein neues Unternehmen implantiert wird, was im Einzelfall unter Heranziehung von Indizien festzustellen ist.
Mit der Aufnahme des Geschäftsbetriebs durch die Vorrats- oder Mantelgesellschaft ist regelmäßig die Zuführung von Sachwerten durch den oder die Erwerber der Vorrats- bzw. Mantelgesellschaft verbunden, so dass in der überwiegenden Zahl der Fälle auch die Nachgründungsregeln nach § 52 AktG zur Anwendung kommen (vgl. hierzu Rdn 56 ff.)