a) Einführung
Rz. 399
Das Recht der GbR ist in §§ 705 ff. BGB nur z.T. geregelt. Die Beantwortung wichtiger Fragen wie etwa die, ob eine solche Gesellschaft selbst Träger von Rechten und Pflichten sein kann und insoweit rechtsfähig ist, oder Einzelheiten der persönlichen Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft hat der Gesetzgeber der Rechtsprechung überlassen. So ist in dem 1994 in Kraft getretenen § 51a Abs. 2 Satz 1 BRAO (jetzt: § 52 Abs. 2 Satz 1 BRAO) zwar festgeschrieben, dass die Mitglieder einer (Rechtsanwalts-)Sozietät "aus dem zwischen ihr und dem Auftraggeber bestehenden Vertragsverhältnis als Gesamtschuldner" haften. Der Gesetzgeber hat damit jedoch bewusst vermieden festzulegen, wie die Sozienhaftung dogmatisch einzuordnen ist.
Die tatsächlichen Erscheinungsformen von Gesellschaften bürgerlichen Rechts sind äußerst vielgestaltig. In der Praxis spielen dabei Zusammenschlüsse von Freiberuflern, insb. Rechtsanwälten, zur gemeinschaftlichen Berufsausübung eine große Rolle. Wenn mehrere Rechtsanwälte sich zu einer Sozietät in der Rechtsform einer GbR zusammengeschlossen haben, stellt sich die Frage, ob die Sozietät selbst oder nur deren einzelne Mitglieder Vertragspartner des Auftraggebers sind, sowie nach welchen Voraussetzungen sich die persönliche Haftung der Sozietätsmitglieder, insb. derjenigen, die nicht an der zur Haftung führenden Mandatsbearbeitung beteiligt waren, richtet.
Vor der Anerkennung einer beschränkten Rechtsfähigkeit der GbR wurde die Sozietät – da keine juristische Person – nicht als solche als der dem Mandanten gegenüberstehende Beauftragte angesehen; gleichwohl komme der Anwaltsvertrag bei einer Sozietät mit allen Anwälten zustande. Hierauf gründete die persönliche vertragliche Haftung der Mitglieder von Rechtsanwalts-, Steuerberater- oder Wirtschaftsprüfersozietäten ggü. den Auftraggebern der Sozietät.
Rz. 400
Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des BGH hat am 29.1.2001 den jahrzehntelangen Streit im Schrifttum und die unentschiedene Haltung der Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit einer GbR und zur Haftung von deren Gesellschaftern gelöst: Eine (Außen-)GbR ist danach (beschränkt) rechtsfähig, im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig und als solche Vertragspartner eines Auftraggebers. Bereits zuvor hatte ebenfalls der II. Zivilsenat ausgeführt, dass die Gesellschafter einer (Außen-)GbR für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft kraft Gesetzes (und nicht kraft Vertrages) auch persönlich und mit ihrem Privatvermögen haften. Diese Gesellschafterhaftung ist in Konsequenz der Anerkennung der beschränkten Rechtsfähigkeit der (Außen-)GbR als eine akzessorische Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten zu qualifizieren. Soweit ein Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch persönlich haftet, ist hierfür der jeweilige Bestand der Gesellschaftsschuld maßgebend. Insoweit entspricht das Verhältnis zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterhaftung der Rechtslage nach §§ 128 ff. HGB bei der OHG.
Diese haftungsrechtliche Analogie zu §§ 128 ff. HGB ist ebenfalls konsequent; weil damals die persönliche Haftung der Mitglieder einer bauwirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft zu beurteilen war, stand die Frage, ob diese Grundsätze uneingeschränkt auch auf Freiberufler-, insb. Rechtsanwaltssozietäten übertragen werden können, nicht zur Entscheidung.
Nach einer folgerichtigen Weiterführung dieser Rechtsprechung muss sich eine GbR ein zu Schadensersatz verpflichtendes Handeln ihrer geschäftsführenden Gesellschafter entsprechend § 31 BGB zurechnen lassen. Die Gesellschafter haften somit grds. auch für gesetzlich begründete Verbindlichkeiten ihrer Gesellschaft persönlich und als Gesamtschuldner.