Rz. 164
Soll ein Rechtsmittel unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe eingelegt werden, sind besonders die laufenden Rechtsmittelfristen zu beachten. Eine Entscheidung über die Prozesskostenhilfe, ist selten vor Ablauf dieser Fristen zu erhalten.
Nun kann der Rechtsanwalt den Weg wählen, das Rechtsmittel nebst PKH-Antrag fristgerecht einzulegen, auf eine schnelle Entscheidung des PKH-Antrages drängen und noch vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist über die Durchführung der Berufung zu entscheiden. Dieser Weg löst in jedem Fall Gerichtskosten aus. Es kann auch ein Kostenerstattungsanspruch der Gegenseite entstehen. Auch wenn der vertretende Rechtsanwalt die Gegenseite bittet, sich noch nicht zu bestellen und dieser es trotzdem tut, kann die Verfahrensgebühr zu erstatten sein.
Rz. 165
Dennoch öffnet die Rechtsprechung auch den Weg für die Einlegung einer Berufung unter der Bedingung, dass für diese Instanz Prozesskostenhilfe gewährt wird.
Dafür ist innerhalb der Frist für die Einlegung des Rechtsmittels ein vollständiger Antrag auf Gewährung der Prozesskostenhilfe für diese Instanz zu stellen. Zum vollständigen Antrag gehört zunächst eine neue Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Erfolgt die Übermittlung – insbesondere der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse – nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist, kann der PKH-Antrag zurückgewiesen werden. Gleiches gilt, wenn in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse falsche Angaben gemacht wurden.
Die Berufung ist als Rechtsmittel stets bedingungsfeindlich. Ist eine Berufung unter der Bedingung eingelegt worden, dass die ebenfalls beantragte Prozesskostenhilfe gewährt wird, darf die Berufung dennoch nicht als unzulässig abgelehnt werden, bevor über den PKH-Antrag entschieden worden ist. Dennoch ist davon abzuraten, im PKH-Antrag bereits bedingt das Rechtsmittel einzulegen. Dies soll erst nach Entscheidung über den PKH-Antrag erfolgen.
Rz. 166
Für die Antragstellung ist weiterhin die Begründung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels notwendig.
Im Hinblick auf die teilweise vom BGH vertretene Rechtsauffassung ist davon abzuraten, die Berufungsbegründung als Entwurf beizufügen. Der BGH folgerte hieraus teilweise die Bereitschaft, dass der Anwalt auch ohne Prozesskostenhilfe zur Begründung des Rechtsmittels bereit war. Damit wäre die Mittellosigkeit nicht kausal für das Versäumnis der Frist. Die Wiedereinsetzung wäre nach dieser nicht von allen Senaten geteilten Auffassung zu versagen, wenn die PKH-Entscheidung erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist zugehen würde.
Sofern in erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, darf Partei davon ausgehen, dass diese in zweiter Instanz nicht mangels Bedürftigkeit verweigert wird. Das gilt natürlich nur, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse im Wesentlichen gleich geblieben sind.
Rz. 167
Die Einlegung des eigentlichen Rechtsmittels erfolgt erst nach der Entscheidung über die Bewilligung oder Ablehnung der Prozesskostenhilfe. Liegt diese Entscheidung erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist vor, muss der Antrag mit einem Wiedereinsetzungsantrag nach §§ 234 Abs. 1 Satz 2, 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO verbunden werden. Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt dabei mit Bekanntgabe der PKH-Entscheidung.
Wird der PKH-Antrag mangels Bedürftigkeit oder mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt, kann die Partei innerhalb einer Überlegungsfrist von 3 bis 4 Tagen entscheiden, ob es das Rechtsmittel auf eigene Kosten durchführen will. Auch hier kann die Einlegung des Rechtsmittels im Rahmen eines Wiedereinsetzungsantrages nachgeholt werden.
Die Frist zur Berufungsbegründung soll hingegen erst mit der Bekanntgabe der Bewilligung des Wiedereinsetzungsantrages ausgelöst werden. Vorsorglich empfiehlt sich dennoch ein Fristverlängerungsantrag im Schriftsatz mit der Einlegung des Rechtsmittels zu verbinden.
Nicht zwingend erforderlich ist die Darlegung, dass es der Partei nicht möglich gewesen sei, von vornherein und unabhängig von der Gewährung von Prozesskostenhilfe – fristwahrend – einen Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof unentgeltlich ("pro bono") zu beauftragen.
Die Wiedereinsetzung ist auch dann möglich, wenn die Rechtsmittelfrist ohne Einreichung eines PKH-Antrages ohne Verschulden des Antragstellers verstrichen ist. Der Wiedereinsetzungsantrag ist dann aber innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist nach § 234 Abs. 1 ZPO ab Wegfall des Antragshindernisses zu stellen.
Rz. 168
Muster 1.8: Bedingter Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Muster 1.8: Bedingter Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
im Rechtsstreit
Norbert Hau, Partymeile 2, 12345 Schlauhausen
vertreten durch Rechtsanwalt Claas Lever, ebenda
– Kläger –
gegen
Blitz AB GmbH, Steinstraße 4, 23456 Witzberg
– Beklagter –
zeige ich hiermit die Vertretung des Klägers an.
Namens und im Auftrag des Klägers beantrage ich für die Klag...