Rz. 3
Das RVG regelt im Wesentlichen den Umfang der anwaltlichen Vergütung. Nicht geregelt ist die Anspruchsgrundlage. Sie wird schlicht vorausgesetzt und muss sich aus anderen Regeln ergeben. Rechtsgrundlagen sind hier der Anwaltsvertrag und die Beiordnung.
1. Anwaltsvertrag
Rz. 4
Der Anwaltsvertrag kommt nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln über den Vertragsschluss zustande. Vertragspartner sind in der Regel der Mandant und der Rechtsanwalt bzw. die von ihm vertretenen Rechtspersonen. Auch ein Vertrag zugunsten Dritter ist denkbar.
Es handelt sich in den meisten Fällen um einen Dienstvertrag nach § 611 BGB. Gerade bei der Prozessvertretung haftet der Rechtsanwalt nicht für den Erfolg, sondern hat nur Pflichtverletzungen im Rahmen der Prozessführung zu vertreten. Aber auch ein Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB ist denkbar, wenn der Anwalt einen bestimmten Erfolg, wie etwa die Erstellung eines Gutachtens, schuldet.
Der Anwaltsvertrag ist nicht formbedürftig. Er kann auch konkludent geschlossen werden. So ist stets bei der Annahme einer Beratungsanfrage bereits der Vertragsabschluss erfolgt. Zu beachten ist aber, dass eine Gebührenvereinbarung nach § 3a RVG der Textform bedarf und nicht in der Vollmacht enthalten sein darf.
Rz. 5
Der Rechtsanwalt ist bei der Annahme des Vertragsangebotes frei. Es ist also durchaus zulässig, die Annahme unangenehmer Mandate von der Zahlung einer überdurchschnittlich hohen Vergütung abhängig zu machen. Die Gefahr einer Gebührenüberhebung nach § 352 StGB liegt nicht vor, wenn der Rechtsanwalt auf Grundlage einer Honorarvereinbarung abrechnet, selbst wenn diese deutlich über den gesetzlichen Gebühren liegt. Dies gilt sogar dann, wenn die Gebührenforderung dermaßen überhöht ist, dass sie nach § 138 BGB sittenwidrig ist. Bis zum fünf- bis sechsfachen der gesetzlichen Gebühren ist nicht von einer Sittenwidrigkeit auszugehen. Es kommt dabei darauf an, ob sich aus Arbeitsaufwand und Stundenhonorar ein angemessenes Honorar ergibt. So ist bei kleineren und mittleren Streitwerten auch bei Überschreiten der gesetzlichen Gebühren um ein Vielfaches bei entsprechendem Aufwand noch keine Sittenwidrigkeit gegeben. Andererseits kann schon ein leichtes Überschreiten der gesetzlichen Gebühren bei hohem Streitwert eine Sittenwidrigkeit ergeben, wenn die gesetzlichen Gebühren den Aufwand angemessen abdecken. Daraus folgt, dass der Maßstab der gesetzlichen Gebühren kein taugliches Mittel für die Bewertung der Angemessenheit der Vergütung ist.
Auch das Anbieten einer Erstberatung zum Nulltarif ist zulässig.
2. Hinweispflichten
Rz. 6
Seit 2010 bestehen für den Rechtsanwalt diverse Hinweispflichten. Von diesen Pflichten ist bei Abschluss des Vertrages die Hinweispflicht auf im Voraus festgelegte Preise im Rahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 DL-InfoVO besonders bedeutsam. Bei Erstberatungen und im Fall der Vereinbarung von Festgebühren muss der Mandant über die zu erwartenden Kosten aufgeklärt werden. Die Verletzung dieser Pflicht führt zwar nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages, kann aber den Bußgeldtatbestand nach § 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO i.V.m. § 6 DL-InfoVO verwirklichen. Der Bußgeldrahmen beträgt hier bis zu 1.000,00 EUR.
Rz. 7
Bedeutsamer für die anwaltlichen Hinweispflichten ist § 49b Abs. 5 BRAO. Sofern eine Abrechnung nach Gegenstandswert erfolgt, ist der Mandant vor Übernahme des Auftrages darauf hinzuweisen. Der Hinweis dient dazu, dass der Mandant die Auswirkungen des Gegenstandswertes auf die spätere Gebührenforderung nachvollziehen kann.
Es ist offensichtlich, dass der Mandant allein mit diesem Hinweis noch nicht ermitteln kann, wie sich sein Auftrag auf die späteren Kosten auswirken wird. Die Idee des Gesetzgebers war hier vielmehr, dem Mandanten, der die Folgen dieser Form der Abrechnung nicht abschätzen kann, einen Anlass zu geben, den Anwalt hierzu zu befragen. Gerade weil die Entwicklung der Gebühren in einem Prozess zu schwer vorhersehbar ist, ist es notwendig, dem interessierten Mandanten die Mechanismen der Gebührenabrechnung in Grundzügen zu erörtern. Der Gesetzgeber hat aber nicht die erfolgreiche Aufklärung über diese Mechanismen zur Voraussetzung gemacht, sondern dem Mandanten lediglich ein Instrument in die Hand gegeben, das Gespräch mit dem Anwalt zu suchen.
Rz. 8
Die Verletzung dieser Pflichten kann zu einer berufsrechtlichen Ahndung durch die zuständige Kammer führen. Gleichzeitig kann die Unterlassung einer Aufklärung über diese Abrechnungsform auch eine Pflichtverletzung im Sinne von § 280 BGB darstellen, die Schadensersatzansprüche des Mandanten begründet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Mandant geltend machen kann, dass er ...