Rz. 198
Wegen § 49b BRAO darf der Rechtsanwalt bei der Vergütungsvereinbarung die gesetzlichen Gebühren nicht unterschreiten. Dies gilt auch für die Vereinbarung mit Dritten, die die Gebühren aus dem Mandat anstelle des Mandanten zu zahlen haben; § 21 BORA. Gerichtsgebühren dürfen nicht vom Rechtsanwalt übernommen werden. Lediglich nach Abschluss des Falles ist der Rechtsanwalt berechtigt, Ermäßigungen zu gewähren, die im Einzelfall mit der Person des Auftraggebers oder dessen Bedürftigkeit begründet werden können.
Gesetzliche Ausnahmen sind dabei zugelassen. So dürfen wegen § 4 Abs. 1 RVG bei der außergerichtlichen Tätigkeit die Gebühren des RVG auch unterschritten werden. Dabei muss die vereinbarte Vergütung im Verhältnis zu Umfang und Haftungsrisiko angemessen sein. Bei der Vertretung eines beratungshilfeberechtigten Mandanten kann auf die Vergütung vollständig verzichtet werden. In einigen Fällen, wie z.B. bei der Erstberatung von Unfallopfern ist es auch zulässig, die Beratung kostenfrei anzubieten.
Rz. 199
Auch bei der Durchführung von gerichtlichen Mahnverfahren und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen besteht eine Ausnahme von der Verpflichtung, die gesetzlichen RVG Gebühren berechnen zu müssen. Hier kann sich der Rechtsanwalt einen Teil der Ansprüche aus dem Titel an Erfüllung statt abtreten lassen. Damit wird der Mandant von der Pflicht zur Zahlung der Vergütung befreit. Der abgetretene Teil der Vergütung muss allerdings verhältnismäßig sein; § 4 Abs. 2 RVG.
Rz. 200
Es dürfen auch höhere Gebühren, als die gesetzlichen Gebühren des RVG vereinbart werden. Dabei ist eine Überschreitung um das bis zu 5-fache der gesetzlichen Gebühren in der Regel noch nicht als unangemessen zu betrachten. Sogar noch darüber können die vereinbarten Gebühren angemessen sein, wenn in Anbetracht des Arbeitsaufwandes nur so ein angemessener Stundensatz erzielt werden kann. Ist die Vergütung allerdings formularmäßig vorgesehen und überschreitet diese bei zusätzlicher Vereinbarung eines erhöhten Streitwertes die Gebühren um das Dreifache der gesetzlichen Gebühren, so kann darin durchaus eine unangemessene Benachteiligung eines Verbrauchers gesehen werden. Bei erheblicher Überschreitung der gesetzlichen Gebühren empfiehlt es sich also, eine einzelfallbezogene Begründung der Gebührenhöhe, ggf. unter Einschätzung des Arbeitsaufwandes in die Vereinbarung aufzunehmen.
Im Fall der Vereinbarung höherer Gebühren muss der Mandant ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass er im Fall des Obsiegens maximal die gesetzlichen Gebühren erstattet bekommt.
Unzulässig ist die Vereinbarung höherer Gebühren in den Fällen, in denen Prozesskostenhilfe bewilligt wurde.
Rz. 201
Bei der Vereinbarung von gravierend höheren als den gesetzlichen Gebühren darf der Rechtsanwalt nicht die Notlagen oder die geschäftliche Unerfahrenheit des Mandanten ausnutzen. Eine Ausnutzung dieser Situationen kann zur Sittenwidrigkeit der Vergütungsvereinbarung nach § 138 Abs. 2 BGB führen.
Rz. 202
Inhaltlich besteht wegen der geltenden Vertragsfreiheit eine große Bandbreite an Möglichkeiten. Denkbar sind hier:
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Pauschalhonorare, |
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zeitabhängige Vergütung, |
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Vergütung nach dem Gegenstandswert, |
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Vergütung nach Vereinbarung eines Mindest-, Maximal- oder festen Gegenstandswertes, |
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Vergütung nach prozentualer Beteiligung am Gegenstandswert, |
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Festlegung von Gebührenrahmen und festen Gebühren, |
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Vereinbarung einer bestimmten Gebühr für bestimmte Tätigkeiten, |
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Erhöhung oder Absenkung des Gebührenrahmens, |
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Vereinbarung einer Mindestgebühr, |
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Vereinbarung über die angefallenen Auslagen (Fahrtkosten, Abwesenheitsgelder, Telefonkosten u.s.w.), |
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Vereinbarung der Erstattung von Post- und Telekommunikationskosten entsprechend Nr. 7001, 7002 VV RVG, |
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Vereinbarungen über Anrechnungen (z.B. Nichtanrechenbarkeit von Beratungsvergütung auf spätere VV-Gebühren oder Nichtanrechnung der Geschäftsgebühr auf die spätere Verfahrensgebühr), |
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Abtretung von Erstattungsansprüchen gegen die Gegenseite, |
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Vereinbarung von Gebührenteilungen unter Kollegen, |
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Vereinbarungen von Erfolgshonoraren bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, |
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Vereinbarung monatlicher Sätze (z.B. Flatrate), |
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Festlegung unterschiedlicher Tätigkeitsteile als neue Angelegenheit, |
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Vereinbarung anderer Gebührenordnungen (z.B. Steuerberatergebührenverordnung, HOAI), |
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Vereinbarung von eigenen Vergütungen für Hilfspersonen (Schreibarbeiten, Recherchen). |