Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Prozesskostenhilfeantrag. separater Wiedereinsetzungsantrag ohne vorherige oder gleichzeitige Einlegung der Berufung. unzulässig. Prozesskostenhilfeverfahren für beabsichtigte Berufung
Leitsatz (amtlich)
Ein im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens für eine beabsichtigte Berufung zugleich gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist solange unzulässig, bis die versäumte Prozesshandlung (hier: Einlegung der Berufung) nachgeholt wird. Wird die versäumte Prozesshandlung nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung des stattgebenden Prozesskostenhilfebeschlusses nachgeholt, wird der Wiedereinsetzungsantrag endgültig unzulässig.
Normenkette
ZPO § 233
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Urteil vom 23.11.2011; Aktenzeichen 4 Ca 1440 b/11) |
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Einlegung der Berufung und/oder Berufungsbegründung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 23.11.2011, Az.: 4 Ca 1440 b/11, wird verworfen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Es ist noch über den (bedingten) Wiedereinsetzungsantrag des Klägers wegen der durch das vorangestellte Prozesskostenhilfeverfahren bedingten Versäumung der Berufungseinlegungs- und Berufungsbegründungsfrist zu befinden.
Im Hauptsacheverfahren führten die Parteien einen Kündigungsrechtsstreit. Der Kläger war seit dem 10.01.2011 bei der Beklagten als Kurierfahrer zu einem Monatslohn von EUR 1.000,00 brutto in Vollzeit beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt weniger als 10 Mitarbeiter. Mit Schreiben vom 31.05.2011 kündigte die Beklagte dem Kläger fristgerecht zum 30.06.2011.
Mit seiner vor dem Arbeitsgericht am 01.08.2011 erhobenen Klage hat der Kläger folgende Anträge gestellt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 31.05.2011 zum 30.06.2011 geendet hat, sondern ungekündigt fortbesteht,
- hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht zum 30.06.2011 beendet worden ist, sondern aufgrund der Weiterbeschäftigung über den 30.06.2011 hinaus weiter fortbesteht.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.11.2011 die Klage insgesamt abgewiesen.
Am 16.01.2012 hat der Kläger beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein beantragt, ihm zur Durchführung der – auf den erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag beschränkten – Berufung gegen das ihm am 16.12.2011 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts zu bewilligen. Zur Begründung hat er auf den „anliegenden Entwurf der Berufungsschrift nebst Begründung” verwiesen sowie die eingereichten PKH-Unterlagen. Zugleich hat er – sofern das Gericht ihm Prozesskostenhilfe bewilligt – beantragt,
ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Einlegung der Berufung und/oder Berufungsbegründung zu gewähren.
Das Berufungsgericht hat dem Kläger mit Beschluss vom 21.02.2012 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für die Durchführung der Berufung im beantragten Umfang bewilligt. Dieser Beschluss ist dem Kläger am 24.02.2012 zugestellt worden.
Entscheidungsgründe
II.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig.
Dem Kläger war keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungseinlegungs- und/oder Berufungsbegründungsfrist betreffend das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 23.11.2011, Az. 4 Ca 1440 b//11, zu gewähren. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor, da der Kläger die versäumte Prozesshandlung nicht fristgerecht nachgeholt hat, §§ 233, 234 Abs. 1 Satz 1, 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Ein isoliert bleibender Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig (BGH, Beschl. v. 19.10.1977 – IV ZB 43/77 –, zit. n. Juris; Baumbach/Lauterbach /Albers/Harmann, ZPO, 68. Aufl., Rn. 12 zu § 236).
1. Einer bedürftigen Partei, die ein Rechtsmittel einlegen will, ist grundsätzlich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldloser Fristversäumung (§§ 233 ff. ZPO) zu gewähren, wenn sie bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist ein Prozesskostenhilfegesuch eingereicht hat und sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. v. 16.11.2010 – VIII ZB 55/10 –, zit. n. Juris, m. w. Rspr.-Nachw.). Dies setzt allerdings voraus, dass dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine ordnungsgemäß ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den erforderlichen Belegen beigefügt worden ist.
Diese Anforderungen hat der Kläger mit Einreichung seines Prozesskostenhilfegesuchs erfüllt. Die PKH-Antragsschrift ist per Fax beim Berufungsgericht am 16.01.2012 und damit am letzten Tag der Berufungseinlegungsfrist eingegangen. Beigefügt waren auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie der Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit. Innerhalb der mit gerichtlicher Verfügung vom 18.01.2012 ...